Protokoll der Sitzung vom 29.04.2020

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„In Nordrhein-Westfalen wird ausreichend hervorragender Stahl produziert. Ein Import ist in jeder Hinsicht absurd. In Duisburg zum Beispiel steht das weltbekannte thyssenkrupp-Stahlwerk. Der Stahltransport von dort bis zu den Baustellen auf der A1 oder A40 geht schnell, und die Stahlwerke in Nordrhein-Westfalen gehören zu den umweltfreundlichsten der Welt.

(Beifall von der AfD)

Warum lassen Sie es zu, dass wir Stahl aus knapp 10.000 km entfernten Orten nach Nord

rhein-Westfalen transportieren? Warum nehmen Sie diese zusätzliche Umweltbelastung in Kauf?

Selbst wenn der Stahl aus Fernost auf den ersten Blick billiger sein mag, so könnte er die Industrie und auch die Menschen in Nordrhein-Westfalen teuer zu stehen kommen. Der Verband bauforumstahl befürchtet, dass die geringere Qualität des chinesischen Stahls dazu führen könnte, dass die Autobahnbrücken in Nordrhein-Westfalen schneller sanierungsbedürftig werden.

Wir wissen alle, dass Nordrhein-Westfalen den besten Stahl der Welt in den besten Stahlwerken der Welt produziert. All das lässt sich mit Zertifikaten nachweisen, was Billigfirmen aus Fernost nicht können. Die Tatsache, dass Herr Minister Wüst in der Presse angekündigt hat, extra Prüfer aus Nordrhein-Westfalen nach China zu schicken, um den Stahl vor Ort kontrollieren zu lassen, ist nur eine traurige, aber teure Randnotiz.

Anstatt Prüfer und Stahl um die halbe Welt zu schicken und vor Protektionismus zu warnen, sollte Herr Wüst sich lieber Gedanken machen, wie man einen solchen irrsinnigen Vorgang in Zukunft von vornherein verhindern kann.“

(Beifall von der AfD)

Meine Damen und Herren, das war ein Auszug aus einer Rede, die ich hier im Plenum am 18. Januar 2018 gehalten habe. All die von mir vorgetragenen Bedenken treffen offensichtlich zu.

Die „FAZ“ meldet: „Stahlteile aus China gefährden Neubau“. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ schreibt: „Desaster um Leverkusener Rheinbrücke: Warum sich ,Hauptsache billig‘ immer rächt“. – Zitate aus Zeitungen könnten in beliebiger Menge weiter fortgeführt werden.

Der SPD-Redner ist in seiner Rede in der damaligen Landtagsdebatte, in der es um industriepolitische Leitlinien ging, nicht auf den absurden Billigstahlimport eingegangen. Überhaupt ist damals niemand auf unsere Warnungen eingegangen.

In der Rede des NRW-Wirtschaftsministers Professor Dr. Pinkwart, welche direkt auf meine folgte, kam das Wort „Stahl“ überhaupt nicht vor.

160.000 Pkw und Lkw nutzten die Leverkusener Rheinbrücke täglich. All diese Verkehrsteilnehmer müssen nun viele weitere Jahre bangen, im Stau stehen und den Bereich der Leverkusener Brücke weiträumig umfahren.

Gutachter empfahlen bereits vor Jahren den Neubau so geschwind wie möglich. Und was machten die Verantwortlichen, um eine marode Brücke zu ersetzen? Bestellen vermutlich marode Stahlbauteile aus Fernost, weil es billiger ist, und verstecken sich dann auch noch hinter Richtlinien der Europäischen Union.

Richtlinien der Sowjetunion haben zu ähnlich schlechter Infrastruktur geführt.

(Beifall von der AfD)

Meine Damen und Herren, wenn angeblich EURichtlinien zu solchen Resultaten wie aktuell führen, dann müssen diese EU-Richtlinien schleunigst beseitigt werden.

Protektionismus kann Geld sparen, Protektionismus kann die Umwelt schützen, Protektionismus kann Arbeitsplätze erhalten, und Protektionismus hätte im vorliegenden Fall dafür gesorgt, dass eine so wichtige Verkehrsachse wie die Autobahn A1 über die neue Leverkusener Rheinbrücke vernünftig mit deutschem Stahl nach deutschen Richtlinien gebaut werden kann.

Es ist in letzter Zeit häufiger davon zu lesen, dass die Volksrepublik China versuche, Einfluss auf Entscheidungen in Deutschland zu nehmen. Ist dies hier möglicherweise auch geschehen, Herr Minister Wüst? Herr Ott sprach diesen Punkt in seiner Rede gerade auch schon an.

Ich habe nichts dagegen, dass wir Produkte importieren, welche das Ausland besser als wir herstellen kann, aber ich habe etwas dagegen, Stahl zu importieren. Was kommt eigentlich als Nächstes? Kölsch aus Thailand?

Die „FAZ“ titelt am Sonntag: Brücke der Dilettanten! In dem Artikel wird die Brücke gar als Symbol der maladen deutschen Infrastruktur stilisiert.

Die verantwortliche Baufirma Porr AG aus Österreich tritt in dem Artikel überraschend selbstbewusst auf und behauptet, sie würde seit 150 Jahren große Brücken ohne Probleme bauen. Ebenso wirft sie den Verantwortlichen auf deutscher Seite vor, große Fehler gemacht zu haben.

Zum Beispiel sei vergessen worden, die Fläche auf Kampfmittel zu untersuchen. Auch nach Asbest- und PCB-Kontamination der alten Brücke wurde erst 2019, als danach gefragt wurde, gesucht. Das ist unglaublich und, wie die „FAZ“ richtig darstellt, einfach dilettantisch.

Ob die Leverkusener Brücke vielleicht eine Nummer zu groß für die Porr AG war, müssen die Gerichte klären. Ob die Brücke eine Nummer zu groß für die NRW-Landesregierung war, können hingegen 2022 die Wähler entscheiden,

(Beifall von der AfD – Bodo Löttgen [CDU]: Genau!)

dürfen dabei aber bitte nicht vergessen, dass an der Ausschreibung maßgeblich die rot-grüne Vorgängerregierung beteiligt war.

(Bodo Löttgen [CDU]: Genau!)

Mich wundert wirklich, dass die ehemalige Arbeiterpartei SPD – das war sie ja mal – Ausschreibungskriterien für den Bezug von minderwertigem Stahl überhaupt zugelassen hat.

Informieren Sie bitte den Landtag umfänglich: Was kosten die neue Ausschreibung und der Weiterbau jetzt? Welche Verzögerungen ergeben sich? Wie kam es zur Kündigung? Warum haben Sie so lange gewartet?

Ebenso müssen wir erfahren, wo überall sonst in Nordrhein-Westfalen Pfuschstahlbauteile verbaut werden oder noch verbaut werden sollen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der CDU hat nun der Abgeordnete Voussem das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegen der SPD-Landtagsfraktion, heute Seit‘ an Seit‘ mit Bündnis 90/Die Grünen und der AfD, glauben, das Thema „Leverkusener Rheinbrücke“ für sich entdeckt zu haben. Nun ja, das hätten Sie vielleicht einmal früher tun sollen.

Das hätten Sie insbesondere in den über 40 Jahren Ihrer Regierungsverantwortung vor dem 30. November 2012 tun sollen,

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Sarah Philipp [SPD])

also jenem Tag, an dem die Rheinbrücke Leverkusen im Verlauf der BAB 1 für den Lkw-Verkehr über Nacht gesperrt werden musste und alles seinen Anfang nahm. Stattdessen, Herr Kollege Ott, bereiten Sie heute die Seligsprechung des ehemaligen Verkehrsministers Mike Groschek vor,

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Jochen Ott [SPD])

bei den Grünen auch als „Mörtel-Mike“ bekannt. Dass der verkehrspolitische Sprecher der SPDFraktion heute nicht zu Wort kommt, zeigt uns, wo Sie mit der Debatte hinwollen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie wären im Übrigen auch gut beraten gewesen, verbal ein wenig abzurüsten, Herr Kollege Ott. Das war ein unsäglicher Auftritt.

Sie reden von einem Super-GAU. Mit Blick auf die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986, also vor fast genau 34 Jahren, in deren Folge laut WHO Zigtausende Menschen an Krebs gestorben sind, wissen wir, dass es Unglücke geben kann, die nicht mehr beherrschbar sind und die zu einer

massiven Freisetzung von radioaktiven Stoffen in die Umwelt führen. Störfälle dieser Dimension werden Super-GAU genannt.

Der von Ihnen hier zur Begründung der Aktuellen Stunde vorgetragene Sachverhalt hat in keiner Weise Ähnlichkeit damit und ist in keiner Weise vergleichbar, hält keinem Vergleich stand. Dafür allein sollten Sie sich schon schämen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Kollege Strotebeck von der AfD versteigt sich gar im Gewande des düsteren Verschwörungstheoretikers zu der These: Mit Krupp-Stahl wäre das alles nicht passiert. – Aber, meine sehr geehrter Damen und Herren, wo sind denn Ihre Handlungsalternativen?

(Andreas Keith [AfD]: Haben Sie was gegen Krupp-Stahl?)

Was wäre denn der Vorschlag der versammelten Opposition gewesen? Etwa weiter huddeln lassen auf Teufel komm raus frei nach dem Motto: „Passt schon“ oder: „Et hätt noch immer jot jejange“? Das kann es wohl nicht sein.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Für uns steht fest: Qualität und Sicherheit haben absoluten Vorrang.

(Sarah Philipp [SPD]: Dann sagen Sie jetzt mal was zum Thema!)