Protokoll der Sitzung vom 27.05.2020

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die Fraktion der Grünen hat nun die Abgeordnete Kollegin Beer das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Hannen, Sie müssen mir vielleicht noch einmal beim Kaffee erklären, warum es nicht möglich war, die Geschichte mit dem Stadtgymnasium Detmold in dieser Sammlung von so vielen kleinen Dingen auch noch unterzubringen. Das wäre ja wirklich nur ein Satz gewesen. Warum da die Gestaltungskraft der regierungstragenden Fraktionen nicht durchgeschlagen hat, das noch zu ändern, verstehe ich wirklich nicht. Sorry! Auch die wortreichen Ausführungen haben das nicht klargemacht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

In der Tat: In diesem 15. Schulrechtsänderungsgesetz hätte man sich noch einige andere Regelungen gewünscht. Es ist eine große Bandbreite. Das Gesetz enthält sinnvolle Regelungen. Ein großer Schritt

ist die Frage der Lehrämter. Das ist richtig, und das ist auch gut.

Aber an anderen Stellen sind Sie noch einmal hinter dem zurückgeblieben, was in den Vorgesprächen sowohl mit den Verbänden als auch mit den kommunalen Spitzenverbänden thematisiert worden ist. Ich nenne zum Beispiel die dringend notwendigen Regelungen zu § 132c, das heißt – noch einmal für alle diejenigen, die sich nicht so gut in der Schulgesetzgebung auskennen –,

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Also Sie!)

die Möglichkeit, dass an allen Realschulen der Hauptschulbildungsgang fortgesetzt wird. Das haben Sie schlichtweg trotz der Vorgespräche wieder herausgenommen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, der jetzt auf der kommunalen Ebene für die Realschulen nicht wirksam werden kann.

Sie haben doch wirklich so heftige Packungen an Kritik dafür einfahren müssen – wir haben eine Vorlage aus dem Ministerium bekommen –, dass noch im Prozess der Gespräche über eventuelle Veränderungen zur Schulaufsicht ein Punkt herausgegriffen wird und mal eben so en passant im Gesetz geregelt werden soll. Das ist doch eine Vertrauensverletzung gewesen. Es ist gut, dass Sie sich jetzt der Sache angenommen haben und dass wir das über einen Änderungsantrag schon geregelt haben.

Genauso gut ist es jetzt, dass wir heute den Änderungsantrag bekommen haben, wonach die Studienkollegs zumindest noch eine Frist kriegen. Da schließe ich mich dem Kollegen Ott an. Das ist auch noch keine entschlossene, eindeutige Haltung zur Frage von Studienkollegs, sondern es ist vielleicht der Druck aus dem Münsterland gewesen, der dazu geführt hat, dass der Kollege Laumann gesagt hat: Nein, das lasse ich so nicht mit mir machen. – Diese Unterstützung brauchte es offensichtlich. Denn bis zur Sitzung des Schulausschusses waren Sie noch nicht entschieden und wussten nicht, ob Sie das hinkriegen können.

Eines ist bedauerlich – aber ich habe noch die Hoffnung, dass wir darüber ins Gespräch kommen –, nämlich dass sich mit dem kommenden Schulgesetz die Fachbezeichnung „Hauswirtschaft“ zukunftsorientiert ändern wird, und zwar nach den vereinbarten Regelungen, die das Haus hier immer gemeinsam getragen hat und die die Universität Paderborn als einziger Ausbildungsstandort in Nordrhein-Westfalen auch bundesländerübergreifend und sogar im deutschsprachigen Raum mit vertritt und da federführend ist. Aber ich freue mich, dass wir darüber in Gespräche kommen können.

Ein wichtiges Zeichen wäre es auch gewesen, den PRIMUS-Schulen jetzt Sicherheit für die nächsten Anmeldeverfahren zu geben und deutlich zu machen: Die Evaluation liegt vor, und wir haben

eindeutige Aussagen aus der wissenschaftlichen Begleitung, dass das ein erfolgreicher Schulversuch ist. – Es besteht offensichtlich weder der Wille noch die Kraft, auch das umzusetzen.

Es wäre ein wesentlicher Punkt gewesen, auch etwas zur Frage der Standards für die Ausstattung vorzulegen. Wir haben es heute Morgen wieder gehört. Das sind Dinge, die salbungsvoll angekündigt werden – da muss das eigene Haus zum Jagen getragen werden –, aber die verbindlichen Regelungen kommen nicht zustande. Auch das ist in diesem Schulgesetz nicht geregelt.

Also: Wir sind froh, dass der Druck gewirkt hat und die Studienkollegs erst einmal nicht mehr in der Bredouille sind. Ich hoffe, dass konstruktive Gespräche geführt werden, um eine Zukunftslösung zu finden. Wir werden uns daran sehr gerne beteiligen.

Das Zweite ist, dass die geplanten Eingriffe in die Schulaufsicht erst einmal zurückgenommen wurden. Auch das ist sehr zu begrüßen. Es bleiben Leerstellen. Aber trotzdem gibt es wichtige Dinge, die jetzt geregelt sind.

Deswegen werden wir uns bei der Abstimmung zu dem Gesetz enthalten. Den weiteren Anträgen der SPD stimmen wir zu, weil das sinnvolle inhaltliche Dinge sind, die einfach auch thematisiert werden müssen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Seifen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das vorliegende Schulrechtsänderungsgesetz ist das 15. in 15 Jahren. Diese hohe Anzahl verdeutlicht doch sehr drastisch, wie unstet die Schulpolitik im letzten Jahrzehnt war. Dies liegt sicherlich nicht nur an den sich verändernden Verhältnissen, sondern in erster Linie wohl immer noch an den ideologischen Gegensätzen zwischen Humanisten und Sozialisten. Ja, darin spiegelt sich die hektische Gesetzesänderungsabfolge wider.

Wir wären jetzt nach fast drei Jahren bürgerlicher Regierung in der Lage, die sozialistischen Verformungen des Schulgesetzes aus den letzten Jahren wieder rückgängig zu machen, doch dazu fehlt Ihnen offensichtlich der Mut oder vielleicht sogar die Einsicht; denn auch Sie können sich von sozialistischen Nivellierungsideen offensichtlich nicht ganz frei machen.

Wir von der AfD-Fraktion vermissen in diesem Gesetzentwurf das klare Bekenntnis zu einem offen gegliederten Schulsystem, in dem die Kinder und Jugendlichen gemäß ihrer jeweils augenblicklichen

Entwicklungsstufe und Motivation die ihnen gemäße Schulform wählen können, um so eine erfolgreiche Schullaufbahn absolvieren zu können. Dazu hätte es in diesem Gesetzentwurf einer Übergangsregelung von der Grundschule zu den weiterführenden Schulen im Sinne des Schülerwohls bedurft.

So untauglich eine Bestimmung wäre, alleine das Grundschulgutachten über die zu wählende Schulform bestimmen zu lassen, so untauglich ist die Bestimmung, die Schulformwahl alleine dem Elternwillen zu überlassen. Zu häufig erlebt man in Aufnahmegesprächen, dass solche Elternentscheidungen auch von den eigenen Wünschen und Zielvorstellungen der Eltern mitgetragen werden, ohne die augenblicklichen Möglichkeiten und Zielvorstellungen des Kindes im Blick zu haben.

Deshalb sollte die Aufnahmeentscheidung zur weiterführenden Schule in die Hände der aufnehmenden Schule gelegt werden, die ihre Entscheidung aufgrund des Grundschulgutachtens und des Aufnahmegespräches führt. Glauben Sie mir, Sie werden keinen Schulleiter finden, der leichtfertig die Aufnahme eines Kindes ablehnt. Hier hätte ich mir eine klarere gesetzliche Positionierung gewünscht.

Damit hätten Sie vor Ort für die Eltern und die Schulträger Verlässlichkeit über die Schülerströme herbeigeführt und die Planbarkeit von Zügigkeiten erleichtert. Die Anzahl der Schulübergänge in den Jahrgangsstufen 6 bis 8 hätten Sie damit ebenfalls verringert, sodass auch für die Realschulen, die Hauptschulen und die Gesamtschulen eine Kontinuität der Zügigkeit in den verschiedenen Jahrgangsstufen gewährleistet wäre.

Was hier niemand zur Sprache gebracht hat, ist die Tatsache, dass in den Stellungnahmen der Experten und vor allen Dingen der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände gerade dies als ganz großes Problem dargestellt worden ist. Meine Abgeordnetenkollegen aus dem Kreis Borken werden sich möglicherweise daran erinnern, dass ein Schreiben von den Bürgermeistern aus dieser Gegend kam, die verzweifelt darum gebeten haben, Hilfe zu bekommen, um die Schülerströme in Zukunft vernünftig lenken zu können, ohne jemandem Gewalt anzutun.

In diesen Zusammenhang gehört auch die Beibehaltung der Bestimmung des § 20 Schulgesetz. Die Beschulung von Kindern mit besonderem Förderbedarf in differenter Zielsetzung wurde 2009 von einer CDU/FDP-Koalition eingeleitet und von der nachfolgenden rot-grünen Landesregierung – holterdiepolter! – mit, wie ich finde, größter Rücksichtslosigkeit gegenüber den räumlichen, personellen und didaktischen Möglichkeiten der jeweiligen Schulen umgesetzt.

Dementsprechend hoch ist die Belastung des Lehrpersonals, der Schülerinnen und Schüler und vor allem der Schüler, die mit dem besonderen

Förderbedarf in Regelschulklassen sitzen. Besonders belastend ist die Situation an den Grundschulen, in denen sogar das AO-SF-Verfahren nicht durchgeführt werden darf, und zwar selbst dann nicht, wenn die Eltern damit einverstanden sind und es sogar wünschen.

Auch hier haben Sie als Landesregierung noch nicht den Mut, für die Kinder mit besonderem Förderbedarf Bedingungen zu schaffen, die allen Beteiligten zugutekommen.

Die Bildung von Schwerpunktschulen für die inklusive Beschulung ist eine Erleichterung für die organisatorische und didaktische Bewältigung dieser Herausforderung. Das führt aber wieder zu neuen Ungerechtigkeiten und Belastungen, weil jetzt vielfach Gesamtschulen oder überhaupt Schulen des gemeinsamen Lernens diese Last alleine tragen müssen. Insofern ist Ihre Lösung eigentlich nur halbherzig.

Ich hoffe, dass bei der nächsten Schulrechtsänderung, die schon längst angekündigt wurde, diese sozialistischen Verirrungen bereinigt werden.

Die übrigen Bestimmungen des Gesetzentwurfs sind vielfach redaktioneller Art, oder sie dienen der Anpassung an veränderte Bedingungen – zum Beispiel an das neue Datenschutzgesetz – oder an die Praxis. Diesen Änderungen kann man vorbehaltlos zustimmen. Ich könnte auch noch mehr nennen, aber die Redezeit ist zu Ende.

So geben wir Ihnen einen Vertrauensvorschuss und stimmen trotz der von mir gerade ausgeführten Mängel dem 15. Schulrechtsänderungsgesetz zu. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Gebauer das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zum eigentlichen Gesetzentwurf komme, möchte ich gerne auf den SPD-Antrag zum Thema „Teilleistungsstörungen“ eingehen. Herr Ott, ich kann dem, was Sie gesagt haben, folgen, den Ausführungen in Ihrem Antrag jedoch nicht in Gänze.

Wir sollten uns mit dem großen Thema „Teilleistungsstörungen“ noch einmal intensiv beschäftigen. Wir sollten auch schauen, ob es tatsächlich so ist, wie Sie das jetzt in Bezug auf die UNBehindertenrechtskonvention anwenden. Handelt es sich tatsächlich um eine Behinderung? Das wirft nämlich die Frage auf, wer nachher Teilleistungsstörungen diagnostiziert. Es sind wichtige Regelungen, die wir uns in diesem Zusammenhang noch einmal ansehen sollten.

Ein Urteil aus Bayern steht in diesem Zusammenhang aus. Berlin geht jetzt auch abweichende Schritte in Bezug auf die KMK-Linie. Ich kann Ihnen sagen, dass Mitarbeiter unseres Hauses im Rahmen des Schulausschusses der KMK dieses Thema noch einmal angesprochen haben. In Zeiten der Coronapandemie ist es allerdings leider nicht zu einem Austausch gekommen. Das soll jetzt aber aufgenommen werden, sodass sicherlich Bewegung in diese doch sehr wichtige und auch für die Eltern sehr drängende Frage kommt. Wer weiß, vielleicht passt das dann zum 16. Schulrechtsänderungsgesetz.

Die Landesregierung hat den Gesetzentwurf zum 15. Schulrechtsänderungsgesetz im November letzten Jahres eingebracht. Auch hier hat die Pandemie eine Rolle gespielt; die Anhörung musste verschoben werden. Umso mehr freue ich mich, dass wir das Gesetz heute wohl in zweiter Lesung verabschieden können.

Ich möchte mich ganz herzlich und ausdrücklich beim Sitzungsdokumentarischen Dienst bedanken, der die Protokolle so schnell zur Verfügung gestellt hat, sowie bei den Fraktionen, dass wir trotz der Umstände die parlamentarischen Beratungen zum Gesetzentwurf so zeitnah werden abschließen können.

Das ist gut und wichtig, denn das vorliegende Gesetz enthält einige Anpassungen, die den schulischen Alltag erleichtern, und gesetzliche Bereinigungen, die zum Abschluss gebracht werden sollen. Dazu gehören zum Beispiel auch datenschutzrechtliche Regelungen, die schon angesprochen worden sind.

Es enthält auch rechtliche Grundlagen, um wesentliche Punkte aus dem zweiten Maßnahmenpaket gegen den Lehrermangel, den wir nach wie vor hier in Nordrhein-Westfalen haben, umzusetzen. Daher ist es wichtig, dass diese Regelungen vor dem kommenden Schuljahr in Kraft treten.

Zwei Änderungen hat der ursprüngliche Gesetzentwurf erfahren. Eine Änderung betrifft die Schulaufsicht. Eine gesetzliche Handlungsoption für die Regierung soll erst dann in das Gesetz aufgenommen werden, wenn die Ergebnisse der Projektgruppe „Schulaufsicht“ weiter vorangeschritten sind. Und es geht, wie von den Vorrednerrinnen und Vorrednern ausgeführt worden ist, um die Zukunft der Studienkollegs, die vorerst Bestandsschutz bis zum Jahr 2025 haben.

Dass es ein 16. Schulrechtsänderungsgesetz geben wird, davon haben Sie gesprochen, und davon dürfen Sie ausgehen. Für heute würde ich mich freuen, wenn das jetzt vorliegende Gesetz eine breite Zustimmung im Parlament erfährt. – Vielen lieben Dank.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zum Schluss der Aussprache und zu diversen Abstimmungen, zunächst über zwei Än-derungsanträge, dann über den Gesetzentwurf der Landesregierung in zweiter Lesung und danach über drei Entschließungsanträge.

Wir stimmen erstens über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/9448 ab. Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? – Das sind SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – Das sind CDU, FDP und AfD. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der fraktionslose Kollege hat auch mitgestimmt. Der Änderungsantrag Drucksache 17/9448 ist abgelehnt.

Wir stimmen zweitens über den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/9456 ab. Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? – Das sind die Grünen, die CDU, die FDP, die AfD und der fraktionslose Abgeordnete. Wer enthält sich der Stimme? – Die SPD. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/9456 angenommen.