Protokoll der Sitzung vom 28.05.2020

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/9356

In Verbindung mit:

Corona-Krise: Schnelle, unbürokratische und zielgenaue Maßnahmen für die nordrheinwestfälische Wirtschaft

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 17/9373

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der CDU dem Kollegen Rehbaum das Wort. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir steuern auf die größte Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg zu. Aktuell sind der Handel, der Tourismus, die Eventbranche, verschiedene Dienstleistungen, aber auch weitere kleine und mittlere Unternehmen besonders betroffen.

Die Landesregierung hat innerhalb von wenigen Tagen ein vorbildliches Krisenmanagement hochgefahren. Das Gesundheitssystem wurde aufgerüstet, die Wirtschaft wurde stabilisiert, und die Coronazahlen

konnten mit der Bevölkerung auf ein Minimum reduziert werden.

Die Welt schaut auf Deutschland und reibt sich die Augen: Wie machen die das bloß? – Ich danke allen Bürgerinnen und Bürgern, Familien, Beschäftigten und Unternehmen in den systemrelevanten Branchen, der Landesregierung, die Nordrhein-Westfalen in der Krise so unermüdlich, selbstlos und solidarisch in Betrieb gehalten haben, ganz herzlich.

(Beifall von der CDU)

Die aktuelle Wirtschaftspolitik ist noch immer im Krisenmodus. Das ist kein Schönheitswettbewerb, sondern es geht schlicht und einfach darum, das Überleben Zigtausender Unternehmen mit Millionen Arbeitsplätzen sicherzustellen.

Wie oft mussten wir als CDU uns im Bundestag und im Landtag von Grünen, SPD und Linken wegen unserer strengen Haushaltspolitik und dem Schuldenabbau verhöhnen lassen: die schwarze Null als Fetisch, Deutschland werde kaputtgespart, alles unsozial und, und, und.

Wenn die Union jede Strophe des Wunschkonzerts von SPD und Co. der letzten zehn Jahre mitgesungen hätte, dann wäre es jetzt zappenduster: null Spielraum, keine Soforthilfe für Unternehmen, kein Erlass von Kita-Beiträgen, keine Verbesserung beim Kurzarbeitergeld – nix, nullo, niente. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not! Noch nie war diese Weisheit so wahr wie heute.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Bei aller finanzieller Vorsorge realistisch zu bleiben, das ist jetzt wichtig. Wir können Umsatzausfälle nicht komplett kompensieren. Es geht darum, die Zahlungsfähigkeit der Unternehmen zu sichern.

Man lernt es im ersten Semester Volkswirtschaft: Durch die Krise entsteht eine Rezession, und nach dem Abschwung kommt ein Aufschwung.

Wir haben einen klaren Kurs in Nordrhein-Westfalen. Wir wollen die Schäden der Coronakrise für Unternehmen und Arbeitnehmer möglichst gering halten, zum Beispiel durch die Soforthilfe für 400.000 Unternehmen, die bereits ausgezahlt wurde. Wir wollen den Abschwung möglichst kurz halten, und wir wollen beim Aufschwung in Deutschland und Europa die Ersten sein.

Deswegen stellen wir den Antrag zu Konjunkturimpulsen jetzt, mitten in der Krise. Denn wir müssen alles sauber vorbereiten, damit die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen mit Millionen Beschäftigten wieder durchstarten kann.

Wie wichtig Schnelligkeit ist, zeigt sich auch an unserem Antrag. Die Forderungen, die wir vor wenigen Wochen bei der Konzeption aufgenommen haben, sind teilweise schon erfüllt.

Minister Altmaier hat die Ausweitung der Soforthilfe für besonders betroffene Betriebe angekündigt und nun auch auf den Mittelstand bis 249 Mitarbeiter ausgeweitet.

(Michael Hübner [SPD]: Der hat wahrschein- lich bei Ihnen abgeschrieben!)

Das 10-Punkte-Programm der Landesregierung beinhaltet zum Beispiel die Verbindung von Klimaschutzinvestitionen und Konjunkturmaßnahmen. Auch das ist gut und richtig.

Das Gute ist, dass wir in Nordrhein-Westfalen schon vor Corona die Weichen gestellt haben: mehr Geld und Programme für Klimaschutz und Energie, mehr Geld für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, konsequenter Bürokratieabbau und Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung, schnellere Genehmigungsverfahren.

Wir wollen den Unternehmen Steine aus dem Rucksack nehmen,

(Michael Hübner [SPD]: Wie in der Fleischin- dustrie!)

NRW zum attraktivsten Wirtschaftsstandort Deutschlands machen und Klimaschutz in Arbeitsplätze ummünzen. Das ist und bleibt unser Ziel, das mit diesen Konjunkturantrag noch einmal verstärkt wird.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Die Angebotsseite zu stärken ist wichtig, aber auch die Nachfrageseite braucht jetzt Impulse. Öffentliche Investitionen in Infrastruktur – Straße, Schiene, Glasfaser – können die Konjunktur im Baugewerbe ankurbeln.

Mit der Lockerung der Vergaberichtlinien für Kommunen, um Handwerker und andere Zulieferer zu beauftragen, haben wir schon bei dem Konjunkturpaket 2008 gute Erfahrungen gemacht. Wir haben jetzt keine Zeit für einen monatelangen Ausschreibungsmarathon. Die kommunalen Aufträge müssen unkompliziert und schnell an die Unternehmen vergeben werden können.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ob nun die zentrale Forderung im SPD-Antrag nach Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro die Zauberformel für die Konjunktur ist, kann man hinterfragen.

(Michael Hübner [SPD]: Aber die Senkung si- cher nicht!)

Ich glaube, Millionen Beschäftigte im Niedriglohnsektor hätten mehr davon, wenn sie mal einen ordentlichen Tarifvertrag bekämen.

Eine große Chance für Nordrhein-Westfalen als Industrie- und Energieland sind Investitionen in Klimaschutz und Energiewende. Wir wollen unsere

Stärken ausspielen und Klimatechnologie made in NRW in Industriearbeitsplätze und Wirtschaftswachstum ummünzen. Das Maßnahmenpaket der NRWKoalition hierzu wird die Kollegin Dr. Peill unter Tagesordnungspunkt 9 erläutern.

Die Krise ist hart, der Weg vor uns ist steinig. Doch mit gescheiten Konjunkturimpulsen und mit gesundem Realismus können wir es in Nordrhein-Westfalen schaffen, aus der Krise eine echte Chance zu machen.

Wachstum und Arbeitsplätze durch Infrastrukturausbau, Innovation, Bürokratieabbau, Nachfragestärkung und Klimaschutzinvestitionen – immer einen Schritt schneller als die Konkurrenz und immer mit dem bewährten Kompass der sozialen Marktwirtschaft. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rehbaum. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Sundermann das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu zwei Punkten in den Ausführungen von Herrn Rehbaum möchte ich Stellung nehmen.

Erstens greife ich Ihre Analyse „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ auf. Diese Analyse ist eigentlich nur mit dem Adjektiv „lächerlich“ zu bezeichnen.

(Beifall von der SPD – Lachen von der CDU)

Ja. Ich sage Ihnen, wie auf diesen Gegenstand zu schauen ist. Sie haben die schwarze Null immer als Fetisch gesehen, und Ihre Kollegen von der FDP wollten das Geld nicht zurücklegen, wie Sie gerade vorgeschlagen haben, sondern sie – und auch Sie – wollten es immer über Steuersenkungen an die Leute auskehren,

(Ralph Bombis [FDP]: Ja, an die Bürger! De- nen gehört das Geld doch!)

die es nicht nötig haben. Das ist Ihre Politik gewesen, und das muss man an dieser Stelle ganz deutlich sagen.

(Ralph Bombis [FDP]: Es ist nicht Ihr Geld! – Gegenruf von Ina Spanier-Oppermann [SPD]: Sie können ja gleich noch, Herr Bombis!)

Sie haben immer gesagt, dass es nicht um die schwarze Null als Fetisch, sondern um Investitionen in diesem Land geht. Das ist doch auch die Antwort, die Sie gegeben haben.

Zweitens möchte ich Ihnen Folgendes mit auf den Weg geben: Worauf ich mittlerweile wirklich allergisch reagiere, ist dieses ewige Weihrauchschwenken, wie toll Sie bisher alles gemacht hätten.

Ich sage Ihnen mal, wie die nordrhein-westfälische Wirtschaft in die Krise gegangen ist: Sie ist mit einem Nullwachstum, maximal mit einer Seitwärtsbewegung in diese Krise gegangen. Das Wachstum basierte nur noch auf zwei Dingen, nämlich auf dem Bausektor und der Innennachfrage. Im industriellen Bereich, in den Kernbereichen der nordrhein-westfälischen Wirtschaft haben wir ein Negativwachstum verzeichnet. So sind wir in diese Krise gegangen. Auch das ist eine Analyse, die zur Wahrheit dazugehört.

(Beifall von der SPD)

Lassen Sie mich nun zwei grundsätzliche Dinge zu den Konjunkturanträgen sagen. Zum einen geht es um die Frage, wie wir Konjunkturprogramme konzipieren bzw. gestalten, zum anderen geht es darum, wer dann im Fokus stehen soll.