Frank Sundermann
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Vorlage eines Haushalts, hier des Einzelplans 14, Wirtschaft, Energie und Landesplanung, zeigt auch immer eine Strategie der Landesregierung auf, nämlich die Art und Weise, wie sie dieses Politikfeld gestalten will. Sie hinterlegt das mit Summen.
Ich würde gerne mit Ihnen mal ein wenig schauen, was bisher mit diesen grundsätzlichen strategischen Ausrichtungen erreicht wurde.
Überdeckt wird dieses natürlich alles wie viele andere Politikfelder durch die Problematiken, die wir durch Corona haben. Deswegen möchte ich mit Ihnen überlegen, wie wir als nordrhein-westfälische Wirtschaft in das Jahr 2020 gegangen sind. Wenn man dann einen Blick auf die Industrie dieses Landes wirft, die ein Schwerpunkt der Wirtschaft hier in Nordrhein-Westfalen ist, müssen wir feststellen, dass wir mit einem Minus von 1,9 % im Vergleich zu 2018 in dieses Jahr gegangen sind.
Lassen Sie uns einmal aus der Sicht der Wirtschaft die Situation in Nordrhein-Westfalen zur Jahreswende 2019/2020 genauer betrachten. Dazu empfehle ich die Konjunkturumfrage von METALL NRW zum Jahreswechsel, in der sehr deutlich wird, dass diese in vielen wirtschaftspolitischen Feldern negativ beurteilt wird. Ich kann feststellen, dass wir durchaus ein Stück weit als kranker Mann in dieses Krisenjahr gegangen sind.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun auf einen für uns alle in den vergangenen 18 Monaten
neben der Coronaproblematik gravierenden Veränderungsprozess, der auch wirtschaftspolitische Implikationen hat, schauen. Das ist der Kohleausstieg im Rheinischen Revier.
Wir können hier, meine ich, gemeinsam feststellen, dass dieser Kohleausstieg durch die entsprechenden Bundesmittel auskömmlich finanziert wird. Der eine oder andere ist ja auch hier aus der betroffenen Region. Viele Prozesse sind ja auch schon angeschoben, und verschiedene Projekte sind identifiziert worden.
Wir könnten gemeinsam überlegen, wie ein ideales Projekt, das wir uns für das Rheinische Revier vorstellen würden, aussehen würde. Der Ausgangspunkt wäre die Grundlagenforschung an der Hochschule, dann eine Start-up-Ausgründung und anschließend aus diesem Start-up heraus eine industrielle Fertigung und das dann auch noch in einem Zukunftsfeld. Das haben wir bzw. – so sollte ich es vielleicht sagen – hatten wir doch.
Das hatten wir mit dem E-Mobilitätscluster im Raum Aachen. Wir haben mit StreetScooter und e.Go genau das erreicht, dass wir am Ende eine industrielle Fertigung dort haben. Wenn wir uns aber die Entwicklung dieses Jahres anschauen, müssen wir feststellen, dass es nicht funktioniert hat, dass die Landesregierung es nicht hinbekommen hat, weil sie vielleicht nicht den Willen, die Kraft oder das Können hat, dieses Projekt langfristig „ans Fliegen“ zu bringen. Das ist sicherlich keine gute Blaupause für das, was in den nächsten Jahren da passieren soll.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam auf die Kernaufgabe und die Kernkompetenz guter Wirtschaftspolitik schauen und dann überlegen, ob wir die strategischen Ausrichtungen der Landesregierung hier auch wiederfinden. Das Erste ist sicherlich die Schaffung verlässlicher Rahmenbedingungen, und das Zweite ist – da werde ich bei dem Minister sicherlich offene Türen einrennen – eine wenig zeitintensive Umsetzung dieser Rahmenbedingungen, die wir haben.
Lassen Sie uns gemeinsam auf einen sehr aktuellen Fall schauen, nämlich auf das Ladenöffnungsgesetz. Haben wir hier eine leichte Umsetzung? – Sie haben eine Anwendungshilfe zum Ladenöffnungsgesetz aufgelegt, die sieben Seiten umfasst, und die Anlage zu den Anwendungshilfen hat 46 Seiten. Herr Minister, ich denke, ein anwendungsfreundliches Gesetz sieht anders aus. Sie haben für alle Beteiligten keine verlässlichen Rahmenbedingungen geschaffen, weder für die Kommunen noch für die Kunden noch für die Händler.
Der Grund dafür ist aus unserer Sicht: Sie folgen an dieser Stelle eben nicht pragmatischen Rahmenbedingungen, einer pragmatischen Ausrichtung, sondern Sie folgen hier doch sehr einem ideologischen Kompass und suchen eben nicht nach sachorien
tierten Lösungen, die man mit allen Beteiligten entwickeln kann.
Gute und nachhaltige Wirtschaftspolitik sieht aus unserer Sicht so aus: Sie soll wenig dirigistisch, ideologiefern sein und auf Dialog setzen.
All das sehen wir in Ihrem Haushalt, in Ihrer Strategie nicht. Konsequenterweise werden wir diesen Haushalt deshalb auch ablehnen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Bereich „Energiepolitik“ im Einzelplan 14 einige Ausführungen von uns, vielleicht auch etwas globalerer Art. Wir werden ja morgen in der Debatte zur Ausgestaltung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vielleicht auch noch etwas detaillierter auf die eine oder andere Fragestellung eingehen können.
Ich möchte auf eine Sache aufmerksam machen, die man, finde ich, in unserer Politik hier auf Landesebene und auch im Haushalt immer wieder findet. Wenn wir über Energiepolitik sprechen, dann reden wir sehr häufig lediglich über die Produktion von Strom. Die anderen Bereiche „Wärme“ und „Verkehr“, die sowohl beim Energieverbrauch als auch bei der Freisetzung von Kohlendioxid sehr, sehr wichtig sind, werden vernachlässigt.
Diese Vernachlässigung stellen wir auch mit Blick auf den Haushalt, den der Minister vorgelegt hat, ein Stück weit fest.
Ein Beispiel ist die Fernwärmeschiene Rhein-Ruhr. Wir haben im Ausschuss darüber gesprochen. Aber der Eindruck, dass das eher stiefmütterlich behandelt wird, hat sich da nicht komplett zerschlagen.
Deswegen wiederhole ich unseren Appell, bei diesem wirklich wichtigen Infrastrukturprojekt in Nordrhein-Westfalen noch einmal mit den Unternehmen, mit den Abnehmern und auch mit den entsprechenden Kommunen zu sprechen. Es ist, glaube ich, sehr wichtig für die Zukunft unseres Landes, dass an dieser Stelle etwas passiert, dass da nicht nur das Geld angelegt wird und das über Jahre dort schlummert, sondern dass es auch ausgegeben wird, damit es auch seine Wirkungskraft entfalten kann.
Ein zweites Beispiel dafür, dass Wärme vielleicht nicht so im Fokus steht, ist aus unserer Sicht die doch etwas stiefmütterliche Behandlung der Solarthermie – bei all dem, was Sie an dieser Stelle so machen.
Meine Damen und Herren, wenn wir uns nun die Energieherstellung anschauen, dann stellen wir auch fest, dass der Ausstieg sehr gut organisiert worden ist. Aber die Fragestellung rund um den Einstieg bedarf vielleicht ein wenig einer Nachfokussierung.
Bei der Braunkohle wissen wir genau, wie wir aussteigen. Der Ausstiegspfad ist definiert. Bei der Steinkohle ist der Ausstiegspfad ja jetzt auch angelegt.
Gestern gab es die Bewertung aus Brüssel, dass das, was wir nächsten Dienstag hier starten wollen in der Ausschreibungsphase, auch genehmigt ist.
Da muss man natürlich dann auch gemeinsam mal überprüfen: Hat das Kohleausstiegsgesetz denn auch so funktioniert, wie wir uns das vorstellen? Wie überzeichnet oder unterzeichnet ist dieses Gesetz? Uns interessiert natürlich auch: Funktioniert es dann am Ende des Tages auch mit den APG-Regelungen, die dort getroffen worden sind?
Bezüglich der aktuellen Situation bei den Einstiegspfaden würde ich gerne auf die beiden Lastesel der erneuerbaren Energien schauen, zum einen auf den Bereich „Wind“. Hier können wir ja leider feststellen, dass sich da in den letzten Jahren nichts getan hat, dass wir da auf einem Niveau sind, das wir aus den 90er-Jahren kannten. Wir haben im Prinzip von 2018 auf 2019 68 % weniger Anlagen und 64 % installierte Leistung. Da ist sicherlich deutliches Potenzial. Da muss mehr getan werden.
Da kann man aus unserer Sicht nicht immer nur auf den Bund schauen, sondern man muss auch auf das Land schauen. Am Anfang dieser Legislatur war ja die Intendierung, hier die Windkraft im Prinzip runterzufahren, doch durchaus sehr stark zu spüren. Wenn Sie beabsichtigen, von dieser Intendierung jetzt abzurücken, dann müssten Sie das ein Stück weit stärker mit entsprechenden Handlungen hinterlegen.
Der zweite Bereich „Solarenergie“ kam auch in Ihrem Koalitionsvertrag im Prinzip noch gar nicht vor. Dass Sie ihn jetzt für sich entdeckt haben, mag auch daran gelegen haben, dass Sie in Ihren Schubladen die entsprechende Machbarkeitsstudie von Rot-Grün gefunden haben. Aber was soll ich das kritisieren. Ich kann ja an dieser Stelle nichts kritisieren, was ich an sich gut finde.
Wir können feststellen: Seit 2015 geht es wieder aufwärts mit der Solarenergie. Das Tal ist durchschritten. Aber wenn man sich anschaut, was wir hier erreichen wollen, brauchen wir einen Zubau von ungefähr 1.160 MW. Wir hatten gute 40 % davon im letzten Jahr. Das ist zu wenig. Da müssen wir besser werden. Da noch mal von dieser Stelle der deutliche Appell: Wir dürfen die Freiflächen nicht aus dem Blick verlieren, um unsere Ziele zu erreichen. Das ist auf jeden Fall sehr, sehr notwendig.
Eine dritte Sache, auf die ich eingehen möchte, ist: Was gibt uns klassische Orientierung in der Energiepolitik? Das ist ja das, was wir auch immer diskutieren und dann auch ein Stück weit mit uns tragen, nämlich das energiepolitische Dreieck. Da spricht man von „sauber“, „sicher“ und „bezahlbar“. Auch da können wir gemeinsam feststellen, dass der Fokus
sehr stark auf „sauber“ liegt. Auch was Ihren Haushalt angeht, ist immer die Ökologisierung, die Transformation der Energiewirtschaft im Fokus. Wenn man dann mal in Ihre Energieversorgungsstrategie schaut, …
… dann sieht man, dass da Sicherheit und Bezahlbarkeit im Fokus stehen. Aber 500 Tage, nachdem Sie die vorgelegt haben, müsste eigentlich in unserem Haushalt mehr passieren. Auch die Bereiche „Bezahlbarkeit“ und „Sicherheit“ finden wir in Ihrem Haushalt zu wenig berücksichtigt. Deswegen lehnen wir ihn ab. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei dem Minister dafür bedanken, dass er die seit dem 06.11.2020 auf der Seite des Finanzministeriums und des Wirtschaftsministeriums in Berlin stehenden FAQs fehlerfrei vorgelesen hat. – Vielen Dank dafür.
Mit dieser Feststellung wird doch klar, dass es heute nicht um eine Unterrichtung zu den Novemberhilfen geht.
Der Grund ist nicht die Information des Parlaments, sondern der Grund ist, die Aufmerksamkeit von der schwankenden Schulministerin abzulenken.
Das ist der Grund. Jawohl, großartig ist das, meine Damen und Herren. Das ist peinlich, Herr Ministerpräsident.
Ich bin es von dieser Landesregierung und auch von diesem Minister gewohnt, als Parlamentarier respektlos behandelt zu werden. Das habe ich in den letzten Jahren hier gelernt.
Aber was ich Ihnen an dieser Stelle vorwerfe, ist –
so haben Sie eben auf die Betroffenen geschaut –, dass Sie auf die Betroffenen spucken, indem Sie sie instrumentalisieren, um Ihr politisches Geschäft zu machen. Das ist unverschämt, Herr Minister.
Genau, Herr Ministerpräsident, es geht um Hunderttausende von Existenzen.
Sie verhöhnen diese Existenzen, indem Sie sie hier instrumentalisieren.
Sie sollten sich schämen, Herr Ministerpräsident.
Für das Protokoll möchte ich festhalten, dass mich der Ministerpräsident gerade als Flegel bezeichnet hat.
Meine Damen und Herren, der Vorwurf, der jetzt an mich gerichtet wird, mir seien die Menschen egal,
richtet sich gegen Sie. Sie instrumentalisieren die Sorgen der Menschen.
Das sage ich Ihnen, auch wenn Sie es nicht hören wollen, noch fünfmal, Herr Ministerpräsident.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch vielleicht noch einmal etwas entspannter auf dieses Thema schauen.
Am 28.10. hat die Bundeskanzlerin gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten einen erneuten Teil-Lockdown beschlossen,
weil dies – und das werden wir sicherlich alle so sehen – aus gesundheitspolitischen Gründen angezeigt war. Ab dem 02.11. gilt dieser Teil-Lockdown, und er betrifft wieder die Branchen, die auch schon vorher betroffen waren: die Gastronomie, die Hotels, die Veranstaltungswirtschaft, Vereine, öffentliche Einrichtungen, Kultur.
Diejenigen, die gerade Licht am Ende des Tunnels gesehen haben, sind jetzt wieder betroffen. Wir reden über viele Menschen, die über viele Jahre ihre Existenzen gegründet haben,
die ihre Unternehmen über Generationen betrieben haben.
Insofern ist es richtig, dass dort das entsprechende Verfahren aufgesetzt wird. Das Verfahren ist aufgesetzt nach dem Prinzip: Wer einschränkt, muss auch ausgleichen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sehr schnell gesagt, dass 10 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Gestern hat er deutlich gemacht, dass es wahrscheinlich mehr sein werden. Wir können hier gemeinsam feststellen: Wenn Herr Altmaier das organisiert hätte, dann wären es keine November-, sondern frühestens Januarhilfen geworden.
Lassen Sie mich noch auf zwei grundsätzliche Punkte eingehen.
Der Minister hat eben ausgeführt,
die erste Auszahlung soll am 25.11. …
Herr Ministerpräsident, ich habe Sie selten so erregt gesehen, außer vielleicht in irgendwelchen Talkshows.
Die Spielchen treiben doch Sie, Herr Ministerpräsident.
Sie fühlen sich doch ertappt, deswegen blöken Sie doch hier so rum.
Ende November sollen diese Mittel ausgezahlt werden.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich, wie gesagt, noch einmal zu zwei grundsätzlichen Aspekten kommen.
Worüber wir in der grundsätzlichen Systematik noch einmal nachdenken müssen, ist: Wir geben den Menschen jetzt Perspektiven für einen Monat. Wir sagen, dass sie ihre Unternehmen oder Restaurationen schließen müssen.
Wir sagen aber nicht, was ab Dezember, im Januar, im Februar ist. Wenn wir ernsthaftes Interesse an dem Schicksal dieser Menschen haben,
dann müssen wir ihnen Perspektiven aufzeigen.
Insofern müssen wir uns noch einmal über die grundsätzliche Ausgestaltung unterhalten. Nur so werden wir Strukturbrüche verhindern.
Lassen Sie mich noch zwei Sätze zu den SoloSelbstständigen sagen.
Wir haben am Mittwoch eine sehr intensive und angemessene Debatte geführt. Wenn man sich die Struktur der Novemberhilfen anschaut, wird man sehen, dass Solo-Selbstständige nach der sogenannten Helge-Schneider-Regel – der Minister hat es schon ausgeführt – nicht unbedingt den November 2019 angeben müssen, sondern auch den Jahresdurchschnitt 2019 nehmen können. 5.000 Euro können den Solo-Selbstständigen ohne Unterstützung eines Steuerberaters ausgezahlt werden.
Die Betriebskostenpauschale, die in Funktion und Wirkung vielleicht einen Unternehmerlohn ersetzen kann, ist auf dem Weg. Der Minister hat gerade erklärt, dass die Gespräche dazu auf Bundesebene laufen.
Ich finde, das ist eine gute Nachricht für alle SoloSelbstständigen in diesem Land.
Meine Damen und Herren, ich hatte … Ich will anders anfangen.
Herr Minister, die Erwartung, die ich an diese Unterrichtung gestellt hatte,
haben Sie im Prinzip erfüllt. Die Unterrichtung hatte keinerlei Neuigkeitswert. Ihr Ziel war das Ablenken vom Versagen an anderer Stelle. Dieses Ziel werden Sie – das wird die Debatte an diesem Tag deutlich zeigen …
Ein wichtiges Gut für eine Landesregierung sind Verlässlichkeit und Seriosität.
Die haben Sie für parteipolitische Geländegewinne heute aufs Spiel gesetzt.
Damit müssen Sie in den nächsten anderthalb Jahren, in denen Sie noch in der Regierung sind, fertig werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Chance nutzen, wenn ich heute noch einmal an diesem Platz stehe. Ich habe heute Morgen eine, fand ich, nicht so ganz schlechte Rede gehalten.
Aber ich habe im Zusammenhang dieser Rede dem Minister vorgeworfen, er würde auf die Betroffenen spucken. Dafür entschuldige ich mich ausdrücklich bei Ihnen, Herr Minister. Ich weiß, dass das nicht der Fall ist.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns jetzt zu unserem Antrag zu thyssenkrupp kommen. Dieser Antrag soll allen hier im Plenarsaal, aber auch der Landesregierung die Gelegenheit geben, den Satz von der Systemrelevanz der Stahlproduktion, der immer wieder so gern geprägt wird, mit Inhalt zu füllen. Denn wir sehen hier einen akuten Handlungsbedarf. Wir fordern die Landesregierung an dieser Stelle deutlich auf, von der Seitenlinie auf das Spielfeld zu kommen und hier endlich eine aktive Rolle zu übernehmen.
Schauen wir auf den Gegenstand, thyssenkrupp Stahl. Drei Punkte möchte ich hier erwähnen, warum das Beschäftigen mit diesem Unternehmen so wichtig ist. Das eine – das ist für uns Sozialdemokraten natürlich immer das, was im Mittelpunkt steht – sind die Mitarbeiter. Immer noch arbeiten mehr als 20.000 Menschen bei thyssenkrupp Stahl. Es sind Menschen und Schicksale, um die wir uns kümmern müssen.
Das Zweite ist: Es ist eben nicht nur die Stahlproduktion, die dort stattfindet. Die Stahlproduktion bei thyssenkrupp hat einen sehr wichtigen Auftrag in der ganzen Wertschöpfungskette der Produktion in Nordrhein-Westfalen. Auch auf der Website des Wirtschaftsministeriums findet man die Aussage: Stahl ist das Rückgrat der Industrie. – Das unterstützen wir ausdrücklich.
Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Fragen des Klimaschutzes und der CO2Reduktion. Auch in dieser Hinsicht ist die Stahlproduktion von zentraler Bedeutung, spielt eine zentrale Rolle. Wenn man sich nur eine Zahl vor Augen hält: 30 % der CO2-Emissionen der Industrie in NordrheinWestfalen stammen aus der Stahlbranche.
Meine Damen und Herren, wie ist nun die aktuelle Situation? Ich möchte gern mit Ihnen auf die aktuelle Situation schauen, nicht auf die Kapriolen der letzten Jahre. Wie sieht es im Moment in diesem Unternehmen aus?
Das Unternehmen ist durch die Coronakrise durchaus akut gefährdet, weil die Stahlproduktion, die dort stattfindet, ihren Absatz hauptsächlich in der Automobilindustrie findet, die eine der Branchen ist, die zumindest am Anfang der Pandemie extrem unter den Problemen gelitten haben.
Deswegen stehen aus unserer Sicht der Verkauf und eine Beteiligung wieder auf der Tagesordnung. Auch
thyssenkrupp hat die Beteiligung wieder auf die Tagesordnung genommen. Es gibt aktuell auch einen konkreten Interessenten, nämlich Liberty Steel. Ich möchte von dieser Stelle aus über ein Unternehmen nichts Negatives sagen. Ich möchte nur sagen, wenn thyssenkrupp meine Tochter wäre, dann würde ich ihr sagen: Eine Liebesheirat wird das eh nicht. Schau dich lieber nach etwas Solidem um!
Welche Anforderungen würde ich denn an einen Investor, der sich an dem Unternehmen beteiligen will, stellen? Der Investor muss Interesse am Erhalt des Unternehmens und an der nachhaltigen Entwicklung des Standorts haben. Das ist für uns wichtig, und nicht ein Investor, der nur daran interessiert ist, eine kurzfristige Gewinnmaximierung zu betreiben und das Unternehmen zu filetieren. Das ist für uns im Fokus dessen, was wir fordern, meine Damen und Herren.
Noch einmal deutlich: Es geht uns als Sozialdemokraten nicht um Restauration und Nach-hintenSchauen. Es geht uns wirklich darum, an diesem Punkt Fortschritt zu gestalten. Wir wollen doch alle gemeinsam, dass das Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig ist. Deswegen brauchen wir das Land als Ankerinvestor in diesem Unternehmen.
Meine Damen und Herren, es ist auch nicht die Frage, ob der Staat der bessere Unternehmer ist.
Nein, das ist nicht die Frage, Herr Brockes. Darüber können wir gern diskutieren. – Die Frage ist: Ist das Unternehmen mit staatlicher Beteiligung besser aufgestellt, wenn es um den Erhalt von wettbewerbsfähigen Arbeitsplätzen geht? Diese Frage beantworten wir mit Ja.
Die nächste Frage ist: Ist das Unternehmen mit staatlicher Beteiligung besser aufgestellt, damit es seine wichtige Rolle in der Wertschöpfungskette weiter wahrnehmen kann? Diese Frage beantworten wir ebenfalls mit Ja.
Die nächste Frage ist: Ist das Unternehmen mit staatlicher Beteiligung besser aufgestellt, wenn es um die Transformation in Richtung auf eine CO2-freie Stahlproduktion geht? Diese Frage beantworten wir auch mit Ja, meine Damen und Herren.
Ein Nein ist nämlich nicht faktenbasiert, ein Nein ist häufig ideologisch basiert. Insofern bitten wir Sie: Springen Sie über Ihren ideologischen Schatten und stimmen Sie mit Ja! – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wasserstoff ist in aller Munde sowohl im übertragenen als auch im chemischen Sinne. Sie haben es gerade gesehen: Wasserstoff nimmt man immer wieder zu sich.
Ein kleiner chemischer Exkurs. Ich hatte beim letzten Mal an dieser Stelle gesagt: Das kleinste Atom soll jetzt die Probleme der Welt lösen. – Vielleicht kann man darauf einen kleinen philosophischen Blick werfen; das finde ich auch ganz interessant.
Wasserstoff ist als Hype im Moment in aller Munde. Auch auf Bundesebene wird darüber diskutiert. Wir haben die Wasserstoffinitiative auf EU-Ebene, die Frau von der Leyen gestern ins Schaufenster gestellt hat, und auch Herr Rehbaum hat es ausgeführt.
Alle Länder machen sich im Moment auf den Weg. Ob Nordrhein-Westfalen die Nase vorn hat, Herr Rehbaum, darüber könnte man diskutieren. Ich würde keinen Statusblick wagen, sondern den Blick nach vorne wagen, denn unser Ziel muss es doch sein, dass Nordrhein-Westfalen am Ende das Wasserstoffland in der Bundesrepublik und auch in ganz
Europa wird. Insofern würde ich das lieber als Ziel denn als Status quo formulieren.
Wasserstoff ist in aller Munde. Bereits im Jahr 2001 gab es in Nordrhein-Westfalen Forschungsprojekte zu Brennstoffzellen. Wir sind letztlich nicht weiter vorangekommen.
Wir können uns gemeinsam die Frage stellen, warum heute alle Wasserstoff als die Lösung sehen. Wasserstoff ist direkt zu verwenden, er ist aber auch speicherfähig. In Form von Power-to-gas kann er wirklich als CO2-neutral produzierter Strom für verschiedenste technische Anwendungen zur Verfügung gestellt werden.
Insofern ist er genau das Mittel, was uns bei der Transformation auch in Bereichen, in denen wir sonst mit Alternativenergien Probleme haben wie beispielsweise Industrie und Schwerlast, die Möglichkeit gibt, eine Lösung darzustellen.
Wenn man auf den Wasserstoff schaut, sind aus unserer Sicht zwei Dinge wichtig.
Das eine ist die Frage der Anwendung. Was macht man mit dem Wasserstoff?
Das Zweite ist zum einen, das Wie zu betrachten. Dabei gibt es die kleine Kontroverse bzw. die Auseinandersetzung, wie er hergestellt wird. Zum anderen geht es um das Wo, also aus welchen Regionen er kommen kann.
Die primäre Anwendung sehen wir für die nächsten Jahre im Bereich der Industrie, weil die Transformation dort schnell erfolgen muss. Dort sehen wir auch die größten Einsparungen. Thyssenkrupp und auch die chemische Industrie sind hier erwähnt worden.
Es ist sicher wichtig, auch den Verkehrsbereich – Schwerlast und Luft – zu betrachten. Strom und Wärme können aus unserer Sicht ein wenig nachrangig behandelt werden.
Wie kann denn dieser Wasserstoff entstehen? – Dazu möchte ich gerne eine Zahl erwähnen: Die weltweite Wasserstoffproduktion erfolgt im Moment zu 95 % aus grauem Wasserstoff. Das ist Wasserstoff, der im Prinzip aus Erdgas gewonnen wird, natürlich nicht CO2-neutral. Dabei entsteht sehr viel Kohlendioxid.
Insofern muss es natürlich das Ziel sein, von der Verwendung dieses grauen Wasserstoffs wegzukommen. Am Ende hat alles, was wir im Bereich Wasserstoff machen wollen, nur einen Sinn, wenn wir den Wasserstoff aus erneuerbaren, aus regenerativen Energien herstellen; alles andere hat am Ende keinen Sinn.
Der Übergang muss aber gestaltet werden.
Wir brauchen Tempo, denn wir kennen auch die Diskussion rund um thyssenkrupp, die danach fragen, wann sie ihre Stahlproduktion CO2-neutral stellen können. Dann kommt immer die Forderung, dass es schneller gehen muss.
Wenn ein Unternehmen gerne in Wasserstoff investieren will, braucht es Investitionssicherheit und keine ideologischen Scheuklappen. Die Experten haben eindrucksvoll beschrieben, dass wir, um eine schnelle Hochskalierung zu bekommen, eine Übergangslösung mit blauem Wasserstoff brauchen, bei dem das Kohlendioxid eingelagert wird. Wir brauchen ihn.
Ich komme zu den Regionen. Wenn man sich anschaut, wo aktuell am günstigsten Wasserstoff produziert werden kann, sind das nicht die Regionen, die viele immer in Nordafrika im Auge haben.
Die Wasserstofflösung kann nur europäisch sein; darauf sollten wir auch zielen. Wir brauchen eine europäische Lösung für die Wasserstofffragestellung; das ist aus unserer Sicht sehr wichtig.
Ich bin der festen Überzeugung, dass NordrheinWestfalen das Land sein kann, das aus der Diskussion um die Wasserstoffanwendung als großer Sieger hervorgeht. Wir haben die Leitungen, wir haben die Industrie, und wir haben die Wissenschaft.
Deswegen lautet mein Appell: Wir sollten hier nicht in einem Klein-Klein verharren und uns bremsen lassen, sondern mit Tempo voranschreiten. Das ist wichtig, denn das ist eine Chance für unseren Industriestandort und am Ende auch eine Chance für die Menschen in unserem Land. Deswegen sollten wir alle gemeinsam diese Chance nutzen und das KleinKlein verlassen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu zwei Punkten in den Ausführungen von Herrn Rehbaum möchte ich Stellung nehmen.
Erstens greife ich Ihre Analyse „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ auf. Diese Analyse ist eigentlich nur mit dem Adjektiv „lächerlich“ zu bezeichnen.
Ja. Ich sage Ihnen, wie auf diesen Gegenstand zu schauen ist. Sie haben die schwarze Null immer als Fetisch gesehen, und Ihre Kollegen von der FDP wollten das Geld nicht zurücklegen, wie Sie gerade vorgeschlagen haben, sondern sie – und auch Sie – wollten es immer über Steuersenkungen an die Leute auskehren,
die es nicht nötig haben. Das ist Ihre Politik gewesen, und das muss man an dieser Stelle ganz deutlich sagen.
Sie haben immer gesagt, dass es nicht um die schwarze Null als Fetisch, sondern um Investitionen in diesem Land geht. Das ist doch auch die Antwort, die Sie gegeben haben.
Zweitens möchte ich Ihnen Folgendes mit auf den Weg geben: Worauf ich mittlerweile wirklich allergisch reagiere, ist dieses ewige Weihrauchschwenken, wie toll Sie bisher alles gemacht hätten.
Ich sage Ihnen mal, wie die nordrhein-westfälische Wirtschaft in die Krise gegangen ist: Sie ist mit einem Nullwachstum, maximal mit einer Seitwärtsbewegung in diese Krise gegangen. Das Wachstum basierte nur noch auf zwei Dingen, nämlich auf dem Bausektor und der Innennachfrage. Im industriellen Bereich, in den Kernbereichen der nordrhein-westfälischen Wirtschaft haben wir ein Negativwachstum verzeichnet. So sind wir in diese Krise gegangen. Auch das ist eine Analyse, die zur Wahrheit dazugehört.
Lassen Sie mich nun zwei grundsätzliche Dinge zu den Konjunkturanträgen sagen. Zum einen geht es um die Frage, wie wir Konjunkturprogramme konzipieren bzw. gestalten, zum anderen geht es darum, wer dann im Fokus stehen soll.
Was die Gestaltung angeht, so wollen wir keine Strohfeuereffekte, sondern wir wollen mit den Konjunkturprogrammen Investitionen auslösen, die dem sozial-ökologischen Fortschritt in diesem Land dienen. In dieser Analyse sind wir sicherlich d’accord.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass es bei all den Programmen, die wir auflegen, nicht um die Restauration dessen geht, was einmal war, oder von Programmen, die nicht mehr funktioniert haben. Vielmehr geht es um eine Transformation der Wirtschaft und unserer Gesellschaft, um auf diese Weise zu gestalten. Wir sehen es durchaus als Chance, dass wir nun diese Mittel zur Verfügung stellen können, um unser gesellschaftliches Ziel zu erreichen, nämlich die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft.
Grundsätzlich – da sind wir uns vermutlich auch einig – ist es wichtig, die Angebots- und die Nachfrageseite im Blick zu haben. Ich denke, bei dem Satz: „Autos kaufen keine Autos“, sind wir ebenfalls d’accord.
Die zweite wesentliche Fragestellung lautet: Wer soll im Fokus dieser Konjunkturprogramme stehen? Wenn man sich den Antrag der CDU und auch dieses ziemlich schnell zusammengedrechselte 10Punkte-Programm der Landesregierung anschaut,
gewinnt man den Eindruck, dass an vielen Stellen die Unternehmen im Fokus stehen. Für uns Sozialdemokraten stehen im Fokus unserer Vorschläge, die wir über den Antrag zur Debatte und auch zur Abstimmung stellen, die Arbeitnehmer und ihre Familien.
Dass dies bei großen Teilen der CDU scheinbar nicht der Fall ist, hat auch die unsägliche Debatte über die Senkung des Mindestlohnes noch einmal deutlich gezeigt.
Wir befinden uns in einer beispielhaften Situation. Ich möchte das nicht anhand des Bruttoinlandsprodukts deutlich machen, sondern zwei Zahlen in die Diskussion einbringen, die dies belegen.
Aktuell liegen mehr als dreimal so viele Anträge auf Kurzarbeitergeld vor wie in der Finanzkrise – das zeigt deutlich, wie tiefgreifend die Probleme sind –, und fast jedes dritte Unternehmen überlegt – das müssen wir hier leider gemeinsam feststellen –, Personal abzubauen.
Insofern ist der Zeitpunkt der Debatte genau der richtige. So hat Frau von der Leyen gestern auf EUEbene den ersten Aufschlag gemacht. Im Bund wird übernächste Woche etwas passieren. Das Land hat dieses aus meiner Sicht relativ schnell zusammengedrechselte 10-Punkte-Programm aufgelegt;
der Minister wird uns gleich noch etwas darüber erzählen. Die Kommunen müssen wir mitnehmen, und dabei müssen all diese Maßnahmen am Ende auch konsistent sein.
Wir Sozialdemokraten schlagen hier Folgendes vor: Als Erstes geht es uns um die Steigerung der Nachfrage in den Privathaushalten. Uns ist es wichtig, dass das Geld, das mit den Konjunkturprogrammen zur Verfügung gestellt wird, in den Taschen der Menschen landet, die es auch wieder ausgeben. Denn nur so schaffen wir die entsprechenden Impulse. Alles, was wir tun, muss vor dieser Folie diskutiert werden, und aufgrund dieser Tatsache haben wir die Dinge gefordert.
Wir brauchen eine Erhöhung des staatlich festgelegten Mindestlohns und denken, dass wir 12 Euro anstreben sollten. Deswegen schlagen wir auch vor, dass der Solidaritätszuschlag rückwirkend zum 01.01.2020 für die unteren 90 % abgeschafft wird.
Außerdem fordern wir – hier sind wir wieder sehr nah beieinander – einen Familienbonus. Auseinander sind wir vielleicht an der Stelle, dass wir eine soziale Komponente insofern fordern, als kleinere und mittlere Einkommen deutlich entlastet werden sollen.
Wir brauchen, wenn wir die Nachfrage in Privathaushalten stimulieren und nachhaltige Investitionen auslösen wollen, die entsprechenden Maßnahmen. Wir schlagen vor, weniger in die Garagen und stattdessen eher in die Keller der Menschen zu schauen, wo die alten Heizungen stehen. Schauen Sie sich einmal an, wie viele Beratungen „InnovationCity“ durchgeführt hat und wie viele Heizungen ersetzt werden konnten. Das ist zwar ein kleines, aber sehr gutes Beispiel dafür, wie man ökologische Innovationen,
ökologischen Wert und auch soziale Aspekte sehr gut vermitteln kann.
Wir fordern die Landesregierung auf, für alle diese Projekte eigenes Geld zur Verfügung zu stellen. Bisher gab es vonseiten des Ministerpräsidenten und auch vonseiten des Ministers nur wenige Aussagen dazu, wie viel Geld dafür zur Verfügung gestellt wird. Wir erwarten, dass die Landesregierung nicht nur der Kellner ist, der das Geld des Bundes verteilt, sondern auch kocht und die entsprechenden Rezepte entwickelt.
Wir sind uns sicher einig, dass das klassische Instrument auf der Angebotsseite vereinfachte, schnelle Abschreibungen sind. Das ist sicherlich richtig. Aber auch da muss man schauen, ob man global ausschüttet oder die Ausschüttung an entsprechende Maßnahmen bindet.
Aus unserer Sicht ein wenig grotesk wirken die Aussagen im CDU-Antrag sowie im 10-Punkte-Programm, in denen festgehalten wird, dass in den nächsten Wochen bürokratische Hemmnisse aufgespürt und beseitigt werden sollen. Hier lässt sich ein klarer Widerspruch zu dem erkennen, was uns die Landesregierung seit drei Jahren erzählt, nämlich sie sei kontinuierlich am Entfesseln. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt, wenn Sie in den nächsten Wochen weitersuchen – vermutlich so wenig wie bisher.
Aber ich verhehle auch nicht, dass wir das durchaus mit einer gewissen Sorge sehen. Wir vermuten, dass Sie an dieser Stelle Arbeitnehmer- und Verbraucherrechte schleifen wollen. Ich kann Ihnen nur sagen: Die sozialdemokratische Fraktion wird Ihnen hier sehr intensiv auf die Finger schauen, dass Sie das nicht tun.
Ich erkläre Ihnen gern den Unterschied zwischen Vorurteilen und Lebenserfahrung, Herr Bombis. Das kann ich auch gern ausführlicher tun.
Arbeitnehmer spielen in Ihrem Antrag und in Ihrem 10-Punkte-Programm nur am Rande eine Rolle. Wir sind der Meinung, dass die Arbeitnehmer in diesem Programm der Schlüssel zum Erfolg sind, zum Bespiel in den Betrieben. Denn alles, was wir gerade an Transformation erleben, muss mit den Menschen vor Ort, also in den Betrieben, entschieden werden. Die Menschen, die es direkt betrifft, müssen diese Prozesse mitgestalten, damit es am Ende funktioniert, damit sie auch an der Ladentheke wieder Zutrauen haben und investieren bzw. Geld ausgeben. Das ist doch das Wichtige. Deswegen müssen Sie die Arbeitnehmer in diesem Prozess mitnehmen. Davon
lesen wir allerdings nichts in Ihrem Papier. Das ist aus unserer Sicht zu kurz gegriffen.
Die Zeit der Schönwetterwirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen ist vorbei. Sie müssen ab jetzt beweisen, dass Sie die Wirtschaftspolitik in NordrheinWestfalen erfolgreich gestalten können. Ihr sogenannter 10-Punkte-Plan ist aus unserer Sicht ein Fehlstart in diesem Bereich. Das muss auf jeden Fall besser werden. Wir helfen gerne mit. Schauen Sie in unseren Antrag. Stimmen Sie unserem Antrag zu. Das wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach all den positiven weihrauchgetragenen Beschreibungen darüber, was Sie in wirtschafts- und industriepolitischer Hinsicht alles für dieses Land getan haben, würde ich nun gern einmal die Faktenlage in den Blick nehmen.
Schaut man sich die Industrieproduktion in Nordrhein-Westfalen an – Datengrundlage sind die Zahlen von IT.NRW –, stellt man fest, dass die Industrieproduktion in Nordrhein-Westfalen von 2018 auf 2019 um 1,9 % gesunken ist, und zwar im Bereich der Chemie um 5,9 % und im Bereich der Metallerzeugung um 7,4 %.
Für dieses Jahr gibt es bisher nur eine Zahl von IT.NRW, und zwar wird der Januar 2020 mit dem Januar 2019 verglichen. Demnach hat es eine Abnahme der industriellen Produktion um 2,7 % gegeben.
Das sind keine Erfindungen der deutschen Sozialdemokratie oder von Frank Sundermann, sondern Zahlen von IT.NRW. Das sollte man sich vielleicht einmal anschauen. Mir geht es an dieser Stelle um das Beschreibende.
Ich würde gerne mit Erlaubnis der Präsidentin aus einer Pressemitteilung von METALL NRW zitieren, wo ausgeführt wird:
„Bei den Unternehmen der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie hat sich die Stimmung in der Beurteilung von wirtschaftlicher Lage und Erwartungen erneut weiter verschlechtert.“
Man könnte annehmen, dies sei eine Pressemitteilung aus April 2020. Das ist aber nicht der Fall, es ist eine Pressemitteilung aus Dezember 2019. Das ist die Zustandsbeschreibung der Industrie in Nordrhein-Westfalen von einem der führenden Industrieverbände in unserem Land, was die Zahlen anbelangt.
Lassen Sie uns einmal gemeinsam schauen, was Sie gemacht haben. Sie haben das industriepolitische Leitbild angesprochen, das sicherlich – warum sollte ich hier etwas anderes erzählen als im Ausschuss? – viele positive Ansätze hat. Aber die Prozesse – und auch das hat die Anhörung ergeben – müssen dynamisch weitergestaltet werden. Man muss sich das Leitbild immer wieder anschauen. Es ist kein Allheilmittel, und es ist auch keine Hängematte, in der man sich ausruhen kann.
Der zweite Punkt, den Sie immer wieder anfügen, ist, dass Sie zur Entfesselung der nordrhein-westfälischen Wirtschaft und damit der Industrie beitragen, um so Wachstumsimpulse und Investitionen zu generieren. Ein wenig grotesk finde ich, dass der bisher einzige entscheidende Impuls in diesen drei Jahren, was die Abschaffung von Regularien anbelangt, nicht von Ihnen ausgelöst wurde, sondern von einer Initiative von CDU und SPD auf Bundesebene, indem wir den Abstand von 1.500 auf 1.000 m reduzieren wollen und werden. Das wird aus meiner Sicht den entscheidenden Wachstumsimpuls und Investitionen in diesem Land auslösen.
Noch ein kurzer Blick: Was haben Sie in den entscheidenden Industriebereichen in Nordrhein-Westfalen getan? Ich habe mir zwei herausgesucht, zum einen die Automobilindustrie und zum anderen die Stahlindustrie.
Bei der Automobilindustrie sind wir uns sicherlich sehr schnell einig, dass das der Industriezweig in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus ist, der
extrem von Transformationsprozessen betroffen ist, sowohl von den klassischen Transformationsprozessen, die durch Digitalisierung und Globalisierung ausgelöst werden, als auch von den Veränderungen am Antriebsstrang.
Im November haben Sie angekündigt, Herr Minister, die Ausschreibung einer Studie zur Zukunft des Automobillandes Nordrhein-Westfalen auf den Weg zu bringen. Wenn man dem Bundesanzeiger glauben kann, dann ist die Ausschreibung tatsächlich gelaufen. Die Frage ist nur: Wann kommt die Studie? Ich kann Ihnen sagen, dass sie auf jeden Fall zu spät kommt; die Transformationsprozesse sind nicht über uns hereingebrochen.
Zur Stahlindustrie: Wenn man schaut, was in den letzten Jahren rund um thyssenkrupp passiert ist, müssen wir gemeinsam attestieren, dass die Landesregierung eigentlich nur reagierend und nicht agierend am Spielfeldrand gestanden hat, wie es aus unserer Sicht für diesen zentralen Industriezweig in Nordrhein-Westfalen nötig gewesen wäre.
In den derzeitigen Diskussionen rund um thyssenkrupp spricht Herr Laschet von einer Systemrelevanz und einer „Agenda Stahl“. Wir sind sehr gespannt, was sich hinter diesen hohlen Phrasen verbirgt.
Sie haben eben gesagt, der Antrag sei von November 2019. Wir sind allerdings der Meinung, dass er auch heute noch hochaktuell ist, vor allem vor dem Hintergrund der Debatte heute Morgen. Viele Dinge, die dort aufgeführt sind,
zum Beispiel das Schleifen der 1.500-m-Linie, aber auch die Beteiligung der Gewerkschaften an Transformationsprozessen, sind an der Stelle – das wüssten Sie, wenn Sie sich mit den Kollegen der IG Metall oder der IG BCE unterhalten würden –
eher unterrepräsentiert. Dort könnte bzw. müsste das Land koordinierend und aktivierend eingreifen.
Wir reden auch sicherlich über Beteiligungsfonds, die aufgelegt werden können und müssen. Herr Minister Altmaier hat das ja schon …
Ja. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – … länger aufgelegt. In Coronazeiten ist es noch wesentlicher, sich diese Bereiche deutlich anzuschauen.
Auch unsere Initiative, dass Kommunen mit mehr Finanzmitteln ausgestattet werden müssen, ist aktueller denn je.
Sie merken, dieser Antrag ist nicht aus der Zeit gefallen, er ist, wie gesagt, aktueller denn je. Deswegen möchte ich Sie bitten, dem zuzustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Wirtschaft in unserem Land Nordrhein-Westfalen und auch in der ganzen Bundesrepublik und darüber hinaus befindet sich sicherlich – da werden wir uns, glaube ich, schnell einig – in einer absoluten Ausnahmesituation.
Ganze Wirtschaftszweige kollabieren. Wir haben eben über Bereiche wie Gastronomie, Schaustellerei, Hotellerie und auch Messebau gesprochen. Diese ganzen Wirtschaftszweige kollabieren. Im ifo Geschäftsklimaindex können wir aktuell einen historischen Tiefstand feststellen, meine Damen und Herren.
In diesem Zusammenhang passt scheinbar das folgende Zitat auch ins Bild. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin den Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Solarwirtschaft, Carsten Körnig, der sagt:
„Eine vergleichbare Eintrübung in so kurzer Zeit haben wir nie zuvor beobachten können. Immer mehr Solarunternehmen geraten in Existenzangst. Häufigste genannte Ursache ist der …“
nein, nicht Corona, sondern –
„nahende Solardeckel …“.
Was so eindeutig erscheint, hat eine ganz andere Ursache: den Solardeckel. Kollegin Brems hat es schon ausgeführt: Gefördert werden bis zu 52 GW. 1,5 GW sind noch offen, die vermutlich diesen Sommer erreicht werden.
Die Bundesregierung, der Bundesrat, die Landesregierung, der Landtag – alle sind sich einig: Der Solardeckel gehört abgeschafft. – Er wird es aber nicht. Warum wird er nicht abgeschafft? – Dieser Solardeckel ist von Teilen der Bundestagsfraktion in Geiselhaft genommen worden. Sie verknüpfen die Abstandsregelungen bei der Windenergie mit der Abschaffung des Solardeckels.
An der Stelle will ich konkret Ross und Reiter benennen, denn die Gegner der Abschaffung des Solardeckels sind die Wirtschaftspolitiker in der CDU mit dem Vorsitzenden der CDU-Mittelstandsvereinigung Carsten Linnemann aus Nordrhein-Westfalen. Das muss man so deutlich sagen.
Das ist für mich auch ein Beleg für den immer noch recht schizophrenen Blick, den anscheinend doch noch große Teile der CDU auf erneuerbare Energien haben. Sie meinen immer noch, es sei eine Sache, die man so mitnehmen könne und die vielleicht helfen werde, aber eine richtige wirtschaftspolitische Relevanz haben diese Industrie und diese Wirtschaft nicht. Ansonsten wäre es nicht zu erklären, dass sich der Chef der Mittelstandsvereinigung der CDU so verhält.
Das ist falsch, denn der Mittelstand hat seine Stimme deutlich erhoben und sieht dieses Verhalten, wie Teile der CDU-Fraktion agieren, sehr kritisch. Ein Beleg dafür ist ein offener Brief, den 2.000 Unternehmen am 23. März dieses Jahres an Frau Merkel geschrieben haben und in dem sie fordern, den Solardeckel endlich abzuschaffen.
Es ist notwendig, den Solardeckel abzuschaffen, weil 24.000 Menschen in der Bundesrepublik im Bereich der Photovoltaik arbeiten. Mittlerweile leistet die Photovoltaik 8,2 % des Bruttostromverbrauchs. 2019 wurden die Ausbauziele sogar noch übertroffen. Das ist genau die Dynamik, von der wir hier immer reden. Wenn ich „wir“ sage, meine ich die SPD-Fraktion und die Grünen; wir haben immer von einer Dynamik in der Solarenergie geredet.
Ich habe in meinem Leben noch nie Lernfähigkeit und Lernwilligkeit kritisiert. CDU und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag dazu nichts ausgeführt, dann
aber zur Jahreswende 2018/19 mit einem Antrag eine Solarinitiative gestartet.
Die Landesregierung hat sich mit den entsprechenden Maßnahmen dieser Solarinitiative geöffnet und sie umgesetzt.
Man mag es kaum glauben, aber dazu zählt tatsächlich auch, dass Sie sich für die Abschaffung des Solardeckels eingesetzt haben, wie es in einem Ihrer Entfesselungspakete steht. Auch mit einer Bundesratsinitiative sind Sie immer wieder vorstellig geworden. Das ist sicherlich nicht zu kritisieren.
Insofern gehe ich davon aus, dass die Koalitionsfraktionen ihre Landesregierung unterstützen, was Sie am besten dadurch zum Ausdruck bringen können, dass Sie unserem Antrag zustimmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Dr. Untrieser. Sie haben promoviert, und auch aufgrund dessen sind Sie sehr wissenschaftlich und übrigens sehr geschickt und sehr gut – mein Kompliment dafür – mit diesem Antrag umgegangen.
Wie Sie alle wissen, habe ich irgendwann einmal nur eine Gärtnerlehre gemacht,
und deshalb habe ich versucht, etwas einfacher an diesen Antrag heranzugehen. Denn letztendlich muss man sich überlegen, wie man mit diesen Anträgen umgeht. Ich habe mir sechs Fragen zu diesem Antrag gestellt, die ich mir dann selbst beantwortet habe.
Die erste Frage, die man sich beim Lesen dieser Anträge stellen muss, lautet: Gibt es einen durch den Menschen verursachten Klimawandel? – Ja, den gibt es. 98 % aller Experten sagen das. Sie sagen das nicht. Sie sind in der Minderheit, und diese Minderheit werden Sie auch bleiben.
Die zweite Frage ist: Ist es richtig, dass die Verbrennung fossiler Energieträger zur Stromerzeugung ihren Beitrag zu diesen CO2-Emissionen leistet? – Ja, zu einem guten Drittel trägt die Verbrennung dieser fossilen Energieträger zur CO2-Steigerung bei.
Dann die dritte Frage: Kann Windenergie einen entscheidenden Beitrag leisten, um diese wegfallenden Energieträger zu entlasten? – Ja, sie kann es. Im Jahr 2018 waren es 18,6 % in der Bundesrepublik, 110 Terawattstunden. In Nordrhein-Westfalen waren es nur 6 %. Aber wir arbeiten gemeinsam daran, dass es mehr wird.
Die vierte Frage: Sind zur Zielerreichung, dass die Windkraft ihren Beitrag hierzu leisten kann, rechtssichere Rahmenbedingungen notwendig? – Ja, sie sind notwendig. Das zeigt die aktuelle Situation. Wir haben Probleme an dieser Stelle. Der Ausbau stockt. Wir müssen die Genehmigungsverfahren vereinfachen und verstetigen, damit die Rahmenbedingungen langfristig gut sind und wir einen Ausbau bekommen, wie wir ihn alle haben wollen.
Die fünfte Frage: Gibt es einen aktuellen Anlass, die Windkraft hier zu debattieren? – Ja, den gibt es. Wir diskutieren zurzeit ein aktuelles Altmaier-Papier. Wir sind sicherlich alle gespannt, wie die Landesregierung reagiert. Wie geht sie damit um? Geht sie damit klug um? Geht sie damit um wie bisher? Diese Fragen werden wir uns alle beantworten.
Die sechste Frage ist: Kann und will Ihr Antrag einen sinnvollen Beitrag zur Debatte leisten? – Nein. – Vielen Dank.
Herr Präsident, ich habe zwei Optionen: Ich kann antworten, aber ich muss nicht. Ich wähle Option b).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Dinge vorweg: Ob sich Herr Brockes über meinen Redebeitrag freut, können wir gleich bilateral klären. Was ich allerdings sicher weiß: Ich werde nicht reimen, lieber Henning Rehbaum. Wahrscheinlich eigne ich mich für so etwas nicht.
Ich möchte allerdings – das erwartet man von einem Westfalen vielleicht auch nicht – philosophisch beginnen.
Wasserstoff, im Periodensystem der Elemente das kleinste, kann sich nicht einmal ein Neutron leisten, regt aber trotzdem aktuell die Fantasie aller Men
schen an. Gestern wurde über die E-world gesprochen. Manchmal erinnert diese ganze Diskussion sogar schon an einen Hype.
Meines Erachtens müssen wir an dieser Stelle einmal festhalten: Wasserstoff kann ein Energieträger der Zukunft sein, aber er wird nicht der Energieträger der Zukunft sein. Wir sollten uns auch, wie wir das hier immer gemacht haben, die Technologieoffenheit bei diesen Diskussionen bewahren.