Protokoll der Sitzung vom 26.06.2020

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das, meine Damen und Herren, werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Widerspruch von der SPD)

Daher noch einmal zum Verfahren der Ausschreibung. Wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sich heute zu Helden nach Ladenschluss aufspielen, das ist ein Bild für die Götter. Wo waren denn die Freunde der Sozialdemokratie, als die Ausschreibung zur Leverkusener Brücke veröffentlicht worden ist?

Darin wurde der Stahl, der bekanntlich wegen seiner mangelhaften Verarbeitung zur außerordentlichen Kündigung des Bauwerksvertrags zur Leverkusener Brücke geführt hat, im Stahlland Nummer 1 nur zum Subunternehmergewerk gemacht. Und jetzt erklären

Sie sich mit Ihren Forderungen nach örtlichem Stahl zu Heimathelden, meine Damen und Herren. Das ist in der Tat ein bemerkenswerter Richtungswechsel.

(Zuruf: Hört, hört!)

Die NRW-Koalition hat aus Ihren Fehlern gelernt und den Stahlbau als Teil der Bietergemeinschaft festgeschrieben. Wir haben das gemacht, was Sie bereits hätten machen müssen. Aber die SPD hat ja schon immer ein Problem mit Soll und Haben: Sie sollten, aber Sie haben nicht.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Ich möchte an die Berichtsanmeldung im April dieses Jahres erinnern, an die vielfältig – auch gestern Abend noch, Herr Kollege Löcker; Sie haben es angesprochen – beantworteten Fragen der SPD, an die Kleinen Anfragen, an die vertraulichen Unterlagen an die Ausschussmitglieder und an den Bericht des Ministers zur Ausschusssitzung am 13.05., der jedenfalls von den meisten Anwesenden auch verfolgt wurde.

Mehr Information geht wirklich nicht.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP Auch im Bericht von „Westpol“ am vergangenen Sonntag, der wohl Anlassgeber für diese Aktuelle Stunde heute ist, wird von dem interviewten Rechts- anwalt darauf verwiesen, dass Kündigungen bei Bauprojekten in der Regel vermieden werden. Das ist richtig, denn einmal geschlossene Verträge müs- sen zuvörderst gelebt werden. Es gibt sogar eine Richtlinie des BMVI, dass eine freie Kündigung ver- mieden werden muss. Hier ist aus wichtigem Grund gekündigt worden. Damit zahlt auch der Gekündigte die Mehrkosten, die durch die Verzögerungen entste- hen. Glauben Sie eigentlich ernsthaft, verehrte Kollegin- nen und Kollegen der SPD-Fraktion, dass man bei einer solchen außerordentlichen Kündigung eines Multimillionen-Projektes mal eben so und einfach aus der Hüfte geschossen die ganze Sache betrach- tet? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. (Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Sarah Philipp [SPD]: Schlaumeier!)

Wissen Sie nicht mehr oder wollen Sie vielleicht nicht wissen, dass es sich um ein Projekt in der Auftragsverwaltung des Bundes handelt? Meinen Sie nicht auch, dass ein so wichtiger Schritt wie eine Kün

digung aus wichtigem Grund – das letzte Mittel der Wahl – wohlvorbereitet mit dem Bund abgestimmt werden muss?

Es ist der Anspruch von Bund, Land und Straßen.NRW, ein qualitativ hochwertiges und langlebiges Bauwerk zu bauen, das auch Jahrzehnte hält. Bei Qualität und Sicherheit der neuen Brücke dürfen keine Abstriche gemacht werden. Eine neue Brücke darf nicht mit der Hypothek von nicht normgerechten Bauteilen und unter der Gefahr dauerhafter Prüfungen von Anfang an errichtet werden.

Trotz vieler intensiver Gespräche zwischen Straßen.NRW und dem Auftragnehmer konnte keine Einigkeit über den Umgang mit den vielfältigen Mängeln erzielt werden. Nur mit der Neuausschreibung und mit der neuen Herstellung der Stahlbauteile wird nunmehr ein verlässlicher Zeitrahmen und ein normenkonformes, vertragsgerechtes, qualitatives Bauwerk sichergestellt.

Für all das bedurfte es eines zeitlichen und administrativen Vorlaufs, der für uns auch so nachvollziehbar dargelegt worden ist.

Die NRW-Koalition weiß um die Dringlichkeit dieses Projektes für die Region. Wir sind uns aber auch der großen Verantwortung gerade auch im Hinblick auf das Thema „Rechtssicherheit“ bewusst.

Das sollte auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, am Herzen liegen. Lassen Sie uns also dieses Projekt von nationaler Bedeutung gemeinsam, verantwortungsvoll und auf einem soliden sowie sicheren und auch rechtssicheren Fundament fertigstellen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Abgeordnete Herr Klocke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen hier im Plenum heute zum wiederholten Male über das Thema „Leverkusener Brücke“. Ich muss sagen, Kollege Voussem, ich war sieben Jahre Fachabgeordneter für Verkehrspolitik in der rot-grünen Regierungszeit und jetzt in der Opposition.

Sie haben uns sieben Jahre lang vorgehalten – oft fälschlich, manchmal auch zu Recht –, was Rot-Grün und die Verkehrsminister, insbesondere Mike Groschek, falsch machten. Sie müssen auch damit umgehen können, dass Sie jetzt regieren und dass wir Ihnen Ihre Versäumnisse und Fehler vorhalten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich habe immer wieder den Eindruck, das grenze an Majestätsbeleidigung. Vor allem habe ich die Rede

von Bodo Löttgen in dieser Woche in Erinnerung. Mit welcher Verve hat er ausgeteilt gegen Kritik von SPD und Grünen an der Politik der Landesregierung und des Ministerpräsidenten!

(Zuruf: Zu Recht!)

Da muss ich sagen: Sie haben zweieinhalb Jahre gebraucht, um überhaupt in der Regierung anzukommen. Sie haben uns immer vorgehalten – damals waren Sie noch im Oppositionsmodus –, was wir in diesem Land alles verbockt hätten und was Sie jetzt mühsam aufarbeiten müssten.

Jetzt in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode hat es immerhin den Anschein, Sie hätten kapiert, dass Sie in der Landesregierung sind und nicht mehr in der Opposition. Aber Sie müssen es sich gefallen lassen, dass wir Themen und Fragen zum Mittelpunkt von Debatten machen,

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

bei denen Sie in Ihrer Regierungspolitik nachweislich Fehler machen. Das müssen Sie sich gefallen lassen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich habe immer wieder den Eindruck, wir seien eine Monarchie geworden und jeder, der irgendwie Kritik äußert, müsse an den Rand gestellt werden. So geht es nicht.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Jetzt zum Thema. Zweifelsfrei haben die Landesregierung und der Verkehrsminister das Haus und die Fachabgeordneten zu diesem Thema viel zu spät informiert. Die erste Information kam im Verkehrsausschuss Ende April. Da hatten Medien – der „WDR“, der „Kölner Stadtanzeiger“ – vorher schon wochenlang ausführlich über diese Thematik berichtet.

Man darf schon die Frage stellen – so oft wie wir zusammenkommen im Verkehrsausschuss, in Obleuterunden oder zu anderen Themen, ob zu Bahnstrecken-Reaktivierungen, zum Bau von Radschnellwegen oder zu sonst etwas –, warum das Gespräch zumindest mit den verkehrspolitischen Sprechern nicht gesucht wurde.

(Zuruf)

Ich weiß, dass es hier auch um Verträge geht. Es geht auch um Vertragsgeheimnisse etc. Aber man kann auch informell oder unter Geheimhaltungsaspekten zusammenkommen und sagen: Wir müssen euch informieren. – Aber so lange, wie das Haus schon über Fehler und Versäumnisse der Baufirma informiert war, nämlich mindestens seit Herbst 2018, hätte das Gespräch mit den Fachabgeordneten gesucht werden müssen – vertraulich –, um zu informieren, was da eigentlich vor sich geht.

Das ist ein klares Versäumnis dieser Regierung und auch dieses Verkehrsministers. Das müssen Sie sich schon anhören.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Dann zur Frage des Staatssekretärs. Ich habe in meiner Rede in der letzten Aktuellen Stunde zu dem Thema ganz vorsichtig gesagt: Der Job bei PORR im Vorfeld und die folgende Auftragsvergabe an das Unternehmen könnten ein Geschmäckle haben. Man kann im Protokoll eine große Empörung nachvollziehen. Bodo Löttgen hing fast unter der Decke.

(Zuruf von der SPD: Das tut er doch immer!)

Auch Herr Voussem hat mit hochrotem Kopf gesagt: Wie kann man davon sprechen, es habe möglicherweise eine Verquickung gegeben?

Nach der E-Mail von gestern Abend, die Kollege Löcker angesprochen hat, wissen wir jetzt doch, dass der Staatssekretär lange vorher über die Vorgänge informiert war und auch Gespräche geführt hat, als es bis jetzt eingeräumt worden ist.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Warum wurden wir darüber nicht informiert? Das ist eine Unverschämtheit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das hätte man durchaus offenlegen können; zumindest ich habe das im letzten Plenum ganz vorsichtig angesprochen. – Bei der CDU gab es Empörungswellen.

Ich habe diese E-Mail aus dem Büro von Herrn Wüst gestern Abend auf dem Weg nach Hause im Zug gelesen. Dabei dachte ich: Oh, das war doch eine ganze Reihe von Gesprächen. – Damit ist zwar nicht belegt, dass irgendetwas Unrechtmäßiges passiert ist, was nach den Abläufen nicht möglich gewesen wäre, aber zumindest wurde uns verheimlicht, dass Gespräche geführt worden sind. Man darf dann schon die Frage stellen, warum uns das verheimlicht worden ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Jetzt zum Blick nach vorne, denn die Situation ist, wie sie ist. Wir haben zu dem Thema keinen Untersuchungsausschuss und befinden uns nicht in der Sachverhaltsklärung.