Protokoll der Sitzung vom 26.08.2020

Frau Ministerin, wir sind in einer Situation, in der Sie nicht bereit sind, das Flüchtlingsaufnahmegesetz zu ändern, in der Sie nicht bereit sind, den Altschuldenfonds auf den Weg zu bringen, obwohl der Bund mit hohen Kompensationsmaßnahmen bei den Kosten der Unterkunft sehr klar geliefert hat, was die wesentlichen Unterschiede zwischen den Städten abmildern würde.

Stattdessen preisen Sie sich hier für Maßnahmen, die zwingend und dringend erforderlich sind, um die Pandemie in den Griff zu bekommen, um – das ist das wesentliche Element in der Pandemie – nämlich die kommunalen Gesundheitsämter zu stärken. Dabei war der Landesgesundheitsminister heute Morgen in der Debatte nicht einmal bereit, sich auch nur mit einem Wort zu den kommunalen Gesundheitsämtern zu äußern.

Das, Frau Ministerin, finde schon ein starkes Stück. Das war auch überhaupt nicht nötig in dieser Debatte. Denn wir haben morgen zweimal Gelegenheit, darüber zu reden, Frau Ministerin. Ich finde, Sie sind da weit am Thema vorbeigeschossen und zeigen sehr deutlich, wo die Lücken der Landesregierung sind.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – Frau Ministerin, Sie haben 1:30 Minuten für die Reaktion. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Mostofizadeh, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Sie wissen, dass Länder, Bund und Kommunen derzeit alles tun, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie für Bürgerinnen und Bürger und für Unternehmen abzumildern. Alle miteinander machen wir das. Alle miteinander stehen wir vor entsprechenden Herausforderungen.

Alle miteinander wissen wir aber noch nicht, wie sich alleine in diesem Jahr die Haushalte perspektivisch entwickeln werden. Wir alle warten auf die SonderSeptember-Steuerschätzung des Bundes, die angekündigt ist. Auch die wird noch einmal Auswirkungen haben zum Beispiel auf die Gewerbesteuerkompensation, die ja derzeit bereits im Bundesgesetzgebungsverfahren ist.

Sie wissen, dass wir an dieser Stelle immer sehr nah bei den Städten und Gemeinden sind, Regulatorien erleichtern, flexibilisieren, Möglichkeiten schaffen.

(Zuruf von Christian Dahm [SPD])

Dazu gehören etliche Maßnahmen auch im finanzpolitischen Bereich. Das wissen Sie auch. Von den 3,9 Milliarden Euro, die im Nordrhein-Westfalen-Programm I gegenständlich sind, sind 2,8 Milliarden derzeit für die Gewerbesteuerkompensation vorgesehen. Das bestreiten Sie ja nicht. Das sind richtige Maßnahmen.

Sie wissen doch auch, dass seit 2017 die kommunalen Haushalte zum ersten Mal nach 2008 schwarze Zahlen geschrieben haben. 2018 hat sich das fortgesetzt. 2019 hat sich das fortgesetzt.

Deswegen arbeiten wir mit großer Intensität zusammen mit der kommunalen Familie daran, die Finanzlage der Kommunen nachhaltig zu stabilisieren. Dazu wird dann auch eine Auseinandersetzung mit der Altschuldenfrage gehören.

Aber ich empfehle uns allen ein Abwarten der Sonder-September-Steuerschätzung. Dann wissen wir sowohl für den Landeshaushalt mehr als auch im Besonderen für die kommunalen Haushalte mehr, wie wir damit umgehen werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Weitere Wortanmeldungen liegen nicht vor.

Dann kommen wir zur Abstimmung. Wir stimmen erstens ab über den Antrag der Fraktion der SPD

Drucksache17/10637. Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, diesen Antrag zu überweisen. Die Überweisung des Antrags erfolgt an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung – federführend –, an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen sowie an den Ausschuss für Digitalisierung und Innovation. Abschließende Beratung und Abstimmung sollen im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt dieser Überweisung zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Die sehen wir nicht. Enthaltungen? – Auch nicht. Dann ist einstimmig so überwiesen.

Wir kommen zur zweiten Abstimmung, und zwar über den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP. Der Änderungsantrag trägt die Drucksachennummer 17/10733. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? – CDU und FDP stimmen zu. Wer stimmt dagegen? – SPD und Grüne stimmen dagegen. Gibt es Enthaltungen? – Bei Enthaltung der AfD-Fraktion ist der Änderungsantrag Drucksache 17/10733 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen worden.

Drittens stimmen wir ab über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/6748. Der Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen empfiehlt in Drucksache 17/10659, den Antrag mit der schon genannten Drucksachennummer 17/6748 anzunehmen. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Antrag selbst in der soeben geänderten Fassung – er ist ja mit Mehrheit geändert worden – und damit nicht über die Beschlussempfehlung.

Wer also stimmt dem Antrag in der geänderten Fassung zu? – CDU und FDP tun das, was zu erwarten war. Wer stimmt dagegen? – SPD und Grüne stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Es enthält sich wiederum die AfD-Fraktion. Damit ist der Antrag Drucksache 17/6748 in der soeben geänderten Fassung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen SPD und Grüne bei Enthaltung der AfD angenommen.

Ich rufe auf:

4 Kommunaler Klimaschutz in NRW: Erneuer

bare Energien für Strom und Wärme in NRWStädten und -Gemeinden

Große Anfrage 15 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/6988

Antwort der Landesregierung Drucksache 17/7697 – Neudruck Drucksache 17/8383

Entschließungsantrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/10729

Die Aussprache ist eröffnet. Ans Pult tritt Frau Kollegin Brems. Bitte schön, Frau Brems, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Klimaschutz ist für Städte kein Randproblem, sondern ein sehr zentrales mit wachsender Bedeutung. Das sagte Klaus Töpfer schon im Jahr 2005. Auf EU-, Bundes- und Landesebene werden die Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und für den Klimaschutz gesetzt. Die Umsetzung geschieht aber vor Ort in den Kreisen, Städten und Gemeinden. Dort sind auch die Auswirkungen von Klimawandel und verfehlter Energiepolitik auf höheren Ebenen zu spüren.

Um mehr über den Stand der Umsetzung der Energiewende in den nordrhein-westfälischen Kommunen zu erfahren, haben wir vor einem Jahr die Große Anfrage an die Landesregierung gestellt. Die Beantwortung einer Großen Anfrage ist natürlich immer auch eine große Fleißarbeit, keine Frage. Dafür möchte ich ganz explizit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ministerien danken.

Dass wir jedoch erst ein Jahr nach der Beantragung dieser Antwort diskutieren, hat leider dann die Landesregierung zu verschulden. In der ersten Antwort der Landesregierung hatte sie 20 Fragen – das sind 28 % unserer gestellten Fragen – nicht beantwortet. Erst nach einem deutlichen Hinweis haben wir zu einigen Fragen jetzt ergänzende Antworten erhalten.

Insgesamt zeigt die Antwort der Landesregierung, dass zwar für einige Energieträger detaillierte Daten vorliegen, der Landesregierung der Stand der Energiewende in den Kommunen zum Teil aber gar nicht bekannt ist. Ich habe sogar den Eindruck, dass es Ihnen ganz egal ist, wie der Stand ist. Das passt nämlich auch zum halbherzigen Einsatz der Landesregierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die Zahlen der Großen Anfrage mittlerweile auch im Energieatlas zu finden sind. Das ist ein erster wichtiger Schritt, aber um die Energiewende zu steuern, braucht man ein richtig gutes dauerhaftes Monitoring. Daher müssen Sie dort und an anderen Stellen wirklich auch dauerhaft nacharbeiten, zum Beispiel bei der Aktualisierung der Potenzialstudie, bei der Analyse der Gelingensbedingungen oder auch der Hemmnisse vor Ort und bei der flächendeckend zu sichernden Finanzierung kommunaler Investitionen für Klimaschutzmaßnahmen, damit kommunaler Klimaschutz nicht weiter ein Privileg wohlhabender Kommunen bleibt.

Eines ist klar: Das Potenzial für die Energiewende in Nordrhein-Westfalen ist da. Wir können mehr Strom aus erneuerbaren Energien in NRW produzieren als wir aktuell verbrauchen, und auch genug Wärme für alle Gebäude in NRW wäre klimaneutral nutzbar.

Die Fortschritte in den letzten Jahren waren jedoch zum Teil überschaubar. So nutzt Nordrhein-Westfalen weiterhin nur etwa 1/8 der Potenziale beim erneuerbaren Strom und nur etwa 1/20 der Potenziale für erneuerbare Wärme.

Diese Landesregierung setzt sich zwar Ausbauziele – das ist ja erst einmal schön –, macht aber dann deren Erreichung mit ihrer eigenen Politik gleichzeitig unmöglich. Das passt nicht zusammen. Das fällt nicht nur mir auf, sondern auch den Menschen in den Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Um die Kommunen nicht weiterhin alleine zu lassen, ist es dringend notwendig, dass diese Landesregierung ihren großspurigen Ankündigungen endlich auch Taten folgen lässt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist notwendig, dass Sie die Nutzung der erneuerbaren Energien vor Ort erleichtern. Dazu gehört – ich nenne jetzt nur ein paar kurze Beispiele –, dass Sie auf die Mindestabstände für Windenergieanlagen zur Wohnbebauung verzichten, dass Sie stattdessen mehr Bürgerenergieprojekte unterstützen und dafür sorgen, dass Menschen, Kommunen und die Wirtschaft im Umfeld von Windenergieanlagen davon auch profitieren können.

Es ist dringend notwendig, dass Sie die Hemmnisse bei der Photovoltaik abbauen. Es ist dringend notwendig, auch bei Freiflächen-Photovoltaik mehr zu tun. Das haben Sie bereits im Dezember 2019 angekündigt. Seitdem ist nichts passiert.

Sie müssen dafür sorgen, dass Biogasanlagen im Bestand gesichert sind.

Und – um auf die Wärme zu sprechen zu kommen – die Wärmewende darf nicht aus dem Blick geraten. Sie müssen eine Strategie der klimaneutralen Wärmeversorgung für Nordrhein-Westfalen vorlegen.

Wir haben diese und weitere Vorschläge in unserem Entschließungsantrag gemacht. Ganz im Sinne von Klaus Töpfers Zitat von Anfang des Jahres 2005 appelliere ich daher an Sie: Handeln Sie endlich nach Ihren Ankündigungen und stimmen Sie unserem Antrag und damit endlich einer Offensive für erneuerbare Energien in den Kommunen zu! – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Brems. – Es spricht Herr Dr. Untrieser für die CDUFraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich erst einmal ebenfalls wie Frau Brems bei den Mitarbeitern des zuständigen Ministeriums für die detaillierte Beantwortung der Großen Anfrage. Ich glaube, auch ein Dank an die vielen Mitarbeiter in den Kommunen ist angesagt, weil auch die sehr viele Daten und Fakten geliefert haben. Ich schließe auch Frau Brems ausdrücklich darin ein, weil es sehr interessant ist, dass so eine Große Anfrage hier gestellt worden ist.

Diese detaillierten Antworten geben uns ein sehr fundiertes Bild. Frau Brems, Sie haben zwar kritisiert, dass zu wenig Zahlen vorhanden seien. – Angesichts der Fülle an Tabellen jedoch, die gemeindescharf zeigen, wieviel PV, wieviel Wind, wieviel Biomasse, Geothermie usw. in den Gemeinden schon installiert ist und was für ein Potenzial da ist, muss ich sagen: Es ist à la bonne heure, was wir hier aus dem Ministerium bekommen haben. Das ist eine sehr gute Einschätzung dessen, was an erneuerbaren Energien in Nordrhein-Westfalen möglich ist und noch zu tun ist.

Wir sehen es gerade im Kommunalwahlkampf: Jeder Bürgermeister-, Oberbürgermeister-, Landratskandidat schreibt sich auch auf die Fahnen, dass erneuerbare Energien in seiner Stadt, in seinem Kreis ausgebaut werden sollen. Ich halte das für ein gutes Zeichen, denn ich kann hier auch für die CDU-Fraktion sagen: Erneuerbare Energien sollen in NordrheinWestfalen stärker ausgebaut werden.

Gucken wir uns zum Beispiel die Photovoltaik an, ist noch ein großes Potenzial da. 68 Terawattstunden könnten in Nordrhein-Westfalen installiert werden, jedes Jahr erzeugt werden. Wir haben bisher nur 6 % genutzt. Da sieht man: Das Potenzial ist groß, und wir müssen es nutzen. Jede Kilowattstunde, die aus Photovoltaik in Nordrhein-Westfalen erzeugt wird, ist eine Kilowattstunde, die eben nicht in Kohlekraftwerken oder Atomkraftwerken oder woanders erzeugt werden muss. Und das ist dezentrale Erzeugung, das ist vernünftig.

Deswegen haben sich die Landesregierung und auch die Fraktionen hier im Landtag stark dafür eingesetzt, dass die Bedingungen für Photovoltaik besser werden. Ich erinnere an den Einsatz zur Abschaffung des 52-Gigawatt-PV-Deckels, an den Einsatz für die Verbesserung von Mieterstrom oder jetzt kürzlich, wenn wir auf die Landesebene gehen, die Verbesserungen im Rahmen des Denkmalschutzgesetzes.

Es gibt auch die EnergieAgentur und die Klimanetzwerke NRW, die beraten. Um eins noch zu nennen: progres.nrw förderte zum Beispiel Speicheranlagen für Photovoltaik im letzten Jahr mit 12 Millionen Euro, im Jahr davor waren es erst 5 Millionen Euro. Da sehen wir eine tolle Tendenz, wie es weitergeht.