Protokoll der Sitzung vom 27.08.2020

Mein Anliegen noch einmal: Vielleicht überlegen Sie ja in den nächsten Wochen selber mal, ob Sie vielleicht einen inhaltsähnlichen Antrag einbringen würden. Wir könnten das im Verkehrsausschuss besprechen. Ich denke, damit wäre uns allen geholfen, vor allen Dingen unseren Radfahrern. Das wäre ein gutes Zeichen. – Ich danke Ihnen auf jeden Fall.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank. – Zur Antwort jetzt der Abgeordnete Klocke.

Danke, Herr Präsident. – Ich habe in meiner Rede deutlich gemacht, dass mir das Anliegen ein Herzensanliegen ist. Ich verfolge das seit vielen Jahren, weil ich selber tagtäglicher Radfahrer bin und auch die Situation in Köln kenne, auch die entsprechenden Unfälle und Todesfälle dort kenne.

Ich habe im letzten Jahr im Sommer eine Demo mit ins Leben gerufen, die in diesem Jahr zum zweiten Mal stattgefunden hat, bei der es genau um dieses Thema geht, um Verkehrssicherheit und um die Verkehrstoten dort. Mein Engagement ist da vielfältig.

Mein Anliegen ist, dass wir wirklich an diesem Punkt zügig vorankommen. Dazu gehört viel. Wir haben gestern Abend über die Verkehrswacht anlässlich eines SPD-Antrags diskutiert. Auch hier wird viel für das Thema Verkehrssicherheit getan, für Verkehrsfrüherziehung, für Sicherheit von Radfahrerinnen und Radfahrern. Es geht nicht immer nur um diese technischen Lösungen. Es geht auch darum, dass alle Verkehrsteilnehmer, insbesondere junge Menschen, Schülerinnen und Schüler, gut vorbereitet werden etc.

Was mir sehr nahegeht, ist, dass hier Menschen, die bester Gesundheit sind, völlig unverschuldet in eine solche Situation geraten. Ich hatte auch bei mir im Büro die Situation, dass die Schwägerin meines früheren Mitarbeiters bei einem der Kölner Raserunfälle als Radfahrerin vor einigen Jahren zu Tode gekommen ist. In Köln-Deutz steht auch ein solches weißes Fahrrad für sie. Mir geht das sehr nahe.

Ich würde mir sehr wünschen, dass unsere Landesregierung den Einfluss, den das größte Bundesland sicherlich hat, in Berlin nutzt, um hier schneller zum Ziel zu gelangen. Da hoffe ich auf die Initiative unseres Verkehrsministers, auch in der Bundesverkehrsministerkonferenz, und auf weitere Gespräche, die dafür nötig sind, dass wir hier einen Schritt vorankommen.

Vielen Dank. – Der gerade angesprochene Verkehrsminister Wüst hat nun das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die immer wiederkehrenden Nachrichten von tödlichen Abbiegeunfällen machen uns alle betroffen. Ich bin dankbar, dass wir eine gemeinsame Sicht auf diese Geschehnisse haben. Jenseits von persönlichen Betroffenheiten und der politischen Debatte kann man auch feststellen: Diese Unfälle sind so überflüssig wie kaum eine andere Art von Unfällen, weil es eben technische Lösungen gibt, sie zu verhindern.

Erlauben Sie mir aber auch, darauf hinzuweisen – damit wir bei aller Einigkeit nicht vergessen, dass wir in Summe eine sehr ordentliche Entwicklung haben –, dass die Unfallzahlen insgesamt rückläufig sind. Der Straßenverkehr in Deutschland war noch nie so sicher wie heute. Dennoch bleibt die besondere Gefährdung gerade von Fahrradfahrern und Fußgängern Aufgabe, insbesondere weil wir wollen, dass mehr Menschen mit dem Fahrrad unterwegs sind oder gar zu Fuß.

Das Land fördert seit Jahrzehnten die wichtige Arbeit der Landesverkehrswachten. Wir haben in der gestrigen Debatte Einigkeit darüber erzielt, dass das fortgesetzt werden möge und das Land dort auch unterstützt, wenn es in der Coronapandemie zu Einnahmeausfällen kommt. Die wichtige Aufklärungsarbeit insbesondere an den Schulen, das große Ziel der „Vision Zero“, also eines Straßenverkehrs ohne tödlich Verletzte oder Schwerverletzte, eint uns da alle. Wir haben die Mittel für die Verkehrssicherheit in den letzten Jahren deshalb auch Stück für Stück immer weiter erhöht.

Die Landesregierung hat sich seit dem Regierungswechsel 2017 mehrfach auf Bundesebene für die verpflichtende Einführung von Abbiegeassistenzsystemen in Bussen und Lkws eingesetzt. Bisher ist in der Debatte nicht herausgekommen, dass das auch Wirkung hatte. Andi Scheuer hat sich auf EU-Ebene dafür eingesetzt. Die Ergebnisse will ich gleich gerne noch einmal etwas differenzierter nennen, als es bisher der Fall war.

Wir alle sind damit nicht zufrieden. Deswegen gibt es die bundesweite Kampagne „#IchHabDenAssi“, mit dem man natürlich auch ein Stück weit große Flottenbetreiber erst einmal einlädt, aber sicherlich auch unter Druck setzt – und das mit großem Erfolg.

Auf der EU-Ebene ist geregelt, ab Juli 2022 bei neuen Fahrzeugtypzulassungen die entsprechenden Abbiegeassistenten verpflichtend einzuführen, ab 2024 – das war die Zahl, die eben genannt wurde – dann bei allen neuen Fahrzeugen. Ja, auch hier kommt das Gute zu wenig, zu langsam in die Welt und auch zu spät, aber es kommt. Und das ist das

Ergebnis, das am Ende der Bund in der EU durchgesetzt hat.

Zwischendurch tun wir das, was wir tun können. Ich finde, auch darüber sollten wir sprechen.

Es wurde Wien angeführt. Das erinnert mich ein bisschen an die 80er-Jahre, als sich bis zu den kleinsten Gemeinden Orte zu atomwaffenfreien Zonen erklärt haben. Das kann man machen. Ob das wirklich hilft, stelle ich mal infrage. Am Ende muss man so etwas auch kontrollieren. Wenn aus ganz Europa, gerade in Wien aus Süd- und Osteuropa, Lkws ohne Abbiegeassistent in die Stadt fahren, bin ich mal gespannt, wie die Stadt Wien das administriert.

Nein, der richtige Weg ist, dass solche Fahrzeuge gar nicht mehr in den Verkehr kommen. Das hat eben den genannten Vorlauf. Passen tut mir das auch nicht. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass es schneller geht. Auch der Bund hat sich dafür eingesetzt, dass es schneller geht. Das Ergebnis ist nicht befriedigend, aber das ist nun einmal das Ergebnis.

Der Landesbetrieb Straßen.NRW – auf den haben wir unmittelbar Einfluss – hat begonnen, seine Flotten umzurüsten, seine Ausschreibung für Neufahrzeuge zu verändern und hat inzwischen – Kollege Reuter hat es dankenswerterweise schon erwähnt – zwei Drittel seiner Flotte umgerüstet. Das ist das, was wir tun können, dann aber auch tun müssen, und zwar da, wo wir selber Einfluss nehmen können, auch was Vertragspartner angeht.

Auf den großen Baustellen stehen reihenweise Lkws, Muldenkipper. Hier machen wir die Auftragnehmer darauf aufmerksam, machen denen Dampf und wirken darauf hin, dass auch sie Abbiegeassistenten auf unseren Baustellen haben. Auch das zeitigt Erfolg.

Die Kommunen ziehen nach, sind Sicherheitspartner geworden. Viele Kommunen auch in NordrheinWestfalen sind Sicherheitspartner bei der „Aktion Abbiegeassistent“ geworden und verpflichten sich damit, umzurüsten und bei Neubeschaffungen den Abbiegeassistenten schon heute einbauen zu lassen.

Nun zum rechtlichen Thema und zur Frage, ob man als Land vorweggehen kann nach dem Motto: Wenn doch schon Wien, warum dann nicht das große Land Nordrhein-Westfalen? – Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung, haben unsere schlauen Professoren immer gesagt. Art. 72 und 74 regeln gemeinsam, dass das Straßenverkehrsrecht konkurrierende Gesetzgebung ist, sodass wir nicht alleine vorwegmarschieren können. Sonst würden uns wahrscheinlich noch ein paar andere schicke Sachen einfallen, die aktuell diskutiert werden. Insofern ist rechtlich jedem, der guten Willens ist, ziemlich schnell klar, wer hier was tun kann.

Wir haben das getan, was wir tun konnten – gerne mehr, gerne schneller, in dieser Frage ganz unstreitig. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/10643 an den Verkehrsausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung sollen dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Dann haben wir einstimmig diese Überweisungsempfehlung angenommen.

Ich rufe auf:

6 Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

neu und innovativ gestalten – Inklusion in Nordrhein-Westfalen weiter voranbringen!

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 17/10632

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/10736

Damit eröffne ich die Aussprache und erteile als erstem Redner für die Fraktion der CDU dem Abgeordneten Hagemeier das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht zur Lebenssituation von Menschen mit Beeinträchtigungen und zum Stand der Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention in Nordrhein-Westfalen – kurz: Teilhabebericht NRW – ist dem zuständigen Fachausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales in der vergangenen Woche vorgestellt worden.

Der NRW-Koalition ist Teilhabe ein sehr wichtiges Anliegen. Durch unseren Antrag „Teilhabe von Menschen mit Behinderungen neu und innovativ gestalten – Inklusion in Nordrhein-Westfalen weiter voranbringen!“ geben wir diesem so wichtigen Thema hier im Plenum das größtmögliche parlamentarische Forum.

Hintergrund des Teilhabeberichtes ist aber auch, dass er zwar umfassende, auf empirische Daten basierende Analysen liefert, dieser Datenbericht aber nicht das Ziel verfolgt, fertige Antworten zur weiteren Ausgestaltung der Politik für Menschen mit Behinderungen zu geben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Wertschätzung und Verbesserung ist unsere Aufgabe. Wir stoßen also heute wieder eine inklusionspolitische Grundsatzdebatte an, die sich unser Minister KarlJosef Laumann mit dem Vorliegen seines über 300 Seiten starken Teilhabeberichts auch gewünscht hat.

Wir wollen es aber nicht nur bei einer Debatte belassen, sondern die Landesregierung konkret bitten, einen Aktionsplan neu zu entwickeln unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Diskussionen über den Teilhabebericht im zuständigen Fachausschuss.

Unsere Forderungen im Antrag sind unter anderem, den Teilhabebericht mit Verbänden und Organisationen der Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen im Inklusionsbeirat zu beraten.

In diesem Zusammenhang sind auch die Folgen der noch andauernden Coronakrise für Menschen mit Beeinträchtigungen zum Beispiel im Hinblick auf barrierefreie Kommunikation zu untersuchen, insbesondere natürlich für Lebenslagen und Themen, für die die Auswertung dringenden Verbesserungsbedarf mit Blick auf die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen zeigt.

Im Vordergrund steht hier aus meiner Sicht die Teilhabe an Erwerbsarbeit, also mehr Menschen mit Beeinträchtigungen auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Wir werden uns Gedanken darüber machen müssen, welche Anreize die Politik für Arbeitgeber schaffen kann, einen Menschen mit Schwerbehinderungen einzustellen. Es braucht hier Anreize, und es braucht auch Akzeptanz, dass Menschen mit Behinderungen in die Mitte unserer Gesellschaft gehören.

Ich appelliere heute an die Mitglieder aller Fraktionen, diesen Prozess konstruktiv zu begleiten und daran mitzuarbeiten, die politischen Weichen dafür zu stellen. Wichtig ist, dass wir neue Wege finden, die wir einschlagen können, und nicht lediglich Bekanntes weiterführen.

In Nordrhein-Westfalen leben mehr als 3,6 Millionen Menschen mit einer Beeinträchtigung. Das bedeutet, dass mehr als jeder fünfte Mensch hier eine Behinderung oder eine chronische Erkrankung hat. Wir sprechen also nicht über eine kleine Randgruppe, sondern über einen wesentlichen Teil der Bevölkerung. Für jeden Menschen aus diesen 20 % unserer Bevölkerung können vielfältige Barrieren in Bezug auf die Möglichkeit zur selbstbestimmten Lebensführung bestehen. Diese Barrieren fallen je nach Art der Beeinträchtigung, den verfügbaren finanziellen Ressourcen und dem Unterstützungspotenzial aus dem sozialen Umfeld unterschiedlich aus.

Wir können schon aus diesen paar Worten das Fazit ziehen: Die Anforderungen sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst, und einen Königsweg Inklusion wird es nicht geben.

Aber wir können gemeinsam und wir wollen das Leben dieser unterschiedlichsten Menschen weiter verbessern. Denn Inklusion ist eine gesellschaftliche Daueraufgabe.

Die weitere Diskussion werden wir natürlich im zuständigen Fachausschuss führen und bitten daher, der Überweisung unseres Antrags zuzustimmen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und Henning Höne [FDP])

Vielen Dank. – Für die Fraktion der FDP spricht nun der Abgeordnete Lenzen.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! In diesem Sommer wurde der Teilhabebericht NRW vorgestellt. Er rückt die Lebenssituation von mehr als 3,67 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen in Nordrhein-Westfalen in den Mittelpunkt. Mit diesem Bericht haben wir eine gute Grundlage für politische Entscheidungen zugunsten von Menschen mit Behinderungen.

Ich denke, dass sich zumindest vier Fraktionen grundsätzlich im Ziel einig sind: Wir wollen, dass Menschen mit Behinderung ihr Leben selbstbestimmt gestalten können und die Chance auf gesellschaftliche Teilhabe in allen Lebensbereichen erhalten.

(Beifall von der FDP)