Protokoll der Sitzung vom 27.08.2020

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Dieser Haushalt wird von hoher Relevanz sein. „Schnell mal eben durch“ geht für mich nicht. Das klang bei Ihnen gerade so an.

Inhaltlich enthält der Antrag also vieles Richtige. Das Verfahren finde ich allerdings schwierig.

Letzte Bemerkung: Inhaltlich fehlt uns etwas. Die SPD bemüht sich ja jetzt. Zweimal – ich habe nachgezählt – kommt im Antrag „Klimaschutz“ vor. Das ist schon einmal ein Fortschritt für die Sozialdemokraten, den ich hier auch nicht unerwähnt lassen will. Aber bei der entscheidenden Feststellung, was jetzt passieren muss, schreiben Sie – ich zitiere –:

„Das Land muss durch gezieltes staatliches Handeln konjunkturelle Impulse setzen und betroffene Unternehmen unterstützen, um Arbeitsplätze zu sichern.“

Natürlich ist das richtig. Da fehlt aber noch etwas. Es geht nicht nur darum, die Konjunktur zu stützen, um Arbeitsplätze zu sichern, sondern auch darum, mit den Konjunkturhilfen den notwendigen Transformationsprozess der Wirtschaft einzuleiten. Da reicht es nicht, irgendwo einmal „Klimaschutz“ hineinzuschreiben. Diese Konjunkturimpulse müssen jetzt diesen Transformationsprozess unterstützen. Alles andere macht aus unserer Sicht keinen Sinn.

Insofern würden wir auch inhaltlich den einen oder anderen Akzent setzen. Insgesamt werden wir uns enthalten. Zwar steht sehr viel Richtiges im Antrag. Eine Vorfestlegung möchten wir zum heutigen Zeitpunkt aber nicht treffen. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Düker. – Jetzt hat für die AfD-Fraktion Herr Strotebeck das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende SPD-Text ist ein Konglomerat verschiedener SPD-Anträge der vergangenen zweieinhalb Jahre, zusammengedampft auf zweieinhalb Seiten. Wolkige Begrifflichkeiten wie gesellschaftlicher Zusammenhalt, soziale Gerechtigkeit und ungleiche Verteilung von Bildungschancen durchwabern den Text.

Die derzeitige Coronakrise wird wie bei anderen SPD-Anträgen in den vergangenen Monaten nur als Deckmantel benutzt, um alten roten Ideen den Hauch von Aktualität zu verleihen. Die Forderungen im vorliegenden Antrag hätten enorme finanzielle Folgen für den NRW-Landeshaushalt. Leider und vielleicht auch absichtlich liefert der Antrag dazu keine Zahlen. Außer Jahreszahlen und einer Besoldungsgruppe ist im gesamten Text keine Ziffer zu finden.

Es hätte uns doch sehr geholfen, hätte die SPD einmal einen finanziellen Rahmen aufgebaut. Alles andere ist unseriös und spricht für einen handwerklich schlecht gemachten Antrag. Oder es ist – salopp gesagt – ein Freibierantrag für alle? Nur, wer bezahlt die Rechnung?

Der vorliegende Antrag zeigt sinnbildlich, dass die SPD immer noch nichts aus ihrer mangelhaften Regierungszeit in Nordrhein-Westfalen gelernt hat. Das Land Nordrhein-Westfalen könnte die Coronakrise wahrscheinlich – zugegebenermaßen lax formuliert – aus der Portokasse bezahlen, wenn Rot-Grün nicht so viele Schulden angehäuft hätte.

Der vorliegende Antrag erweckt den Eindruck, dass es für die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen kein Morgen mehr gibt. Wir sollten aber an die zukünftigen Generationen denken. Haben wir schon gehört. Wir sollten uns über Einsparmöglichkeiten Gedanken machen. Auch das wurde schon angesprochen. Die SPD denkt offensichtlich nicht an die zukünftigen Generationen. Denn es wird nicht ein einziger Einsparvorschlag unterbreitet.

Natürlich muss den Menschen während der Coronakrise geholfen werden, und das haben wir ja getan. Es ist auch aufgeführt worden, was getan wurde, und wir sind auch noch dabei. Aber, wie ich der SPD bereits in der Vergangenheit vergeblich ans rote Herz gelegt habe: Finanzieller Aktionismus ist der falsche Weg. Finanzpolitik muss mit Weitsicht geführt werden.

Wenn sich die SPD wenigstens in ihrem Antrag einmal zum Thema „Verwendung der allgemeinen

Rücklagen“ geäußert oder die Idee eines Tilgungsplans aufgezeigt hätte: Aber da kommt nichts! Es ist einfach nicht seriös, was die Sozialdemokraten hier machen. Das zeigt leider sehr genau auf: Der SPD ist offensichtlich die finanzielle Stabilität NordrheinWestfalens ziemlich egal.

Dann wollen Sie auch noch, dass sich das Land Nordrhein-Westfalen als Unternehmer bei Investitionen in der Wirtschaft betätigt. – Ich sage zum Thema „Sozialdemokraten und Unternehmen“ nur stichwortmäßig eines: WestLB.

Es wird im Antrag der Eindruck vermittelt, dass jeder Fachbereich seinen Wunsch einbringen konnte. Die SPD hat wirklich alles drin, von Arbeitssicherheit über Frauenhäuser bis zur Krebsberatung, und – Entschuldigung – natürlich darf der Altschuldenfonds nicht fehlen. Die SPD fährt ohne Halt durch alle Aufgabenblöcke , aber leider fehlt jede Analyse der finanziellen Tragfähigkeit.

Wir von der AfD lehnen diesen Antrag als leicht durchschaubares – Entschuldigung – Wahlkampfgetöse ab. Das ist handwerklich schlecht gemachter Populismus. Dieser Antrag zeigt die finanzielle Maßlosigkeit der SPD und die dahinterstehende Denke der Partei. Die gestern für einen Masterplan beantragte 1 Milliarde Euro für die „Lebendige Innenstadt“ ist ein Paradebeispiel dafür. In diesem Antrag wird ein Investitionsaufbaufonds NRW verlangt.

Fragwürdiges Finanzgebaren wird ja auch dem SPDKanzlerkandidaten Olaf Scholz nachgesagt. Dieser soll sich im Jahr 2017 in seinem Amtszimmer mit den Warburg-Bank-Vertretern getroffen haben, während gegen diese Bank wegen Cum-Ex-Geschäften ermittelt wurde.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Hui!)

Jedem Leser des vorliegenden Antrags sollte klar sein, dass die SPD eine utopische finanzielle Verantwortungslosigkeit ausleben möchte. Wer seine Stadt davor schützen will, sollte am 13. September auf keinen Fall die Roten wählen, sondern mutig sein und das Kreuz bei der Partei der finanziellen Vernunft machen, nämlich bei der AfD. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Strotebeck. – Jetzt spricht für die Landesregierung der Finanzminister, Herr Lienenkämper.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Schon die Überschrift des Antrags ist aus meiner Sicht wenig originell. Da heißt es: „Ein Haushalt für die Vielen“. Wer sich in Europa ein bisschen umgeschaut hat, der weiß, wer Erfinder dieser Überschrift ist, nämlich der inzwischen gescheiterte und längst

zurückgetretene Jeremy Corbyn von der Labour-Partei in Großbritannien. Seine Politik hat wahrscheinlich das bekannte Schicksal unter anderem deswegen ereilt, weil sie in gleicher Weise wie der Antrag nicht wirklich erfolgversprechend, verantwortungsvoll und zukunftsweisend war.

Warum ist das so? – Es ist viel Richtiges gesagt worden, vor allen Dingen von den Kollegen Moritz und Witzel, aber auch viel Richtiges von Frau Kollegin Düker. Ich will noch mal die Philosophie beschreiben, mit der wir hier im Land, übrigens häufig in großer Einigkeit, auf diese Krise reagieren.

Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat sehr schnell – zwei Wochen nach Ausbruch der Coronakrise – seinen Rettungsschirm von bis zu 25 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Er deckt die direkten und indirekten Folgen der Coronapandemie ab. Seitdem sind wir dabei, immer wieder wichtige Signale aus diesem Rettungsschirm zu setzen.

Zuerst haben wir den medizinischen Gerätestandard gehoben. Wir haben Masken bestellt, wir haben etwas für die medizinische Notversorgung getan. Danach haben wir uns den Soforthilfemaßnahmen gewidmet, haben Strukturen erhalten, haben Arbeitsplätze erhalten, haben Perspektiven für die Zukunft eröffnet.

Schließlich sind wir dann zusammen mit dem Bund zu einem Konjunkturpaket gekommen, bei dem die Große Koalition im Bund, an der Sie ja bekanntlich beteiligt sind, wesentliche, richtige Signale gesetzt hat. Wir haben die kofinanziert und durch eigene Maßnahmen ergänzt. Insofern kann man sagen, dass wir uns seit März sehr erfolgreich bemühen, aus diesem Rettungsschirm die Strukturen in NordrheinWestfalen zu erhalten und Perspektiven zu eröffnen.

Neben diesem Rettungsschirm ist der Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen zu sehen. Uns ist, wie Sie wissen, mit den Haushalten 2018 und 2019 die Haushaltswende gelungen. Wir haben seit dem Jahr 1973 zum ersten Mal wieder geplante Haushalte ohne Neuverschuldung im Landtag von NordrheinWestfalen beschließen können. Wir haben gleichzeitig wesentliche aufholende Investitionen für dieses Land mit den Gestaltungshaushalten ermöglicht. Nordrhein-Westfalen ist wieder zurück auf dem Pfad zum Aufsteigerland.

Diese Haushalte, wie wir sie in der Vergangenheit strukturiert haben, werden auch für die Zukunft weiter so strukturiert werden müssen. Die normalen Haushalte werden wir auch in Zukunft nicht über Schulden finanzieren, weil wir seriös und nachhaltig Politik machen wollen.

(Beifall von der CDU)

Das Coronapaket finanzieren wir über Schulden.

Weil diese Architektur so ist und wir uns bei diesem Antrag über den Haushalt 2021 unterhalten, müssen wir doch seriöserweise jetzt die Steuerschätzung des Bundes und der Länder abwarten. Die findet vom 8. bis zum 10. September statt. Wir alle haben dann ein paar Monate mehr Erfahrung als bei der letzten Steuerschätzung, die notwendigerweise noch verhältnismäßig unsicher war. Die nächste Steuerschätzung wird deutlich sicherer werden. Dann wissen wir, in welchem Korridor wir uns mit einer seriösen und nachhaltigen Politik beschäftigen können.

Deswegen ist dieser Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, nicht besonders zielführend. Daher hätte ich großes Verständnis dafür, wenn eine Mehrheit des Hauses das genauso sehen würde und diesem Antrag nicht zustimmte. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Lienenkämper. Dann wollen wir einmal sehen, ob Ihr großes Verständnis hier im Hohen Hause auf Einvernehmen trifft.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der SPD hat direkte Abstimmung beantragt. Somit stimmen wir jetzt über den Inhalt des Antrages Drucksache 17/10639 ab. Wer stimmt dem Inhalt des Antrags zu? – Die SPD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, AfD sowie der fraktionslose Abgeordnete Neppe stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Bei schon angekündigter Enthaltung der grünen Fraktion ist der Antrag Drucksache 17/10639 mit der Mehrheit im Hohen Haus abgelehnt.

Ich rufe auf:

11 Einrichtung einer Stelle einer bzw. eines unab

hängigen Beauftragten zu Fragen der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Nordrhein-Westfalen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/10626

Ich eröffne die Aussprache. Für die grüne Fraktion spricht Frau Kollegin Paul.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns an diesen beiden Plenartagen anhand mehrerer Tagesordnungspunkte zu Belangen des Opferschutzes, zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sowie zur Unterstützung für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die diese schrecklichen Missbrauchsdarstellungen auswerten müssen, ausgetauscht.

Das zeigt die Wichtigkeit dieses Themas, und das zeigt die große politische Aufmerksamkeit, die derzeit auf diesem Thema liegt. Das ist gut und richtig so. Ich hoffe, dass diese politische Aufmerksamkeit auch weiter hochgehalten wird, denn das ist wichtig zur Stärkung des Kinderschutzes in Nordrhein-Westfalen.

Mit dem gemeinsamen Antrag, den wir in der vergangenen Woche im Familienausschuss verabschiedet haben, haben wir auch noch einmal gezeigt, dass es um das Zusammentragen wichtiger struktureller Verbesserungen geht.

Es geht um die Frage einer zu stärkenden Prävention in diesem Bereich. Es geht um Sensibilisierung, es geht aber auch darum, Kompetenzen im Bereich des Kinderschutzes zu stärken, und es geht natürlich auch darum, Netzwerke auf- und auszubauen. Nicht zuletzt muss es natürlich auch um eine Stärkung des repressiven Bereiches gehen, also auch um die Erhöhung des Verfolgungsdruckes.

Aber, ich denke, neben all diesen Maßnahmen, die wir durchaus an der einen oder anderen Stelle schon gut auf den Weg gebracht haben, braucht es auch eine klare strukturelle Verankerung dieses Themas, damit die Aufmerksamkeit dauerhaft hoch bleibt und wir kontinuierlich den Kinderschutz in NordrheinWestfalen vorantreiben können.

(Beifall von den GRÜNEN)