Wir haben im Gesetzentwurf eine Evaluation nach drei Jahren vorgesehen, also dann, wenn sie sich entsprechend durchführen lässt.
Sie beantworten immer noch nicht die Kernfrage der Finanzierung; das ist finanziell unseriös. Sie machen mit der Angst der Menschen Politik, und zwar insbesondere nicht aus fachlichem Antrieb, sondern mit Blick auf die Kommunalwahl. Aus Ihrer Sicht mag Ihnen das strategisch irgendwie helfen. Das ist aber weder seriös noch eine sachgerechte Kommunalpolitik.
Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Kollege Mostofizadeh.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Höne und liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, ich würde die Debatte gerne wieder ein wenig einsammeln. – Herr Höne, Sie sind mit dem wesentlichen Argument rausgegangen, die SPD würde mit der Angst der Menschen Politik machen, und Sie haben das am heutigen Tag zwei- bis dreimal wiederholt.
Verkehrsminister Hendrik Wüst, der jetzt nicht anwesend ist, hat gesagt – das war mehrfach nachzulesen –, die Straßenausbaubeiträge müssten abgeschafft werden, weil sie mittelstandsfeindlich seien.
Verkehrsminister Hendrik Wüst hat weder ein Konzept vorgelegt noch kann ich mich erinnern, dass er sich bis zum heutigen Tage inhaltlich von der Position verabschiedet hat. Das müsste er eigentlich, weil er ja im Kabinett dem Gesetzentwurf zugestimmt haben muss.
Es gab auch zahlreiche Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion aus Siegen-Wittgenstein, aus anderen Kreisen, die vor Ort sogar noch Resolutionen zugestimmt haben, die genau das zum Begehren hatten.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann ich Ihnen sagen: Ja, wir Grünen hatten am Anfang erhebliche Probleme mit dem Ansinnen, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Deshalb haben wir uns intensiv mit dieser Materie befasst. Aber den einseitigen Vorwurf an die SPD, sie würden Politik mit der Angst der Menschen machen, den müssen Sie sich im Zweifel dann auch selbst gefallen lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Schauen wir uns die Sachlage doch einfach einmal an. Herr Kollege Déus, Sie haben eben alles ausgeführt. Sie haben viele Punkte angeführt, die in diesem Gesetz geändert werden mussten. Ich komme mir fast vor wie bei Herrn Pinkwart: Es muss ein wahres Entfesselungsgesetz gewesen sein, das hier auf den Tisch gelegt worden ist.
Dass da 400 Seiten an Kommentaren hinzukommen können, kann sehr wohl sein. Deswegen halten wir das Gesetz im Ergebnis, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch für falsch.
Frau Ministerin, ich möchte kurz daran erinnern: Sie haben – ich glaube – 6 oder 8 Monate gebraucht, um diesen Entwurf vorlegen zu können. Sie haben ein Gesetz vorgelegt, dass dazu führt, das Förderprogramme in Höhe der Hälfte der zu erwartenden Straßenausbaubeiträge irgendwie von einem Stichtag im Jahr abgeleitet werden. Sie haben ganz viele Regelungen in das Gesetz gebaut, damit das aus Ihrer Sicht gerechter wird.
Wir müssen gleichzeitig fragen – das sage ich vor dem Hintergrund des Vorhaltes des Kollegen Höne, den ich grundsätzlich für richtig halte: Abgaben vor Steuern –: Nehmen wir denn tatsächlich mehr ein, wenn wir gemäß der Neuregelung erheben?
Dazu haben wir Zahlen aus unterschiedlichen Städten, zum Beispiel auch aus meiner Heimatstadt. Es kann sein, dass es dort nicht richtig gut umgesetzt wird und der Kämmerer nicht ausreichend arbeitet – das werde ich mir dann in den nächsten Wochen intensiver anschauen –, aber das Ergebnis dort lautet, dass 63 % der Erträge durch den Aufwand aufgefressen werden.
Dann überlege ich mir schon: Welchen Sinn macht es, ein derart aufwendiges Erhebungsverfahren zu installieren? Ist es nicht eher sinnvoll, die Kosten für die Ausbaubeiträge zu senken oder in der Verkehrspolitik umzusteuern und mehr auf Verkehrsträger zu setzen, die die Straßen nicht so stark belasten und andere Straßenprofile möglich machen? – Das kann man ja alles politisch entscheiden.
Ich habe gelesen und gehört – man sieht es auch im Wahlkampf –, dass jetzt alle große Klimaschützer und Verkehrswende-Politiker geworden sind. Der
FDP muss ich allerdings zugestehen, dass sie die Fahne hochhält: „Freiheit für das Auto“ steht dort immer noch ganz weit vorne. Aber alle anderen sind die größten Verkehrswendepolitikerinnen und -politiker, die ich gesehen habe.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich kurz zusammenfassen: Wir als Grüne haben uns diesen Vorgang sehr intensiv angeschaut. Aufgrund der Beratungen und der vielen Diskussionen, die wir im Gegensatz zu einigen anderen mit den Bürgerinnen und Bürgern geführt haben, kommen wir zu dem Schluss, dass es so, wie es jetzt vorliegt, auf der Ertragsseite nicht sinnvoll ist und wir auch bei der Frage der Gerechtigkeit keinen wesentlichen Schritt vorangekommen sind.
Es geht um Gesichtswahrung. Deswegen geht man als Regierung in der Mitte durch und hat das System nicht systematisch verbessert. Ich kann Ihnen deshalb nur sagen:
Wir werden dem Antrag der SPD-Fraktion selbstverständlich wieder zustimmen. Wir halten es für richtig, eine echte Reform dergestalt durchzuführen, dass die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden und man sich darüber Gedanken macht, wie wir an anderer Stelle viel besser zu einer gemeinsamen Finanzierung kommen können.
Bezüglich der Ausgleichsbeiträge: Das liegt doch in Ihrer Hand, Frau Ministerin. Setzen Sie sich mit den Kommunen zusammen. Wenn es stimmt, dass viele Beiträge gar nicht erhoben werden müssen und die Argumentation vor Ort so ist, dann kostet es ja auch nicht sehr viel, den Ausgleich herbeizuführen. Dann fallen Sie, Herr Kollege Höne und Kollege Déus, ins Leere. Darauf bin ich sehr gespannt. Aber Sie wollen den Weg für eine solche Diskussion ja gar nicht freimachen. Deswegen stimmen wir dem Antrag der Kollegen von der SPD zu. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD beantragt, die für viele Eigentümer in hohen Summen anfallenden Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Die SPD hat recht. Das kann man ruhig mal sagen – auch wenn es nicht alle Tage vorkommt. In der Sache hat die SPD recht. Demnach müssten Anlieger keine Gebühren mehr zahlen, wenn ihnen Grundstücke an Straßen gehören, die instandgesetzt werden.
Kurz zum derzeitigen Stand der Dinge: Die Landesregierung hat die Straßenausbaubeiträge erst kürzlich reformiert, um den Unmut vieler Bürger wegen der hohen Beiträge zumindest etwas zu beruhigen.
Meine Vorredner von CDU und FDP haben in ihren Reden schon versucht, den Bürgern weiszumachen, wie toll das alles ist und wie schön die Welt jetzt ist. Aber: Was hat sich denn nun geändert, und wovon profitieren die Bürger?
Die Bürger müssen künftig rechtzeitig über die geplanten Baumaßnahmen informiert werden. – Okay, aber: Was bringt das? – Auch damit können sie kaum Einfluss auf Kosten und Maßnahmen nehmen. Das ist Augenwischerei.
Eine Ratenzahlung zum marktüblichen Zinssatz ist möglich. – Was soll das? – Nun werden die Beiträge etwas billiger gestundet, aber die Beträge in fünfstelliger Höhe bleiben.
Die doppelte Belastung von Eckgrundstücken wird abgeschafft. – Und jetzt? – Jetzt hat der Irrsinn weiterhin System, nur nicht mehr bei Eckgrundstücken. Glückwunsch!
Die Landesregierung würde die Einnahmeausfälle der Kommunen mit jährlich 65 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt ausgleichen. – Das ist wiederum sehr freundlich, gleichwohl: Wie hoch sind denn die Einnahmen aus den Straßenausbaubeiträgen? – Niemand weiß es. Zahlreiche Kommunen wissen nicht, welche Kosten entstehen, um die Beiträge zu erheben und abzurechnen. Mal ist von 30 %, mal von 50 % und mal von bis zu 80 % Kostenanteil die Rede. Aufwand und Ertrag stehen wohl offensichtlich in keinem Verhältnis. Sicher sagen kann es keiner.
Sicher sagen kann ich aber, dass das Thema viele Menschen bewegt – allein schon mit Blick auf die Volksinitiative und die Anhörung hier im Plenum vor einiger Zeit, als die Zuschauerränge voll waren wie noch nie und sich der Unmut ziemlich klar Bahn brach.
Man muss aber natürlich auch die Sicht der Landesregierung betrachten. Insofern sei folgende Frage durchaus erlaubt: Was macht diese Landesregierung richtig, was fast alle anderen Landesregierungen falsch machen? – Genau: Fast alle anderen Länder haben diese Beiträge schon längst abgeschafft.
Wenn Sie nun argumentieren – das kam ja eben wieder von FDP und CDU –, dass dafür ja Geld da sein müsse, um diese Einnahmeverluste auszugleichen – egal, ob das jetzt für die Kommunen 65 Millionen Euro, 130 Millionen Euro oder noch mehr wären –, dann verrate ich Ihnen, wo Sie das Geld finden.
Das ist ganz einfach, zum Beispiel bei der viel zu hohen Grunderwerbsteuer, die Sie seit Jahren bei 6,5 % belassen und über die Sie Hunderte Millionen Euro jedes Jahr zusätzlich einnehmen, obwohl Sie anderes versprochen haben. Sie könnten dieses Geld gerne von den Straßenausbaubeiträgen zurückgeben und die Grunderwerbsteuer im Übrigen auch noch senken.
Anstatt zur innerparteilichen Profilierung und als Befähigungsnachweis für Kanzlerkönnen auf griechische Inseln zu fahren und sich dort zu blamieren, könnte doch einmal etwas anderes getan werden, Herr Laschet – der jetzt gerade nicht da ist, aber sicherlich zu Hause zuschaut.
Wie wäre es, Herr Laschet und Frau Scharrenbach, wenn Sie einmal eine Hauseigentümerin in Eschweiler oder Düren aufsuchen und ihr versuchen zu erklären, warum sie sich freuen soll, diese Straßenausbaubeiträge zahlen zu müssen? – Herr Laschet und vielleicht auch Frau Scharrenbach reisen und reden viel, aber nicht so gerne mit den Leuten, die schon länger hier leben.
Wie wollen Sie dieser Hauseigentümerin erklären, dass es gut ist, den letzten Ausweg, fürs Alter vorzusorgen – nämlich Immobilien zu erwerben und zu besitzen –, mit 6,5 % Grunderwerbsteuer und hohen Straßenausbaubeiträgen zu erschweren?
Wie wollen Sie ihr gegenüber rechtfertigen, dass sie infolge der derzeitigen Energiepolitik einen Strompreis zahlen muss, der 50 % über dem EUDurchschnitt liegt? Wie wollen Sie ihr die Diskrepanz erklären zwischen privater Knappheit und öffentlicher Verschwendung?
Während Sie behaupten, aus Haushaltsgründen wäre es nicht möglich, Straßenausbaubeiträge abzuschaffen, finanzieren Sie – wir brachten das schon einmal – Genderprofessuren, Landtagsgebäudeerweiterungen in dreistelliger Millionenhöhe und, und, und.
Sie stellen jährlich 460.000 Euro für den Flüchtlingsrat NRW bereit, und sie sehen zum Beispiel 71 Millionen Euro zur Förderung des Zusammenlebens in Vielfalt in NRW vor – was immer das sein soll.
Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen, ebenso in den Gemeinden, aber das wissen Sie besser als ich. Für all das ist Geld in Hülle und Fülle da – von der Hauseigentümerin in Eschweiler, Düren oder von irgendwo sonst in NRW bezahlt, auch mit Straßenausbaubeiträgen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beckamp. – Als nächste Rednerin hat nun für die Landesregierung Frau Ministerin Scharrenbach das Wort. Bitte sehr, Frau Ministerin.