Protokoll der Sitzung vom 27.08.2020

Ich komme jetzt einmal zu einigen Fakten, die der Antrag nach meiner Auffassung ausblendet, die aber enorm wichtig sind.

Ohne die vollständige Inanspruchnahme des Tagebaus Garzweiler entsprechend der Leitentscheidung 2016 ist der Stilllegungspfad gemäß Bund-LänderEinigung schlicht nicht umsetzbar.

Die Entscheidung zur Kohleverstromung und deren Beendigung ist mit ebendiesem Stilllegungspfad auf Bundesebene gesetzlich festgelegt.

Die Frage ist jetzt natürlich, ob man den Stilllegungspfad überhaupt noch will. Ich würde das uns allen hier im Raum empfehlen; denn er korrespondiert mit dem Erhalt des Hambacher Forstes, der den Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen ja sehr wichtig ist – wofür ich im Übrigen Verständnis habe. Sie finden den Forst wichtig. Dazu haben Sie jedes Recht, und das ist okay.

Wenn man den Stilllegungspfad aber noch will und den Hambacher Forst erhalten will, dann entsteht daraus eine ganz einfache Formel. Sie lautet wie folgt: Stilllegungspfad plus Erhaltung Hambacher Forst gleich Auskohlung von Garzweiler bis 2038, mindestens aber bis 2035. – Das ist sehr simpel. Aber das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

An die geschätzte Frau Kollegin Brems gerichtet – wir haben ja gleich eine zweite Runde; vielleicht sprechen Sie oder eine Kollegin oder ein Kollege noch dazu –: Vielleicht können Sie hier vom Pult aus gleich einfach einmal sagen – ich habe es nämlich weder im Antrag noch in der Wortmeldung hier herausgehört –, ob Sie noch zum Stilllegungspfad stehen oder nicht.

Nun komme ich zu der Forderung, den Hambacher Forst in öffentlichen Besitz zu überführen. Mir persönlich ist, ehrlich gesagt, nicht ganz klar, was diese Formulierung genau bedeuten soll. Sollen wir jetzt ein Gesetz machen, in dem das geregelt wird?

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Streben Sie eine Enteignung an? Vielleicht könnten Sie uns einmal nicht nur die Forderung vortragen, sondern auch erklären, mit welchem Rechtskonstrukt das passieren soll.

(Monika Düker [GRÜNE]: Kaufvertrag!)

Vielleicht ist das gar nicht so schwer. Ich persönlich habe auch nicht mit RWE darüber gesprochen, was sie mit dem Hambacher Forst jetzt vorhaben. Vielleicht wollen sie den Forst ja sogar loswerden. Ich weiß das nicht. Ich könnte mir das gut vorstellen. Vielleicht haben Sie eine gute Idee und unterbreiten hier im Raum gleich einmal einen Vorschlag, wer in Nordrhein-Westfalen gerne den Hambacher Forst übernehmen möchte – dann natürlich inklusive seiner mittlerweile vielen internationalen Einwohner in den Bäumen.

Im Punkt 1 des Beschlussteils fordern Sie ein Moratorium gegen Zerstörung usw. Außerdem gehen Sie in diesem Punkt auf auszusetzende Abrissgenehmigungen ein. – Ich habe Verständnis dafür, dass man aus Zeitgründen auch mal schnell einen Antrag zusammenkloppen muss. Das kommt vor. So etwas kennen wir alle. Das ist gar nicht schlimm. Aber Ihr Anspruch muss doch eigentlich sein, dass die Leserinnen und Leser in Grundzügen verstehen, was Sie eigentlich wollen.

Vielleicht liegt es aber auch an mir. Ich habe es jedenfalls nicht verstanden. Moratorium gegen was? Das steht im Beschlussteil nicht. Da steht „Moratorium“.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Das erklärt Frau Brems gleich!)

Vielleicht können Sie das noch ausführen. Was bedeutet „Moratorium“? Soll der Tagebau komplett angehalten werden? Oder was heißt das? Ich verstehe das nicht. Das mit den Abrissgenehmigungen habe ich verstanden, aber wofür das Moratorium gelten soll, nicht.

Ich habe die herzliche Bitte, dass Sie das noch ausführen. Auf Ihre Ausführungen würde ich dann gleich vielleicht auch noch antworten.

Zu dem Punkt 4 und den nicht mehr im Kraftwerk Weisweiler benötigten Kohlemengen aus dem Tagebau Inden muss ich Sie jetzt einmal anlächeln und sagen: Das finde ich nicht unclever. Das hat etwas. So haben Sie das hier bisher argumentativ auch noch nicht vorgetragen. Sie suggerieren damit: Garzweiler kann kleiner werden, und wir holen mehr Kohle in Inden heraus.

Unerwähnt lassen Sie aber, dass auch das einer Aufkündigung des gefundenen Kompromisses gleichkommt.

Und noch viel interessanter: Damit machen Sie rund um Inden die nächste Baustelle auf. Die Menschen rund um diesen Tagebau haben auch eine Tageszeitung. Darin werden sie morgen lesen, dass Bündnis 90/Die Grünen mit einem Antrag im Landtag Nordrhein-Westfalen jetzt die Frage rund um Inden neu aufmacht.

Was heißt das denn, die nicht benötigte Kohle in Inden jetzt zu nutzen, damit Garzweiler kleiner wird? Gehen wir jetzt in Inden tiefer? Das ginge. Da liegt gute Kohle. Die goldenen Jahre dieses Tagebaus kommen gerade. Sie haben in der Sohle, in der sie gerade sind, hocheffiziente Kohle.

Gehen wir da jetzt tiefer, Herr Klocke? Gehen wir breiter? Welche Renaturierungspläne gibt es für die Seen und das Drumherum? Was nehmen wir denn da jetzt weg? Es kann ja nicht sein, dass Sie fordern, Inden länger und stärker auszukohlen, und anschließend da

nichts passiert und alles bleibt, wie es war. Das sollten Sie hier einmal beantworten.

Ihre Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer im Kreis Düren und in der Städteregion Aachen tun mir jetzt schon leid. Das kommt politischem Selbstmord vor Ort gleich.

(Beifall von der SPD und der CDU)

Deswegen ist Ihnen das nicht zu empfehlen. Ich frage mich tatsächlich, wie Sie auf eine solche Idee kommen können.

Ich habe einmal auf die Uhr geschaut. Ich denke, es ist schöner, wenn wir hier ein bisschen die Bälle hin und her spielen. Ich spreche gleich noch einmal und freue mich auf den weiteren Austausch. – Danke schön.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kämmerling. – Jetzt spricht Herr Freynick für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst sollte uns allen bewusst sein: NRW hat im Ländervergleich mit großem Abstand die meisten Braun- und Steinkohlekraftwerke. Der von der Kohlekommission beschlossene Ausstiegspfad zeigt daher, dass unser Land in dieser Position endlich eine besondere Verantwortung übernimmt und beim Kohleausstieg vorangehen wird. So werden wir als Land NRW bis 2023 als einziges Bundesland ein Drittel der derzeit vorhandenen Leistungen vom Netz nehmen.

Im Gegensatz zu den Grünen setzt sich die NRWKoalition konsequent für eine Eins-zu-eins-Umsetzung der Empfehlungen der Kohlekommission ein.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Auf diese Weise trägt unser Bundesland erheblich zur Erfüllung der Pariser Klimaschutzziele bei.

Der hier vorliegende Antrag jedoch bezeugt lediglich Folgendes: Die Grünen haben wenig Interesse, den hart errungenen gesamtgesellschaftlichen Konsens, der durch die Kohlekommission erreicht wurde, zu würdigen. Lieber wird – pünktlich zur Kommunalwahl natürlich – in diesen Prozess hineingegrätscht, um die eigene Wählerklientel zu mobilisieren.

Der Antrag steht im deutlichen Widerspruch zu der von der Kohlekommission empfohlenen und wichtigen Zielsetzung, nämlich dem Dreiklang von Klimaschutz, Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzschutz.

Wir als NRW-Koalition stehen unverändert zu dieser Zielsetzung. Das ist vernünftige und nachhaltige Innovationspolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Würden wir hier das beschließen, was in diesem Antrag gefordert wird, es würde den Prozess des Kohleausstiegs deutlich verlängern – ganz zu schweigen von der auch von Ihnen genannten notwendigen Planungssicherheit im Rheinischen Revier, die dann in großer Gefahr wäre. Eine damit einhergehende Rechtsunsicherheit vor Ort käme dann auch direkt mit im Schlepptau.

Das hier geforderte Moratorium hätte darüber hinaus überhaupt keine rechtliche Grundlage.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Der aktuelle Abbaubetrieb inklusive der begleitenden Maßnahmen wie der Verlegung von Straßen erfolgt im Rahmen der bereits beschlossenen Leitentscheidung und bestandskräftigen Zulassung bzw. von Genehmigungen. Es ist die Leitentscheidung von 2016, die Sie mitbeschlossen haben.

Aufgrund des festgelegten Kohleausstiegs ist eine neue Leitentscheidung nun unumgänglich, die das Kohleausstiegsgesetz in die räumliche Planung und Umsetzung übersetzt und den Rahmen für die bevorstehenden Veränderungen setzt.

Auf Bundesebene wurde das Kohleverstromungsgesetz bereits verabschiedet. Das bedeutet auch, dass energiepolitische und wirtschaftliche Notwendigkeiten auch hier vor Ort für uns gelten. Auf Bundesebene wurde das entschieden. Für unser Land NRW ist das bindend. Entsprechend ist hier die geforderte landesseitige Überprüfung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit hinfällig.

Derzeit befindet sich der Entwurf einer neuen Leitentscheidung in der Ressortabstimmung und soll noch vor den Herbstferien durch das Kabinett verabschiedet werden. Abzusehen ist aber schon jetzt, dass der Entwurf die neuen Gegebenheiten umfassend berücksichtigen wird, insbesondere was die besondere Stellung des Hambacher Forstes und eine flächenschonende Massengewinnung für die Rekultivierung des Tagebaus Hambach angeht.

Nach dem Beschluss des Landeskabinetts wird es eine Öffentlichkeitsbeteiligung geben, die auch online stattfinden wird. Außerdem werden zwei Dialogveranstaltungen stattfinden, damit alle Bürgerinteressen einbezogen werden können.

2021 soll dann die neue Leitentscheidung zu § 29 des Landesplanungsgesetzes zur landesplanerischen Vorgabe für die Braunkohleplanung erfolgen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die NRW-Koalition dafür Sorge tragen wird, dass sich NRW zu einem modernen und innovativen Industriestandort entwickeln und länderübergreifend als Vorbild dienen wird. Ihrem Antrag können wir so eben nicht entsprechen und lehnen ihn deshalb ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Herr Freynick. – Jetzt spricht Herr Loose für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heimat ist für die Grünen ein Fremdwort. So sagt Grünenchef Habeck, er könne mit Vaterlandsliebe nichts anfangen und finde ein Heimatministerium lächerlich. Für Robert ist Heimatliebe nicht mehr als eine Wattwanderung für ein paar Pressefotos.

Verantwortung ist für die Grünen ein Fremdwort. 2016 entschieden die Grünen selbst, dass die Dörfer im Tagebau abgerissen werden. Nur vier Jahre später stehen sie jedoch nicht mehr zu ihrer Verantwortung.