Protokoll der Sitzung vom 19.01.2000

gin Frau Themas.

Abg. Frau Tho~as, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.

Meine Damen und Herren, ich habe schon befürchtet, dass die heutige Diskussion in Anbetracht der Diskussionen, die zurzeit außerhalb des Parlaments geführt werden, zu einer reinen Haushaltsgespenster-Debatte wird.

Es hat mi~h schon etwas merkwürdig angemutet~ als Herr Böhr sagte: Mich haben-in den letzten Wochen zwar and~re Dinge beschäftigt, aber heute rede ich überden Haushalt.

Ich sage Ihnen: Gest~rn saßen nicht nur im Abge!)rdnetengebaude Trauben von Abgeordneten vor den Fernsehern und haben die. Pressekonferenz des CDU-Vorsitzenden verfolgt.·

Es war auch so, dass uns am Nachmittag und bis in den Abend

_hinein bei jeder Nachrichtensendung, bei jederri.,Brenn

punkt" und sonstigen Seildungen Anrufe erreichten: Hast du das gehört? Hast du das verfolgt?- Wir wurden um Einschätzungen gebeten, und ich kann Ihnen sagen, dass ich nicht so einfach zur Tagesordnung übergehen und sagen kann: Heute wird der Doppelhaushalt beraten.- Heute muss man nicht. nur über'den Doppelhaushalt reden, sondern al!,Ch überDoppelmoral.

(ßeifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und F.D.P.)

Meine Damen und Herren, die CDU-Spendenaffäre schwappt nicht nur aus Hessen über den Rhein. Herr Böhr, mit den Ereignissen bezüglich der 100 000 Dl\ll von Helmut Kohl für die CDU in Ludwigshafen und die lange Geschichte von CDUSpendenaffären in Rheinland-Pfalzsteckt die CDU RheinleindPfalz mittendrin.

(ZurufdesAbg.ltzek,SPD)

Schon zu Zeiten des Ministerpräsidenten Kohl wardas Land Rheinland-Pfalz eine erstklassige Adresse für Spendenwaschanlagen. Hier lagen quasi die Wurzeln für illegale Praktiken der Parteienfinanzierung. Es gab Ergebnisse eines Untersuchungsausschusses und Entscheidungen. des Bundesverfassungsgerichts- also·ein höchstrichterliches Urteil-, und kaum war- ein neu es Gesetz vorhanden -das hören wir und wissen wir jetztaus den Meldungen aus Hessen-, ersann die CDU unter Helmut Kohl schon nach neuen illegalen Wegen, Geld in die Partei herein zu holen. Es ging und es geht der CDU um Millionen-Vorteile in der Auseinandersetzung um die politi

sche Macht, ohne ein• Unrechtsbewusstsein bei führenden VertreJern dieser Partei.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Nii~gel, SPD).

Gerade diejenigen, die keine Gelegenheit ausgel~sen haben, als Saubermänne'r für Recht und Ordnung einzutreten- egal ob das Herr Kanther war, ob das Vertreter auf Bundesebene oder Vertreter der CDU aus diesem Lande waren -, und die keine Gnade für Drogenabhängige kennen, die bei jeder pas

senden und unpassenden Gelegenheit nach Polizei und mehr

Grenzk~ntrollen rufen, sind es; die uns heute das Eins-aLehrbuchbeispiel fOr kriminelle Machenschaften und Macht-_ geschachere liefern.

Ich beziehe mich dabei al!f eine Aussage des Jura-Professors

Albrecht aus Frankfurt. Ich zitiere ihn aus der "Frankfurter _Rundschau" vom _18. Januar 2000. Er sagt: "Alle Vorschriften, die unter Bundesinnenminister Kanther im Zusammenhang

mit Organisierter Kriminalität in das Strafgesetzb'uch und in die Strafprozessordnung verschärfend eingefOhrt worden sind, richten sich nun gegen ihn selbst." - Das stammt nicht aus meinem eigenen Mund. So sieht es ein anerkannt~r Jurist aus Frankfurt.

ln diesem Parteispendenskandal stehen nicht nur Namen wie Kohl, Kanther oder die- Namen der Kofferträger Terlinden

- und Keller in der ersten Reih~. Nein, ·auch der brave und Kohl

getreue Trierer Christoph Böhr gehört in- diese Namensgale

rie der konservativen Doppelmor~il. Wie oft ist von ihm be

. reits schonungslose Aufklärung gefordert worden? Herr Mertes hat das bereits angesprochen. Wie viele Debatten Ober Innere Sicherheit haben wir in diesem jiause gefOhrt? Ich erspare mir die Aufzählung. Was ist mit den schonungslo- -,

senAufklärungenbei den ,.Bimbes-Spendern"?

Herr Böhr hat vor fOnf Millionen Zuchauerinnen und Zu

schauern im ZDF Verständnis und Respekt for das Schweigen von Herrn-Kohl geäußert.

(Böhr, CDU: So ist es!)

Er hat nach wie vor Verständnis und Respe_kt fOr dessen Schweigen, und er zieht die Ruhe in der eigenen Partei der Aufklärung vor. Anders kann ich das, was er gestern nach der

Präsidiumssitzur:'g gegenOber-der Presse g~sagt hat, nicht werten.

Wenn der Untersuchungsausschuss in Berlin die Namen derSpender der Kohl-Spenden nicht herausfindet - so kann ich Herrn Böhr nur verstehen-::, bräuchte sich die CDU selbst nicht -auch nicht die Spender- der öffentlichkeitoder der Justiz zu -stellen.

-(Zuruf der Abg. Frau GrOtzmacher,

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN}

Meine Damen und Herren von der rheinland-pfälzischen

CDU: Was ist mit den Doerfert-Spenden? Wo ist die Aufklä

rung Ober die Herkunft der Spendengelder, die Ober das Bekannte und pereits Veröffentlichte hinausgeht? Auch

präsentiert wurde? Was unternimmt der Parteivorsitzende und Dienstvorgesetzte Böhr bezüglich der Ludwigshafener Spendenvariante? Nichts! Nein Heq Böhr, nicht nur als Auf

klärer und Saubermann geben Sie in Ihrem Verhalten keinen

glaubwürdigen Politiker mehr ab, sondern auch als Parlamentarier, der in der Opposition eine verfassungsgeschlitzte Rolle als Kontrolleur der Regierung innehat,- haben Sie für mich eine große Menge an Vertr_auenswürdigkeitverloren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen urid Herren, deri Willen der Aufklärung der CDU messe ich nicht daran, ob sie einen Ehrenvorsitzendenti

tel aberkennt, sondern ich messe ihn daran, ob-Sie rechtzeitig und mit rechtlichen Schritten die Aussagen von Kohl und an

deren h~rbeiführen' oder weiterhin nur auf Rechercheergeb

nisse reagieren.

Meine Damen und Herren, Kontrolle und demokratische Legitimation beginnen innerhalb einer Partei. Ich fordere Sie auf, in dieser Hinsichttätig zu werden.

Ich bin weit dav~n entfernt, eine Bedrohung für das gesamte _ Parteiensystem aus_ dem Fall der CDU zu erkennen~ Das sehe ich zurzeit nicht. in dieser Hinsicht unterscheide ich mich vielleicht auch von Herrn Mertes. Meine Damen und- Herren von der CDU, dieser Skandal geht mit Ihnen ganz allein nach Hause. Sie werden nichts Vergleichbares_ finden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE-GRÜNEN)

pas können Sie auch nicht durch einzelne Verfehlungen, die

·Sie bei anderen entdecken und danach recherchieren, aus

gleichen. Dieser Skandal geht mit lhneh rfach ~use.