Protokoll der Sitzung vom 11.05.2000

lch'denke; es ist falsch, wenn wir als Parlament und als poli

tisch Verantwortliche die Verantwortung an die Kirchen abschieben, wenn wir Inhaltlich dieser Sache zustimmen, dass eine Abschiebung eigentlich nicht stattfinden darf, dann aber sagen, wir wollen damit nichts zu tun haben, wir geben die Verantwortung weiter, und die Kirchen sollen sich darum kümmern.

Des Weiteren bedeutet dies, dass die jungen Menschen nicht mehr frei sind, sondern in einem Raum leben müssten, sie so

zusagen in Gefangenschaft leben würden, wenn sie Kirchenasyl bekommen würden, bis das Verfahren insgesamt abgeschlossen ist.

-Aus diesem Grund bitte ich Sie, meinem Antrag zuzustimmen und mit allen Möglichkeiten noch einmal zu versuchen, auch über das Innenministerium und andere Stellen, den beiden zu helfen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN}

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hammer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist das dritte Mal, dass nach der Geschäftsordnung von der Möglichkeit des§ 106 und von Artikel 90 der Verfassung des

La~des Rheinland-Pfalz von einem Abgeordneten der Frak

tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gebrauch gemacht wird.

Es ist etwas erstaunlich, dass dies ein Abgeordneter tut, der Mitglied des Petitionsausschusses ist und der zumindest in einer schriftlichen Begründung" ich bin sehr froh darüber, dass er es in der mündlichen Begründung seines Antrages nicht wiederholt hat- die Behauptung aufgestellt hat, dass er nicht

. alle Unterlagen erhalten hätte.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Es war abgesprochen, dass Sie das jetzt nicht sagen!}

- Das haben Sie mit mir nicht abgesprochen. Ich weiß nicht, mit wem Sie was absprechen. Sie haben dem Parlament einen

schriftlichen Antrag eingereicht, und in dem ist es enthalten.

Ich sage für den Ausschuss insgesamt, wir haben sehr sorgfältig abgewogen, und Sie haben gegenüber dem Bürgerbeauf

tragten den Vorwurf, den Sie im Ausschuss erhoben haben und der auch hier schriftlich formuliert ist, jetzt zurückgenommen, indem Sie nicht mehr äie Behauptung aufstellen. Für den Ausschuss insgesamt muss ich reklamieren, dass uns alle Unterlagen zur Verfügung stehen, um ordnungsgemäß beraten zu können. Wir haben dies verantwortungsbewusst getan.

Es gibt diesen einen Aspekt, der jetzt offen ist. Sie haben um

die Aufhebung nach § 106 gebeten. Wir habe~ Handlungs

möglichkeiten nach§ 105 unserer Geschäftsordnung.

Herr Dr. Braun, ich muss Ihnen sagen, wir haben bis zum 21. März und aljch danach sehr sorgfältig recherchiert, auch die Landesregierung. Das dürfte Ihnen bekannt sein. Ihnen ist beispielsweise eine Anfrage im Deutschen Bundestag zu

gänglich, zumindest die Antwort der Bundesregierung hie

rauf, die sich mit einem Teil beschäftigt hat, der in der Zwischenzeit weitestgehend geklärt ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Sie auf die Bundestagsdrucksache 14/2939 vom 15. März dieses Jahres verweisen.

Uns als Parlament heute d.arum zu bitten, diesen Beschluss aufzuheben, würde bedeuten, dass wir in dieser Zeit neue Er

kenntnisse erhalten hätten.

Ich kann sagen, wir haben uns bemüht, wir haben alle Recherchen angestellt, aber wir haben nichts gefunden, was es dem Parlament ermöglicht. die Landesregierung zum Han-. dein aufzufqrdern. Wir können lediglich festhalten, dass die Möglichkeit nur beim Bundesamt für Flüchtlingswesen be. steht, das heißt im Asylvertahren. Es ist rechtlich nicht mög

lich, die Landesregierung bzw. eine nachgeordnete Behörde - Sie sprechen das Ausländeramt einer Gemeinde bzw. eines Kreises an - zum Handeln aufzufordern. Sie können doch schlecht von einem Parlament unrechtmäßiges Handeln im Sinne von Menschlichkeit ~rwarten. Deshalb bleibt meine Fraktion- wir haben in der Fraktion darüber ausführlich ge

sprochen- bei diesem nicht einvernehmlichen Abschluss dieser Eingabe und bei dem Beschluss des Petitionsausschusses.

·(Frau Bill, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist eine tolle Begründung 1)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun zu einer Kurzintervention das Wort.

Herr Präsident, mei;ne Damen und Herren! Ich will diese wich

. tige Diskussion jetzt nicht i.m ·streit über die Geschäfts

ordnung untergehen lassen. Aber ich muss trotzdem darauf hinweisen, dass ich in dem Antrag darauf verwiesen hatte,

dass die Unterlagen nicht vollständig waren. Sie waren nicht vollständig. Wir, der Bürgerbeauftragte und ich, haben dies gemeinsam überprüft. Es haben Unterlagen vom Bundesamt gefehlt. Diese waren nicht mit angeheftet. Insofern war ich mir nicht sicher, welche Unterlagen nicht vorhanden sind. Aber das ist geschäftsordnungsmäßig. Ich habe dann auch gesagt, ich will mich nicht darum streiten, ob allein die Vollständigkeit der Akte die Grundlage für den Antrag heute lie-· fert.

Herr Hammer, ich muss auch noch darauf hinweisen, die Drucksache, auf die Sie verwiesen haben, eine Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag.,Suizid eines abgeschobenen Kur~ den" wird von der Bundesregierung nicht in Frage 1, aber im Vorspann offen beantwortet... ob die we(teren Ausführungen ·von ,Özgür- Politika"' -dies ist die drittgrößte kurdische Exilzeitung -.. zu den angeblichen Ereignissen in der Türkei den Tatsachen entsprechen, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Die Deutsche Botschaft in Ankara hat in diesem Fall ergänzende Recherchen eingeleitet, die noch nicht abge

schlossen sind," so heißt es zumindest in der Kleinen Anfrage, auf die Sie verwiesen haben. Deswegen ist die Gefahr zumindest gegeben, dass die Sache stimmt.

Warum soll die Sache nicht stimmen? Wenn wir im Moment zu entscheiden haben, ob wir- ich greife dies jetzt einmal so auf, wie Sie dies sagen - menschlich entscheiden oder nicht, dann bin ich auf jeden Fall für eine menschliche Entscheidung. Wenn sich alles aufgeklärt hat, und es sollte irgendetwas nicht gestimmt haben, und es besteht keine Gefahr für.die Abzuschiebenden, die im Moment von der Absc~iebung

. bedroht sind, dann kann man· neu darüber reden. Aber im..Moment besteht diese Gefahr. Es kann niemand ausräumen, dass diese Gefahr besteht. Ich denke, deswegen muss der menschliche Aspekt durchaus im Vordergrund stehen.

Es geht auch darum - Herr Hammer, dies hatte ich vorh.in auch gesagt; Sie haben es leider nicht aufgegriffen-, dass wir nicht unbedingt asylrelevant argumentieren müssen, sondern dass wir einfach dieser Petition, die die Pfarrer. gestellt ha

ben, nämlich noch einmal mit allen Betroffenen und Beteilig

ten reden zu können und das Bundesamt noch einmal erneut einzubinden, Folge leisten. Wie gesagt, es wird ohnehin das Kirci:Jenasyl geben, _wenn Sie Ihre Haltung beib~halten. Dann muss die Kirche vor brt die Sache regeln, die von der Politik nicht geregelt werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

· Vizepräsident Heinz:

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schreiner das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Braun, die CDU-Fraktion kann Ihrem Antrag nicht folgen. Die Entscheidung des Petitionsausschusses ist -nicht zu beanstanden. Der Ausschuss war vollständig informiert. Wir haben ausgiebig über den Fall diskutiert u_nd alle für unsere Entscheidung relevanten Aspekte beleuchtet. So kam die E-ntscheidung des Petitionsausschusses zustande. Dem Anliegen der Petenten konnte nicht entsprochen werden. Die Entscheidung ist auch nicht zu beanstanden, geschweige denn aufzuheben.