Protokoll der Sitzung vom 18.08.2000

Auch wenn sich die Lage durch die letzten trockenen Tage mittlerweile entspannt hat, nehme ich die Sorgen und Ängste der Landwirte um ihre Einkommen sehr ernst. Dies vorausgeschickt beantworte ich die Mündliche Anfrage im Einzelnen wie folgt:

Zu Frage 1: Die Getreideernte ist in den rheinland-pfälzischen Höhengebieten noch im Gange. Marktpreise, Erntemenge und Qualitäten stehen noch nicht abschließend fest. Daher kann das Ausmaß an Ernteschäden derzeit-nur mit großen Unsicherheiten ge-schätzt werden. Fest steht, dass vorwiegend bei Wintergerste, Winterroggen und Winterweizen zum Teil erhebliche Qualitätseinb-ußen unter anderem durch niedrige Fallzahlen zu verzeichnen sind. Außerdem schließt der Pilzbefall zumindest teilweise die Verwendung als Brotgetreide aus.

ln Regionen, in denen kein Lagergetreide festzustellen war, bewegen sich die Erträge demgegenüber im Normalbereich. Später reifende Getreidebestände wie Sommergerste oderspäter gesäter Weizen weisen in der Regel gute Qualitäten auf. Für diese Partien können die Landwirte - so kann man das heute einschätzen - auch mit ansprechenden Preisen rechnen.

Zu Frage 2: Von den Berufsverbänden werden derzeit c::lie Einkommensverluste der Landwirte durch die Ernteschäden mit rund 35 bis 50 Millionen DM in Rheinland-Pfalz beziffert. Da noch kein abschließendes Bild (ioer die Gesamtlage vorliegt, möchten wi_r den Spekulationen über mög-liche Einkorn~ mensverluste keine weiteren hinzufügen. Fest steht, dass Wintergerste und Roggen in diesem Jahr überwiegend als

Futtergetreide verwendet werden können. Fest steht auch, dass gute Qualitäten vom Handel deutlich honoriert werden.

Durch die späte Ernte steht_der Handel unter de_m Druck, seine Kontrakte für Brotgetreide und Brotweizen erfüllen zu müssen. Für andere Kulturen, zum Beispiel die Zuckerrüben, werden die Ertragserwartungen durchaus positiv bewert_et._

Für eine Gesamtbeurteilung der Auswirkungen der Erntesi

tuation, der Agenda-2000-Beschlüsse sowie der von der Bundesregierung beschlossenen Reformen müssen zum Teil gegenläufige Entwicklungen abgeschätzt werden. So rechnen wirtrotz der Absenkung der Ölsait:en-_und Stilllegungsprä

mien aufgrund der angehobenen Ausgleichszahlungen-tür Getreide mit rund vier Millionen DM zusätzlicher Prämien für Rheinland-Pfalz.

ln Teilmärkten beispielsweise für Raps -oder Braugerste werden höhere Erzeugerpreise erzielt als ursprünglich angenom

men.

Die Einkommenssituation der Landwirte wird durch die Steuer- und Spargesetze der Bundesregierung, wie zum Beispiel das Ökosteuergesetz, belastet. Eine seriöse -Konkretisie

rung der Einkommenswirkung ist aber nach meiner Auffas

sung- wir haben heute den 18. P.ugust- zurzeit nicht mög

lich. Heute kann man eine gewisse Zwischenbilanz ziehen, aber man kann noch zu keiner abschließenden Bewertung kommen.

Zu Frage 3: Ob die Existenz eines Betriebs durch die spezifischen Mehrbelastungen in diesem Jahr gefährdet wird - das wissen Sie_ eigentli_ch -,kann nur im Einzelfall anhand der einzelbetrieblichen Situation festgestellt werden. Eine Schät

- zung auf der Basis der allgemeinen statistischen Unterlagen ist demgegenüber auch wieder reine Spekulation, an der wir uns nicht beteiligen möchten und der wir auch nicht Vor

schub leisten möchten.

Für einige Betriebe sind sicherlich Probleme zu befürchten. Wir bieten diesen Betrieben verstärkt unsere betriebswirtschaftliche Beratung an. Aber die Situation der einzelnen Betriebe besteht vor dem Hintergrund der betrieblichen Situation und nicht ausschließlich aufgrundder Erntesituation im Jahr 2000. Die Risikovorsorge ist in einem Betrieb besser als in einem anderen. Die Belastungen sind in einem Betrieb weniger stark als in einem anderen. Deswegen kann man diese einzelbetriebliche Auswirkung pauschal nicht abschätzen, glaube ich.

Zu Frage 4: Auch für betriebswirtschaftlich gesehen gesunde Betriebe können die Ernteverluste in diesem Jahrzu Liquidi

tätsprobl~men führen. Die Landesregierung setzt sich daher dafür ein, anstehende Zahlungen an die Landwirtschaft nach Möglichkeit vorzuziehen. Die Auszahlungen für die Aus

gleichszulagenund die Förderungen der umvveltschonenden Landwirtschaft, also FUL-Progranim, sollen auf Ende September vorgezogen werden. Die Ausgl~ichszulage wird somit fast drei Monate früher als zum Beispiel im Jahr 1999 ausgezahlt. Die Ausgleichszahlung für Getreide, Ölsaaten, Eiweißpflanzen und die Stilllegung von Agrarflächen nach der Agenda 2000 soll zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen.

Die Landwirts_chaftliche Rentenbank haben wir gebeten, ihr Sonderkreditprogramm für dürregeschädigte Landwirte auch

für unsere Landwirte zu öffnen. Sie haben durch die anhaltenden Regenfälle die gleichen Liquiditätsprobleme wie ihre Berufskollegen.

Darüber hinaus haben wir den EU~Agrarkommissar Fischler gebeten, angesichts der aktuellen Lage den Höchstfeuchtigkeitsgehalt für Interventionsgetreide in diesem Jahr auf 15%

zu erhöhen. Dies würde in der jetzigen Situation die Trock

nungskosten für unsere Betriebe erheblich reduzieren.

Dies zur Beantwortung der gestellten Fragen und zu dem, was die Landesregierung im Augenblick als Reaktion- darauf auf den Weg gebracht hat und was sie im Augenblick dazu an Bewertungen vornehmen kann.

(Beifall bei F.D.P. und SPD)

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Schmitt.

Herr Staatssekretär, Sie haben richtigerweise die Erhöhung

-des Feuchtigkeitsgehalts angesprochen. Wann hat die Lan

desregierung diesen Antrag gestellt und wie sieht es im Übrigen in anderen Regionen aus? Es war nicht nur RheinlandPfalz. Gibt es in dieser Richtung Unterstützung oder ähnliche Initiativen?

Das ist eine Initiative jüngeren Datums. Das genaue Datum kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann Sie aber gern darüber unterrichten.

(Schmitt, CDU: Das heißt, es gibt noch keine Rückmeldung?)

- Darauf liegt meines Wissens - Stand gestern Abend - noch keine Reaktion vor.

-Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Billen.

Herr Staatssekretär, Sie haben die Schäden - wie gestern Abend der Kammerpräsident Schartz ebenfalls auf ca. 50_ Millionen DM beziffert. Wenn Sie ein Stück nach Regionen gehen, dann können -diese Schäden nur in den so genannten Normalreife- oder Früherntegebieten sein, weil Sie

zu Recht gesagt haben, in den anderen läuft die Ernte noch bzw. ist abgeschlossen. Wir sind jetzt in einer Trockenphase. Dann trifft die 14,5 % Feuchtigkeit nicht mehr, weil das Getreide bei den Witterungsbedingungen trocken ist.

Daher meine Frage: Wenn wir von einem Schaden von 50 Millionen DM ausgehen, dann muss das fast auf die Pfalz und Rhei~hessen konzentriert sein. Wie gedenken Sie damit umzugeh"en?

Herr Abgeordneter Billen, die Zahl.. so Millionen DM"

stammt nicht von der Landesregierung. Die Landesregierung hat bisher keine Zahl genannt. Ich habe auch nur die Schätzung der Berufsorganisationen in meiner Antvvort zitiert. Diese haben ei"ne Streubreite von 35 Millionen DM bis 50 Millionen DM. Dazu ist gestern Abend eine Zahl genannt worden. Deswegen ist es nach meinem Dafürhalten auch nicht richtig, je.tzt zu diesem Zeitpunkt, zu dem wir keine abschlie

- ßende Bewertung vornehmen können, für bestimmte Regionen des Landes bestimmte Maßnahmen zu nennen.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Billen.

Herr Staatssekretär, denken Sie eventuell darüber nach, bei Bedarf aych ein ISB-Kreditprogramm aufzulegen?

Herr Billen, wir denken kontinuierlich über verschiedene Reaktionsmöglichkeiten nach. Was mögliche flankierende Maßnahmen durch die !SB angeht, ist einiges bekannt. Anderes kal')n man sieh denken, aber darüber jetzt zu reden, wäre zu früh.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dieter Schmitt.

Herr Staatssekretär, wenn Sie jetzt die Schäden regional nicht genau aufgliedern kön-nen - wofür ich Verständnis- habe -,

könn~n wir davon ausgehen, dass Sie unaufgefordert dann den Auss!;_huss, sobald Sie diese Daten und die Erkenntnisse