Protokoll der Sitzung vom 14.09.2000

Jen kann, was Sie vollmundig fordern. Herr Millister Bauckhage, Sie haben noch rechtzeitig die Kurve gekriegt und sich -zum Retter der InterRegios für_ die Region Trier aufgeschwungen.

(Pörksen, SPD: Pech gehabt!- Zuruf von Staatsminister Bauckhage)

- Herr Bauckhage, mein Dank fällt etwas verhaltener aus als der des SPD-Kollegen Dr. Mertes und des Kollegen Heinz,

(Creutzmann, F.D.P.: Das haben wir so erwartet, Frau Kiltz!)

weil ich hier eine Pressemitteilung des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom Januar 1997 habe.

(Pörksen, SPD: Alte Gurke!)

Da haben wir gesagt, die InterRegio-Verbindungen sind in Gefahr, Landesregierung kü!Tlmer dich darum. Wir haben auch einen Berichtsantrag für den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr gestellt. Damals hat Ihr Staatssekretär Eggers noch _auf Geheiß Ihres Vorgängers, Herrn Brüderle, gemeint, die DB AG habe gesagt, sie würde auch künftig unter der Verantwortung ihres Geschäftsbereichs Fernverkehr Züge fahren lassen, die- ich zitiere- dem Bedienungsbild des heutigen In

terRegio entsprächen. Auf die Verantwortung des Bundes angesprochen hat er im Ausschuss wirklich-geeiert- man kann es nicht anders sagen - und versucht, uns plausibel zu machen, dass der Bund -damals noch schwarz-gelb re9iert- gar keine Verantwortung dafür habe, ob die Bahn AG InterRegio-Züge anbiete oder nicht. Jetzt, im Jahr 2000, sieht es ganz anders aus. Auf Druck de~ Region Trier entdeckt die _ F.D.P. mit ihrem Minister plötzlich die rotgrüne Bundesver-antwortung für die InterRegios und fordert lautstark ein Fernverkehrsangebot, das den Verkehrsb-edürfnissen entspricht. Anfang 1998 bei der ersten Streichwelle haben Sie noch Ersatzverkehre bei den Zweckverkehren bestellen lassen und genau das erfüllt, worauf die DB AG gesetzt hat. Sie nimmt eine Fernverkehrsverbindung weg, das Land bestellt als Ersatz eine Nahverkehrsverbindung und bezahlt dann auch. Das ist das Problem. Wir können nicht zulassen, dass sich das ausweitet. Aber Sie haben jetzt gesagt, nachdem de! Regierungswechsel im Bund erfolgt ist, Ersatzverkehre würden nur_ dann bestellt, wenn der Bund mehr Regionalisierungsmittel herausrückt. Herr Bauckhage, wir sind uns._ in dieser Frage einig.

(Staatsminister Bauckhage: Das ist aber schön!)

- Es ist schön, dass Sie das jetzt auch so sehen. Sie haben allerdings jetzt mit Ihrer Rettung der Region Trier vor dem Abhängen eine kleine Frage gelöst, aber viele Fragen stehen noch im Raum. Herr Bracht hat es schon angesprochen. Wer

soll jetzt für dieses Fernverkehrsangebot zahlen? Ich denke, dass Sie nachher darauf eingehen werden. Wer soll die not

wendigen Um- und Ausbaumaßnahmen an Signaltechnik und Oberbau an der Mosel- und Rheinstrecke zahlen? Wenn

der Talgo kommt, wie Sie angekündigt haben, wird das notwendig werden. Für den Rest des Landes- ich muss sagen, es geht um mehr als um die Region Trier, es geht um die InterRegio-Verbindungen in ganz Rheinland-Pfalz, und vor diese Forderungen sollten sich eigentlich alle Regionalabgeordneten stellen- stellt sich die Frage: Was passiert eigentlich mit den InterRegio-Verbindungen? - Ich würde mir schon wünschen, dass wir mit vereinter Kraft parteiübergreifend diese Forderungen unterstützen, dass das bleibt.

bann muss man noch einmal sehen, was überhaupt bundesweit mit den InterRegios passiert. Die Bahn hat schon lange überlegt, diese Gattung abzuschaffen, obwohl das ein Erfolgsmodell im Fernverkehr war. Der Kollege Mertes hat darauf hingewiesen: umsteigefreie Verbindung, gerade für die Urlauber, für die Kurleute, ältere Herrschaften,_ die ihre Ta-. sehen nicht von einem Zug in den nächsten transportieren wollen. - Die InterRegios sind eine sehr attraktive Fernverkehrsverbindung. Wir müssen alles tun, um sie zu erhalten.

Herr Bauckhage, Sie ·wissen, dass die Bahn AG unter dem Stichwort "MORA" ein marktorientiertes Angebot im Reiseverkehr plant, womitsie auch ihren Börsengang möglich machen will. Herr Kollege Bracht hat zu Recht an den Auftrag des Grundgesetzes erinnert. Auch da sind wir gehalten, die DB AG- auch wir entlassen unsere Bundesregierung da nicht aus der Verantwortung- und die Bundesregierung aufzufordern, dafür zu sorgen, dass dies, gerade auch mit einer solch attraktiven Gattung wie_ den InterRegio-Zügen, umgesetzt wird.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Staatsminister Bauckhage das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die

DB Reise und Touristik AG plant unter der Bezeichnung MORA eine Optimierung des Fernverkehrsangebots in Deutschland. "MORA" steht - dies sagte Frau Kiltz - für ein marktorientiertes Angebot im Personenverkehr. Dieses Vorhaben hätte bei einer vollständigen Umsetzung bundesweit unter Umständen die komplette Einstellung des InterRegio-Verkehrs zur Folge. Auch in Rheinland-Pfalz wären die möglichenAuswirkungenvon MORA dramatisch. In zwei Schritten soll nahezu der gesamte InterRegio-Verkehr eingestellt werden. In einem ersten Schritt zum Fahrplanwechsel Juni 2001 ist seitens der DB Reise & Touristik AG die komplette Einstel

lung der InterRegio-Züge zwischen Trier und Saarbrücken vorgesehen. Dies würde iflsgesamt fünf Zugpaare betreffen. Ebenso ist die Einstellung von fünf Zugpaaren auf der Strecke Mannheim- Saarbrücken geplant.

Der zweite Schritt, der für den Fahrplanwechsel Ende Dezember 2002 vorgesehen ist, hat die komplette Einstellung des InterRegio-Verkehrs zwischen Koblenz- Trier- Luxemburg sowie auf der Pfalzstrecke zwischen Saarbrücken, Kaiserslautern und Mannheim zur Folge. Lediglich auf der linken Rheinseite von Köln über Koblenz und Mainz nach Mannheim sollen neben den IC- und ICE-Zügen einige InterRegios verbleiben. So weit die Planungen von DB Reise & Touristik AG.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung wird dieses Vorgehen nicht akzeptieren. Wir verurteilen die vorgesehene Streichung der InterRegio-Züge verständlicherweise a·ufs Schärfste.

Beifall der F.D.P. und bei der SPD)

Das gilt insbesondere für die Moselstrecke Koblenz- TrierLuxemburg.

{Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE ClRÜNEN:

Das gilt für alle Strecken!)

Damit würde eine ganze Region vom Fernverkehr abgehängt.

Frau Kiltz, damit wir immer wissen, worüber wir reden, ist es wichtig, dass man auch weiß, wie viel Mittel der OB AG bei der Übernahme der Bahnreform zur Verfügung gestellt wurden, nämlich 9,4 Milliarden DM und im Jahr 2000 6,6_Milliarden DM. Auch das muss man vor diesem Hintergrund alles wissen.

{Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Was hat das jetzt damit zu tun?)

- Es hat etvvas mit der Schieneninfrastruktur zu tun; denn darum geht es, Frau Kiltz. Wissen Sie, grundsätzlich ist es zwar nicht zu beanstanden, wenn die Bahn ihr Produktangebot permanent nach wirLSchaftlichen Grundsätzen prüft. Das ist ihre originäre Aufgabe als Unternehmen. Bundesweit und auch in Rheinland-Pfalz gibt es sicherlich einen Optimie· rungsbedarf auf bestimmten Relationen zwischen d~n Zuggattungen ICE, IC, InterRegio und dem RegionalExpress des Nahverkehrs. Dies trifft aber zum Beispiel rikht auf-die Moselstrecke zu. Hier ergänzen sich gerade RegionalExpress und _

InterRegio erst zum kundenfreun_dlkhen Stundentakt.

Die von MORA angestrebten Ziele sind hier bereits Realität. Schließlich werden die InterRegio-Züge in Rheinland-Pfalz nach den uns vorliegenden Zahlen sehr gut genutzt. Zwi

schen100 und 300 Reisende pro Zug sprechen meines Erachtens eine deutliche Sprache. Es könnten noc~ wesentlich mehr Reisende sein, wenn sich die DB Reise & Touristik AG im

VergleiCh zum Rheinland~Pfalz-Takt endlich zu einem umfassenden Marketing für diese Züge durchringen könnte.

{Beifall bei F.D.P. und SPD)

Meine Damen und Herren, es geht bei MORA nicht allein um eine Fehlplanung der DB AG. Ich halte es für äußerst bedenklich, wenn der Bundesminister für Verkehr die im Grundgesetz festgelegte Verpflichtung lediglich auf den Bereich der Schieneninfrastruktur reduziert. Dies steht im Widerspruch zu Artikel87 e Abs. 4 des Grundgesetzes, in dem ausdrücklich auch die Verkehrsangebote im Schienenpersonenfernverkehr erwähnt sind. Auch die Dimension des Problems wird verkannt. Die Einstellung des· InterRegio-Verkehrs auf der Moselstrecke bedeutet nämlich auch das Aufgeben einer wichtigen internationalen Verbindung zum europäischen Finanzund Dienstleistungszentrum Luxemburg. ·Es ist völlig inakzeptabel, die einzige Schienenfernverkehrsverbindung z11vischen

beiden Ländern aufzugeben.

Letztlich möchte ich den Bund an die Vereinbarung zwischen Rheinland-Pfalz und dem Bund zur Neubaustrecke Köln Rhein-Main vom 21. März 1990 erinnern. Dort sind die InterRegio-Linien auf der Moselstrecke -und weiter nach Luxemburg sowie auf der linken Rheinseite ausdrücklich festgeschrieben. Ein Abräcken von dieser Vereinbarung würde aus unserer Sicht einen Wortbruch gegenüber der Landesregierung bedeuten.

Meine Damen und Herren, ich möchte klarstellen: Mit dem Rheinland-Pfalz-Takt hat das Land Rheinland-Pfalz vorgemacht, dass eine aktive Angebotspolitik im Schienenverkehr vom Bürger honoriert wird. Deshalb können wirtschaftliche Erfolge im Schienenverkehr auf Dauer nur über eine bessere Nachfrage erreicht werden, das heißt, wenn die Umsätze steigen. Das ist der entscheidende Punkt. Nur an d~r Reduzierungsschraube drehen zu wollen, hat keine Zukunft. Diese -Schraube istschnell zu Ende.

Die MORA-Initiative der DB AG stellt nicht nur eine drastische

V~rschlechterung des Fernverkehrsangebots insgesamt in Rheinland-Pfalz dar, sondern das Vorhaben zerschlägt auch den stündlichen schnellen Grundtakt des Rheinland-PfalzTakts mit den attraktiven Reise ketten.

Der Forderung der DB AG, die entfallenden Fernverkehrszüge durch -entsprechende Bestellungen im Nahverkehr zu ersetzen, erteile-ich eine klare Absage; derm dann müssten wir als Ausgleich an anderer Stelle zahlreiche Nahverkehrszüge streichen. Wir werden aber den erfolgreichen RheinlandPfalz-Takt so nicht antasten lassen.

{Beifall der F.D.P. und bei der SPD)

Deshalb wird die Landesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles tun, damit das Konzept MORA der DB AG so nicht zum Tragen kommt. Dies gilt ·insbesondere für die Moselstrecke.

Die Bemühungen seitens des Landes haben inzwischen auch zu ersten Erfolgen geführt. ln einem Gespräch mit dem Vorstand der OB AG, Herrn Mehdorn, am Montag haben wir ge

meinsam vereinbart, dass die Region Trier nicht vom überre

gioalen Schienenverkehr abgehängt wird. Trier wird bis 2003 an das InterRegio-Netz angebunden werden. Bis dahin werden Land und Bund ein neUEis Konzept mit der Talgo-_