Protokoll der Sitzung vom 18.10.2000

Ich weiß aber, dass Herr Bauckhage vielleicht gar nicht der Schuldige ist, weil Herr Beck der Meinung ist, dass SPD

Parteipolitik über Bauern- und-Winzerinteressen steht. So kann man natü-rlich auch ein Land kaputtmachen. Deshalb muss er in der Koalition still halten.

(Beifall der CDU)

Wenn schon von der Agrarsozialpolitik geredet wird und die Landesregierung in Form _von Herrn Bauckhage die Note "6" erteilt, frage ich Sie: Weshalb haben die Regierungsfraktio-nen dem Antrag der CDU-Fraktion bezüglich der Berufsgenossenschaft und der gesetzlichen Absicherung vor zwei Jahren im Plenum nicht zugestimmt? War Ihnen das zu kompliziert, oder hatten Sie das noch nicht erkannt? Wir geben Ih

nen eiAe neue Chance; denn wir werden einen neuen Antrag einbringen. Herr Minister, dann werden wir sehen, ob zwi

schen Reden und Handeln in diesem Kabinett eine Lücke zu _ schließen ist.

Sie haben in der Regierungserklärung gesagt, bei der Berufsgenossenschaft müsse der Zuschuss zur Übernahme der Altlast gesetzlich erfolgen. Ich gehe davon aus, dass Sie dann diesem Antrag zustimmen werden, der genau das fordert. Ansonsten kommen wir wieder zu dem Thema: Auf. der einen Seite wird schöngeredet, und auf der anderen Seite wird nicht gehandelt bzw. link gehandelt.

(Vizepräsident Heinz übernimmt den Vorsitz)

Wir kommen zum zweiten Punkt, wenn wir über rotgrüne hausgemachte negative Agrarvernichtungspolitik reden.

ln der Regierungserklärung wird deutlich, dass die Landwirte in Rheinland-Pfalz mit dein Steuersenkungsgesetz und dem so genannten Steuerentlastungsgesetz - das Steuerentlastungsgesetz war 1999, und das Steuersenkungsgesetz, das für die Bauern wiederum ein Steuererhöhungsgesetz darstellt, wurde in diesem Jahr verabschiedet, wobei das Steuer

entlastungsgesetz für die Bauern ebenfalls ein Steu_ererhöhungsgesetz ist- mit 37 Millionen DM zusätzlich zur Kasse gebeten werden: (Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Deutsche Bauernverband sagt etwas anderes!)

Dieses Problem ist nicht auf die EU-Ebene abzuschieben, sondern es handelt sich um ein hausgemachtes Problem. Lieber Herr Minister ßauckhage, ich frage Sie: Wenn Ihnen das alles bewusst war, können Sie diesem hohen Hause einmal erklären, weshalb ausgerechnet Sie im Bundesrat diesem Steuersenkungsgesetz zugestimmt haben? Weshalb haben Sie nicht gesagt: Das geht über die Interessen von Rheinland-Pfalz. Ich kann nicht mehr verantworten, das auf die Landwirte und Winzer draufzupacken. Ich stimme dem nicht zu. - Sie haben zugestimmt. Der entscheidende Punkt wird aber vermutlich wieder der sein, dass Sie der kleinere Koalitionspartner sind und Sie auf dem Altar der SPD-Parteipolitik wieder einmal geopfert worden sind. Zu sagen, mari könnte, man müsste, man sollte, ist nicht ausreichend. Handeln anstatt herumzujammern ist angesagt.

Wenn Sie zur ZIL, zur Zukunftsinitiative für den ländlichen Raum, sprechen, habe ich an Sie schon ein paar Fragen. ZIL bedeutet, dass EU-Millionen über die nächsten sechs Jahre fließen werden. Sie haben in einer Presseerklärung am 29. August in der "F.A.Z." ein Milliarden-Programm zur Verbesserung der ländlichen Infrastruktur angekündigt. Herr Minister Bauckhage, diese Milliarden wollen Sie dadurch finanzieren, indem Sie die Liegenschaften des Landes in einen lmmobilienfonds einbringen. Ich frage mich, und ich frage vor

allem Sie: Wie funktioniert dieser gigantische Schuldenschattenhaushalt, den Sie planen? Können Sie das Rätsel auflösen, wie man die gleichen Liegenschaften, die man in die LBB als gigantischen Schuldenschattenhaushalt eingebracht hat,

_ noch einmal in einen Immobilienfonds einbringen kann? Können Sie mir erklären, wie man zweimal gigantische Schattenschuldenhaushalte aufbauen kann?

(Dr. Mertes, SPD: Das ist dummes Zeug!) _ Bei den Milliarden muss man wirklich einmal nachfragen. (Dr. Mertes, SPD: Mansoll wirklich nur über Dinge sprechen, von denen man etvvas versteht!)

- Herr Dr. Mertes, da muss man einmal_ nachfragen. Im Haus- halt steht für die "Offensive ländlicher Raum" über zwei Jahre eine Milliarde DM. Herr Bauckhage hat gegenüber der Presse zehn Milliarden DM über zehn Jahre angek:ündigt. Heute nennt er in seiner- Regierungserklärung 1,8 Milliarden DM über sechs Jahre. Jetzt muss mir irgendjemand einmal sagen, was richtig und was falsch ist.

(Zuruf des Staatsministers Bauckhage)

Ich würde von Ihnen gern hören, welche Milliarden Sie für uns anpacken.

Bei dieser ganzen Politik kann einem angst und bange werden. Ich habe das Gefühl, dass die mit Helium gefüllte flie

gende Kuh bei der Landwirtschaft das einzige sichtbare Kon

-zeptionelle dieser Landesregierung ist.

Meine Damen und Herren, ich habe auch das Gefühl, dass diese Landesregierung unter der Führung von Ministerpräsident Beck mittlerweile so weit abgehoben ist, dass sie sich wie die fliegende Kuh

(Ministerpräsident Beck: Ich habe eine Kuh fliegen lassen oder was?)

weit über den wirklichen Problemen von Landwirten, Winzern und dem ländlichen Raum bewegt. Das ist Ihr Konzept weit von den Menschen entfernt.

(Beifall der CDU- Frau Ebli, SPD: Jetzt lassen aber Sie die Kuh fliegen!)

In diesem Land sind für Landwirtschafts- und Weinbaupolitik

dref Namen über die letzten Jahre zuständig gewesen, nämlich Beck, Bauckhage und Brüderle, also die drei "B". Die drei "B" stehen aber in der Agrar- und Weinbaupolitik mittlerweile für drei "P", und zwar genau in der Reihenfolge wie ich sie genannt habe für Pleiten, Pech und Pannen.

(Beifall der CDU)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Jahns das Wort.

Herr Präsident," meine Damen und Herren! Landwirtschaft und Weinbau sind von den Herausforderungen der Globalisierung auch betroffen. In der Landwirtschaft zeigt sich der zunehmende Wettbewerb. Ganz besonders schlimm ist das durch die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel, der sich einen ruinösen Preiswettbewerb leistet, der zu Lasten der Produzenten von Lebensmitteln geht. Hinzu kommt die

·aktuelle Situation- die wollen wir gar nicht verschweigen-, nämlich der verregnete Sommer, der uns Probleme bereitet, steigende Energiepreise und die Weinmarktsituation.- Herr Billen, es ist aber nicht die Schuld der Landesregierung, dass wir zweimal hintereinander gute Ernten hatten und die Preise verfallen sind. Die Landesregierung hat doch alles getan, um zu helfen.

(Billen, CDU: Nichts haben Sie getan!)

Da sind auch die Winzer gefragt. Die Krisendestillation wird kommen. _

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Wir haben aber auch Positives zu vermelden: Wir haben wieder leicht ansteigende Preise. Die Schweineproduktion lohnt sich wieder, und auch bei der Braugerste gibt es wieder bessere Ergebnisse. Mehr Landwirte sehen wieder positiv in die Zukunft, wenn man Umfragen glauben darf.

Meine Damen und Herren, die Globalisierung bringt Risiken, aber sie bringtauch Chancen mit sich. Wir müssen aufpassen, dass wir die Risiken und -Probleme nicht überbetonen. Man kann Wirtschaftszweige auch kaputtreden.

(Beifall bei SPD und F.D.P:)

Ich erinnere daran, dass uns der Weinbauverband an der Mosel davor gewarnt hat, nicht immer von Katastrophen zu reden, damit nicht noch mehr Schaden entsteht.

(Anheuser, CDU: Was sind 35 Pfennig - für den Liter Wein?)

- Herr Anheuser, das war der WeinbauverbEmd und nicht ich.

(Zuruf des Abg. Anheuser, CDU)

Wir sollten also Chancen wahrnehmen und Risiken minimieren. Ich spreche zunächst die Chancen an: Eine wachsende

Weltbevölkerung hat einen wachsenden Nahrungsmittelbedarf. Offene Märkte ermöglichen auch unterentwickelten Ländern, dass die Kaufkraft steigt, wodurch sie auf dem

Weltmarkt stärker als bisher Lebensmittel einkaufen können. Diese Möglichkeiten können wir nutzen.

Es gibt natürlich auch Risiken. Wir mü_ssen dafür sorgen, dass wir zunächst einmal faire Wettbewerbschancen auf den europäischen Märkten bekommen. Bei einem Vergleich habe ich festgestellt, dass die deutsche Landwirtschaft teilweise bessere und teilweise schlechtere Chancen und Bedingungen hat. Dann habe ich mir einmal angesehen, von welchem Zeitraum diese Zahlen stammten. Sie stammten von 1996, 1997 und 1998. Damals stand Ihre Bundesregierung noch in der Verantwortung-. Auch damals gab es schon ungleiche Wett

bewerbschancen, die die jetzige Bundesregierung endlich einmal angeht.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Auch die WTO hat noch ein gewichtiges Wort mitzureden. Wir müssen dafür kämpfen, dass vergleichbare soziale, ökologische und hygienische Standards für Agrarprodukte, die frei gehandelt werden, vereinbartwerden können.