Protokoll der Sitzung vom 15.12.2000

(Frau GrützmachN, ßÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Lächerlich!)

ln den A_ufklärungskampagnen stellt sich immer wieder die Frage, wen die Landesregierung als Adressaten sieht. Adressaten müssen nicht ir~Jendwelche politisch interessierten Gruppierungen sein, sondern müssen diejenigen sein, die für diesen Bereich anfällig sind. Deshalb sind wir der Meinung,

dass in diesem Bereich sehr viel stärker agiert, aktiv Politik gemacht und darüber hinaus eine Meinung gebildet werden müsste.

Meine Damen und Herren, an unseren Schulen sind bisher -die Zahlen der Abgeordneten Frau Grützmacher kann ich in diesem Zusammenhang nicht ganz nachvollziehen - zum Glück nur in Einzelfällen rechtsextremistische Vorkommnisse

registriert worden. Der weit überwiegende Teil liegt im Bereich der Propaganda, den ich nicht herunterreden will.

Man muss sich einmal sehr deutlich vor Augen führen, wie. viele Rechtsradikale und Rechtsextremisten in RheinlandPfalz leben: 250 Mitglieder der NPD, 600 Republikaner, 850 Mitglieder der DVU. Das ist zweifellos im Verhältnis zu unserer Gesamteinwohnerzahl relativ niedrig. ln aller Deut

lich~eit will ich aber sagen, dass jedes Mitglied in diesen rechtsextfemistischen und rechtsradikalen Parteien ein Mitglied zu viel ist. Umgekehrt muss man natürlich auch die Zahlen auf sich wirken lassen.

Noch ein Wort zum Antrag auf das Verbot der NPD: F.D.P. und SPD konnten sich in diesem Hause darüber nicht einigen. - Der große Auftritt unseres Ministerpräsidenten als Bundesratspräsident fand nicht statt. Den Auftritt haben Sie

dem Herrn Ministerpräsidenten vermasselt. Ich denke, gerade wenn über eine so wichtige Frage so intensiv diskutiert

·wird, ist es notwendig, dass man sich einigt. Das war aber leider nicht der Fall.

(Zurufe aus dem Hause)

Ich will aber jetzt endgültig zum Ende kommen. Den vorliegenden Entschließungsanträgen wollen wir insoweit zustimmen, als dass wir eine Verweisurig an den Ausschuss unterstützen. Dann haben wir die Gelegenheit, die Entschließungsanträge so weit wie möglich zusammen~ufassen.

Ich bedanke mich.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Frey·das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Rechtsextremismus und Extremismus insgesamtsind ein bundesweites, sogar ein weltweites Phänomen. Wir dürfen politischen Extremismus, in welcher Form auch immer, weder verharmlosen noch herunterreden. Jeder Bürger unseres Staates und unser:.es Landes kann-und muss wachsam sein, jeder an seinem Platz und in seiner·Funktion. Dabei kann jeder etwas gegen politischen Extremismus und ganz besonders gegen Rechtsextremismus unternehmen.

Viel könnte schon bewegt werden, wenn in der persönlichen Wortwahl größere Bedachtsamkeit herrschen \ll[ürde.

(Beifall bei F.D.P. und SPD)

Völlig zu Recht wird immer wieder verlangt, dass wir alle mehr Zivilcourage zeigen müssen.Es ist nicht das Heldentum gefragt: sondern das Öffentlichmachen von bekannt gewor= denem rechtsextremem Gedankengut und natürlich von Straftaten. Nicht zuletzt bedarf es einer intensiven politi-schen Auseinandersetzung mit den Parolen von Rechtsextremisten.

Alle Fakten müssen vorgelegt und stumpfe Parolen mit überzeugenden Argumenten widerlegt werden. An dieser Stelle ergänze ich meinen ursprünglichen R.edetext: Wir müssen uns auch· sehr sachlich mit diesem Thema ausJ!inander setzen; denn das, was im Zusammenhang !ßit Sebnitz und Düsseldorf in manchen Bereichen passiert ist, war keine Glanzstunde des

~ournalismus und der deutschen Demokratie.

Meine Damenund Herren, lassen_5ie uns das Phänomen des Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz näher beleuchten. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist keine Angelegenheit, die erst seit dem Sommer dieses Jahres auf der politischen Agenda in Rheinland-Pfalz steht. Bereits seit-einem Jahrzehnt

haben· die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen die Bekämpfung des Rechtsextremism-us zu einem ihrer ~eit themen gemacht... Wehret den Anfängen" ist seit vielen Jahren das Motto. Es wurden zahlreiche Initiativen entwickelt, es wurde vor Rechtsextremismus gewarnt und entschlossen ge. gen diesen vorgegangen. Aufklärungskampagnen wurden gestartet, und Broschüren wurden von zahlreichen Ministerien zu diesen Themen herausgegeben.

neuesten Zahlen, die vorliegen - 209 Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremistischer Straftaten gab. Alleine 196 davon bezogen sich auf das Verbreiten von Propagandamitteln und auf das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Gewaltkriminalität gegen Personen. wie sie gerade im Sommer dieses Jahres die Öffentlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland aufgeschreckt und entsetzt haben, sind in Rheinland-Pfalzbestenfalls- ich sage glücklicherweise- nur eine Randerscheinung:

Viel stärker ins Gewicht fällt die Gewalt gegen Sachen, insbesondere die Schändung von Friedhöfen. Seit 1996 haben wir 52 dieser schrecklichen Ereignisse zu verzeichnen.

Bei-den antisemitiscnen Straftaten gab es in den letzten Jahren auch eine Steigerung, insbesondere bei der Volksverhetzung.·

Ich sage se-hr-deutlich, jede dieserStraftateh ist eine Straftat zu viel..Insgesamt wird man aber für Rheinland-Pfalz festhalten können; dass_die rechtsextremistische-Szene, die bei uns vorhanden ist, keine überragende Bedeutung hat. Wir haben sie, wir gehen auf sie ein, wir bekämpfen sie, aber: wir können nicht die Schimäre an die Wand malen, als ob- das Land durch Rechtsextremismus geprägt wäre.·

(Beifall d.er F.D.P.)

Das bedeutet ·nicht, dass wir wegschauen müssen. Wir müs

sen diese Szene ernst nehmen, und wir müssen sie mit allen dafür vorhandenen rechtsstaatliehen Mitteln be.obachten.

Durch eine intensive Auseinandersetzung auf allen Ebenen unserer Gesellschaft wird es gelingen, dass diese Randgruppe eine solche bleibt und sie auf Dauer auch wieder verschwin

Auch von der Polizei und Justiz wurden spezielle Statistiken det. herausgegeben und erstmals eingeführt, indem rechtsextremistische, antisemitische und ausländerfeindliche Straftaten gesondert aufg~führt ~erden. Ich halte das für sehr wichtig. Ich bin der Meinung, wir sollten diese Statistiken auch fortführen; wir sollten uns aber uberlegen, ob wir zusätzliche Statistiken brauchen, wie das Frau Grützmacher gefordert hat, oder ob wir nicht die Arbeit derer, die dafür infrage kämen, diese Statistiken zu erstellen, nicht wirksamer in die Bekämpfung des Rechtsextremismus lenken sollten.

(Beifall der F.D.P. und de[ SPD)

Nicht zuletzt muss auch auf die intensive Öffentlichkeitsarbeit und die Arbeit des Verfassungsschutzes in RheinlandPfalzinsgesamt hingewiesen werden, der das Thema Rechtsextremismus zum Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht hat.

Meine Damen und Herren, es lässt sich in Rheinlana-Pfalz nicht leugnen, die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten ist. in den letzten Jahren gestiegen. Aber auch in diesem Fall ist ein genaues Hinsehen erforderlich. Die Antworten auf die Große Anfrage belegen, dass es. im Jahr 1999 - das sind die

Rechtsextremismus - auch das hat die Große Anfrage ergeben,

Frau Grützmacher, wenn Sie sagen, die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen würden darauf nicht reagieren, haben Sie unseren Entschließungsantrag offenbar nicht bis. zum· Ende gelesen. Hätten Sie das getan, hätten Sie erkannt, dass gerade im Bereich der Musik versucht wird, über die Antidrogendiscos, die mit viel Erfolg im Land veranstaltet wur

den, eine Ausweitung vorzunehmen, um gegen rechtsextremistische Gewalt zu kämpfen und aufzuklären. Das ist ein Steinehen in einem großen Mosaik, aber es ist ein Steinchen. Darauf haben_ Sie in keiner Weise Rücksicht genommen. Sie haben auch keinen Entschließungsantrag gestellt, um welche konkreten Maßnahmen es gehen soll.

Wir werden darüber hinaus auch in anderen Bereichen natür

lich den Rechtsextremismus weiter bekämpfen. Die Abwehrstrategien, die vorhanden sind, werden fortgeführt, und sie

zeige!l auch Erfolge.

Die Polizei und die Justiz haben sich in den letzten Jahren -gerade auch in diesem Jahr- sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Ich erinnere nur an die sehr zügige Bearbeitung des Falls in ludwigshafen, bei dem innerhalb kürzester Zeit

Ermittlungsergebnisse vorla-gen und auch innerhalb kürzester Zeit ein Urteil ergangE!n ist. Das ist meiner Meinung nach doch ein Beispiel dafür, v1ie ernst alle staatlichen Stellen -in Rheinland-Pfalzdieses ThEma nehmen.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Aufklärungskampagnen des Ministeriums des lnnern und für Sport, des Ministeriums der Justiz, aber auch anderer Organisationen, aufdie bereits hingewiesen wurde.

Ich erinnere auch an die hervorragend besuchten Vorträge des Verfassungsschutzes von Rheinland-Pfalz, die eine große

Medienöffentlichkeit gefunden haben. Es ist sehr wichtig, dass wirdie Menschen in unserem Land sehr intensiv über solche Sachen informieren.

Hinzu kommen Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer, Polizisten und Mitarbeiter staatlicher Organisationen.

Letztlich war es auch eine wichtige Maßnahme der Landesregierung, den.. Mainzer Appell" aufzulegen. Über 70 000 Bürgerinnen und Bürger haben diesen Appell unterschrieben.

Lassen Sie mich nun zum Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kommen, die fordern, dass sich der Landtag dafür ausspreche-n soll, dass der NPD-Verbotsantrag auf Bundesebene unterstützt wird.

Die F.D.P. hat in Rheinland-Pfalz immer deutlich gemacht, dass sie für eine Bekämpfung rechtsextremen Gedankenguts eintritt, egal ob in Vereinen oder in Parteien-organisiert. Wir sind allerdings der Meinung, dass_ mim mit einem Parteiver

bot die Überzeugung von Menschen nicht verändern kann.