Protokoll der Sitzung vom 17.10.2001

(Beifall im Hause)

Von der aktiven Teilnahme gerade der jungen Generation, die einmal die Verantwortung übernehmen wird, lebt unsere Gesellschaft. Die Wahlbeteiligung darf kein Minderheitenphänomen in der jüngeren Generation bleiben.

(Beifall im Hause)

Deshalb ist es wichtig – Frau Kollegin Morsblech hat bereits darauf hingewiesen –, dass dieses Parlament eine Enquete-Kommission einrichten wird, in der wir neben den Antworten, die wir alle bereits in den vergangenen Jahren gegeben haben, zusammen mit Wissenschaftlern und Vertretern der gesamten Gesellschaft Antworten auf diese Fragen suchen können.

Meine Damen und Herren, auch wenn es die Jugend nicht als einheitlichen Block gibt, so gibt es doch bisherige Erkenntnisse der Jugendforschung, die ein Bild von einer Jugend zeichnen können, die pragmatisch darangeht, ihr Leben zu organisieren, von einer Jugend, die Zukunft und Freiraum für sich fordert.

Herr Lelle, ich kann jetzt nicht mit einem Parteienkritiker aufwarten, aber ich nehme dafür einen Jugendstaatssekretär. Herr Dr. Joachim Hofmann-Göttig hat von einer Generation gesprochen, die auch wieder von der Politik überzeugt werden kann, soweit sie nicht Sprechblasen, sondern reale Dienstleistungen bringt.

(Lelle, CDU: Einverstanden!)

Ich möchte in Bezug auf reale Dienstleistungen nur darauf hinweisen, dass die Jugendforschung auch bestätigt, dass in der jungen Generation das Thema „Fam ilie und Kinder“ ein wichtiges Thema geblieben ist und immer noch Bedeutung hat. Dieses Thema wird aber verbunden mit neuen Lebensentwürfen.

Das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ steht an erster Stelle. Ich bin mir sicher, wir sind im kinderfreundlichen Rheinland-Pfalz mit der Einführung der Ganztagsschule in der neuen Form und mit der von der Jugendministerin Doris Ahnen angestrebten Ausweitung der Ganztagsplätze in den Kindergärten auf einem richtigen Weg. (Beifall der SPD, der FDP und bei der CDU)

Eine weitere Erkenntnis der Jugendforschung, die für den Antrag der FDP-Fraktion von Bedeutung ist – Frau Morsblech, ich sehe dies ein bisschen anders –, ist, dass bei der jüngeren Generation doch ein Grundvertrauen in die Institutionen, in die Grundwerte sowie in unsere parlamentarische Demokratie vorhanden ist. Das Problem für viele Jugendliche ist eher, dass Politik als Verkörperung der Langeweile, Abgehobenheit und Unverständlichkeit erscheint.

(Beifall bei der SPD – Lelle, CDU: Das ist genau das, was ich gesagt habe, das wir tun müssen!)

Herr Lelle, in einer Zeit, in der sich viele Jugendliche scheinbar von der Politik abwenden, müssen wir unterschiedliche Wege gehen. Man kann mit einem Projekt nicht alle Probleme lösen.

(Beifall im Hause)

Deshalb unterstützen auch wir diesen Antrag der FDPFraktion, der vorgelegt wurde. Frau Morsblech hat auch auf die Erfahrungen in den USA hingewiesen. Zum Schluss möchte ich hierzu noch einige Punkte hervorheben.

In den USA hat man mit dem Projekt „Kids Voting“ die Erfahrung gemacht, dass es dort im Besonderen gelang, bei sozial benachteiligten Jugendlichen ein größeres politisches Interesse zu wecken, das sich dann auch auf die Eltern übertragen hat, weil in den beteiligten Gebieten die Wahlbeteiligung viel höher war. Man hat auch in Deutschland mit den Erfahrungen, die man bisher gemacht hat, festgestellt, dass es mit diesem und mit ähnlichen Projekten möglich ist, den Wissensunterschied zwischen Schülern verschiedener Schularten auszugleichen oder zu verringern. Ich denke, dies sind Aspekte, die man in Rheinland-Pfalz bei der Umsetzung dieses Projekts besonders berücksichtigen sollte.

(Glocke der Präsidentin – Beifall der SPD und der FDP)

Ich komme zum Schluss. Es ist beantragt, diesen Antrag an den Ausschuss zu überweisen. Wir stimmen dem Antrag zu und werden im Ausschuss noch einige Formulierungswünsche einbringen.

Danke schön.

(Beifall im Hause)

Ich begrüße Besucher im rheinland-pfälzischen Landtag, und zwar Mitglieder des Gesangsvereins Nußbach. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause – Zuruf von der SPD: Die sind noch nicht da!)

Außerdem begrüße ich Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreis Kusel. Herzlich willkommen im Landtag in Mainz!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Wiechmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In den Analysen, die gerade von meinen Vorrednern abgegeben worden sind, stimme ich in den allermeisten Fällen natürlich überein. Daher würde ich gern konkret

zum Antrag sprechen. Inwieweit man konkret über diesen Antrag sprechen kann, ist eine andere Frage.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die pädagogische Methode des Rollenspiels ist zweifellos ein wichtiges Mittel, um Schülerinnen und Schüler an neue Situationen heranzuführen oder annähernd in die Lage anderer Menschen zu versetzen. Darin stimmen wir GRÜNEN Ihnen vollkommen zu.

Richtig gestellt werden muss jedoch, dass Rollenspiele wie beispielsweise die so genannten simulierten Wahlen, die Sie meinen, an Schulen kein brandneu entwikkeltes Konzept von Ihnen sind, sondern an rheinlandpfälzischen Schulen schon lange zum ganz normalen Unterrichtsrepertoire gehören.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU – Lelle, CDU: So ist es!)

Eine Überhöhung dieses Antrags muss man in diesem Zusammenhang relativieren. Es gibt bereits bestellbare Materialien dazu, unter anderem des Pädagogischen Zentrums in Bad Kreuznach oder des Kulturvereins „Kumulus“, wie Frau Morsblech richtig bemerkte. Dieses Material kann von den Schulen problemlos geordert werden. Umfangreiche Unterrichtsmaterialien sind in Teams von Politologen, Psychologen und Pädagogen zusammengestellt worden.

Die Schulen haben nicht auf diesen Antrag der FDP gewartet. Sie haben schon längst gehandelt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind uns alle darüber einig, dass das diesbezügliche Angebot natürlich immer weitergeführt und ständig verbessert werden sollte.

Aber worin liegt nun eigentlich das dringende Bedürfnis Ihres ach so bedeutungsschwanger formulierten Antrags?

Sie argumentieren in Ihrer Begründung, dass durch die vorgeschlagenen Wahlen die Möglichkeit eröffnet werde, bei Schülerinnen und Schülern mit der direkten Beteiligung an der demokratischen Willensbildung frühzeitig das Interesse und die Mitverantwortung für Staat und Gesellschaft zu wecken. Dies zu erreichen – auch darin stimme ich mit Ihnen vollkommen überein –, ist ein sehr wichtiger Aspekt.

Aber erlauben Sie mir die Anmerkung, dass ein kleines simuliertes Kreuzchen – – –

(Kuhn, FDP: Das ist das Missverständnis!)

So würde es gehen, wenn. Genau darum geht es. So würde es gehen, wenn. Das ist ein simuliertes Kreuzchen, das in keiner Weise eine ausreichende Methode dafür sein kann, eine unmittelbar erlebte Dem okratie tatsächlich durchzuführen oder zu erleben. Die direkte Beteiligung an der demokratischen Willensbil

dung, Interesse und Mitverantwortung für Staat und Gesellschaft zu wecken ist aus meiner Sicht am sinnvollsten zu realisieren, indem Sie den Schülerinnen und Schülern in den Schülervertretungen endlich mehr Rechte zukommen lassen, sie tatsächlich in das Schulgeschehen einbinden und ihnen damit Mitverantwortung zukommen lassen, indem Sie Demokratie in den Schulen erlebbar machen.

Bis heute haben die Schülervertretungen in RheinlandPfalz keine Rechte, über den Schulalltag oder gar über Grundsätze des Unterrichtsalltags mitzuentscheiden.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD – Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Geben Sie Schülerinnen und Schülern doch mehr Mitspracherechte an den Entscheidungsprozessen ihres schulischen Lebens. Das wäre eine tatsächliche direkte Beteiligung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So könnte bei den Schülern hautnah und ganz realistisch Verantwortung geweckt werden. Dies ist eine der zentralen Forderungen der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN für den schulischen Alltag.

Kandidatinnen und Kandidaten für Ämter in den Schülervertretungen stellen sich in Vorversammlungen vor und können per Wahlzettel gewählt werden. Damit wird Bewusstsein für Wahlen geweckt. Damit wird Demokratie auch unmittelbar erlebt.

(Hartloff, SPD: Schließt das eine das andere aus?)

Wahlen der Schülervertretungen sind alljährlich spannend und erfreuen sich großer Beliebtheit. Doch ohne wirkliche Mitspracherechte verkommt die Wahl zu einem so genannten sinnlosen Kreuzchen ohne weitere Bedeutung für den Einfluss der Schülerinnen und Schüler an ihrer einzelnen Schule.

Sie, die FDP-Fraktion, sind mit verantwortlich dafür, dass es kaum zu dem von Ihnen so genannten Ernstfall demokratischer Prozesse und einer damit verbundenen echten Mitentscheidung im Schulalltag kommt. Es fehlt gerade an diesen echten und wirklich ernsthaft dem okratischen Prozessen, die Schüler tagtäglich an ihren Schulen erleben könnten. Es fehlt nicht unbedingt daran, bei Bedarf im Unterricht eine simulierte Wahl durchzuführen.

In anderen Bundesländern haben Schülerinnen und Schüler in den so genannten Schulkonferenzen gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern viel weiter gehende Rechte als hier. Wir hatten das in unserem Schulgesetz gefordert.