Vielleicht sollte ich, wie ich das öfter mache, die Gesamtbewertung aus unserer Fraktion zu dem Thema an den Anfang stellen. Sie werden nicht überrascht sein, zumindest diejenigen, die uns auf diesem Feld länger beobachten, dass wir gern bei der gesetzlichen Gestaltung dieser Regelung mitdiskutieren würden. Wir halten es vom Grundsatz her für richtig, was beantragt worden ist. Wir haben es selbst ein Stück weit zum Ausdruck gebracht. Frau Schleicher-Rothmund hat auch aus meiner Anfrage an die Landesregierung zitiert und gesagt, was ich auf die Fragen, die ich zu diesem Themenkomplex gestellt habe, als Antwort bekommen habe.
Lassen Sie mich etwas Historisches sagen. Das klingt ganz schrecklich, ist aber leider die Wahrheit. Ich weiß nicht, ob jemand dabei war – Herr Zöllner, zumindest Sie und ich haben das damals diskutiert –, als wir diesen Punkt bei der Veränderung der Hochschulgesetzgebung in diesem Land zu einem der Schwerpunktthemen während der Gesetzgebung gemacht haben. Ich darf auch die Handwerksverbände daran erinnern, dass sie zu diesem Zeitpunkt ihre Meinung um 180 Grad gewandelt haben. Sie haben sich bis zu diesem Zeitpunkt vehement gegen eine Öffnung der Hochschulen für ihr Klientel ausgesprochen, weil sie Angst hatten, dass ihnen zu viele an die Hochschulen davonlaufen, vor allem auch die guten Leute. Genau in dieser Zeit haben sie ihre Einstellung geändert. Dann sind wir alle dieser Sache ein Stück weit entgegengekommen und haben die gesetzlichen Veränderungen in Rheinland-Pfalz so gemacht.
Inzwischen ist die Zeit fortgeschritten. Frau SchleicherRothmund, es wäre Ihnen sicherlich schwer gefallen, Niedersachsen und auch Nordrhein-Westfalen zu nennen. Sie hätten es aber ruhig nennen können. Frau Thomas hat es schon angedeutet, andere Bundesländer haben sich jetzt auch in diesen Fragen verändert und neue Regelungen eingeführt.
Meine Damen und Herren, es gibt aber auch andere, die sich mit dem Thema beschäftigen. Deshalb habe ich auch das Buch mitgebracht. Es ist eine ganz neue Ausgabe von HIS, vom Hochschulinformationssystem, das sich jetzt mit der Ausbildungsleistung der Hochschulen beschäftigt, vor allem unter den technologischen Aspekten. Ich glaube, niemand in Deutschland und auch in diesem Hause wird bestreiten, dass wir ein Defizit bei der studierenden Klientel haben, was Naturwissenschaften und Technik anbelangt. Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass wir an diesem Punkt etwas tun könnten. Sie fasst genau an dem Punkt an, nämlich bei dem Hochschulzugang für Menschen, die zunächst kein Abitur oder keinen anderen Hochschulzugang erworben
haben, sondern über den beruflichen Weg kommen. Es wird gesagt, dass wir vielleicht die Chance haben, wenn wir etwas mehr tun und uns weiter öffnen, dass wir ein Potenzial ausschöpfen können, das der Gesellschaft insgesamt in diesem technisch-naturwissenschaftlichen Bereich gut tun würde.
In Klammern sage ich dazu, natürlich wissen wir alle, dass in der Vergangenheit bei dem, was wir in Rheinland-Pfalz und anderen Bundesländern als Lösungen hatten, vor allem Frauen aus sozialpflegerischen und Gesundheitsberufen diesen Weg beschritten haben. Es waren gerade nicht vor allem die technischen und ingenieurwissenschaftlichen Bereiche, die betroffen waren.
Ich finde, dass wir weiter in den Ausschüssen diskutieren sollten. Wir sollten vielleicht dann auch noch einmal die Anträge diskutieren. Das bedeutet natürlich einen Systemwechsel in Deutschland. Ich glaube, das müssen wir uns vergegenwärtigen. Bisher war es so, dass wir den formalen Hochschulzugang über das Abitur oder die Fachhochschulreife hatten. Wenn wir das weiter öffnen, dann bedeutet es, dass wir davon ein Stück weit abrücken. Ich glaube, dass wir uns grundsätzliche Gedanken darüber machen müssen, wie weit wir gehen wollen und was wir machen wollen. Ich glaube, das wäre es wert, dass wir uns darüber noch einmal unterhalten.
Ich möchte an der Stelle noch einmal sagen, genau die Zugangsvoraussetzungen, die wir jetzt in RheinlandPfalz haben, nämlich die Frage eines Eingangsgesprächs, einer Eingangsprüfung oder des Probestudiums, werden von diesem Gutachten erneut genannt und weiterhin empfohlen. Herr Kollege Kuhn, Sie haben es angedeutet, wir wollen Leute nicht einfach in die Sache hineinrennen lassen. Wir dürfen auch nicht außer Acht lassen, wir haben auch weiterhin viele Abbrecher in diesem System. Wir wollen wirklich etwas machen, was Sinn macht, was Menschen neue Perspektiven schafft und machen es nicht nur, damit wir irgendetwas gemacht haben. Dagegen bin ich auch wirklich.
Ich denke, das ist ein richtiger Ansatz. Wir wollen auch in diesen Fragen in Rheinland-Pfalz weiterkommen und bieten ausdrücklich an, dass wir mitdiskutieren, wenn ein Gesetzentwurf in dieser Legislaturperiode zum Tragen kommt. Auf jeden Fall gibt es allgemeine Zustimmung.
Als weitere Gäste im Landtag begrüße ich Mitglieder der Casino-Gesellschaft im Kreis Birkenfeld. Herzlich willkommen!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! RheinlandPfalz hat schon früh die Weichen gestellt, Übergänge zwischen beruflicher und akademischer Bildung zu schaffen, um die auf verschiedenen Wegen erworbenen Qualifikationspotenziale zu nutzen.
Als erstes Bundesland haben wir im Wintersemester 1996/1997 die Öffnung dieses Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte ermöglicht. Dabei sind wir bewusst gezielt vorgegangen. Wir haben nicht einen generellen, sondern einen fachbezogenen Zugang ermöglicht. Besonders befähigte Berufstätige können in einem Studienfach, das ihrem Ausbildungsberuf entspricht, zusätzlich eine akademische Qualifikation erwerben. Für Bewerber, die eine Meisterprüfung oder eine vergleichbare Fortbildungsprüfung mit mindestens gutem Erfolg abgelegt haben, sind diese Hürden besonders niedrig.
Auch wenn der Anteil an den Gesamtstudierenden noch gering ist, wie zitiert, so zeigt sich doch, dass dieser Weg für eine Vielzahl von Berufstätigen eine attraktive Möglichkeit der akademischen Weiterqualifikation darstellt.
Man darf auch die Sekundäreffekte nicht vergessen, dass die Option, die man prinzipiell hätte, die Attraktivität des berufsbildenden Ausbildungswegs erhöht.
Ich begrüße daher den Antrag der Fraktionen der SPD und FDP, den Hochschulzugang noch weiter zu öffnen.
Die Initiative der Fraktionen hat insbesondere die Meister im Blick. Für diese Bewerber, die bereits über große berufliche Qualifikation und Erfahrung verfügen, soll der fachbezogene Zugang noch weiter erleichtert werden.
Im Mittelpunkt der Überlegungen zu den Studienvoraussetzungen steht immer der Studienerfolg des Bewerbers. Wir würden den beruflich Qualifizierten einen Bärendienst erweisen, wenn wir ihnen den Hochschulzugang erleichtern würden, ohne davon auszugehen, dass sie ihr Studium erfolgreich abschließen können. Die Erfolge der vergangenen Jahre lassen mich jedoch glauben, dass wir es verantworten können, die Eingangshürden weiter zu verringern. Dies gilt insbesondere für die Fachhochschulen, die sich aufgrund ihres ausgeprägten Praxisbezugs als besonders interessant für die beruflich Qualifizierten erwiesen haben. Wir werden daher die bisherigen Regelungen entsprechend dem Antrag ändern, dass beruflich Qualifizierte, die die Meisterprüfung oder eine vergleichbare Prüfung bestanden haben, an Fachhochschulen unmittelbar ohne Probestudium einen Hochschulzugang erhalten.
Ich frage, warum man Gesetze ändern soll, wenn man gesetzliche Berechtigungen hat, Rechtsverordnungen zu erlassen.
(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach nein, das ist ein Satz mehr! Machen Sie sich doch nicht lächerlich!)
Ein Buch besteht aus vielen Sätzen, die aneinander gereiht worden sind. So machen wir es Schritt für Schritt, dass ein Satz dazukommt.
Für die Universitäten, deren Ausbildungsinhalte einen weniger engen Zusammenhang mit der praktischen Erfahrung der Meister aufweisen, müssen die besonders viel versprechenden Bewerber, also diejenigen, die die Meisterprüfung mit mindestens gut bestanden haben, in Zukunft auch kein Probestudium mehr absolvieren.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einen Schritt weiter gehen. Das geschieht im Hinblick auf die spezielle Situation der Betroffenen. Nach meiner Meinung sollten wir für Bewerber mit Meisterprüfung das Bachelor-Studium in BWL an Fachhochschulen durch einen generellen Zugang öffnen. Nicht wenige, die erfolgreich ihre Meisterprüfung bestanden haben, möchten ihren eigenen Betrieb führen. Das gilt insbesondere für Handwerksmeister. Dazu möchten wir diese in ihrem Beruf bereits in hohem Maß qualifizierten jungen Menschen ausdrücklich ermuntern und unterstützen. Wir werden ihnen das Angebot machen, durch dieses praxisbezogene Bachelor-Studium der Betriebswirtschaft an einer Fachhochschule in vergleichsweise kurzer Zeit eine zusätzliche kaufmännische Qualifizierung zu erwerben.
Es ist wichtig. Betriebs- und volkswirtschaftliche Elemente bilden bereits heute einen Schwerpunkt in der schulischen Meisterausbildung. Zudem sind die zukünftigen Meister im betrieblichen Umfeld täglich mit betriebswirtschaftlichen Entscheidungen konfrontiert. Das Studium der Betriebswirtschaft knüpft daran unmittelbar an.
Ich sage noch ein weiteres Wort vor allen Dingen zu den Intentionen, die Frau Thomas vorgetragen hat.
Frau Thomas, die Anrechnung von Studienleistungen ist etwas anderes als die Zulassung zum Studium. Deswegen spielt die Diskussion der Bundesinitiative in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Lassen Sie mich auf den von Ihnen eingebrachten entscheidenden Punkt eingehen. Das betrifft die inhaltliche Ausweitung. Sie bedeutet de facto, dass unter der Überschrift der Gleichwertigkeit kein Unterschied zwischen jungen Menschen mit beruflicher und allgemeiner Qualifikation gemacht werden soll. Unter der Überschrift der Gleichwertigkeit soll kein Unterschied zwischen der Fachhochschule und der Universität gemacht werden sowie zwischen den einzelnen Studiengängen. Das betrifft die dahinter stehende Intention.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses klingt wunderschön. Allerdings hat es zwei große Haken. Es ist erstens intellektuell nicht nachvollziehbar. Im
schlimmsten Fall ist es auch aus meiner Sicht unlauter. Die Konsequenzen würden zweitens aus einem solchen Verhalten nach meiner festen Überzeugung das gesamte Bildungssystem auf schwerste irritieren und gefährden. Um das deutlich zu machen, will ich zwei oder drei Punkte ansprechen.
Frau Thomas, Gleichwertigkeit ist nicht Gleichartigkeit. Wenn dieses in seiner ganzen Konsequenz mit den Inhalten der Worte nicht klar wird, kann ich es gern an Beispielen erläutern. Ein Goldbarren für 1.000 Euro ist nicht dasselbe wie Benzin für 1.000 Euro oder aber eine Bibliothek für 1.000 Euro. Wenn es im letzteren Fall gut angelegt ist, kann es mir die Welt erschließen. Im Fall des Benzins kann ich sehr lange herumfahren. Im Fall des Goldbarrens kann es schlimmstenfalls einen Nagel einschlagen.
Ich mache es noch an einem lebhaften Beispiel klar. Ich bin der festen Überzeugung, dass mein geschätzter Kollege Bauckhage und ich eine gleichwertige Grundausbildung durchlaufen haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass Herr Bauckhage sowohl kleine als auch große Brötchen besser backen kann als ich. Wenn es um eine Weiterbildung im Bereich der Ausbildung geht, die als Voraussetzung die Kenntnis des Brötchenbackens hat, muss ich noch sehr viel lernen, um auf das Niveau von Herrn Bauckhage zu kommen.
Das scheint eine Banalität zu sein. Wenn man dieses aber nicht berücksichtigt, wird es massive Auswirkungen auf das gesamte Bildungssystem haben. Das ist das eigentlich Gefährliche.
Es gibt den Konsens, dass die allgemein bildende Schulbildung über das Abitur zur Qualifikation führt, im Grundsatz also eine Basisqualifikation zu Beginn jedes Studiums ist. Insbesondere im Bereich der Oberstufe an der Schule werden bestimmte Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die nicht automatisch Bestandteil der Ausbildung, möglicherweise sogar höherwertiger Ausbildungsverfahren innerhalb dieses Bildungssystems sind. Dazu gehören zum Beispiel Fremdsprachenkenntnisse, Kenntnisse in Mathematik oder die Erfahrung mit wissenschaftlichem Arbeiten.
Sehr geehrte Frau Thomas, wenn man dieses nicht in Rechnung stellt, frage ich Sie, wie Sie in der Diskussion um die Qualität an den Schulen diese Standards durchhalten wollen. Wenn die Optionen gleich sind, würde das bedeuten, dass Schüler, die die an Schulen vermittelten Standards gelernt hätten, dieselben Möglichkeiten hätten wie jemand, der diese nachweislich nicht gelernt hat.
Es wird nicht nur Auswirkungen auf die Schule haben. Es wird dieselben deletären Auswirkungen im Hochschulbereich haben. Wenn es keine Rolle spielt, mit welchen Vorkenntnissen Menschen in die Hochschulen kommen, dann werden wir eine Entwicklung in Gang setzen, dass die Hochschulen sich nicht nur ihre Studierenden aussuchen, sondern sie Vorkenntnisse prüfen werden, weil sie sonst nicht in der Lage sind, ein ent
Frau Thomas, Sie werden das Gegenteil von dem erreichen, was Sie sonst lauthals in der allgemeinen Bildungspolitik fordern, nämlich das Einhalten und Optimieren von Standards in Schulen, und den offenen Hochschulzugang werden Sie gefährden. Ich bringe es auf einen Punkt und spreche mit einem Bild. Ich scheue mich nicht davor. Hinter Ihrer Forderung steht, dass unter dem Mantel der Gleichwertigkeit das Schulsystem mit dem Virus der Beliebigkeit infiziert wird und wir Gefahr laufen, durch Erkrankung und Qualitätsverlust massive Schäden zu bekommen.
(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und weitere Zurufe von der CDU)
Meine Damen und Herren, da der Minister die Redezeit um fünf Minuten überschritten hat, steht allen Fraktionen noch eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Frau Thomas, ich erteile Ihnen das Wort.
Meine Damen und Herren! Herr Professor Dr. Zöllner, hier spricht der Mediziner aus Ihnen. Das gilt insbesondere für die von Ihnen verwendeten Bilder. Mit den vorigen Vergleichen war ich, glaube ich, intellektuell überfordert. Das war, als Sie versucht haben, deutlich zu machen, warum man nicht den Weg beschreiten kann, den wir in unserem Antrag beschrieben haben. Sie sind es schuldig geblieben zu erläutern, warum jemand, der an einer Fachhochschule ein Bachelor-Studiengang in der Betriebswirtschaftslehre absolvieren kann, weil er die entsprechende berufliche Qualifikation mitbringt, einen solchen Studiengang nicht an einer Universität ergreifen kann.
Das ist der Punkt 1, den wir anders geregelt haben wollen. Eigentlich haben Sie mit vielen Worten ganz zum Schluss noch einmal deutlich gemacht, dass das, was Frau Kohnle-Gros angenommen hat, nämlich dass Sie sich geläutert und ihre Position geändert hätten, wenn es um den Zugang zu Hochschulen geht, doch nicht so geläutert sind.