Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, ich frage Sie deshalb: Was hat Ihnen dieses Thema, das Sie vor dem Kommunalwahlkampf in einem Zeitabstand von ungefähr vier bis fünf Monaten und in einem ähnlichen Zeitabstand vor den Bundestagswahlen in Gang gesetzt haben, bisher gebracht? Bedenken Sie dies mit einem Zeitabstand vor den nächsten Landtagswahlen.
Frau Präsidentin meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich in aller Kürze schildern, was in diesem Fall passiert ist. Es ist richtig, dass die Firma Seminis, eine Tochter von Monsanto, die sicherlich in der Agro-Gentechnik ein Globalplayer ist, Saatgut in Amerika bestellt hat, ohne zu wissen – so die Angaben der Firma –, dass es sich dabei um transgenes, also GVO-Saatgut gehandelt hat, obwohl dieses Saatgut gegen drei Virusstämme resistent ist, eine Antibiotikaresistenz besitzt und im Katalog mit B gekennzeichnet war.
Es handelt sich – Herr Billen, es ist schon wichtig, das deutlich zu machen – um ein Saatgut, das in Europa nicht zugelassen ist.
Wir haben nun einmal europäische Regeln und strenge Zulassungsbedingungen. Ich denke, dass gerade diese strenge, kaskadenförmige Sicherheitskette, die wir in Europa haben, auch dazu beiträgt, Vertrauen für die Verbraucher und Verbraucherinnen herzustellen. Wenn GVO-Pflanzen, -Saatgut oder -Produkte angeboten werden, sind sie getestet und sicher. Dieses war es in Europa nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die Landwirte, die versuchsweise dieses Saatgut im Auftrag der Firma eingesetzt und angepflanzt haben, wussten nicht, dass es sich um GVO-Pflanzen handelt. Ich kann es nicht verhehlen und sage es ganz deutlich: Auch wenn sich die Firma über eine Selbstanzeige bei den niedersächsischen Behörden und auch in BadenWürttemberg nach Entfernen der Pflanzen gemeldet hat, war das alles andere als kooperativ und entsprach nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Bestimmungen über die Informationspflicht gegenüber den Behörden.
Ich kann auch nicht behaupten, dass sich dieses Unternehmen gegenüber unseren Behörden im weiteren Verlauf kooperativ gezeigt hätte. Das Gegenteil war der Fall. Es bedurfte einer Anordnung nach § 26 Gentechnik-Gesetz, um die für uns notwendigen Informationen zu erhalten, und zwar, wo angebaut wird und mit welchen Methoden man überprüfen kann, ob noch GVOMaterial als gentechnisch verändertes Material vorhanden ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Kiltz, ich würde dennoch mit den Spekulationen nicht so weit gehen wie Sie: „Es handelt sich hier um eine Strategie der Verunreinigung.“ – Durch unseren Bericht in dem zuständigen Ausschuss – auch das gehört zur Wahrheit – wissen sie, dass über eine Qualitätssicherung der Firma Seminis in den Niederlanden dieser Fehler entdeckt worden und die Kaskade der Informationen über die deutsche Tochter in Niedersachsen gelaufen ist. Das, was Sie unterstellt haben, kann nur als spekulativ bezeichnet werden. Ich bin entschieden nicht dieser Meinung, schon gar nicht in diesem Fall.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Schaden ist eingetreten. Alle Vorredner haben darauf hingewiesen. Da die Pflanzen nicht zur Blüte kamen und es keine weitere Aussaat gegeben hat – auch eine Auskreuzung konnte ausgeschlossen werden –, bestand keine Gefahr für die Umwelt und die Gesundheit. Wir haben Tests vorgenommen – das ist berichtet worden–, die alle negativ waren.
Ich widerspreche ausdrücklich Herrn Billen. Ein möglicher materieller Schaden stand sehr wohl im Raum. Das wäre ein Schaden für die Landwirte gewesen, die nicht wussten, dass sie GVO-Saatgut und später -Pflanzen kultivieren. Die Unternehmen hatten auch Angst gehabt, dass wir dies veröffentlichen. Die Landwirte haben das Saatgut im Auftrag der Firma unwissentlich angepflanzt. Allein die Information, dass sie solche Pflanzen kultiviert oder sogar unwissentlich auf den Markt gebracht hätten, hätte einen Vertrauensverlust mit erheblichem materiellen Schaden zur Folge gehabt.
Herr Billen, es hätte Ihnen gut angestanden, gerade diesen Aspekt hervorzuheben. Wir können und dürfen auch die Landwirte in diesem Fall nicht allein lassen. Wir haben im Rahmen unserer Informationspolitik darauf Rücksicht genommen und diese nicht genannt bzw. an den Pranger gestellt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt Einzelfälle – Frau Kiltz hat zwei davon angesprochen –, die in Bayern, aber auch in anderen Bundesländern passiert sind. Uns ist ein Fall der australischen Behörden bekannt, wo Rapslieferungen einer Firma nach Japan untersucht worden sind und dabei nicht erlaubtes transgenes Saatgut festgestellt wurde. Es handelt sich nicht
1. Wir müssen die Unternehmen in die Verantwortung nehmen, durch eine konsequente betriebliche Eigenkontrolle sicherzustellen, dass es nicht zu Verunreinigungen kommt. Gerade von einem Globalplayer wie Monsanto, zu dem Seminis gehört, muss verlangt werden können, dass so etwas nicht passiert. Jeder, der Saatgut von Pflanzen von außereuropäischen Produzenten bestellt, muss sich an die deutschen und nationalen rechtlichen Bedingungen halten, und jeder, der nach Deutschland importieren will, muss diese kennen.
2. Wir werden auch in Zukunft darauf drängen, dass in jedem Fall die Unternehmen unverzüglich und in vollem Umfang eine Informationspflicht gegenüber den Untersuchungsbehörden haben. Dass dieser Vorfall einer juristischen und strafrechtlichen Bewertung unterliegt, ist angesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft in Hannover steht mit uns in Kontakt.
3. Natürlich finden staatliche Kontrollen statt. Sie sind in diesem Sicherheitskonzept ein ergänzender Baustein. Ich sage es ganz deutlich: Sie können ein betriebsinternes Management nicht ersetzen und auch die Verantwortung der Unternehmen nicht auf den Staat abwälzen. Ich sage das ausdrücklich, weil immer gefordert wird: Die Kontrollen müssen verstärkt werden. – Man glaubt, damit sei das Problem gelöst. Das wäre nicht der Fall.
Es finden Saatgutkontrollen und je nach Entwicklung oder Vertriebsweg auch Lebensmittel- oder Futtermittelkontrollen statt. Im Übrigen finden auch bei pflanzlichen Rohstoffen entsprechende Untersuchungen durch die Gewerbeaufsicht statt.
4. Gerade der aktuelle Fall – dies sage ich an die Bank der CDU – macht deutlich, dass wir wirksame Haftungsregelungen brauchen. Bei aller Diskussion über das Haftungsrecht stellt dieses eine der wenigen effizienten Druckmittel dar, um Nachlässigkeiten im Qualitätsmanagement in den Unternehmen abzustellen. Dies sollte man auch bei der anstehenden Diskussion um das Gentechnik-Gesetz II beachten.
5. Wir haben in der Europäischen Union transparente Kennzeichnungsregelungen. Dieser Fall macht jedoch deutlich, dass diese in Bezug auf den mittlerweile globalisierten Markt nicht ausreichen. Wir brauchen neben den internationalen Spielregeln zum Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen auch Standards für betriebliche und staatliche Kontrollen. Die Bundesregierung und die Europäische Kommission müssen darauf hinwirken, dass wir weltweit einheitliche Kennzeichnungsregelungen für gentechnisch veränderte Pflanzen, Saatgut oder Produkte erhalten. Die Ursache dieses Falles liegt darin, dass das Unternehmen – wenn es stimmt – nicht wusste, dass die Kennzeichnung „B“ in Amerika der Kennzeichnung „GVO“ in Europa entspricht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur wenn alle diese Bedingungen erfüllt werden, können wir die europäischen Sicherheitsstandards einhalten und die Koexistenz ermöglichen, auf die die Landwirte pochen und die in deren Interesse liegt, um eigenverantwortlich entscheiden zu können, ob sie GVO anpflanzen, konventionellen Landbau betreiben oder Bioprodukte anbieten wollen. Diese Wahlfreiheit sowie die Wahlfreiheit und die Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher können wir nur so sicherstellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist kein Fall, der dazu angetan ist, irgendeine Strategie oder eine Kampagne gegen GVO zu unterstützen. Solche Fälle sind bei weitem nicht dazu angetan, das Vertrauen in die Seriosität und die Verantwortung der Unternehmen zu stärken. Wir werden dem Nachdruck verleihen.
Herr Kollege Billen, Sie haben Drogen und Gentechnik in einen Topf geworfen. Ich sage Ihnen einmal, worin der Unterschied besteht. Sie und mich kann man auch als drogenabhängig bezeichnen. Aber der Unterschied besteht darin: Wir beide kaufen höchst persönlich unsere Zigarettenpackungen mit dem Aufdruck, was das alles anrichten kann und müssen uns jede Zigarette einzeln anstecken. Wir entscheiden über das, was wir tun und von dem wir sogar wissen, dass es schädlich ist. Der Unterschied ist, dass wir bei Verunreinigungen mit gentechnisch veränderten Organismen noch nicht einmal wissen, dass wir sie überhaupt haben, wie es diesen Landwirten gegangen ist, womit wir es zu tun haben. Wir können es noch nicht einmal selbst bestimmen. Das ist ein ganz großer Unterschied. Den sollten Sie sich merken. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Geisen, es geht uns heute nicht um diesen speziellen Einzelfall. Das ist ein Beispiel bei einem serienhaften Auftreten. Darum geht es uns. Man kann sich darüber streiten, ob das einfach ein Versagen der betrieblichen Abläufe ist oder ob das gern hingenommen wird. Es wird gern hingenommen von den Genmultis, könnte ich mir vorstellen. Man hat dann die schleichende Einführung.
Ich möchte deutlich sagen: Wir brauchen klare und strenge gesetzliche Regelungen mit entsprechenden Haftungsregelungen und eine Transparenz für Erzeugerinnen und Verbraucherinnen, das heißt auch, wir brauchen keine Verschlimmbesserung des Gentechnikgesetzes durch eine neue Bundesregierung. Das ist das Letzte, was wir brauchen.
Rheinland-Pfalz war nicht die Speerspitze eines besonders strengen Gentechnikrechts. Die SPD könnte sich jetzt noch einmal über den Bundesrat und in der großen Koalition profilieren.
Wir brauchen ferner getrennte Vermarktungs- und Verarbeitungswege, und zwar nicht auf Kosten der Bioanbauer oder der Konventionellen, sondern auf Kosten derjenigen, die GVOs in den Handel bringen wollen.
Wir brauchen weiterhin das enge Überwachungsnetz. Da ist die Lebensmittel- und Futtermittelkontrolle in diesem Land schon oft in die Kritik geraten, dort gibt es Nachbesserungsbedarf. Ich kann nur hoffen, dass das kommt.
Als letztes: Wir brauchen auch die Kennzeichnung der tierischen Produkte, Fleisch, Eier und Milch. Die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen wissen, was darin ist. Wir brauchen auch für die Erzeugerinnen und Erzeuger die Unterstützung, wenn sie gentechnikfreie Zonen anlegen wollen. Das ist nämlich der beste Schutz überhaupt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Billen, es wäre ab und zu einmal schön, wenn Sie zuhören könnten. Er hört auch jetzt nicht zu. Aber das macht nichts.
Wir waren nie gegen die Genforschung. Das hat mehrere Gründe. Wie Sie zu der Auffassung kommen, dass ich einmal sage, wir sind dafür, und dann sage, wir sind dagegen, das ist mir ein Rätsel. Wir halten die Genforschung für notwendig, um auch langfristig auf Spritzmittel verzichten zu können; denn auch diese können Allergien auslösen. Das ist nachgewiesen.
Um entsprechende Kontrollen ausführen zu können, brauchen wir die Forschung in der Gentechnik. Daran führt kein Weg vorbei. Die manchmal sehr strikte Ablehnung der GRÜNEN, liebe Frau Kollegin Kiltz, ist für uns nicht so ganz nachvollziehbar, aber ich muss dem Kollegen Dr. Geisen Recht geben, in diesem Bereich spielt sich auch sehr viel mit Panikmache ab. Darauf müssen wir achten.
Ich denke, es sind heute von verschiedenen Seiten, vor allem auch von der Ministerin, noch einmal die Forschungsmöglichkeiten und vor allen die Überwachungsmöglichkeiten dargelegt worden. Das ist im Sinn
der Verbraucherinnen und Verbraucher. Wenn die Institute uns signalisieren, dass das Feld wirklich genfrei war, dass in dem Saatboden keine Gene gefunden worden sind, dann können wir uns auch darauf verlassen. Es werden weiterhin aktuelle Untersuchungen unternommen. Bisher – ich habe das vorhin ausgeführt – gibt es keine genverseuchten Zucchini oder Gemüse in Rheinland-Pfalz.