Protokoll der Sitzung vom 30.11.2005

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Frau Abgeordnete Grützmacher hat das Wort.

Meine Damen und Herren! Es wurde deutlich, dass die Änderung des Landesaufnahmegesetzes durch das neue Zuwanderungsrecht auf Bundesebene notwendig geworden ist. Ich will noch drei Punkte anführen, um die es besonders geht.

Einmal geht es um die Umsetzung der Verteilungsregel. Diese wurde auf Wunsch der Länder eingeführt, damit es zu einer gerechten Lastenverteilung kommt. Als die geflüchteten Kosovo-Albaner hierher kamen, haben wir gesehen, dass es eine solche Regelung geben muss. Im Landesaufnahmegesetz soll für diese Personengruppe

eine angemessene Aufnahme- und Unterbringungsverpflichtung für die Kommunen sichergestellt werden. Ich finde, das ist konsequent; denn auch in Zukunft werden sicher Menschen zu uns kommen, die nicht in das Asylverfahren gehen wollen oder können. Sie nennen sie unerlaubt einreisende ausländische Personen. Wir und andere, zum Beispiel Herr Klöckner, sprechen von Kriegsflüchtlingen oder von Flüchtlingen aus Gebieten, bei denen ein Abschiebestopp besteht. Hier war eine Regelung notwendig. Ich denke, die ist in dieser Weise gut gelungen.

Die Kostenerstattungsregelung in diesem Gesetz gilt auch für den Personenkreis, der aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen aufgenommen wird. Sie wissen, das war ein lang umkämpfter Passus in dem Zuwanderungsgesetz. Das ist jetzt eine neue Aufgabe der Kommunen. Das soll nicht ohne finanzielle Unterstützung gehen. Das entspricht dem, was wir vorher gesagt haben, und dem von uns unterstützten Konnexitätsprinzip.

Als Drittes ist zu sagen, dass wir die Einrichtung eines Härtefallfonds außerhalb des Landesaufnahmegesetzes begrüßen. Damit sollen den Kommunen für die Dauer von drei Jahren Erstattungen für alle Personen geleistet werden, denen ein weiterer Aufenthalt im Härtefallverfahren gewährt worden ist. Wir hoffen, dass dadurch sichergestellt ist, dass die Kommunen im Härtefall nicht aus rein fiskalischen Gründen entscheiden.

Ich will auf das eingehen, was in diesem Gesetz umstritten ist und worauf die CDU besonders eingegangen ist. Das haben wir bei der Anhörung der Spitzenverbände bekommen. Es geht um die Kostenerstattung und deren Höhe an die Kommunen.

Meine Damen und Herren, ein wichtiges Ziel des Zuwanderungsgesetzes ist es, eine schnelle Regelung für die Menschen zu bekommen, die hier wohnen. Wenn sie hier bleiben können, dann sollen sie integriert werden. Das ist eine neue Qualität in der Ausländerpolitik. Darauf müssen sich die Kommunen erst einstellen. Wenn man diesem Ziel, dass es schnell gehen soll, gerecht werden will, dann sind sowohl die betroffenen Menschen als auch die Kommunen aufgerufen, sich in diesem Bereich besonders anzustrengen. Ich denke, die Begrenzung auf zwei Jahre ist in diesem Fall angemessen und dem Sinn des Zuwanderungsgesetzes förderlich.

Allerdings sehen wir, dass die Kommunen Unterstützung brauchen. Es ist ein sehr schwieriger Bereich, wenn man mit Menschen arbeitet, die keinen rechtmäßigen Aufenthalt hier haben und nicht zurück wollen oder können. Wir haben schon immer von der Landesregierung gefordert, den Kommunen ihr Know-how bzw. ihre Beratung zur Verfügung zu stellen, weil man das nicht bei jeder Kommune erwarten kann. Durch das von der Landesregierung vorgenommene Einrichten der Beratungsstellen ist das für die Kommunen passiert. Wir glauben, das ist eine richtige und effektive Hilfe für Kommunen, wie sie auf diesem schwierigen Feld mit diesen Personen in humanitärer Form zurechtkommen können. Ich glaube, das ist der richtige Weg, den Sie gehen. Mit diesem Unterstützungspaket für die Kommunen ist die Landes

regierung auf dem richtigen Weg. Es ist für uns schlüssig. Darum unterstützen wir den Gesetzentwurf.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und FDP)

Das Wort hat Herr Staatsminister Bruch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu den Beiträgen will ich fünf Bemerkungen machen, weil ich auf drei angesprochen worden bin.

Herr Abgeordneter Lammert, ich frage mich, wie Sie den Gesetzentwurf verstanden haben.

(Zurufe von der SPD: Gar nicht! – Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er hat ihn nicht gelesen!)

Wir haben als Grundlage das Zuwanderungsgesetz, das Aufenthaltsgesetz. Aufgrund dieser Grundlage haben wir Überlegungen angestellt.

Sie und ich kommen aus dem Rhein-Lahn-Kreis. Im Rhein-Lahn-Kreis haben wir vor über sieben Jahren etwas geboren, was wir jetzt nachgearbeitet haben. Das war die Frage, wie wir mit Menschen umgehen, die nicht hier bleiben können. Diese wird es weiter geben. Ich rede vom Rhein-Lahn-Kreis. Ich war damals Kreistagsfraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten. Wir haben gesagt, wir müssen eine Beratung haben. Wir müssen Leute mitnehmen bzw. vorbereiten können, damit sie nachts nicht Überlegungen anstellen, reiße ich das Kind aus dem Bett und bringe es zum Flieger. So etwas haben wir dort eingeführt.

(Beifall bei der SPD)

Im Jahr 2004 gab es im Erbacher Hof eine Tagung, eingeladen von der katholischen Kirche und den Flüchtlingsverbänden. Frau Grützmacher und ich waren dort. Dieses Modell wurde vorgetragen und von allen Ausländerbehörden begrüßt. Es wurde auch von den Kirchen begrüßt. Wir haben die Möglichkeit, dies umzusetzen. Wir setzen das um. Wir müssen schauen, ob wir die Kommunen belasten.

Die Modellrechnungen habe ich alle gesehen. Ich warte in Ruhe ab, bis das erste Jahr vorbei ist und schaue mir dann die Rechnungen an. Wenn Sie sich die Rechnungen anschauen, dann sehen Sie sehr Undifferenziertes. Es gibt Behörden, die kommen mit einer Pauschale von etwa 220 Euro aus. Es gibt Behörden, die kommen nicht mit 500 Euro aus. Ich frage mich als derjenige, der das Geld geben muss, als Land, ob das richtig ist. Was wird da gemacht? Das war die eine Überlegung.

Die zweite Überlegung war folgende: Wenn wir das Zuwanderungs- bzw. Aufenthaltsgesetz haben, dann müssen wir uns darum kümmern, dass Integration für

diejenigen stattfinden kann, die abgelehnt sind und eine gewisse Zeit bleiben. Integration soll stattfinden. Wo findet sie statt? Sie findet nicht hier, sondern in den Kommunen statt. Wir müssen die Kommunen entsprechend stärken. Das haben wir getan. Wir haben gesagt, 5 Millionen Euro stellen wir für die Rückkehrhilfe der Kommunen zur Verfügung. Das halte ich für ein ideologisches, christliches und gutes Verständnis. Das nehme ich für mich in Anspruch.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich sehe, dass die Kommunen bei der Geschichte Hilfe brauchen. Deshalb haben wir das Diakonische Werk mit einer Ausschreibung hineingenommen, die die Rückkehrhilfe für die Kommunen formuliert, die möglicherweise nicht in der Lage sind, es für sich selbst zu machen. Darauf sind Sie gar nicht eingegangen. Sie sehen offensichtlich nur die Fragen der Kosten.

Ich sage Ihnen noch etwas zu den Kosten. Bisher haben die Kommunen die Kosten für die Menschen getragen, die nicht im Asylverfahren waren. Diese gab es auch. Das sind Menschen, die verschleppt worden sind, die in der Sozialhilfe oder sonst irgendwo waren. Diese nehmen wir jetzt mit auf. Wir haben sehr genau geprüft, ob die Konnexität zieht. Das ist meine dritte Bemerkung. Ich bin der Meinung, ich kann mich hier nicht hinstellen und mit Parlamenten über Konnexität reden und gleichzeitig ein Gesetz begründen, das nicht die Konnexität beinhaltet.

Dies beinhaltet die Konnexität. In einem Punkt müssen wir reden, vielleicht in einem Jahr, vielleicht in eineinhalb Jahren, nämlich die Frage: Wie sieht die Kostenbelastung der Kommunen wirklich aus? – Dann bin ich auch so frei zu sagen, dann steuern wir bitte schön nach, soweit uns der Landesgesetzgeber die Möglichkeiten an die Hand gibt. Insoweit bin ich mit diesem Gesetz sehr zufrieden.

Lieber Herr Abgeordneter Klöckner, von daher gesehen bedanke ich mich für den Dank. Ich bedanke mich auch für die Fraktionen, die uns tragen. Es sind heute drei. Das kommt auch nicht immer vor. Bei dem Dank habe ich mich erst einmal zurückgelehnt und habe mit Billy Wilder gefragt: Habe ich das eigentlich verdient? – Dann habe ich mir das überlegt und gesagt: Ja, das Innenministerium hat es verdient.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf – Drucksache 14/4204 – in zweiter Beratung. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe!

(Schweitzer, SPD: Die haben es immer noch nicht kapiert!)

Enthaltungen?

Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer in der Schlussabstimmung dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Danke. Die Gegenprobe! – Enthaltungen? –

Dann ist der Gesetzentwurf auch in der Schlussabstimmung mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung:

Landesgesetz zur Einführung der kommunalen Doppik (KomDoppikLG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/4674 – Erste Beratung

Die Fraktionen haben eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart. Das Wort hat Herr Staatsminister Bruch.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Drucksache 14/4674 bringt die Landesregierung ein Gesetz ein, das die Kommunen in weitesten Teilen dazu veranlassen wird, ihr Haushaltsbuch neu zu schreiben, und zwar in der Zeit zwischen 2007 und 2009 die Einführung der kommunalen Doppik.

Ich will an die Reform der Kommunalverwaltung bei uns erinnern und an die Diskussion, die es seit dieser Zeit über die Frage gab: Haben wir uns im kommunalen Haushaltsrecht eigentlich richtig aufgestellt? – Es gab Schlagworte wie „Neues Steuerungsmodell“, „new public management“ und Ähnliches mehr. Sie können sich daran erinnern.

Wir haben im Mai 1994 zum ersten Mal hier im Parlament über diese Sache geredet und damals vom Innenministerium aus zugesagt, dass wir dort Unterstützung leisten werden.

Im November 2003 gab es die ersten Vorberatungen, die fertig waren. Die Innenministerkonferenz hat sich mehrmals mit diesem Problem beschäftigt. Natürlich war die Doppik bundesweit an die Gesetze und an die Vorgaben des Landesgesetzgebers anzugleichen. Von daher gesehen besteht die Reform bei uns aus zwei Teilen, zum Ersten die Gemeindeordnung in dem Gesetzentwurf – sie wird durch den Landtag beschlossen – und zum Zweiten die Gemeindehaushaltsverordnung, die durch das Innenministerium und das Finanzministerium vorgelegt werden wird.

Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden und der kommunalen Praxis mit dem Projekt „Kommunale Doppik in Rheinland-Pfalz“. Am 20. Dezember wird eine erste Gemeinde, die dort beispielhaft vorangegangen ist, in der Verbandsgemeinde Loreley die erste kommunale Doppik vorstellen. In diesem

Projekt sind folgende wesentliche Erkenntnisse eingeflossen: Wir brauchen im neuen Gemeindehaushaltsrecht einen Ergebnishaushalt. Wir brauchen eine Ergebnisrechnung. Sie erinnern sich vielleicht an die Eigenbetriebe, wo es ähnliche Überlegungen gibt. Von daher gesehen ist das für diejenigen, die fachlich in diesem Thema sind, eigentlich nichts besonders Neues.

Im Finanzhaushalt und der Finanzrechnung muss dies so vorgelegt werden. Wir brauchen eine kommunale Bilanz. Wir haben nicht eine kommunale Planung in der Bilanz vorgesehen. Die Ergebnisrechnung entspricht der kaufmännischen Gewinn- und Verlustrechnung, also der berühmten GuV, die einige aus ihren entsprechenden Tochtergesellschaften kennen. Der Finanzhaushalt und die Finanzrechnung beinhalten alle Einzahlungen und Auszahlungen. Die Bilanz weist Vermögen, Schulden, Eigenkapital einer Gemeinde vollständig aus. Die Gemeinden sollen auch einen Gesamtabschluss, eine Konzernbilanz, erstellen.

Wir haben lange über die Umsetzung dieses Rechts geredet, auch auf der Bundesebene, weil es natürlich unterschiedliche Strukturen gibt. Wir sind sehr klein strukturiert. Mit 2.400 selbstständigen Gemeinden ist das bei uns ein anderes Problem als in NordrheinWestfalen mit 35.000 Gemeinden oder mit Großgemeinden in anderen Ländern. Von daher gesehen haben wir gesagt, wir wollen die Umsetzung des neuen Rechts durchaus mit einem Zielbereich formulieren, das heißt, bis 2009. Sie erinnern sich, neue Räte, neues Haushaltsrecht.

(Vizepräsidentin Frau Grützmacher übernimmt den Vorsitz)

Wesentliche Änderungen im Gemeindehaushaltsrecht in kurzen Worten: Produktorientierung, Kontenform, Information über Leistung und Fallzahlen im Haushalt, vollständige Erfassung und Bewertung des Vermögens, Unterstützung der Kosten- und Leistungsrechnung, bisherige Übersichten und Anlagen zum Haushaltsplan bleiben im Prinzip allerdings erhalten, und ein Gesamtabschluss.

Weitere Änderungen werden sein notwendige Änderungen, redaktionelle Anpassung, zum Beispiel wegen dem Lebenspartnerschaftsgesetz, Änderungen im Landesfinanzausgleichsgesetz, Rechnungshof, Insolvenzordnung und Ähnliches mehr.

Verwendung von Fraktionsmitteln: Wir sind zum ersten Mal auf die Fraktionsmittel hier expressis verbis eingegangen, damit dort auch Klarheit ist, dass dies dazugehört zur politischen Arbeit in den Kommunen, und wir wollen die stärkere interkommunale Zusammenarbeit.