Protokoll der Sitzung vom 01.12.2005

2. Wie erklärt sich die Landesregierung die Fehleinschätzung des Verfassungsschutzes?

3. Ist es zutreffend, dass es enge Verbindungen zur NPD gibt bzw. dass die NPD die Gründung der Nazikameradschaft begleitet hat?

4. Ist es zutreffend, dass der Verfassungsschutz Informanten bei der NPD hat bzw. hatte, wie jüngst im saarländischen Schiedsgerichtsverfahren gegen den rheinland-pfälzischen Landesvorsitzenden der NPD, Herrn Marx, erklärt wurde?

Es antwortet Herr Innenminister Bruch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Friedel Grützmacher beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2: Grundlage für die Berichterstattung über die Kameradschaft Westerwald im Verfassungsschutzbericht 2004 war die Erkenntnislage des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes für den Berichtszeitraum, der meistens zurückliegend ist.

Die langwierigen und schwierigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Kriminaldirektion Koblenz gegen Angehörige der Kameradschaft Westerwald wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, schweren Landfriedensbruch usw., die zur Erhebung der Anklage gegen insgesamt 16 Tatverdächtige zur Staatsschutzkammer des Landgerichts Koblenz führten, dauerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts noch an.

Zu Frage 3: Wie sich aus dem rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzbericht 2004 ergibt, waren Verbindungen der Kameradschaft Westerwald zur NPD im Jahr 2004 im Zusammenhang mit dem von der NPD im September 2004 verabschiedeten Forderungskatalog für ein nationales Bündnis – Resolution von Remagen genannt – bekannt geworden. Die Kameradschaft war darin als Unterstützerin aufgeführt. Im Übrigen bleiben dazu die weiteren Feststellungen des Landgerichts Koblenz im laufenden Verfahren abzuwarten.

Zu Frage 4: Die Landesregierung äußert sich grundsätzlich nicht öffentlich zu Vertrauensleuten der Sicherheitsbehörden.

(Pörksen, SPD: Sehr vernünftig!)

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Grützmacher.

Herr Bruch – – –

(Pörksen, SPD: Herr Minister!)

Herr Minister Bruch, gut.

(Pörksen, SPD: Danke!)

Herr Minister Bruch, seit wann ist es so, dass die Landesregierung sich nicht öffentlich zu solchen Fragen äußert, obwohl sie schon seit längerem in der Öffentlichkeit bekannt sind?

(Pörksen, SPD: Das ist doch üblich!)

Sie beziehen sich auf Ihre Frage 4?

Ja.

Wir haben uns noch nie öffentlich zu sicherheitsrelevanten Mitgliedern, die wir irgendwo als Informanten haben, geäußert.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Grützmacher.

Dann meine weitere Frage: Ist es richtig, was in den „Antifaschistischen Nachrichten“ veröffentlich wurde, dass der Vorsitzende des NPD-Landesverbands Rheinland-Pfalz, Herr Marx, einen Spitzel in seiner Organisation geduldet haben soll? Die Quelle ist Herr Jürgen Schwab, der sich auf den Landesvorsitzenden Laus beruft.

Das ist genau das, was ich in meiner vierten Frage gefragt habe. Es ist öffentlich geworden, dass ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes im NPD-Landesverband geduldet worden sein soll. Ich frage die Landesregierung: Stimmt diese Veröffentlichung oder nicht?

Die Spitzen von solchen Parteien, die beobachtet werden, behaupten immer, es gebe Spitzel in ihren Reihen.

Ja oder nein? Ich habe eine Frage gestellt.

Ich habe dazu geantwortet, liebe Frau Grützmacher.

(Schwarz, SPD: Lassen Sie es doch so! Das ist doch in Ordnung!)

Frau Grützmacher, haben Sie noch eine Frage?

Nein.

Weitere Fragen sehe ich nicht.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch, eine Frage habe ich noch!)

Bitte schön.

Seit wann ist dem Verfassungsschutz bekannt, dass es sich bei der Kameradschaft Westerwald um eine kriminelle Vereinigung handelt?

Seitdem die Polizei entsprechende Ermittlungen führt.

Können Sie das zeitlich festmachen?

Da bin ich überfragt. Da müsste ich nachschauen.

Danke.

Keine weiteren Fragen, die Mündliche Anfrage ist beantwortet. (Beifall der SPD und der FDP)

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gerd Schreiner (CDU), Aktivitäten der „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e. V.“ – Nummer 4 der Drucksache 14/4718 – betreffend, auf.

Bitte, Herr Abgeordneter Schreiner.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die bisherigen und aktuellen Aktivitäten der Gruppierung Milli Görüs landesweit sowie speziell für Mainz?

2. Über wie viele Aktivisten und Sympathisanten verfügt Milli Görüs in Mainz,

(Zuruf von der SPD: 600!)

3. wie viele sind es in anderen Städten und landesweit?

4. Mit welcher Begründung lehnten rheinlandpfälzische Gerichte bislang sämtliche von Milli Görüs betriebenen Gerichtsverfahren zum Beispiel gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz oder gegen die Ablehnung der Einbürgerung ab?

Es antwortet Herr Innenminister Bruch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gerd Schreiner beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die islamische Gemeinschaft Milli Görüs ist die mitgliederstärkste islamistische Organisation sowohl in der Bundesrepublik als auch in Rheinland-Pfalz. Es handelt sich dabei um einen zentralistisch strukturierten Dachverband, dessen Bewertung durch die Sicherheitsbehörden grundsätzlich auch für den IGMG-Verein – das ist die Abkürzung – in Mainz zutrifft.

Die IGMG vertritt ein Gesellschaftsmodell, das letztlich eine einheitlich religiös formierte Gesellschaft zum Ziel hat und so die Entstehung und Ausbreitung des islamistischen Milieus in Deutschland fordert. Die Wahrnehmung und Darstellung der Weltpolitik durch die IGMG erfolgt weitestgehend aus der Perspektive der Religionszugehörigkeit und geht mit einer polarisierten Lagerbildung einher: auf der einen Seite die als Opfer wahrgenommenen Muslime, auf der anderen Seite die als Täter bezeichneten Nichtmuslime.

Zugleich macht sie geltend – das ist deswegen wichtig, weil darauf noch einmal zurückzukommen ist –, auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu stehen und ihre Mitglieder in die deutsche Zivilgesellschaft zu integrieren. Die Erkenntnisse der Sicherheits