Protokoll der Sitzung vom 19.01.2006

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Herr Kollege Wirz, da bin ich mit Ihnen völlig einig.

Das Statistische Landesamt schreibt über die langfristige Betrachtung bei der Zahl der Erwerbstätigen.

(Frau Thelen, CDU: Ach nein, wie peinlich!)

Das ist Ihnen peinlich. Ich glaube, dass es Ihnen peinlich ist. Ich werde Ihnen gleich sagen, warum es Ihnen peinlich sein muss vor dem Hintergrund dessen, was Sie erzählen.

(Zuruf der Abg. Frau Thelen, CDU)

Die langfristige Betrachtung seit 1991 zeigt einen überdurchschnittlichen Anstieg der Erwerbstätigkeit in Rheinland-Pfalz. Hierzulande lag die Zahl der Erwerbstätigen 2005 um 6,3 %, das sind gut 105.000 über dem Niveau von 1991.

(Pörksen, SPD: Aber sehr peinlich!)

Während in den alten Bundesländern ohne Berlin ein Anstieg um 4,9 % zu verzeichnen war, lag in ganz Deutschland die Zahl der Erwerbstätigen 2005 fast auf dem Niveau von 1991, in Rheinland-Pfalz plus 6,3 %, 105.000 Menschen, die zusätzlich eine Erwerbstätigkeit aufgenommen haben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich finde nichts Peinliches daran.

Ich bin der letzte, der behaupten würde, das alles sind 105.000 Arbeitsplätze, die der Bauckhage, der Beck oder wer auch immer geschaffen hat. Nein, das ist nicht so.

Meine Damen und Herren, aber in diesem Zeitraum von 1991 an hatten wir in Rheinland-Pfalz die gleichen Strukturherausforderungen zu bestehen wie andere Bundesländer auch, plus 100.000 Arbeitsplätze, die im Bereich der Militärs verloren gegangen sind, 560, 570 militärische Liegenschaften, die brachgefallen waren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich erinnere mich an Debatten, als ich hier in meiner ersten Regierungserklärung meine Politik im Hinblick auf Konversion vorgestellt habe, was von der Union kam: Ein Totalverriss, der Hinweis, ich solle einen Staatssekretär schaffen, der damit beauftragt wird. – Das war Ihr Rezept von damals.

Wenn wir nicht gehandelt hätten, dann wäre in Kaiserslautern der PRE-Park nicht vorhanden. Dann wäre noch die verfallene Kaserne da, die wir vorgefunden haben, Ich nenne die Husterhöhe in Pirmasens. In Bitburg hat sich die Einwohnerzahl nicht zuletzt dadurch, dass wir die Konversionspolitik gemacht haben, verdoppelt. In Koblenz hätten wir in der Stadt x leere Kasernen und nicht eine Tophochschule in der Kaserne. Soll ich die Beispiele weiter fortsetzen? Das ist die Realität. Jeder dieser Schritte.

(Beifall der SPD und der FDP – Wirz, CDU: Das waren Sie doch nicht!)

Wer denn sonst? Sagen Sie bloß, Sie haben den Hahn entwickelt.

(Zurufe von der CDU)

Ich habe den Hahn nicht genannt. Aber ich hätte es tun sollen. Es ist ein Topbeispiel für unsere Konversionspolitik. Das ist überhaupt keine Frage.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich sage doch überhaupt nicht, dass wir das allein gemacht haben. Gott sei Dank haben die Kommunen mitgezogen.

(Frau Thelen, CDU, meldet sich zu einer Kurzintervention)

Jetzt sind Sie aufgeregt, Frau Thelen.

(Frau Thelen, CDU: Ganz gelassen!)

Es sieht so aus. Das ist schrecklich.

Ich sage doch gar nicht, wir haben es allein gemacht. Es wäre dumm, es zu sagen. Wir brauchen die Menschen. Wir brauchen unternehmerischen Mut, um an solche Standorte zu gehen.

Wenn sich an einem solchen Standort teilweise mehrere Unternehmen ansiedeln, dann hat das auch etwas damit zu tun, dass unsere Politik schon aus einem Ganzen besteht, aus einem Guss daherkommt.

Ich nehme an, das haben Sie auch schon konzipiert gehabt.

Es ist dem Kollegen Zöllner zu verdanken und sonst niemanden, dass wir dort zwischenzeitlich ein weiteres Max-Planck-Institut, zwei Fraunhofer-Institute, das Institut für künstliche Intelligenz zusammen mit der Universität, den beiden Fachhochschulen und auch der Meisterschule, die ich in dem Zusammenhang ganz hoch einschätze, auf der Grundlage einer gut entwickelten Infra

struktur haben. Das ist eine Basis hierfür, um bei diesem Beispielraum Kaiserslautern zu bleiben.

Zu der Stadt selbst könnte man auch Siegelbach und vieles andere hinzuzählen. Dort entsteht etwas, was nach meinen Hoffnungen, nach meinen Erwartungen und nach meiner Einschätzung in zehn Jahren zu den führenden Regionen in Europa gehört. Wenn das alles stimmt, was wir über Cluster-Bildungen und die äußeren Bedingungen wissen, die man braucht, um erfolgreich Teilregionen zu entwickeln, dann ist dort alles vorhanden. Dafür brauchen wir sehr viele Menschen mit unendlich viel Engagement und Tatkraft.

Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich die herzliche Bitte habe, bei all dem, was zum Wahlkampf gehört, dass man kritisiert usw. – – – Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass manches, was Sie an Kritik geäußert haben, uns angespornt hat voranzugehen. Das ist überhaupt keine Frage. Das muss auch so sein.

Wir sollten es aber nicht so herunterreden, wie Sie es getan haben, sodass man den Eindruck hat, man müsste das Gegenteil von dem machen, was Unabhängige über dieses Land sagen und schreiben. Dieses Land ist erfolgreich. Es ist äußerst erfolgreich. Unsere Vorgänger haben vieles geleistet, was ich ausdrücklich unterstreiche. Dieses Land kommt von einer Basis her, von der aus niemand diesem Land auch nur den Hauch einer Chance gegeben hätte. Aber das, was in den 15 Jahren unserer Verantwortung hinzugefügt worden ist, lasse ich mir nicht kaputtreden, genauso wenig, wie ich das Frühere schlechtrede. Das wollte ich deutlich machen, meine Damen und Herren.

(Anhaltend starker Beifall der SPD und der FDP)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Thelen zu einer Kurzintervention.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Bauckhage, nachdem der Ministerpräsident Ihre Regierungserklärung umfänglich ergänzt hat, muss ich feststellen, dass die rosarote Brille, die sich diese Landesregierung aufzieht, noch sehr viel dicker ist, als ich es mir hätte jemals vorstellen können.

(Beifall bei der CDU – Vizepräsidentin Frau Grützmacher übernimmt den Vorsitz)

Sie haben das anhand von Zahlen belegt, die eigentlich peinlich sind. Dass Sie das nicht erkennen, fasziniert mich schon fast. Sie haben zu Recht festgestellt, dass das Land durchaus überdurchschnittliche Steigerungen bei der Zahl der Erwerbstätigen im Bundesvergleich zu verzeichnen hat. Das ist richtig. Was bedeutet das aber? Wer ist denn erwerbstätig nach dieser Statistik der Arbeitsagentur? Meine Damen und Herren, jeder, der eine

Stunde arbeiten kann, also selbst unsere 1-Euro-Jobber nach Hartz IV, taucht in der Rechnung der Zahl der Erwerbstätigen auf.

(Lewentz, SPD: Gilt das nicht für andere Bundesländer?)

Darunter fallen die geringfügig Beschäftigten, die mithelfenden Familienangehörigen beispielsweise in der Landwirtschaft.

(Unruhe im Hause)

Es ist also eine sehr umfängliche Zahl. Meine Damen und Herren, hören Sie doch zu. Das hilft Ihnen vielleicht bei der Erkenntnisfindung.

(Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Diese Zahl und die Steigerung dieser Zahl sagen überhaupt nichts aus – – –

(Unruhe im Hause)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.

Ich weiß, dass Ihnen das nicht angenehm ist. Sie sollten aber so viel Disziplin aufbringen, es zumindest zu ertragen. Auch dafür sind die Diäten da, meine Damen und Herren.

Diese Zahl sagt nichts aus über die wirtschaftliche Dynamik unseres Landes. Sie sagt etwas darüber aus, dass unsere Arbeitsgemeinschaften gut gearbeitet haben und viele Menschen in 1-Euro-Jobs gebracht worden sind. Fakt ist Folgender: Ausgehend von einem niedrigen Niveau ist eine hohe Steigerungsrate einfach zu erarbeiten. Ein Beispiel für diejenigen, die sich mit der Prozentrechnung schwer tun: Gab es im vergangenen Monat einen Erwerbstätigen und in diesem Monat zwei Erwerbstätige, dann entspricht dies einer 100%igen Steigerung.

Der nächste Fakt bezieht sich auf die letzte Zahl, die ich ermitteln konnte im Vergleich der Bundesländer, umgerechnet auf 1.000 Einwohner: Im Jahr 2004 landete Rheinland-Pfalz mit insgesamt 431 Erwerbstätigen pro 1.000 Einwohner auf dem letzten – ich betone: auf dem letzten – Platz im Vergleich der alten Bundesländer.

(Ministerpräsident Beck: Warum nicht auf dem allerletzten?)