Protokoll der Sitzung vom 19.01.2006

Herr Ministerpräsident, die Landesstraßen wurden über viele Jahre, vernachlässigt. Der Investitionsstau beträgt über 500 Millionen Euro. Die Investitionen in die Landesstraßen werden derzeit zu 100 % aus Krediten finanziert. Es stehen keine Steuermittel mehr für die Landesstraßen zur Verfügung. Bei wichtigen Projekten im Land findet die Landesregierung, vor allem die Landes-SPD, keine einmütige Haltung, beispielsweise der vierspurige Ausbau der B 10, Anschluss an die elsässische Autobahn ab Lauterburg, Moselaufstieg bei Trier. Ohne klare

Position eines Landes wird der Bund solche Straßen nicht bauen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme damit zu dem Bereich „Wissenschaft und Forschung“. Wissenschaft, Forschung und Entwicklung bestimmen die Arbeitsplätze von morgen. Herr Minister Bauckhage, ich bin mit Ihnen vollkommen einig in Ihrer Aussage. Länder wie Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen sind dafür gute Beispiele. Sie weisen besonders hohe Anstrengungen für die Wissenschaft auf. Rheinland-Pfalz gehört zu den weit abgeschlagenen Schlusslichtern in Deutschland. Mit 68 Euro und 86 Cent je Einwohner in Rheinland-Pfalz gibt es nur noch in Brandenburg und Schleswig-Holstein niedrigere Ausgaben der Länder für Forschung und Entwicklung.

Unsere Hochschulen sind unterfinanziert. Das kann nur zulasten ihrer Leistungsfähigkeit gehen. Dabei haben wir seit den 80er-Jahren zum Beispiel im Umfeld der TU Kaiserslautern die Erfahrung gemacht, wie segensreich sich eine profilierte und leistungsfähige Hochschule auf die regionale Wirtschaftsstruktur auswirkt. Das Land verspielt solche Ansätze, wenn das Engagement für Forschung und Entwicklung auf so niedrigem Niveau verharrt. Das ist eines der krassesten Beispiele für falsche Prioritäten einer Landespolitik, meine Damen und Herren.

Ich komme zu dem Thema „Bildungspolitik“. Bildungspolitik ist die beste Wirtschaftspolitik. Die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern in RheinlandPfalz konnte es nicht deutlicher sagen. Eine Bildungspolitik, die junge Menschen entlang ihres Potenzials ohne Konsequenz auf qualifizierte Tätigkeiten in der Arbeitswelt vorbereitet und aus der Sicht der Wirtschaft entwicklungsfähige Fach- und Führungskräfte zur Verfügung stellt, ist letzten Endes die beste Wirtschaftspolitik. Das muss ein zentraler Punkt unserer Überlegungen sein, meine Damen und Herren. Die politischen Aufgabenfelder sind vernetzt. Es gibt keine gute Wirtschaftspolitik ohne gute Schulen oder Hochschulen.

(Beifall bei der CDU)

Umso schwerer wiegt, was die Industrie- und Handelskammern zum Stand der Bildungspolitik in RheinlandPfalz zu sagen haben. Leider zeigt auch der jüngste PISA-Ländervergleich, dass Rheinland-Pfalz bezüglich des Leistungsniveaus seiner Schüler in wichtigen Grundlagenfächern und Qualifikationen noch nicht einmal zur Spitzengruppe der Bundesländer gehört. Die Erfahrungen der Ausbildungsbetriebe bestätigen das seit mehr als zehn Jahren konsequent. Dies ist ein mehr als eindeutiges Urteil, meine Damen und Herren. Es wird bestätigt, durch den Bildungsmonitor 2005 der Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“, wie die Qualität des rheinland-pfälzischen Bildungswesens im Vergleich der Länder beurteilt wird. Das kann man nur als verheerend empfinden und auch so nennen.

In allen Bewertungskriterien von der Grundschule bis zur Hochschule gehört unser Land zu den Schlusslichtern. Hier baut sich zusammen mit der großen Schwäche bei Forschung und Entwicklung der nun wirklich bedrohli

chen Haushaltslage eine Hypothek für die Zukunft auf, an der wir nun endlich mit allen Kräften arbeiten müssen. Das ist weitaus wichtiger als alle die vielen direkten Unternehmenssubventionen in zahlreichen Programmen mit schönen Namen, die alle ihren guten Zweck haben mögen. Aber was nützt es, einen Truck mit Treibstoff zu betanken, wenn es keine guten Fahrer gibt. Das Politikfeld der Wirtschaftspolitik kann nur funktionieren, wenn der Schlüsselbereich Bildung auch stimmt.

Wir wollen einen schlanken Staat, weil wir der Auffassung sind, dass ein schlanker Staat Initiative und Energie entfesselt. Klare und unkomplizierte Gesetze und eine effektive Verwaltung mit straffer Gliederung und eindeutigen Kompetenzen gehören zu den wichtigen Standortbedingungen für eine erfolgreiche Wirtschaftsregion. Die Zerschlagung der regional zuständigen Bezirksregierungen war einer der kapitalen Fehler dieser Landesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Dem stehen viele unsystematische Einzelschritte zur Seite. Ein konsequentes Konzept ist leider nur schwer erkennbar. Es ist schon sehr bemerkenswert, dass die Landesregierung in ihrer am Dienstag vorgelegten Bilanz ausgerechnet das Bürgerbüro des Ministerpräsidenten, das nichts anderes als ein PR-Instrument ist, zu einem Beispiel für Verwaltungsmodernisierung hochstilisiert, Herr Ministerpräsident. Wenn dies das Niveau ist, wo sich Verwaltungsmodernisierung dieser Regierung abspielt, dann tut es mir wirklich leid, Herr Ministerpräsident. (Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Eine der entscheidenden Deregulierungen wäre – dabei muss man bleiben – eine wirklich umfassende Vereinfachung unseres Steuersystems. Es ist wirklich sehr zu bedauern, dass dies in einer großen Koalition noch schwieriger ist, weil die SPD offensichtlich überhaupt keinen Zugang zu diesem Thema hat. Das gilt auch für die SPD Rheinland-Pfalz. Deshalb sind von dieser Landesregierung auch keinerlei Initiativen mehr zu erwarten – im Gegenteil. Der SPD-Landesvorsitzende hat erst kürzlich die gemeinsamen Pläne von Union und FDP vor der Bundestagswahl geradezu als finstersten Kapitalismus beschimpft.

(Glocke des Präsidenten)

Dabei geht es um eine Reform, die eine der größten Entbürokratisierungen möglich machen kann und die zugleich unendlich mehr soziale Gerechtigkeit garantiert als der heutige Zustand, den wir haben.

Ich muss leider schließen. Wir werden bei Gelegenheit noch einmal auf das Thema zurückkommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Mohr das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wirz, ich kann verstehen, dass die CDU-Opposition mit dem externen Lob, das wir von vielen Seiten für unsere gute Wirtschaftspolitik erfahren haben, nicht so recht leben kann. Ich kann aber nicht verstehen, dass der Oppositionsführer, Christoph Böhr, sich noch nicht einmal eine Minute nimmt, um sich dieses Wirtschaftsthemas der Regierungserklärung anzunehmen, diese anzuhören.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Das stimmt mich doch schon etwas traurig.

Herr Wirz, was Sie gemacht haben, war Rosinenpickerei. Sie haben sich einzelne Dinge herausgenommen, einzelne Ergebnisse analysiert, um insgesamt diese Wirtschaftspolitik schlechtzureden. Ich meine aber, Sie kommen damit nicht durch. Wir alle wissen, RheinlandPfalz hat eine starke Wirtschaft, und Rheinland-Pfalz hat leistungsstarke Unternehmen. Das ist eine durchaus seriöse Einschätzung. Mit Recht können wir auf unsere Erfolge im Wirtschaftsbereich stolz sein, Herr Wirz.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen uns auf diesen Erfolgen gar nicht ausruhen, sondern wir wollen sie sichern, um darauf aufbauend eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik zu machen.

Eine Landesregierung kann in die Privatwirtschaft nicht hineinbefehlen. Das wissen wir alle. Dennoch kann sie über Rahmenbedingungen, die sie setzt, für ein unternehmens- und gründerfreundliches Klima sorgen. Das haben wir getan. Das bekommen wir von neutralen Stellen bestätigt. Ich meine, die Verleihung des Preises des deutschen Mittelstands an den Vertreter der Landesregierung, Ministerpräsident Kurt Beck, im Sommer dieses Jahres sagt doch einiges aus. Die Betroffenen, die Zielgruppe der deutschen Unternehmer, hat Rheinland-Pfalz, hat den Ministerpräsidenten wegen dieser außergewöhnlichen Wirtschaftsleistung auserkoren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das spricht für sich und sagt mehr aus, als Sie gesagt haben, Herr Wirz.

(Ministerpräsident Beck: Was wahr ist, ist wahr!)

Man muss wirklich sagen: Was wahr ist, ist wahr, ob die Opposition das hören will oder nicht. Die Koalitionsregierung aus SPD und FDP steht weit über die Grenzen hinaus für eine gute und erfolgreiche Wirtschaftspolitik.

(Zurufe von der SPD – Zurufe von der CDU – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Ruhe.

Meine Damen und Herren, das Rückgrat unserer rheinland-pfälzischen Wirtschaft bilden die rund 150.000 mittelständischen Betriebe aus allen Branchen. Sie tragen entscheidend zur wirtschaftlichen Stabilität sowie zur Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen bei.

Sie sorgen – das ist eine ganz wichtige Aussage – besonders in den ländlich geprägten Regionen für gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen. Immerhin haben zehn Landkreise im Land weniger als 150 Einwohner pro Quadratkilometer.

Diesen Betrieben muss gerade aus diesem Grund auch unsere Aufmerksamkeit und, wenn es notwendig ist, auch unsere Förderung gelten.

Wir stellen uns auch aktiv dem Prozess des wirtschaftlichen Strukturwandels in der jetzigen Zeit und unterstützen die Kammern und Institutionen darin, die Betriebe zu beraten und zu begleiten auf ihrem Weg zur Internationalisierung der Wirtschaft. Es gibt dazu die Broschüre „Going International“. Wir unterstützen auch die Kammern und Institute bei der Beratung der Betriebe zum Wandel zu höherwertigeren Dienstleistungen.

Da liegen unsere Zukunftschancen. Wir stellen uns gut auf im Bereich der IT-Branche, im Bereich der neuen Technologien, ob um die Universität Kaiserslautern herum oder um die FHs und FUs in unserem Land.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, bereits seit den 90er-Jahren haben wir die Herausforderungen, die sich aufgrund der weltpolitischen Veränderungen – das wissen wir alle – aufgedrängt haben, sehr erfolgreich bewältigt. Das Ganze läuft unter dem Namen „Konversion“.

Das sollte sich auch unsere Bundeskanzlerin, Frau Merkel, einmal merken, die mit ihren Medienveröffentlichungen nach der CDU-Klausurtagung in Mainz leider den Eindruck vermitteln wollte, als würden wir immer noch hinter den Büschen sitzen, dabei sitzen wir schon lange auf den ersten Rängen, in den ersten Reihen – Aufsteigerland Rheinland-Pfalz.

(Beifall der SPD und der FDP – Rösch, SPD: So ist es! – Lelle, CDU: Die freut sich über Ihre Ratschläge!)

Rheinland-Pfalz ist durch die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte zu beachtlichem Wohlstand gekommen. Darauf weist auch der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts pro Einwohner hin.

Unser Land ist mittlerweile ein starkes Wirtschaftsland mit einer sehr gut ausgebauten Infrastruktur – das muss man sehen –, mit leistungsstarken Handwerks- und Mittelstandsbetrieben und einer exportstarken Großindustrie.

Dass unsere Wirtschaft wettbewerbsfähig ist, belegt die höchste Exportquote aller Flächenländer. Sie liegt bei 45,8 %.

(Zuruf des Abg. Wirz , CDU)

Es sind aber nicht nur die großen Betriebe, sondern es sind bereits auch viele kleine und mittlere Unternehmen, die sich schon seit Jahren dem internationalen Wettbewerb, meist jedoch mit direkten europäischen Nachbarländern, stellen.

Die Landesregierung unterstützt diese Aktivitäten über Messeförderung oder über die Förderung von Außenwirtschaftsberatung und anderen Förderinstrumenten. Die neueste Umfrage der Industrie- und Handelskammern zeigt, dass 42 % dieser auslandsorientierten Betriebe seit ihrem Auslandsengagement eine Gewinnzunahme zu verzeichnen haben, 36 % haben – das ist ein wichtiger Faktor – aufgrund ihres Auslandsengagements einen Personalmehrbestand aufbauen können.

Das sind hauptsächlich Umwelttechniken und Produzenten hochwertiger Konsumgüter – auch Wein kann man nennen – oder Bioprodukte aus der Landwirtschaft.

Meine Damen und Herren, hier liegen noch ausbaufähige Ressourcen. Diesbezüglich sind die Gelder, die Investitionen des Landes, gut angelegt. Hier können sowohl Gewinne als auch Arbeitsplätze gemehrt werden.

Rheinland-Pfalz macht eine Politik aus einem Guss. In Rheinland-Pfalz stehen Politik und Wirtschaft in einem ständigen Dialog. Die Informationswege sind kurz.