Protokoll der Sitzung vom 20.01.2006

einsparung ist bei dieser Landesregierung sehr gut aufgehoben. (Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Damit ist der erste Teil der Aktuellen Stunde beendet.

Als Gäste begrüße ich eine Seniorengruppe aus Frankenthal. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe das zweite Thema der Aktuellen Stunde auf:

„Klagen und Beschwerden gegen die Neuregelung der Abiturprüfungsordnung“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/4863 –

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Keller.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Juli vergangenen Jahres beschwerten sich Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse zweier Gymnasien aus der Pfalz öffentlich darüber, dass sie als erster betroffener Abiturjahrgang nicht ausführlich genug, sogar falsch über die geänderte Abiturprüfungsordnung informiert worden seien. Beschwerden aus drei weiteren Gymnasien – zum Beispiel aus Frankenthal – folgten. Konkret ging es um die Facharbeit und deren Bedeutung im Hinblick auf die Abiturqualifikation. Beklagt wurde, dass nicht klar gesagt wurde, welche Nachteile eine Nichtanfertigung mit sich bringen würde.

In obrigkeitsstaatlicher Manier kanzelte Ministerin Ahnen die Schülerinnen und Schüler ab. Sie erklärte wiederholt, dass deren Vorwürfe intensiv geprüft worden seien und die Landesregierung festgestellt habe, dass alle Schüler informiert worden seien. Nach Auffassung der Landesregierung haben die Schüler, die es gewagt hatten, sich zu beschweren, folglich die Unwahrheit gesagt.

Das Verwaltungsgericht Neustadt sah dies jedoch anders. Mit Beschluss vom 30. November 2005 stellt es fest, dass das Land seiner Informationspflicht am Europa-Gymnasium nicht hinreichend genug nachgekommen sei. Die Folge, die Landesregierung hat verloren. Sie musste dem Antragsteller nach der alten Abiturprüfungsordnung die Prüfung erlauben. Das ist eine schallende Ohrfeige für die Ministerin,

(Beifall der CDU)

die in einer Stellungnahme gegenüber dem Gericht wiederholt behauptet hatte, alles eingehend geprüft zu haben. (Frau Spurzem, SPD: Das ist eine Verzerrung der Fakten!)

Ihre erste Reaktion war auch noch bemerkenswert. Zuerst hat sie gesagt, nur der Antragsteller dürfe nach

der alten Abiturprüfungsordnung geprüft werden. Der Druck wurde aber dann zu groß. Jetzt darf die ganze Schule danach geprüft werden.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wo soll denn das gesagt worden sein? – Hartloff, SPD: Schätzen Sie mal, wie viele Verwaltungsgerichts- verfahren es im Jahr gibt!)

Die Stellungnahme des Ministeriums geht aber noch weiter. Den Schülern, die den Mut besessen haben, sich für ihre Interessen einzusetzen, was nicht leicht ist, warf sie grobe Fahrlässigkeit, ja sogar Verantwortungslosigkeit vor. So geht die rheinland-pfälzische Jugendministerin mit den Jugendlichen dieses Landes um. Das muss man auch einmal sagen.

(Beifall der CDU)

Mittlerweile dürfen die Abiturienten in Wörth und auch am Ludwigshafener Max-Planck-Gymnasium ihre Prüfungsordnung auswählen. So wie wir in der beantragten Sondersitzung des Bildungsausschusses prophezeit haben, kommen immer mehr Beschwerden. Der aktuelle Stand von vorgestern beläuft sich auf neun.

(Hartloff, SPD: 9 von wie viel tausend? – Frau Brede-Hoffmann, SPD: 9 von 10.000 – Hartloff, SPD: Wer rechnet die Promille aus?)

Die Ministerin bleibt aber stur und zeigt keine Einsicht. Wenn die Schüler Recht bekommen wollen, zwingt sie sie in ein Verwaltungsgerichtsverfahren. Dort müssen sie gegen ihre Schulleitung aussagen. Das zu einer Zeit, zu der sie sich mitten im Abitur befinden. Viele Schüler verzichten darauf, weil sie – ich muss sagen zu Recht – Angst vor Benachteiligungen haben. Trotzdem wird es zu weiteren Klagen kommen. Dies spätestens dann, wenn der schriftliche Abiturtermin in wenigen Tagen vorbei ist und wenn das im Norden des Landes, wo diese Diskussion bisher nicht geführt wurde, weil die Medien darüber nicht berichtet haben, bekannt wird.

Frau Ministerin Ahnen, ich appelliere an Sie, stellen Sie endlich den Schulfrieden wieder her und entscheiden Sie nicht wie bisher immer im Zweifel gegen die Schüler.

(Beifall der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Haben Sie auch einmal ein Herz für die betroffenen Schüler. Setzen Sie sich vielmehr dafür ein, dass auf außergerichtlichem Wege Regelungen gefunden werden, die den besonderen Situationen – ich sage bewusst Situationen – gerecht werden.

Diejenigen, die falsch oder unzureichend informiert wurden, sollten die Wahlmöglichkeit haben, so wie dies in Wörth oder in Ludwigshafen der Fall ist, nach welcher Prüfungsordnung sie geprüft werden wollen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme gleich zum Ende.

Diejenigen, die im guten Glauben eine Facharbeit angefertigt haben und damit mehr geleistet haben als die anderen, müssen dies auch extra honoriert bekommen. Dagegen wehren Sie sich bisher und ziehen sich auf KMK-Beschlüsse zurück. Reden Sie einmal mit der KMK.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wahrscheinlich reden Sie öfter mit denen als die Frau Ministerin!)

Ich bin mir sicher, dass es dann auch dafür eine Lösung geben wird.

(Beifall der CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Brede-Hoffmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Keller, wer gegen Schülerinnen und Schüler und gegen deren Interesse redet, dem ist wohl spätestens seit dem Brief der Schülerinnen und Schüler aus Wörth klar, die eine Facharbeit geschrieben haben und es als eine große Ungerechtigkeit empfinden, dass Ausnahmegenehmigungen für Schülerinnen und Schüler erteilt werden, die keine geschrieben haben, die aber dennoch Punkte bekommen. (Unruhe im Hause)

Es wird jetzt völlig klar, wer gegen diese Schülerinnen und Schüler redet.

Lassen Sie mich das noch einmal kurz erläutern, damit auch die Kolleginnen und Kollegen, die nicht ständig Abiturprüfungsordnungen lesen, begreifen, was auf Forderung des Kollegen Keller und – das muss ich leider sagen – auch auf Forderung des Kollegen Wiechmann gerade geschieht.

Von 10.000 Abiturientinnen und Abiturienten dieses Jahrgangs haben ungefähr 2.000 Abiturientinnen und Abiturienten eine Facharbeit geschrieben. Sie haben ganz deutlich die veränderte Abiturprüfungsordnung, die seit Mitte 2003 gültig ist, verstanden. Herr Kollege Keller, spitzen Sie die Ohren, das ist übrigens eine Abiturprüfungsordnung, die auf Punkt und Komma so bis zum Jahr 1999 gegolten hat und dort zu keinerlei Irritationen bei den Schülerinnen und Schülern geführt hatte.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin, das ist eine Rückführung zur alten Abiturprüfungsordnung.

2.000 Schülerinnen und Schüler haben eine Facharbeit geschrieben. Einige Schülerinnen und Schüler in Wörth und Ludwigshafen, die keine Facharbeit geschrieben haben und bei denen klar ist, dass die MSS-Leitungen

offensichtlich nicht adäquat informiert haben, bekommen nun in ihrem Abitur Punkte, die die anderen nur dann bekommen, wenn sie eine vergleichbar gute Facharbeit geschrieben haben. Herr Keller, Sie werden wohl hoffentlich auch verstehen, dass dies gegenüber denjenigen, die die Leistung erbracht und eine Facharbeit geschrieben haben, eine Ungerechtigkeit ist. Dieses Ministerium sorgt durch ganz präzise Einzelfallprüfungen dafür, dass jetzt nicht weitere, so wie das Herr Kollege Wiechmann gern möchte, 8.000 Ungerechtigkeiten entstehen.

Wir unterstützen mit aller Energie das Ministerium in dem Bemühen, ordentliche und saubere Einzelfallprüfungen durchzuführen. Wenn es dann dort Unklarheiten gibt, muss das notfalls in einem Gerichtsverfahren entschieden werden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir halten es aber für völlig richtig, dass nicht weitere Ungerechtigkeiten dadurch entstehen, dass Schülerinnen und Schüler, die eine Leistung nicht erbracht haben, im Vergleich zu denen, die sie erbracht haben, für das Nichterbringen Punkte bekommen.

(Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn es in diesem Abitur Gerechtigkeit gibt, dann dadurch, dass die Gerechtigkeit durch gleiche Bedingungen für alle Schülerinnen und Schüler hergestellt wird.

Herr Kollege Wiechmann, Herr Kollege Keller, da haben wir zu Beginn des Verfahrens durch ein Gerichtsurteil für einige Schülerinnen und Schüler mit Ausnahmegenehmigung leider verloren. Wir können gut verstehen, dass Abiturientinnen und Abiturienten, die in ihrer Klasse eine Facharbeit geschrieben haben, es als Ungerechtigkeit empfinden, wenn sie punktemäßig gleich gestellt sind mit jemandem, der keine Facharbeit geschrieben hat. Ich betone, das ist Folge eines Gerichtsurteils.

(Zuruf des Abg. Dr. Gebhart, CDU)

Herr Kollege Dr. Gebhart, doch, das stimmt. Sie sind dabei eine der interessantesten Figuren – lassen Sie mich das so sagen –; denn Sie haben sich zunächst dafür eingesetzt, dass diejenigen, die geklagt haben und die Ausnahmegenehmigung erhalten haben, Punkte ohne Leistung zu bekommen, Punkte bekommen sollen. Jetzt setzen Sie sich in Ihrer Region dafür ein, dass diejenigen, die gearbeitet haben, zusätzliche Punkte bekommen. Herr Kollege, dafür gibt es keine – ich betone das mit fünf Ausrufezeichen – Rechtsgrundlage in diesem Bundesland. Es gibt dafür auch keine Rechtsgrundlage in allen anderen KMK-Ländern. Vielleicht wünschen Sie sich, dass diese Ministerin Rechtsbeugung begeht. Wir wünschen uns das nicht und unterstützen sie deshalb in dem Verfahren einer sauberen und nachvollziehbaren Einzelfalllösung, Herr Kollege.

(Glocke der Präsidentin)

Ich danke Ihnen. (Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Kollegen Wiechmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gestern wollte Herr Dr. Gölter mit meiner Kollegin Frau Thomas „Großer Gott wir loben dich“ anstimmen. Jetzt – so oft passiert das nicht – könnte ich mit der CDU „Wenn wir schreiten Seit’ an Seit’“ tatsächlich anstimmen,