Protokoll der Sitzung vom 15.02.2006

Frau Schleicher-Rothmund, Sie haben noch einmal die Steigerungsrate der Ausgaben angeführt. Ich nenne Ihnen einmal eine andere Steigerungsrate. Wir haben allein für den Landesbetrieb Straßen und Verkehr von 2003 bis 2006 im Haushalt des Landes eine Ausgabensteigerung von 22 %. Nach meiner Erinnerung sind Sie vorhin für den Hochschulbereich auf eine Ausgabensteigerung von unter 10 % gekommen. Wenn man Relationen herstellt, muss man diese Zahlen heranziehen. Dann sieht man, wie viel mehr in den Geist und wie viel mehr in den Beton gespült wird. Die Stärke der Fraktion rechts von mir liegt nicht im Geist, sondern im Beton.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben von Konzeptionellem gesprochen. Ich lasse jetzt einmal viele andere Passagen meiner Überlegungen weg und gebe ein klares Bekenntnis für ein gebührenfreies Erststudium ab. Sogar die KfW hat in den Untersuchungen, die sie zugrunde gelegt hat, als sie über die Studienkredite nachgedacht hat, ganz klar gesagt, dass das Studium immer wieder am Geld scheitert und die soziale Herkunft einen großen Einfluss auf den Studienerfolg hat.

Herr Kuhn, Sie werden sich nachher wahrscheinlich für Studiengebühren von Anfang an ins Zeug werfen. Nicht Sie wollen das entscheiden, sondern die Hochschulen sollen das machen. Das ist meiner Meinung nach der Schritt in die falsche Richtung. Sie schrecken Menschen vom Studium ab; Sie schrecken von einer guten Bildung, von einem Engagement für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung in diesem Land ab. Sie locken sie nicht, sondern Sie halten sie davon ab. Das ist meiner Meinung nach ein falscher Weg. Das ist ein Irrweg, der von uns so nicht mitgetragen wird, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen, wenn es um Zukunftsinvestitionen für die kommende Legislaturperiode geht, eine klarere und deutlichere Prioritätensetzung im Landeshaushalt und dürfen nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen. Wir haben vorgeschlagen – dafür werben wir in den verbleibenden Wochen –, dass wir einen Hochschulpakt innerhalb des Landes mit den Hochschulen, mit den Universitäten, mit den Fachhochschulen, schließen, der klare Zielvereinbarungen zur Verbesserung der Lehre, zur Qualität der Lehre, zur Grundausstattung und zu den Personalmitteln enthält. In den kommenden fünf Jahren müssen wir dafür insgesamt 300 Millionen Euro aus dem Haushalt und nicht über ein Sammelsurium in Form eines Innovationspakets als Schattenhaushalt für die Wirtschaft und für all diejenigen, die sonst dort noch hineingreifen wollen, wie Sie das vorsehen, Herr Kuhn, aufsatteln.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, das sind unsere Zusagen an die rheinlandpfälzischen Hochschulen. Hier brauchen wir eine entsprechende Förderung.

Wenn wir bei der Frage der Lehre sind, kann man gern auf einen Vorteilsausgleich zwischen den Ländern hoffen.

Herr Zöllner, dann müssten Sie eigentlich auch schlüssig argumentieren. Ich erinnere mich an eine Aktuelle Stunde im Dezember, die von der SPD beantragt wurde, über das Untersuchungsprojekt, das Sie zu dem Thema in Auftrag gegeben haben, was die Hochschulen den einzelnen Regionen bringen.

Damals haben Sie gesagt, jeder Euro, der in die Hochschulen fließt, fließt um ein Vielfaches in die Wirtschaft, die kleinen Betriebe, die Dienstleistungen und die Regionen zurück. Sie haben noch gar nicht die Detailauswertung vorliegen, wenn es um den Wissenstransfer geht. Das war eine rein wirtschaftliche Rechnung.

Wenn Sie so argumentieren, können Sie auf der anderen Seite nicht sagen, wenn wir in die Hochschulen finanzieren, machen wir das Geschäft der anderen. Schlüssig ist diese Argumentation nicht. Entweder hopp oder topp. Beides kann man nicht auf der gleichen Seite bedienen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das heißt, wenn wir die Lehre verbessern wollen – dafür stehe ich in dieser hochschulpolitischen Debatte seit fünf Jahren –, müssen wir im Land eine neue Personalstruktur an den Hochschulen aufwerten. Dann müssen die Hochschulen eine größere Flexibilität bei den befristeten Ausweitungen auch von Lehrdeputaten haben. Dann muss man ihnen nämlich die Möglichkeit geben, etwas in der Lehre zu verbessern.

(Glocke der Präsidentin)

Dann müssen wir auch in die Lage kommen, so genannte Lehrprofessuren zu schaffen, und zwar von Professorinnen und Professoren, die sich auf Lehre, Auswahlberatung und Prüfung der Studierenden konzentrieren können. Dann müssen wir – das ist mein dritter konzeptioneller Vorschlag – auch Hochschulen mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen enger zusammenführen und die dort tätigen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit in die Lehre einbeziehen. Das tun sie heute schon aus der Not heraus. Wir sollten aber die Voraussetzungen dafür verbessern.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kuhn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben gerade im letzten Plenum zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Regierungserklärung zur Hochschulpolitik sinnvoll und notwendig ist. Sie haben das auch zu Recht im Hinblick auf aktuelle Ereignisse dargestellt.

In der Tat ist es so, dass sich die Hochschullandschaft in einem rasanten Wandel befindet. Dazu brauchen wir auch die entsprechenden Antworten. Dieses gibt unserer Fraktion Gelegenheit, viele gemeinsame, aber auch unterschiedliche hochschulpolitische Akzente deutlich zu machen. Zunächst einmal darf ich feststellen, dass Rheinland-Pfalz eine gesunde Hochschulstruktur besitzt.

Der Aufbau der Hochschulen begann nach der Gründung unseres Bundeslandes fast bei null. Wir erlebten den rasanten Wandel der Uni Mainz zur mit Abstand größten Hochschule des Landes. Die Gründung der Doppeluniversität Kaiserslautern/Trier mit der Verselbstständigung mit unterschiedlichen Schwerpunkten war ein großer Erfolg.

Herr Dr. Gölter, im Übrigen – das brauche ich an dieser Stelle nicht zu sagen – steht natürlich die Landesregierung immer auch auf den Schultern anderer Landesregierungen. Die Gründung der Universität KoblenzLandau und die Entwicklung vieler Fachhochschulen aus der Landesfachhochschule heraus mit spezifischen Schwerpunkten und der regionalen Einbindung häufig im Zusammenhang auch mit Konversionsmaßnahmen waren und sind eine Erfolgsstory.

Die Hochschulstruktur in Rheinland-Pfalz ist tragfähig. Sie wird unterschiedlichen regionalen Interessen gerecht und bietet Studierenden ein qualitativ hochwertiges breites Spektrum an Möglichkeiten.

Die Forschungsinfrastruktur ist deutlich ausgebaut worden. Ich bin ebenfalls stolz darauf und sehe es positiv, dass wir im Hinblick auf Studienplätze Importland sind. Das spricht nicht gegen, sondern für die Hochschulen dieses Landes.

Auf dieser Grundlage haben wir gute Chancen, die Hochschulen in der geschilderten Umbruchsituation weiterzuentwickeln. Wenn wir als Fraktionen auf die letzte Wahlperiode zurückblicken – Herr Minister Zöllner, ich darf persönlich die letzten zehn Jahre mit einbeziehen –, bietet sich aus der Sicht unserer Fraktion eine Bilanz an. Zunächst darf ich Ihnen, Herr Minister Zöllner, für die sehr erfolgreiche Hochschulpolitik in dieser Zeit ausdrücklich danken.

(Beifall der FDP – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich meine, dass man vonseiten der SPD-Fraktion ein bisschen genant ist und es nicht übertreiben will. Ich darf es aber sagen.

(Mertes, SPD: Sehen Sie, er sagt es! Das ist es!)

Ich setze noch einen Punkt darauf. Sie waren und sind als Wissenschaftsminister ein Glücksfall für die Entwicklung der Hochschulen in unserem Land.

(Beifall der FDP)

Was ist in dieser Koalition gemeinsam bewegt worden? Dazu drei Beispiele:

Herr Professor Zöllner, war das zuviel?

(Ministerpräsident Beck: Ich habe ein Ausrufezeichen hingestellt und sein eigenes Fragezeichen gestrichen!)

Prima. Ich nenne den Prozess der Föderalismusreform. Ich darf sagen, dass wir diesen beide über Jahre gemeinsam erfolgreich – ich persönlich auch als Sprecher der FDP-Fraktion in Bund und Ländern – in diesen Fragen begleitet haben.

Ich verweise auf eine nahtlose Übereinstimmung unserer Vorstellungen – das ist außergewöhnlich – in Rheinland-Pfalz und allen FDP-Fraktionen in Bund und Ländern. Die Zusammenarbeit war – ich kann mich gut

erinnern, wie das vor Jahren angefangen hat –, wie sich hoffentlich bald zeigen wird, äußerst nützlich.

Diese Aufgabe ist nicht ganz erfüllt. Darauf haben Sie hingewiesen. Wir haben Probleme mit der Regulierung der Finanzströme. Sie haben das im Detail dargestellt. Hier stehen wir vor einer sehr großen Aufgabe. Ich komme später noch einmal darauf zurück. Auch hier können Sie sicher sein, die Unterstützung unserer Fraktion zu haben.

Ich verweise auf die erfolgreiche Novellierung des Hochschulgesetzes. Die Hochschulen in Rheinland-Pfalz sind selbstständiger und handlungsfähiger geworden. Ich verweise auf die Unterstützung des Studienkontenmodells, das sich im Übrigen – ich darf das sagen – an dem FDP-Modell der Bildungsgutscheine orientiert hat.

Nach dem Lob kommen auch ein paar andere Aspekte. Wir waren nicht immer von Anfang an einer Meinung. Ich erwähne das harte Ringen um das bestmögliche Konzept der Lehrerbildung, das Frau Thomas nicht gefällt. Das ist mir aber egal.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was gefällt mir nicht?)

Meine Damen und Herren, uns lag am Herzen, die Qualität der fachwissenschaftlichen Ausbildung und die schulartspezifische Ausprägung in der Bachelor-Phase zu erhalten. Ich denke, hier sind wir im Sinn von These und Antithese zu einer Synthese gekommen, was unsere Vorstellungen anbelangt, die letztlich besser als das ist, was im Einzelnen von Anfang an gedacht worden ist.

(Beifall der FDP)

Meine Damen und Herren, ich darf an dieser Stelle – ich bin ein bisschen stolz darauf – den Einsatz der FDPFraktion für ein Hochschulsonderprogramm erwähnen, das inzwischen zum Glanzstück rheinland-pfälzischer Hochschulpolitik geworden ist.

(Beifall der FDP und der SPD)

Das freundliche Nicken des SPD-Fraktionsvorsitzenden bestätigt mich darin. Darauf sind wir besonders stolz, weil wir uns nur so dem Länderwettbewerb stellen können.

Herr Minister Zöllner, Sie sind in Ihrer Rede darauf eingegangen.

Wenn wir auch nicht immer einer Meinung waren, so ist doch festzustellen, dass wir in dieser Koalition immer am Ende zu hervorragenden guten Ergebnissen gekommen sind. Die Hochschulpolitik der Koalition war in den letzten beiden Wahlperioden außerordentlich erfolgreich.

Nun zum Ausblick.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt geht es los!)

Wir stehen kurz vor dem Ende der Legislaturperiode.