Protokoll der Sitzung vom 16.02.2006

Die FDP-Fraktion bedankt sich ausdrücklich beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, das sich beim Zustandekommen des Commercial Vehicle Clusters nicht nur aktiv eingebracht hat, sondern sowohl im Beirat als auch im Steuerkreis wichtige Koordinierungsaufgaben wahrnimmt.

(Glocke der Präsidentin)

In einem zweiten Beitrag bin ich gern bereit, dazu noch Weiteres auszuführen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP und der SPD – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Noch mehr Lob!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Gölter das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Überschrift zu dieser Aktuellen Stunde will ich einmal vorlesen. Man könnte sich im Grunde genommen jede Debatte sparen. Die Überschrift lautet: „Der kürzlich auf Initiative des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums gegründete Commercial Vehicle Cluster (Nutz- fahrzeugverbund) als Beispiel für die erfolgreiche Kooperation zwischen Wirtschaft und Forschung in Rheinland-Pfalz“. Einzigartig wie immer, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU und bei SPD und FDP)

Es fehlen nur noch ein paar Adjektive wie „großartig“, „einzigartig“, „Erfolg versprechend“ usw. Wir haben uns aber diesbezüglich an einiges gewöhnt. Im Land Rheinland-Pfalz passiert ohnehin nichts, das nicht einzigartig ist, was von der Landesregierung in Angriff genommen wird. (Mertes, SPD: Sie haben aber lange gebraucht, bis Sie zu dieser Einsicht gekommen sind!)

Ich bin viel schlauer als Sie glauben, verehrter Herr Kollege Mertes.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Creutzmann hat die Einzelheiten vorgetragen. Weshalb soll ich das noch einmal vortragen? Ich will nur eine Bemerkung machen. Das Wort „Cluster“ ist eigentlich etwas irreführend.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Richtig!)

Das Wort wird mittlerweile missbraucht. Cluster ist eigentlich eine Traube. Das berühmteste Cluster des 20. Jahrhunderts ist das Silicon Valley. Das ist eine Agglomeration an einem ganz bestimmten Ort. Das ist hier nicht der Fall.

Auch das Wort „Verbund“ ist nicht korrekt. Herr Kollege Creutzmann hat, vielleicht ohne es zu wollen, gesagt, was es ist, es ist nämlich ein Netzwerk. Als Netzwerk ist es natürlich vernünftig. Bei einem Netzwerk geht es zunächst einmal um eine übereinstimmende Beschreibung der Probleme – das ist der erste Schritt –, zum anderen muss man sich auf bestimmte Fragen einigen – das ist ein zweiter, nicht ganz einfacher Schritt, der aber ein wichtiger Teil der Arbeit ist –, dann muss man sich darauf einigen, wer versucht, darauf eine Antwort zu finden, und dann muss man in einem weiteren Schritt versuchen, diese Antworten in einer gegenseitigen Kooperation zu bewältigen. Es ist natürlich wünschenswert, dass sich möglichst viele Firmen aus Rheinland-Pfalz als Ganzes daran beteiligen. Es gibt beispielsweise John Deere in Zweibrücken, und es gibt Herrn Wirthgen im Nordteil des Landes. Es geht also darum, möglichst viele Firmen einzubinden, um möglichst breit Antworten erarbeiten zu können.

Meine Damen und Herren, dabei müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass die Geschichte nur dann erfolgreich ist, wenn es sehr schnell in Kaiserslautern zu einem gut ausgestatteten Lehrstuhl kommt, der hervorragend besetzt ist. Sie brauchen eine in Europa und in Deutschland anerkannte Person, an der Sie das festmachen können. Das kann nicht nur auf der organisatorischen Ebene laufen.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz offen, die Universität Kaiserslautern braucht Profilbildung. Sie hat Profilbildung – das darf man in Rheinland-Pfalz fast nicht sagen – dringend notwendig. Sie steht in Konkurrenz zu Karlsruhe. In einem längeren Beitrag könnte ich Ihnen vortragen, wie Karlsruhe bundesweit bewertet wird. Ich könnte Ihnen auch vortragen, wie oft die Universität Karlsruhe oder die Universität Darmstadt im Ranking in den vergangenen zehn Jahren und wie selten Kaiserslautern aufgetaucht sind. Ich könnte Ihnen vortragen, wie selten Rheinland-Pfalz überhaupt in den vergangenen Jahren bei Rankings aufgetaucht ist. Da wird mal die Psychologie in Trier, die Chemie in Mainz und die Informatik in Kaiserslautern genannt. Damit hat es sich dann.

Nebenbei gesagt, der Wissenschaftsminister hat gestern eine bemerkenswerte Rede gehalten. Viele haben nur nicht verstanden, was er sagen wollte. Er hat gesagt, wir fallen zurück, wenn wir nicht die Forschungsförderung

auf Bundesebene grundlegend umstrukturieren. Sie müssen einmal sehen, wie sich beispielsweise die Technischen Universitäten in Konkurrenz mit uns in den vergangenen Jahren entwickelt haben. Kaiserslautern braucht dringend Profil. Die Studierendenzahlen sind zurückgegangen. Das ist aber nur ein Indikator. Der andere Indikator ist die Frage, wo wirklich Wissenschaftsbereiche vorhanden sind, die den Bundeswettbewerb in der ersten Reihe mitgestalten können.

Wenn mir mehr Zeit zur Verfügung stünde, könnte ich Ihnen das alles darlegen. Wenn Sie nur die Drittmittel zu Karlsruhe und Darmstadt vergleichen – von Aachen will ich gar nicht sprechen –, kommen Sie aus dem Staunen nicht heraus. Das ist auch ein Teil der rheinlandpfälzischen Wirklichkeit und der Debatte von gestern. Darüber müssen wir uns im Klaren sein. Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass die nächste Landesregierung – wer auch immer sie stellt – und der rheinlandpfälzische Landtag sehen, vor welchen Problemen wir diesbezüglich stehen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich breche an dieser Stelle ab. Nachher mache ich noch eine kleine Bemerkung zur Perspektive der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Forschung. Das ist der erste „Cluster“ in Rheinland-Pfalz. Herr Kollege Creutzmann, damit sind wir im Vergleich zu anderen Ländern sehr spät dran. Das werde ich aber gleich noch im Einzelnen belegen.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Mohr das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Gölter, ich vermute, seit Sie und ich auf der Universität waren, hat der Begriff „Cluster“ inhaltlich einen dramatischen Wandel hinter sich. Die große Schwäche des Wirtschaftsstandorts Deutschland ist eindeutig der Techniktransfer. Die Situation ist schwierig, doch es zeigen sich deutliche Fortschritte. Das kann man in allen Fachzeitschriften und Presseorganen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, nachlesen.

Mit der Bildung des Commercial Vehicle Clusters können wir meiner Meinung nach in Rheinland-Pfalz einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass nicht nur der Universitätsstandort Kaiserslautern, den Sie sehr intensiv angesprochen haben, aufgewertet wird, sondern auch der gesamte Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz eine Aufwertung erfährt.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, wer wie ich bei der zweiten Veranstaltung des Commercial Vehicle Clusters an der

Universität in Kaiserslautern anwesend war, konnte an der hohen Teilnehmerzahl deutlich erkennen, auf wie viel Interesse und Aufmerksamkeit die Bildung dieses Clusters in Wirtschaft und Forschung gestoßen ist. Über 150 Teilnehmer waren es auch bei dieser zweiten Veranstaltung, die aus dem ganzen südwestdeutschen Raum, aus München, Köln und Italien kamen. Das sollte man nicht verkennen.

Ich denke, mit der Bildung des Clusters hat RheinlandPfalz etwas zu bieten. Dieser Cluster ist für die wirtschaftliche Weiterentwicklung der Westpfalz wichtig. Ich glaube, darüber sind wir uns alle einig.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich denke, die ganze Metropolregion Rhein-Neckar wird davon profitieren; denn er unterstützt die beteiligten Unternehmen dabei, sich zu vernetzen und untereinander auszutauschen, ohne – das sollte man vor Augen haben – den Wettbewerb im unternehmerischen Bereich aufzugeben. Das ist eine ganz wichtige Sache; denn oftmals sperren sich die Unternehmen, weil sie Angst haben, ihren Wettbewerb im unternehmerischen Eigenbereich aufzugeben.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

So entstehen sowohl im regionalen als auch im internationalen Bereich neue Chancen für die Betriebe. Das sollte man auch einmal deutlich sehen. Es können Aufträge akquiriert werden, und man kann das eigene Feld erweitern.

Deutschland ist in Europa das bedeutendste Nutzfahrzeugherstellerland. Das ist den wenigsten Leuten bekannt. Gerade im Südwesten unterhält eine Reihe von Nutzfahrzeuganbietern, angefangen von DaimlerChrysler über Opel bis hin zum Landmaschinenhersteller John Deere, wichtige Werke.

Nun hat die DaimlerChrysler AG in Wörth in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Kaiserslautern auf Initiative der Landesregierung eine regionale Kommunikationsplattform für die Hersteller, die Zulieferer, aber auch den Servicebetrieb der Nutzfahrzeugbranche gegründet.

Wichtig ist, dass man über Fachsymposien den direkten Transfer von Wissen zwischen der Wissenschaft und der Wirtschaft sowie den Erfahrungsaustausch zwischen den Entwicklungsingenieuren auf der einen, aber auch den Vertriebsexperten auf der anderen Seite die Innovationsbereitschaft in diesem Cluster fördern möchte. Ich weiß, wovon ich rede; denn mein Sohn war in diesem Bereich tätig und hat auch einen Teil dazu beigetragen, dass sich dieses Cluster entwickelt hat. Die Erhaltung und Schaffung neuer Arbeitsplätze ist damit auf der anderen Seite gewährt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Man muss deutlich sehen, dass wir am Anfang der Entwicklung stehen. Den Weg, den wir gehen, ist ein richtiger Weg. Das ist ein Weg, den wir gehen müssen, um eine zukunftsorientierte Industrielandschaft aufzubauen.

Es ist aber auch wichtig, dass alle Akteure mithelfen, dass dieser Cluster mit Leben erfüllt wird. Bislang haben wir einen Konstrukt, dem sich einige Betriebe anschließen. Der Anschluss ist freiwillig. Das sollte man auch einmal sehen. Es besteht kein Zwang. Er kostet für die einzelnen Betriebe einen Beitrag. Er wird mit Sicherheit von den Betrieben gut angenommen werden und kann den Betrieben auch etwas geben, was ihnen nutzt, sich wirtschaftlich weiterzuentwickeln.

Ich denke, die kurzen Wege zwischen der Wissenschaft und der Anwendung in den Betrieben ist das Entscheidende. Das ist das, was heute geleistet werden muss, um die Industrie und die Wirtschaft zukunftsfähig zu halten; denn die Innovationszyklen in den Betrieben sind äußerst kurz. Das heißt, bis ein neues Produkt auf den Markt kommt, dauert oftmals viel zu lang. Die Zeiten verstreichen, und das Produkt hat oftmals schon an Interesse verloren, bevor es auf dem Markt etabliert werden könnte.

Es steht viel Arbeit vor uns. Wir alle müssen auch vonseiten der Landesregierung tatkräftig mitarbeiten, dass die ganze Organisationsform mit Leben erfüllt wird. Dann werden wir auch einen Profit für unseren Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz davon haben.

(Glocke der Präsidentin)

Ich denke, die Bildung dieses Nutzfahrzeugclusters ist die richtige Antwort auf die Herausforderung einer globalisierten Welt und wertet den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz, Westpfalz und Metropolregion deutlich auf.

Danke schön.

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Thomas das Wort.

Meine Damen und Herren, bevor ich mich an dem Wort „Commercial Vehicle Cluster“ versuche, sage ich immer Laster-Cluster, weil es damit kurz und knapp auf den Punkt gebracht ist.

Herr Creutzmann, da die FDP in der Vergangenheit immer alle ländervergleichenden Studien auf die Tagesordnung gebracht hat, habe ich angenommen, dass wir heute über den Zukunftsatlas 2006 von Prognos diskutieren. Das wäre eine spannende Diskussion geworden, und zwar bezüglich der Frage, wie viele Cluster wir in der professionellen Bedeutung in Rheinland-Pfalz haben.

Manche haben schon die Karten gesehen. Wenn wir uns darin anschauen, was es an tatsächlichen überdurchschnittlichen Wachstumsbranchen und Entwicklungsmöglichkeiten in Rheinland-Pfalz gibt, sieht es ziemlich dunkel aus. Ich müsste sagen, in diesem Zukunftsatlas

von Prognos sieht alles sehr gelb aus. Die ganze rheinland-pfälzische Karte ist in einem leichten Zitronengelb ausgemalt.