Protokoll der Sitzung vom 15.11.2001

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben noch einen Zusatzantrag gestellt. Ich denke, die politische Auseinandersetzung zu diesen Fragen steht uns noch bevor. Im Moment versuchen wir, die Datengrundlage zusammenzustellen. Kern aller Anträge, die vorliegen, ist ein von der Landesregierung einzufordernder Bericht.

Wir haben mit unserem Ergänzungsantrag die Angelegenheit rund gemacht und den Fokus etwas weggelenkt von der Frage des Sozialhilfemissbrauchs hin zu anderen Ursachen und Aspekten. Ich hoffe und glaube, dass wir mit dem Bericht der Landesregierung und der Anhörung, die wir durchführen werden, eine ordentliche Grundlage für eine politische Diskussion haben werden.

Es ist vielleicht nicht abwegig zu prognostizieren, dass dann möglicherweise die Meinungen mehr auseinander gehen werden als an dieser Stelle. Es ist schon einmal

gut, dass wir uns auf dem Weg dorthin einig sind. Deshalb sollten wir alle drei Anträge annehmen.

Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hoffe, im Wettbewerb um die kürzeste Redezeit bestehen zu können. Auch ich plädiere für die Annahme der drei Anträge und bin auf den Bericht der Landesregierung gespannt. Ich erlaube mir, einen winzigen Punkt mit einzubringen, zu dem unsere Fraktion einen entsprechenden Antrag stellen wird.

Ich fände es interessant, einen Wettbewerb der Kommunen um eine „best practice“ in der Sozialhilfeverwaltung anzustoßen. Dem Land käme dabei eine Moderatoren- und Jurorenrolle zu. Ich finde, das ist eine Sache, die im Sinne dessen, was in den letzten Sitzungen gesagt wurde, ganz interessant sein könnte.

Danke schön.

(Beifall der FDP und der SPD)

Ich erteile Herrn Staatsminister Gerster das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich danke sehr für die Gemeinsamkeit und die Ergebnisorientierung. Ich danke auch dafür, dass wir im Unterschied zu anderen Parlamenten keine vordergründigen Debatten führen, die mit der sozialen Wirklichkeit nur am Rande zu tun haben. Es gibt im Übrigen auch einige Beispiele für „best practice“, die wir im Rahmen eines solchen Berichts auch auflisten werden.

Lieber Herr Kollege Schmitz, ich bin auch dankbar für den Vorschlag, einen Wettbewerb für den besten Umgang mit den Instrumenten durchzuführen, die das Bundessozialhilfegesetz zur Verfügung stellt. Wir werden Beispiele finden, die spannend sind, zum Beispiel Angebote der Kinderbetreuung, damit man Frauen, die allein erziehend sind, in Arbeit bringen kann, auch wenn sie Sozialhilfeempfängerinnen sind – das kann man sehr viel besser machen als bisher – oder diese Kombination von Fördern und Fordern, die, wenn sie richtig dosiert ist, sehr viel mit der sozialen Wirklichkeit zu tun hat, weil man einerseits nicht „Gutmenschen-Illusionen“ nach

hängt, aber andererseits auch den Menschen eine Chance gibt, sich selbst freizustrampeln.

Meine Damen und Herren, darüber hinaus gibt es auch Reformbedarf. Die Praxisbeispiele werden uns Hinweise geben, wie dieser Reformbedarf aufgearbeitet werden muss. Ich bin froh, dass ich Ihnen berichten kann, dass die Arbeits- und Sozialministerkonferenz in Potsdam in der vergangenen Woche mit der Mehrheit von 15 zu 1 Stimmen einen Antrag zur Sozialhilfereform angenommen hat. Rheinland-Pfalz war einer der Antragsteller.

Ein Land hat dagegengestimmt, und zwar MecklenburgVorpommern mit seinem PDS-Arbeitsminister Holter. Als ich nachgefragt habe, warum die PDS das in diesem Fall nicht mitmachen kann, wurde mir gesagt: Wir sind sehr für Fördern, aber gegen Fordern.

Wir sehen, dass wir zum Teil noch einiges aufzuarbeiten haben. Spannend wird natürlich auch die Schnittstelle zwischen dem SGB III und der Sozialhilfe. Im Augenblick behandeln wir zu sehr die Überschriften, ohne dass die Kapitel mit Inhalt gefüllt werden. Bei dieser Reform muss es im Einzelfall auch unbequeme Wahrheiten geben.

Im Einzelfall gibt es auch Beispiele für verschämte Armut, wo eine aufsuchende Sozialverwaltung verpflichtet ist, Menschen auf ihre Ansprüche hinzuweisen. Auch dies gibt es. Dies sollten wir nicht vergessen. Es gibt sozialen Missbrauch, aber es gibt im Einzelfall auch die Furcht, dass zum Beispiel Kinder und andere Verwandte herangezogen werden.

Wenn wir dies in der richtigen Dosierung und mit dem Wirklichkeitssinn, der in der kurzen Debatte deutlich geworden ist, gemeinsam aufarbeiten, wird RheinlandPfalz so, wie es bisher schon der Fall ist, bei der Sozialhilfereform im Ländervergleich eine sehr fortschrittliche und sozial verantwortliche Rolle spielen können.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussem pfehlung – Drucksache 14/378 –. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/201 – unter Berücksichtigung zuvor beschlossener Änderungen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/230 –, da die Beschlussempfehlung die unveränderte Annahme empfiehlt. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/438 –, der den Entschließungsantrag – Drucksache 14/431 – ersetzt. Wer dem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Der Entschließungsantrag ist einstimmig angenommen.

Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:

Ganztagsschulen in der neuen Form – neue Chancen für Schulentwicklung in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 14/223 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Jugend – Drucksache 14/375 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/426 –

Die Fraktionen haben eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion vereinbart. Ich erteile der Abgeordneten Frau Brede-Hoffmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Ganztagsschultag findet statt. Es ist zehn Minuten vor siebzehn Uhr. Wir sind weit in den Nachmittag fortgeschritten. Unsere Ganztagsschülerinnen und -schüler in Rheinland-Pfalz werden die Chance, jeden Nachmittag bis 17:00 Uhr Angebote zu bekommen, wie wir sie hier haben, zumindest in Zukunft so ausführlich noch nicht erhalten. Wir sind ganz besonders fleißige Ganztagsschüler.

Wir haben heute Morgen schon darüber diskutiert. Die wesentlichen Ziele, die wir mit der Einführung der Ganztagsschule in der neuen Form erreichen wollen, sind zum Beispiel die pädagogischen, familienpolitischen und arbeitsmarktpolitischen Ziele. Ich brauche heute Nachmittag nicht mehr ausführlich darauf einzugehen.

Ich möchte deswegen ein paar Sätze zu dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen, der uns seit gestern vorliegt. Wir haben betont, dass wir eine sehr offene und konstruktive Diskussion über den Antrag der SPD-Fraktion im Ausschuss geführt haben. Wir hatten dort eine einstimmige Annahme unseres Antrags bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es gab aber leider Gottes im Ausschuss keinen Änderungsantrag.

Heute nun haben wir einen Änderungsantrag vorliegen, der in den wesentlichen Aussagen leicht verwirrt. Ich möchte keine härtere Kritik daran üben. Wir sollen Statistiken durchführen. Das haben wir von den GRÜNEN schon sehr häufig gehört. Entweder gilt das Prinzip: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, bilde ich einen Arbeitskreis. – Offensichtlich gibt es aber noch eine zweite Variante: Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann

leg erst einmal ein paar Statistiken an, dann weißt du im Zweifelsfall weiter.

Was die Forderung, die Sie uns vorlegen, erneut einen landesweiten Gesamtbedarf zu ermitteln, wirklich für einen Sinn haben soll, außer dass Menschen dann viele Fliegenbeine zählen, ist mir eigentlich nicht ganz klar, Wir gehen davon aus, dass unsere Eltern auf diese Angebote reagieren und den Gesamtbedarf sehr deutlich sehen werden, durch die Anmeldezahlen, die die Eltern freiwillig für ihre Kinder vornehmen werden. Wir glauben, dass das die richtige Abstimmung – in Anführungszeichen – mit den Füßen ist. Dann brauchen wir nicht erst Statistiker durchs Land zu jagen, Herr Kollege.

Die zweite Fragestellung, mit welcher Bevorzugung Standortauswahlen vorgenommen werden sollen, ist zum Teil ein bisschen erschreckend. Wir gehen davon aus, dass das Ministerium eine Liste vorlegen wird, in der qualitative Kriterien die entscheidende Rolle spielen. Das Zusammenspiel von pädagogischem Konzept, von Standortgerechtigkeit, von Bedarfsgerechtigkeit und zum guten Schluss natürlich auch die Frage einer regionalen Ausgewogenheit, das wird die Entscheidung sein, die das Ministerium leiten wird, zu sagen, diese Schule wählen wir aus, diese Schule vielleicht in der nächsten Runde oder im Moment nicht, aber sicherlich nicht die Frage, ob die Kolleginnen und Kollegen, die an die Schule kommen sollen, die außerschulische Fachkräfte sind, mit den Lehrkräften zusammenarbeiten oder nicht zusammenarbeiten. Wir gehen davon aus, dass sie zusammenarbeiten werden. Das versteht sich wohl von selbst.

Zum Zweiten gehen wir nicht davon aus, Herr Kollege, was offensichtlich Sinn und Zweck Ihres Antrags sein soll, dass Doppelbesetzungen am Nachmittag für Angebote sein sollen, die außerschulische Fachkräfte aus der Wirtschaft und aus der Gesellschaft den Schulen anbieten sollen. So kann man das auch verstehen, dass tatsächlich am Nachmittag in der AG, die sich zum Beispiel mit Berufsorientierung beschäftigt sowohl eine Lehrkraft als auch der Meister eines benachbarten Betriebs beschäftigt sein sollte. Das geht dann wieder auf das Thema von heute Morgen: Mehr, mehr, mehr. – Wer soll das bezahlen? Welchen Sinn sollte es machen, die pädagogische Qualifikation einer außerschulischen Fachkraft, die aus ihrer Kompetenz, die sie vor Ort hat, abzuleiten ist, durch eine pädagogische Qualifikation einer Lehrkraft zu ergänzen?

(Beifall bei SPD und FDP)

Wen möchten Sie denn infrage stellen? Wessen Kompetenz reicht Ihnen denn nicht aus? Mir reicht die Kompetenz des Rotkreuzhelfers, der jedes Wochenende seine entsprechenden Erste-Hilfe-Kurse macht, die er in der Schule anbietet mit erweiterten Kompetenzvermittlungen zur Frage von Gesundheitspolitik und Lebensrettung. Mir reicht das aus. Ich möchte diese Person nicht anzweifeln und ihr eine hilfreiche Lehrkraft an die Seite setzen. Eine solche Form von Kompetenzdenken findet zumindest bei uns nicht statt.

Darüber hinaus möchten wir, dass am Ende unserer Entwicklung hin zu Ganztagsschulangeboten in diesem

Land tatsächlich sehr viel mehr Angebote vorhanden sind, sehr viel ausführlichere und nicht wie bei Ihnen der Ersatz von heute offenen Ganztagsschulen in die Umwandlung der Ganztagsschule in der neuen Form. Wir möchten zusätzliche Angebote.

Herr Kollege, lassen Sie es sich gesagt sein, unsere Schulen reagieren genau so. Unter den 167 qualitativ zu prüfenden Anträgen – Frau Staatsministerin Ahnen hat es mir vorhin gesagt – befinden sich ganze 14 Schulen, die bis jetzt als Schulen in der offen Form gearbeitet haben.

(Glocke der Präsidentin)

Die anderen Schulen sind zusätzliche Schulen.

Es tut mir Leid, Ihren Änderungsantrag müssen wir ablehnen. Dort sind keine Ansätze enthalten, die man irgendwo übernehmen könnte. Ich bedaure das, weil wir uns ansonsten im Ausschuss einig waren. Ich hätte heute gern sogar Ihren Anträgen zugestimmt, aber das ist einfach nicht möglich.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiechmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir hatten eine Diskussion im Ausschuss, die ich als nicht so fruchtbar empfunden habe – das sage ich ganz deutlich. Das lag auch an der Atmosphäre, wie einige Ausschussmitglieder mit mir umgegangen sind. Genau das gleiche empfinde ich auch heute hier.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)