So zu tun, als seien wirtschaftspolitisch vernünftige und sozialpolitisch notwendige Steuergesetzgebungen in den letzten Jahren schuld an diesen konjunkturellen Änderungen, ist einfach die Unwahrheit. Sie sollten Herrn Stoiber in dem Bereich vielleicht etwas weniger als anderen glauben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach dem, was wir heute schon gehört haben und was wir auch gestern insbesondere vom Ministerpräsidenten gehört haben, kann man den Eindruck gewinnen, die rheinlandpfälzischen Kommunen sind von Freunden umzingelt. Aber dieser Bekenntnisrhetorik, die wir hören, fehlen die Taten, die folgen. Man kann hinzufügen, wenn man von solchen Freunden umzingelt ist, dann braucht man wirklich keine Feinde mehr.
dass die Gewerbesteuer in ihrer jetzigen Form und in der jetzigen Situation – das ist wichtig –, die nicht aktuell so ist, sondern die schon länger anhält, nicht die geeignete Form ist, die Finanzprobleme der Gemeinden zu lösen. In diesem Bereich sehe ich Vorstöße von CDU und CSU auf Bundesebene als einen gewissen Fortschritt an, nämlich in der Hinsicht, dass man nun nicht mehr die einfache Abschaffung der Gewerbesteuer fordert, bevor man entsprechende Alternativen hat.
Es ist sicherlich richtig, dass wir solche Alternativen brauchen, aber fokussieren wir nicht nur auf die Gewerbesteuer, sondern wir brauchen eine umfassende Reform der Gemeindefinanzen. Das ist häufig wiederholt worden, Es ist aber so. Die Situation der Gemeinden wird nicht allein durch die Diskussion, die wir führen, besser.
Auf Bundesebene ist deshalb die Einberufung einer Kommission auf das nächste Jahr vorgezogen worden, die entsprechende Vorarbeiten leisten soll. Ich sage Ihnen, an diese Diskussion muss man ohne Tabus herangehen.
Man kann über eine neue Ausgestaltung der Gewerbesteuer diskutieren. Man kann darüber reden, ob man die Bemessungsgrundlage erweitert. Es muss endlich möglich sein, dass sich die Einnahmen der Gemeinden verstetigen, dass sie kalkulierbarer werden.
Man kann auch darüber diskutieren, ob man einen Hebesatz auf die Körperschaft- oder Einkommensteuer zur Finanzierung der Gemeinden erhebt. Über all das kann man diskutieren. Über viele andere Dinge auch. Man muss es aber seriös machen.
Ich denke, dass wir das in der Enquete-Kommission dieses Parlamentes machen werden. Ich muss Ihnen aber sagen, was diese Landesregierung und diese Koalition bis dahin vorhaben und was sie bis dahin schon hinter sich haben, läuft darauf hinaus, dass man die Gemeinden zuerst einmal erdrosselt und dann mit Ihnen diskutiert, wie man sie retten kann. So kann es natürlich nicht gehen.
Dies bedeutet bei jeder Diskussion um die Gemeindefinanzen, wenn sie seriös und tabufrei geführt wird, zunächst einmal, dass auch der Gesetzgeber des Landes den Gemeinden nicht noch länger in die Taschen greift und sie weiter ausplündert.
Herr Kuhn, bei dem, was Sie oder der Ministerpräsident zu diesem Thema sagen, bei dieser Bekenntnislyrik, fühlt man sich wie jemand, dem ein Taschendieb zuflüstert: Ich stehe an deiner Seite. – So fühlt man sich da.
Das ist das Problem. Sie ziehen den Kommunen das Geld aus der Tasche und sagen: Wir stehen auf eurer Seite. – Da würde mir angst und bange werden.
Sie sollten den Kommunen das Geld nicht weiter aus der Tasche ziehen und die Diskussion seriös führen. Zum Zweiten sollten Sie keine Experimente machen. Sie erzählen dann solche Geschichten wie die mit der Bugwelle, was in der Öffentlichkeit sehr schwer zu erklären ist. Ich möchte nur darauf hinweisen, die Bugwelle beseitigen Sie auf eine Art und Weise, die die Kommunen nach aktuellen Zinssätzen in Rheinland-Pfalz pro Jahr 20 Millionen DM mehr kosten würde. Dies passiert allein durch die Umwandlung der Kredite.
(Hartloff, SPD: Es gibt eine haushalts- rechtliche Möglichkeit, von der man Gebrauch machen kann, aber nicht Gebrauch machen muss! – Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)
Das sind Tricks. Hören Sie doch endlich mit Ihren Tricks auf. Ich frage Sie, wenn Sie das richtig fortführen wollen, warum Sie nicht gleich die Trennung von Verwaltungs- und Vermögenshaushalten in den Gemeinden aufheben. Das wäre zumindest offener und ehrlicher, als hier solche Spielchen zu veranstalten.
Meine Damen und Herren, wenn Sie wirklich eine seriöse Diskussion führen wollen, dann machen Sie konkrete Vorschläge. Lassen Sie endlich diese Bekenntnislyrik weg. Die können Sie sich sparen.
(Hartloff, SPD: Also wir sprechen eigentlich zu Ausfällen bei der Gewerbesteuer, zumindest die anderen!)
Ja. Ich wehre mich aber dagegen, die Diskussion einfach auf dieses Thema zu verengen. Das würde Ihnen so passen. Das tun wir nicht.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartloff, SPD: Wenn man sich ein Thema stellt, muss man auch zu dem Thema etwas sagen! – Zuruf von Ministerpräsident Beck)
Meine Damen und Herren, es hilft dann nicht, die Diskussion auf ein Thema zu verengen. Das würde Ihnen so passen. Ich mache das nicht.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ministerpräsident Beck: Vor allem, wenn man nichts davon versteht!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich den Kollegen Marz reden höre, weiß ich nicht, wo ich bin. Es gab hier einmal den Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU, Theo Magin, der mir einmal erklärte, was ein Autist ist. Er hat auf pfälzisch gesagt: Er läuft immer neben der Musik her. – Genau das trifft das, was die GRÜNEN hier machen. Sie haben sich Ihr eigenes Weltbild geschaffen. Dies denke ich, wenn ich so einen Schwachsinn höre. Die Bugwellenproblematik würde dazu führen, das dann, wenn man die Möglichkeit dazu eröffnen würde, die Kommunen mehr Zinsen zahlen müssten. Wer zwingt denn die Kommunen zur Umfinanzierung? Kein Mensch zwingt die Kommunen zur Umfinanzierung. Wenn der Zinssatz am „langen Ende“ wieder günstiger ist, dann soll die Möglichkeit eröffnet werden.
Wenn der Zinssatz am „kurzen Ende“ günstiger ist, wenn die kurzfristigen Zinsen also niedriger sind, braucht kein Mensch umzufinanzieren.
Herr Kollege Hörter, ich habe Ihre Veranstaltung, die Sie hier machen, nicht verstanden. Herr Kollege Bracht hat sich gleich zu Wort gemeldet. Bei der CDU ist es meiner Erinnerung nach so, dass sie seit Jahren für die Abschaffung der Gewerbesteuer ist. Nun sind wir auf dem Weg dorthin. Wir haben die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft. Wir haben Freibeträge eingeführt. Nun beklagen wir uns, dass das, was wir wollen, eingetreten ist, nämlich weniger Gewerbesteuereinnahmen. Das kann ich überhaupt nicht verstehen. Herr Kollege Hörter, deswegen habe ich diese Diskussion auch gar nicht verstanden. Aber Sie haben eben versucht, es uns zu erklären.
Meine Damen und Herren, ich habe eine Kleine Anfrage am 11. Oktober 2001 gestellt – Drucksache 14/347 –. Ich habe gefragt, wie sich das Gewerbesteueraufkommen verändert hat. Der Finanzminister hat darauf geantwortet. Ich will auf die Zahlen nicht eingehen. Das ist nachzulesen. Wahrscheinlich werden Antworten auf Kleine Anfragen nicht so gelesen. Für mich war die Aussage überraschend, dass ein erheblicher Teil der Steuerausfälle auf einmalige Teilwertabschreibungen von Beteiligungen zurückzuführen seien. Herr Minister, dies zeigt, dass die Wirtschaft reagiert, wenn man Steuergesetze ändert. Das heißt nichts anderes, in diesem Jahr besteht noch die Möglichkeit, Beteiligungen abzuwerten, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Die Unternehmen sparen Steuern, haben dann einen niedrigen Beteiligungsbuchwert. Wie wir wissen, sind die Veräußerungsgewinne steuerfrei. Bei niedrigeren Beteiligungsbuchwerten sind sie dann höher und werden auch noch steuerfrei gestellt.
Ich sage das immer wieder. In der Steuergesetzgebung muss man sehr aufpassen, was man tut und welche Auswirkungen das hat. Nach meiner Erfahrung wissen die Steuerabteilungen, was läuft. Bevor das Gesetz in Kraft getreten ist, hat man sein Verhalten mit entsprechenden Auswirkungen darauf eingestellt. Man muss fairerweise sagen, Teilwertabschreibungen auf Beteili
gungen werden ab dem nächsten Jahr nicht mehr möglich sein. Wenn die Veräußerungsgewinne steuerfrei sind, sind Teilwertabschreibungen nicht mehr möglich. Das sind deshalb einmalige Effekte. Sie treffen jetzt die Kommunen.
Es gibt Kommunen, die bei großen Unternehmen Beteiligungen haben, die, wenn diese sie abwerten, deshalb entsprechend weniger Gewerbesteuer erhalten. Ob die Betriebsprüfung ein paar Jahre später das anerkennt, ist eine andere Frage. Sie können dann vielleicht ein paar Mark bekommen, weil in Zukunft Teilwertabschreibungen, die gebildet wurden und nicht anerkannt werden, mit 6 % zu verzinsen sind. Das nutzt den Kommunen im Moment relativ wenig.
Es ist richtig, dass wir eine Gemeindefinanzreform brauchen. Da gibt es Übereinstimmung, Herr Kollege Marz. Da besteht kein Zweifel. Die Gewerbesteuer ist heute nur noch eine Gewerbeertragsteuer und zu sehr konjunkturabhängig. Die Gewerbekapitalsteuer gibt es nicht mehr. Das war das, was die Unternehmen immer zahlen mussten, und zwar ganz gleich, wie hoch die Erträge waren. Wenn die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen und Stetigkeit fordern, brauchen wir dringend eine Gemeindefinanzreform. Diese ist überfällig.
Die FDP-Fraktion ist deshalb seit langem der Ansicht, dass die Gewerbesteuer keine verlässliche Grundlage mehr für die Kommunalfinanzen bildet. Gerade im Zusammenhang mit der Diskussion um den kommunalen Finanzausgleich stellt sich doch die Frage nach einer grundlegenden Reform des Gemeindefinanzsystems. Das hängt mit dem Finanzausgleich zusammen, der von Bundes- auf Landesebene und von der Landesebene zu den Kommunen geht. Wir können nicht an den Symptomen herumdoktern. Wir müssen neue Grundlagen schaffen.
Die FDP-Fraktion hat der Öffentlichkeit in der letzten Woche bereits ein Positionspapier vorgestellt, in dem umfassende Prüfaufträge formuliert werden. Unseres Erachtens muss über die Neuordnung des Gemeindesteuersystems im Zusammenhang mit einer umfassenden Steuerreform und deutlicher Steuersenkung für die Bürger nachgedacht werden.
Wir wissen, dies ist im Moment nicht möglich. In der zweiten Runde mache ich noch ein paar Ausführungen dazu.
(Beifall der FDP und bei der SPD – Zurufe der Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Gölter, CDU)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir bleiben dabei. Die teilweise dramatischen Einbrüche bei der Gewerbesteuer und die Unberechenbarkeit der Gewerbesteuer hat die Bundesregierung gestützt durch diese Landesregierung mit ihrer verfehlten Wirtschafts- und Steuerpolitik zu verantworten.
Sie haben teilweise Recht, dass das nicht alles in diesem Jahr wirksam wird. Es wird dieses Jahr aber an manchen Stellen wirksam. Im nächsten Jahr und in den folgenden Jahren kommt das andere noch dazu. Das verschlimmert die Sache. Ich will Ihnen die Gründe nennen. Die Steuerreform gehört zu den Ursachen. Die dort eröffneten Schlupflöcher gehören dazu, die Tatsache, dass Gewinne leichter ins Ausland verschoben werden können, die zeitliche Verlagerung von Gewinnen und Verlusten wird erleichtert. Das führt zu den Ergebnissen, die wir heute sehen und in den kommenden Jahren verstärkt sehen werden.