Protokoll der Sitzung vom 23.01.2002

Ich erteile der Berichterstatterin, der Abgeordneten Frau Ise Thomas, das Wort.

Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU, Landesgesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung, wurde am 13. Dezember 2001 gemeinsam mit der Aussprache über den Entwurf des Doppelhaushalts, also in einem Kontext, beraten. In diesem Zusammenhang hat der Landtag im Dezember 2001 beschlossen, diesen Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat diesen Gesetzentwurf in seiner 7. Sitzung am 18. Dezember 2001 beraten.

Lassen Sie mich einen Hinweis geben. Kernpunkt des Gesetzentwurfs ist, Vorschläge zu machen, wie mit Sondervermögen, neuen Finanzierungsformen, Landesbetrieben und neuen Formen der Beschaffung von Krediten im Rahmen der Landeshaushaltsordnung umzugehen ist.

Der federführende Haushalts- und Finanzausschuss hat nach seiner Beratung in dieser Sitzung am 18. Dezember 2001 die Ablehnung des Gesetzentwurfs empfohlen. Insofern hat die Beratung in dem mitberatenden Rechtsausschuss nicht stattgefunden.

Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Ich bedanke mich für den Bericht und eröffne die Aussprache.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Bracht das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel dieses Gesetzentwurfs der CDU ist es, – –

(Pörksen, SPD: Die Landesregierung zu ärgern!)

in die Landeshaushaltsordnung Regelungen aufzunehmen, in denen klar bestimmt ist, wie mit den vielen neuen Finanzierungsformen, die sich in den letzten Jahren herausgebildet haben, mit ihren Wirkungen hinsichtlich ihrer Dokumentation im Haushaltsplan, in der Haushaltsgesetzgebung und in der Finanzplanung, umzugehen ist. Es soll sichergestellt werden, dass Finanzierungsformen, die in ihrer finanzwirtschaftlichen Wirkung Krediten gleichzusetzen oder vergleichbar sind, auch genauso behandelt werden müssen, damit Parlament und Bürger jederzeit den Überblick über die Finanzsituation des Landes behalten.

Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass der mit dem Gesetzentwurf befasste Ausschuss des Landtags mit seiner Mehrheit von SPD und FDP zu diesem uns erem Antrag Ablehnung empfiehlt, beweist, dass es der Regierung und den sie tragenden Fraktionen nicht – ich betone „nicht“ – um Transparenz beim Haushaltsgebaren, sondern vielmehr um Verschleierung geht.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Selbst Selbstverständlichkeiten wollen Sie für sich nicht gelten lassen. Die Bürger und die böse Opposition könnten durchschauen, in welche Haushaltssituation SPD und FDP dieses Land in den letzten elf Jahren gebracht haben. Da lässt man doch besser die gesetzlichen Vorgaben unbestimmt und hat Möglichkeiten, Dinge im Verborgenen zu halten.

(Schweitzer, SPD: So ein Quatsch!)

Meine Damen und Herren, die CDU dieses Hauses wird dies nicht zulassen, auch wenn Sie heute diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Um was geht es im Einzelnen: Die Aufnahme von Krediten zur Deckung von Ausgaben im Landeshaushalt wurde in den vergangenen Jahren in immer größerem Umfang durch neue Formen der Finanzierung ersetzt. Es handelt sich dabei zum Beispiel um die Kreditaufnahme durch Sondervermögen, Landesbetriebe wie LBB und jetzt auch LSV, die private Vorfinanzierung nach dem Mietkaufmodell für Straßen und Deichbau oder die Beschaffung von Krediten für Stellen außerhalb der Landesregierung, für die das Land die Verpflichtung zur Zahlung von Schuldendiensthilfen trägt anstelle von Zuwendungen zu Baukosten.

Meine Damen und Herren, alle diese Formen der Finanzierung führen zu Vorbelastungen künftiger Haushalte. Die finanzwirtschaftliche Wirkung ist voll die gleiche wie die von Krediten. Das Problem ist nun, dass nach unserer Haushaltsordnung, die derzeit gilt, der Umfang dieser Kredite und Vorfinanzierungen, weil sie noch neu sind, weder bei der Nettokreditaufnahme noch beim Nachweis der Schulden und Verbindlichkeiten des Landes erfasst werden. Wahrheit und Klarheit des Haushalts sind deshalb in diesem Punkt nicht mehr gewährleistet.

(Beifall bei der CDU)

Wir meinen deshalb, dass zwingend eine Änderung der Landeshaushaltsordnung erfolgen muss. Die Landeshaushaltsordnung muss um Bestimmungen ergänzt werden, damit diese neuen Finanzierungsformen entsprechend ihrer finanzwirtschaftlichen Wirkung in den Vorbehalt der gesetzlichen Ermächtigung durch das Parlament, in den Zustimmungsvorbehalt des Landtags und in den Nachweis der Schulden, Verbindlichkeiten und Vorbelastungen im Haushalt einbezogen werden.

Unser Gesetzentwurf schlägt die entsprechenden Ergänzungen der Landeshaushaltsordnung vor. Der Gesetzentwurf führt nicht zu zusätzlichen Kosten. Wir glauben und sind uns sicher, dass statt dessen unsere Vorschläge aufgrund des erhöhten Maßes an Transparenz der Kreditaufnahmen und Vorleistungen zu mehr Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit führen.

Meine Damen und Herren, es geht keinesfalls um Peanuts, sondern um eine Menge Geld. Es ist leicht zu sehen, wenn man sich die Beispiele wie LBB mit fast 70 Millionen Euro Kreditermächtigung im Doppelhaushalt oder den LSV mit gar 365 Millionen Euro Kreditermächtigung im Doppelhaushalt ansieht.

(Vizepräsidentin Frau Hammer übernimmt den Vorsitz)

Auf unseren Druck hin haben Sie dies jetzt wenigstens im Haushaltsgesetz eingestellt.

Die Landeshaushaltsordnung enthält bisher keine einschlägigen Bestimmungen für die Praxis der Kreditaufnahme bei Landesbetrieben und Sondervermögen. Das muss der Rechtssicherheit wegen geändert werden.

Betrachten wir einmal die Krankenhausfinanzierung. Neben direkten Investitionszuschüssen aus Titeln der Hauptgruppe 8 tritt die Aufnahme von Krediten von bzw.

für Krankenhausträger. Für diese Kredite werden vom Land Schuldendiensthilfen bis zur vollständigen Tilgung aus Titeln der Hauptgruppe 6 übernommen und als Zuwendungen geleistet.

Durch unseren Änderungsvorschlag im Gesetzentwurf soll verhindert werden, dass Zuwendungen zu Baumaßnahmen ohne Kontrolle des Landtags durch Schuldendiensthilfen ersetzt werden, wie dies bisher geschieht. Durch diese Formen der Finanzierung sind inzwischen beachtliche Verbindlichkeiten angewachsen. So liegt die Kapitalrestschuld allein der Krankenhausinvestitionen, die allerdings aus dem Haushaltsplan nicht zu erkennen ist – das hat uns die Landesregierung erst auf drängende Nachfrage hin mitgeteilt –, inzwischen bei rund 460 Millionen DM. Die Restschulden aus privaten Vorfinanzierungen, also Mietkauf, Straße und Deichbau, belaufen sich sogar in einer Größenordnung von mittlerweile über 600 Millionen DM.

Meine Damen und Herren, es kann und darf nicht sein, dass die Landesregierung mit solch hohen Beträgen sozusagen im rechtsfreien Raum machen kann, was sie will, und das Parlament und die Öffentlichkeit kein durch die Landeshaushaltsordnung verbrieftes Recht auf Transparenz und Information haben.

(Beifall bei der CDU)

Da die Landesregierung nur sehr begrenzt und auf öffentlichen Druck hin bereit ist, für Transparenz zu sorgen, muss diese durch eine Änderung der Landeshaushaltsordnung sichergestellt werden. Hinzu kommt, dass sich durch den zunehmenden Umfang der kreditähnlichen Finanzierung die finanzwirtschaftliche Aussagekraft der bisher ausgewiesenen Nettoneuverschuldung des Landes bzw. des jährlichen Finanzierungssaldos substanziell verringert.

Ein solcher Verlust an Klarheit und Wahrheit des Haushalts ist nach unserer Auffassung nicht hinnehmbar. Deshalb ist es notwendig, die Bestimmungen zur Haushaltsplanung, zur Finanzplanung, zur Berichterstattung und zur Finanzwirtschaft so zu ergänzen, dass die neuen Finanzierungsformen ihrer tatsächlichen finanzwirtschaftlichen Wirkung entsprechend durch das Haushaltsrecht erfasst werden.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, eigentlich handelt es sich bei unseren Vorschlägen um Selbstverständlichkeiten, die zwingend in der Landeshaushaltsordnung enthalten sein müssen. Von der Fülle der Regelungen, die die LHO bisher beinhaltet, haben nur wenige eine solche Bedeutung wie die von uns vorgeschlagene. Deshalb verstehe ich beim besten Willen nicht, was Sie umtreibt, dies verhindern zu wollen.

Der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann, weshalb Sie diese Transparenzverpflichtung verhindern wollen, ist, dass Sie vertuschen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wer keine Transparenz will, der will vertuschen. Das passt genau in die Gesamtlinie dieser Regierung: Die Kredite bis zur Grenze der Ver

fassungsmäßigkeit des Haushalts ausdehnen. Wenn das nicht ausreicht, werden Nebenhaushalte gegründet. Wenn auch das nicht ausreicht, werden die Verpflichtungsermächtigungen auf ein Rekordniveau heraufgesetzt. Damit haben Sie den Hals noch immer nicht voll genug. Es müssen zusätzliche Töpfe wie die beschriebene Krankenhausfinanzierung her.

Meine Damen und Herren, das alles bedeutet eine Verschuldung, die irgendwann von unseren Kindern zu finanzieren ist.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der Regierung und von der Koalition, das ist aus unserer Sicht eine unverantwortliche Politik. Das darf nach unserer Meinung so nicht weitergehen. Ich will deshalb zumindest an die Vernünftigen unter Ihnen appellieren, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen,

(Pörksen, SPD: Nach dieser Rede bestimmt nicht!)

damit diese Politik ein Ende und unser Land eine Zukunft hat. Ich füge hinzu, dass es um keine Oppositionsfrage, sondern um eine Parlamentsfrage geht.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wer diesen Gesetzentwurf ablehnt, wird seinem Auftrag als Parlamentarier, die Regierung zu kontrollieren und kontrollierbar zu halten, nicht gerecht. Deshalb bitte ich um Zustimmung.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, als Gäste im Landtag begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Hauptschule Nastätten. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)