Protokoll der Sitzung vom 23.01.2002

(Glocke der Präsidentin)

über Experten kann man streiten – entgingen dem Kreis Cochem-Zell 1,6 Millionen DM an Einnahmen.

(Jullien, CDU: Und dass man die Kreisumlage um 2 Prozentpunkte erhöhen müsste!)

Richtig, Sie sagen, die Kreisumlage müsste man um 2 Prozentpunkte erhöhen. Wenn das einträte, was die CDU durch das Vorziehen der Steuerreform erreichen will, würden dem Kreis Cochem-Zell 9 Millionen DM im Jahr weniger zur Verfügung stehen.

(Jullien, CDU: Das stimmt doch nicht!)

Rechnen Sie einmal aus, ob das die Kommunen in Ihrem Landkreis noch verkraften können, Herr Kollege.

(Beifall der SPD und der FDP – Jullien, CDU: Ach, Herr Kollege!)

Ich denke, Sie sollten bei dieser Frage die Kirche im Dorf und die Polemik im Sack lassen.

Schönen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP – Jullien, CDU: Sie hatten doch mit 15 Millionen gerechnet!)

Das Wort hat Herr Kollege Marz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Wenn man Herrn Schweitzer so reden hört, könnte man die Ansicht gewinnen, als bestünde das Problem der Kommunen zum einen in der Schwarzmalerei der größeren Oppositionsfraktion, und als hätten wir zum anderen ein Gerechtigkeitsproblem in der Finanzverteilung zwischen dem Land und den Kommunen zulasten des Landes. Das ergibt sich auch aus dem Vorspann Ihres Gesetzentwurfs. Darin steht: „Eine vergleichende Analyse“ – wie auch immer sie zustande gekommen ist – „der Finanzlage des Landes RheinlandPfalz und seiner kommunalen Gebietskörperschaften hat ergeben, dass ein Ungleichgewicht zulasten des Landes besteht.“

Das ist angesichts der tatsächlichen Lage der Kommunen eine gewagte Feststellung in einem Gesetzentwurf. Man muss sich einmal anschauen, was Sie eigentlich vorhaben.

Sie beabsichtigen zum einen – darauf ist schon hingewiesen worden –, den Kommunen erneut zum wiederholten Mal finanzielle Mittel in einem Umfang zu entziehen, der nicht zu vernachlässigen ist. Auf der anderen Seite verändern Sie in diesem Zuge auch weiter die Struktur der Kommunalfinanzierung. Das ist mindestens ebenso interessant.

Glücklicherweise – das muss man Ihnen zugestehen – sprechen Sie nicht von einem Ausgleich, den Sie durch strukturelle Veränderungen erreichen wollen, sondern

nur von einem teilweisen Ausgleich, was auch immer dies im Endeffekt bedeutet.

(Pörksen, SPD: Wir lügen ja auch nicht!)

Sie lügen natürlich nicht.

(Schweitzer, SPD: Würden Sie mir das zutrauen?)

Nein, nein, das würde ich nie behaupten. Ich würde nie behaupten, dass Sie lügen, vor allem Sie nicht, Herr Pörksen. Auf keinen Fall!

Deshalb sprechen Sie auch von einem teilweisen Ausgleich, obwohl Sie wissen, dass ein „teilweiser Ausgleich“ ein sehr dehnbarer Begriff ist. Aber es ist keine Lüge, natürlich nicht.

Dann sprechen Sie von besonders belasteten Städten und Landkreisen, die einen Härteausgleich bekommen und die bei außergewöhnlichen Belastungen einen weiteren Ausgleich bekommen. Ich sehe schon den Ministerpräsidenten durchs Land fahren und die Kommunen mit Härteausgleichsmaßnahmen retten. Das macht sich bestimmt gut, bringt aber in der Substanz wenig.

Weiterhin überführen Sie allgemeine Zuweisungen in Zuweisungen, auf die Sie mehr Zugriff haben. Das heißt, Sie engen den ohnehin schon geringen Gestaltungsspielraum der Kommunen durch die Struktur noch weiter ein. Sie nehmen den Kommunen etwas weg, gleichen aber nur zum Teil aus. Indem Sie ausgleichen, begehen Sie noch die Hinterhältigkeit und schränken den Gestaltungsspielraum der Kommunen noch weiter ein.

(Schweitzer, SPD: Verraten Sie uns doch einmal, wo Sie bei den Zweck- zuweisungen kürzen wollen! Sagen Sie es uns doch einmal!)

Ich möchte bei den Zweckzuweisungen überhaupt nicht kürzen. Wo denken Sie hin?

(Schweitzer, SPD: Ach, nein!)

Ich möchte Sie aber noch an etwas anderes erinnern:

Diese Landesregierung ist gerade einmal ein gutes halbes Jahr im Amt, und schon brechen Sie die Koalitionsvereinbarung.

(Schweitzer, SPD: Wo denn?)

In dieser Koalitionsvereinbarung haben Sie nicht nur sich selbst mehr oder weniger ernst zu nehmende Versprechungen gegeben, sondern Sie haben auch der Öffentlichkeit, den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Kommunen des Landes Rheinland-Pfalz Versprechungen gegeben. Sie haben den Kommunen in der Koaliti

onsvereinbarung gesagt, dass Sie nicht an ihre Finanzen gehen. Nun nehmen Sie ihnen wieder mehr weg.

(Schweitzer, SPD: Lesen Sie doch einmal vor!)

Ich habe es gelesen.

(Schweitzer, SPD: Reden Sie nicht so allgemein daher!)

Ja, ja, ja.

(Pörksen, SPD: Ja, wie?)

Das ist tricky, was Sie machen.

(Zurufe von der SPD: Was Sie machen, ist tricky! – Schwarz, SPD: Sie sagen etwas und beweisen es nicht!)

Mit dem, was die Kommunen haben, bleibt Ihnen im Endeffekt weniger, und damit können sie auch noch weniger anfangen als vorher.

(Schweitzer, SPD: Genau das ist falsch!)

Wenn das kein Bruch Ihrer eigenen Versprechungen ist, dann weiß ich auch nicht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Ich habe Ihnen gesagt, Sie lügen nicht. Aber Versprechungen brechen Sie.

(Schweitzer, SPD: Sagen Sie doch einmal, wo! – Schwarz, SPD: Das weiß er doch nicht! – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er hat es doch vorgerechnet!)

Herr Minister, – – –

(Schweitzer, SPD: Sie behaupten etwas, und dann reden Sie einfach weiter!)

Ich habe nur noch eine Minute, und diese Minute werden Sie mir bitte noch für ein Wort an den Minister lassen.

Herr Minister, Sie haben von einer Optimierung des Systems gesprochen. Das ist eine schöne Umschreibung. Herr Schweitzer hat von einem fairen Kompromiss gesprochen. Aber was hier versucht wird, ist kein fairer Kompromiss. Dazu fehlt es an der Gleichrangigkeit der Verhandlungspartner, die nicht gegeben ist, und an der Gleichrangigkeit der Machtverhältnisse. Dazu fehlt es an dem seriösen und redlichen Verhalten des einen Verhandlungspartners, nämlich des Landes RheinlandPfalz.

Bundesweite Vergleiche helfen da reichlich wenig. Versuchen Sie doch nicht immer, mit bundesweiten Verglei

chen schönzureden, was in den rheinland-pfälzischen Kommunen los ist.