Protokoll der Sitzung vom 13.03.2002

Gerade bei der derzeit in Bund, Ländern und besonders den Gemeinden äußerst angespannten Finanzlage und dem derzeitigen Arbeitslosenstand ist es wichtig, dass auch die kommunalen Gebietskörperschaften in ihre Zukunftsfähigkeit investieren. Investitionen sichern und schaffen dabei in dem für unserem Land so wichtigen Bereich der mittelständischen Wirtschaft nicht nur Arbeitsplätze, sondern diese führen indirekt auch zu höheren Einnahmen auf allen staatlichen Ebenen.

Deshalb ist es der Landesregierung ein erhebliches Anliegen, die vielfältig notwendigen Projekte der kommunalen Gebietskörperschaften durch Zuwendungen zu unterstützen. Im Haushalt des Innenministeriums stehen hierfür die kommunalen Förderprogramme zur Verfügung.

Aufgrund dieser Mittelausstattung ist es möglich, die Erhaltung, Erneuerung und Revitalisierung unserer

Städte und Gemeinden weiterhin auf hohem Niveau zu unterstützen.

Mit Bundes- und Landesmitteln von zusammen 6,9 Millionen Euro können auch die vielversprechend begonnenen Maßnahmen in den besonders belasteten und benachteiligten Stadtteilen des Programms „Soziale Stadt“ fortgeführt werden. Darüber hinaus werden wir mit unserer Dorferneuerungskonzeption 2002 für die kommenden Jahre insbesondere auch Entwicklungsperspektiven für eine kinder- und familienfreundliche Dorferneuerungspolitik aufzeigen.

Unsere erfolgreiche Konversionspolitik, die im nationalen wie im internationalen Vergleich beispielhaft ist, wird auch in den kommenden Jahren in engem Schulterschluss mit den betroffenen Kommunen fortgesetzt werden. (Beifall der SPD)

Wir sind stolz auf diese Erfolge insgesamt. Im vorliegenden Doppelhaushalt stehen für Konversionsmaßnahmen Mittel in Höhe von mehr als 48 Millionen Euro zu Verfügung.

Meine Damen und Herren, ein Leben in Sicherheit in unseren Städten und Gemeinden ist ein genauso unverzichtbarer Bestandteil für eine hohe Wohn- und Lebensqualität wie die vielfältigen Bemühungen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort, die sich ehrenamtlich für ein reiches Innenleben in unseren Gemeinden einsetzen.

Das ehrenamtliche Engagement lebt von dem Ideenreichtum der Menschen. Insofern gibt es kaum einen gesellschaftlichen Bereich, in dem das freiwillige Bürgerengagement nicht für eine Verbesserung des kulturellen, sportlichen oder gesellschaftlichen Angebots sorgt. Deshalb freue ich mich, dass die Regierungsfraktionen zur weiteren Förderung und Würdigung des freiwilligen Engagements zusätzliche Mittel in den Haushalt einstellen wollen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, aus Zeitgründen kann ich nicht mehr auf die einzelnen Punkte im Sportbereich hinweisen. Ich denke, dass das, was hierzu insbesondere von dem Kollegen Hohn gesagt worden ist, unterstrichen werden kann. Rheinland-Pfalz ist in der Sportförderung führend. Dies gilt auch, was in Bezug auf den Ausbau des Fritz-Walter-Stadions in Kaiserslautern und des Stadions Am Bruchweg in Mainz gesagt worden ist, wobei uns wichtig war, dass in der gleichen Größenordnung wie in Kaiserslautern auch der allgemeine Sportstättenbau gefördert wird.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zeigen seit nunmehr 20 Jahren bewundernswerte und dankenswerte Solidarität – das hat noch niemand angesprochen – mit dem geschundenen Volk in unserem Partnerland Ruanda.

In den zwei Jahrzehnten konnten über 1.000 basisorientierte Projekte durchgeführt werden, die der Armutsbe

kämpfung, der Grundbildung und insgesamt der Hilfe zur Selbsthilfe dienten. Insbesondere der dezentrale Einsatz der rheinland-pfälzischen Hilfe hat lokale Strukturen in Ruanda gestärkt und die Möglichkeit der kommunalen Entwicklung deutlich verbessert.

Darüber hinaus haben wir im letzten Jahr die ersten kommunalen Wahlen in Ruanda finanziell und personell durch den Einsatz von Mitarbeitern meines Hauses vor Ort unterstützt. Ich danke deshalb den Regierungsfraktionen dafür, dass sie eine Erhöhung der Haushaltsmittel um 500.000 Euro vorgesehen haben.

Viele, die sich in der Partnerschaft engagieren, wissen, dass dieser Betrag nicht ausreichen wird, um die Nöte vor Ort bekämpfen zu können. Gerade vor dem Hintergrund des Vulkanausbruchs vor wenigen Wochen ist Hilfe mehr denn je gefragt.

Aber sie ist ein sichtbares Signal an die Menschen in unserem Partnerland. Wir freuen uns auf das diesjährige Partnerschaftsjubiläum.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, abschließend lassen Sie mich zusammenfassen: Der Doppelhaushalt 2002/2003 im Einzelplan 03 ist ein Haushalt, der Schwerpunkte setzt:

1. Er bündelt Kräfte, Beispiel Innere Sicherheit im weitesten Sinne,

2. er stärkt das Bürgerengagement, Beispiel Ehrenamt,

3. er eröffnet Zukunftsoptionen, Beispiel Nutzung neuester Technik,

4. er schafft Perspektiven, beispielsweise Konversion, Städtebauförderung, Dorferneuerung, Hilfe für Ruanda.

In schwierigen Zeiten stellt sich die Regierung ihrer Verantwortung in der Innenpolitik und bedankt sich für die Unterstützung der Regierungsfraktionen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich darf Gäste im rheinlandpfälzischen Landtag begrüßen, und zwar französische und deutsche Schülerinnen und Schüler des Europagymnasiums Wörth. Herzlich willkommen im Landtag Rheinland-Pfalz!

(Beifall im Hause)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Grützmacher das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Zuber hat bereits darauf hingewiesen, dass der Innenhaushalt in diesem Jahr besonders stark fremdbestimmt ist, und zwar nicht nur durch die Frage der Inneren Sicherheit nach dem Terroranschlag, sondern vor allem auch durch die Diskussion um das Zuwanderungsgesetz. Damit kommen auf die Länder und auf das Land RheinlandPfalz große Verpflichtungen zu. Deshalb sollten wir während der Haushaltsdebatte darüber reden; denn die Integration, die auch in diesem Gesetz mit verordnet ist, ist eine Aufgabe, die Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam schultern müssen. Meine Damen und Herren, Sie können sich darauf verlassen, wir werden uns mit Nachdruck dafür einsetzen, dass alle drei Ebenen diese schwierige Aufgabe schultern.

Wir müssen aber besonders darüber reden, was auf Rheinland-Pfalz an finanziellen Pflichten und sonstigen Pflichten zusammen mit diesem Gesetz zukommt.

Herr Pörksen, ich muss sagen, ich verstehe nicht so richtig, warum Sie meinten, dass dieses Geld, das wir den Kommunen für die Integrationsarbeit zur Verfügung stellen wollen, irgendwie in den falschen Hals kommen könnte. Ich denke, es ist genau das Gegenteil. Wir entlasten damit die Kommunen mit den schwierigen Aufgaben, und wir erhöhen die Akzeptanz für diese Integrationsarbeit. Das ist genau der Punkt. So muss es sein, und so wollen wir es auch haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben unsere Änderungsund Entschließungsanträge unter das Motto „Integrationsoffensive Rheinland-Pfalz“ gestellt. Integration ist eine Querschnittsaufgabe. Das ist eine Binsenweisheit, die natürlich die Aufgaben des Innenressorts weit übersteigt. Wir finden deswegen Integrationsanträge in vielen anderen Ressorts, bei der Bildung, bei den Kindergärten, bei der Wirtschaft und natürlich vor allem in der Staatskanzlei; denn dort ist die Ausländerbeauftragte angesiedelt, die eine wichtige Rolle bei der Integrationsoffensive spielt.

Allerdings sind wir der Meinung, dass ihre bisherigen Kompetenzen für die notwendigen umfassenden Aufgaben der Integration nicht genügen. Wir fordern daher eine grundlegende Erweiterung der Stelle zu einer Leitstelle für Migration und Integration, die die Aufgaben und Rechte bekommt, um Konzepte zu einer besseren Integration von Migrantinnen in allen Lebensbereichen zu erarbeiten, die aber auch Konsultationsrechte zum Beispiel bei der Erarbeitung von Gesetzen usw. hat und die uns natürlich – das finden wir auch sehr wichtig – alle zwei Jahre einen umfangreichen Bericht – das kann so ähnlich sein wie der Bericht des Datenschutzbeauftragten – im Parlament vorlegt, damit wir alle daran beteiligt werden.

Darum glauben wir mit Blick auf die enormen Versäumnisse in puncto Integration in den letzten Jahrzehnten, mit der Erkenntnis, dass Integration eine Querschnittsaufgabe ist, muss das Schattendasein, das das Amt der Ausländerbeauftragten bisher geführt hat – das

liegt nicht an denjenigen, die das Amt innehatten – aufgewertet werden.

Meine Damen und Herren, Integration setzt Anstrengung von beiden Seiten voraus, von den Menschen die zu uns kommen, aber auch von uns. Wir fordern daher, dass im öffentlichen Dienst, insbesondere bei der Polizei, verstärkt Anstrengungen unternommen werden müssen, mehr Menschen mit Migrationserfahrung, also eingebürgerte Ausländerinnen, einzustellen. Die Zahlen sprechen Bände. Es gibt, wenn ich mich richtig entsinne, nur drei Polizistinnen in Rheinland-Pfalz, die ausländischer Herkunft sind. Es ist offensichtlich, dass die bisherigen Anstrengungen des Innenministeriums, mehr Polizistinnen mit Migrationserfahrung einzustellen, nicht ausreichen.

(Zuruf des Staatsministers Zuber)

Mit ausländischer Staatsangehörigkeit, also nicht mit Migrationserfahrung. Dann habe ich das im Innenausschuss falsch verstanden. Das würde mich auch noch einmal interessieren, aber das kann man nicht festlegen, weil sie alle Deutsche sind.

Jedenfalls glaube ich, dass hier noch weiter Phantasie und Flexibilität gefragt sind, um noch mehr ausländische Polizistinnen und Polizisten in den rheinland-pfälzischen Polizeidienst zu bekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das heißt natürlich nicht, dass diese ganzen Anstrengungen bei den Menschen, bei den Ausländerinnen im Polizeibereich, stehen bleiben. Wir müssen auch sehen, dass die Fortbildung in interkultureller Kompetenz und Kommunikation für alle Polizeibeamten im öffentlichen Dienst verstärkt angeboten werden muss. Das ist ein besonders trauriges Kapitel in den öffentlichen Verwaltungen. Wenn Sie mit Ausländerinnen, mit Migrantinnen sprechen, dann hören Sie immer wieder – ich höre dies zum Beispiel in Landau –, dass ihre größte Angst nicht darin besteht, von Rechtsextremisten angepöbelt oder angegriffen zu werden – dann wissen sie, wie sie damit umgehen und welche Stellen sie meiden –, ihre größte Angst besteht vor dem Gang ins Amt, vor der Behörde, vor dem Ausländeramt, vor dem Sozialamt, vor dem Wohnungsamt usw. Ich finde, das ist beschämend. Ich glaube, man muss, wenn man es mit Integration ernst meint, dringend eine Kampagne starten, damit sich das ändert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch auf das traurigste Kapitel im Ressort des Innenm inisters zu sprechen kommen, auf die Landesunterkunft und das Abschiebegefängnis in Ingelheim. Sinn dieser mit viel Geld aufgebauten und betriebenen Landesunterkunft ist es, abgelehnte Asylbewerberinnen zur freiwilligen Ausreise zu bewegen, und zwar vor allem diejenigen, bei denen es Probleme mit der Feststellung der Staatsangehörigkeit gibt. Das Ziel des Innenministeriums, den Kommunen dabei zu helfen, ist richtig und wird auch von uns unterstützt. Aber der Weg, der in Rheinland-Pfalz beschritten wird, ist mehr als fragwürdig. Schon die Zahlen sprechen Bände. Von 174 Personen,

die bisher von den Kommunen in die Landesunterkunft geschickt wurden, sind über 90 Personen während dieser Prozedur verschwunden. Nur ganze 5 Personen von den 174 sind freiwillig ausgereist.

Herr Zuber, wenn Sie das einen Erfolg nennen, ist das lächerlich und zynisch. Herr Pörksen, der einzige zweifelhafte Erfolg des so genannten Modellprojekts ist es, dass jetzt 90 Personen verschwunden sind. Das Innenministerium hat auch noch die Stirn, zu sagen, dass diese Menschen – ich zitiere – das Bundesgebiet verlassen haben, da sie keine weiteren Sozialleistungen mehr beziehen und keiner meldepflichtigen Arbeit nachgehen. Damit können sie – ich zitiere wieder – als durch das Verfahren veranlasste Ausreisende gezählt werden.

Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, da haben Sie sich entweder extrem weit von der Realität des Lebens der Flüchtlinge und Asylbewerberinnen entfernt, oder Sie versuchen uns und die Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen; denn es weiß leider jeder, der sich ein wenig im Flüchtlingsalltag auskennt, dass der Arbeitskreis Asyl natürlich Recht hat, wenn er das so genannte Modellprojekt – diese Landesunterkunft – ein Projekt zur Förderung der Illegalisierung von Flüchtlingen nennt. (Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Darum lehnen wir dieses Projekt von vornherein ab. Das heißt aber nicht, dass nicht wir und die Flüchtlingsinitiativen anerkennen, dass Menschen, denen zu Recht der Anspruch auf Asyl nicht anerkannt wird, wieder in ihre Länder zurückgehen müssen, möglichst freiwillig, was auch der allergrößte Teil tut, aber wir erkennen auch an, dass ein Staat dann für die wenigen, die sich sträuben, auch Abschiebungen durchführen muss. Aber so, wie es mit dem so genannten Modell der Landesunterkunft betrieben wird, ist es inhuman, weil es Menschen und Familien aus der gewohnten Umgebung herausreißt. Es sind auch Familien dort. Es ist kontraproduktiv, weil es Menschen in die Illegalität treibt. Es ist auch eine finanzielle Verschwendung, weil es mit einem Aufwand von 5 Millionen Euro bzw. 6 Millionen Euro im Jahr sein Ziel sage und schreibe nur in weniger als drei Prozent erreicht.

Meine Damen und Herren, es gibt ein besseres Modell. Viel erfolgreicher ist zum Beispiel die enge Zusammenarbeit mit der Clearingstelle und den Kommunen; denn dadurch konnte bereits im Vorfeld – auch das haben wir gehört – bei 9 Personen eine Rückführung mit den bereits vorhandenen Unterlagen erfolgen. 16 Personen wurden mit der Unterstützung der Clearingstelle Ersatzpapiere verschafft.

Meine Damen und Herren, die Unterstützung der Kommunen durch die Clearingstelle, aber auch durch weitere Hilfsangebote des Innenministers ist der humanere, der effektivere und der preiswertere Weg, um das Ziel zu erreichen, den Kommunen bei der manchmal schwierigen Aufgabe zu helfen, die Ausreiseverpflichtung durchzusetzen.