Protokoll der Sitzung vom 13.03.2002

Wenn Sie diesen Kurs beibehalten, wird sich diese Situation auch in anderen Universitäten einstellen – nicht in jedem Fach, aber in den Fächern, die gefragt sind, und in all den Fächern, für die wir ganz konkret für die Entwicklung in diesem Land die jungen Menschen in den Universitäten haben und halten wollen.

Man kann ein Exzellenz-Förderprogramm für die Hochschulen auslegen. Wir haben aber gesagt, wir wollen ein konkretes Programm für die Internationalisierung der Hochschulen. Wir wollen ein Mehr an Stipendienmitteln, nicht nur in Stiftungen, sondern auch aus Landesmitteln finanziert haben.

Wir wollen einen besseren Austausch für die Lehrenden an den Universitäten und Fachhochschulen. Wir wollen uns dieser Aufgabe „Internationalisierung“ stellen, nicht nur im Bereich der Hochbegabten, sondern auch mit einem Fokus auf die Studierenden, die aus Ländern kommen, die es sich nicht ohne weiteres leisten können, ihre jungen Menschen hierher zu bringen und in rheinland-pfälzischen Universitäten studieren zu lassen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mit den neuen Ministerinnen Frau Ahnen und demnächst Frau Dreyer erwarten wir in Rheinland-Pfalz einen Neustart in die Kinder-, Jugendund Familienpolitik.

Das tradierte, konservative Bild mit den drei großen „K“ – ich meine, diese Landesregierung hat extrem konservative Teile –, welches ein längst überkommenes heiles Bild der Familie vermittelt, muss endlich ausgedient haben. Dafür haben nicht nur die einzelnen Familien, sondern auch der Staat und das Land eine Verantwortung,

(Hartloff, SPD: Für das heile Bild oder für was?)

wenn wir uns das auf unsere Leistungspalette für die nächsten Jahre schreiben müssen.

Mütter und Väter müssen sich endlich darauf verlassen können, dass ihre Kinder qualifiziert und zuverlässig betreut werden, wenn sie berufstätig sind und qualifizierte Berufstätigkeiten ausfüllen.

Das Angebot an Kindertagesstätten muss auch mittelfristig beitragsfrei werden.

(Schweitzer, SPD: Ach nee, auch das noch! Fällt Ihnen sonst noch etwas ein?)

Ich sage das gezielt und mit Nachdruck: Es ist Aufgabe der Kommunen, des Bundes und der Länder, über diese Frage nachzudenken, wenn wir über eine Gemeindefinanzreform und über andere Fragen nachdenken, Herr Schweitzer.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir mit unserer Bildungspolitik und unserem Bildungssystem erst im sechsten Lebensjahr beginnen, ist

jeder Ansatz verfehlt. Bildung beginnt bereits in den Kindertagesstätten, und wer für einen kostenfreien Schulbesuch ist, der muss auch entsprechende Anstrengungen unternehmen.

Diese Kosten muss keiner allein tragen – ich sage auch nicht, dass das Ihre Westerwälder Kommune allein schultern muss –,

(Zuruf von der SPD: Na, na, na!)

sondern es handelt sich um eine Aufgabe für die Gesamtheit der öffentlichen Hand, in diesem Bereich Modelle zu entwickeln.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darum ist diese Frage auch jetzt zu diskutieren, darum werden Sie auch über einen entsprechenden Antrag, einen Entschließungsantrag, abstimmen müssen, ob Sie sich für dieses Ziel mit engagieren, nicht nur in Sonntagsreden, sondern auch mit dem Einbringen und dem Engagement der Landesregierung.

(Schweitzer, SPD: Uns ist Qualität wichtiger! – Schwarz, SPD: Qualität und Zuver- lässigkeit ist wichtiger, das haben Sie eben selbst gesagt!)

Meine Damen und Herren, Qualität ist das eine. Die andere Frage ist, wofür und mit welchen Mitteln Qualität erreichbar ist, auch für den Einzelnen.

(Schweitzer, SPD: Sehr richtig!)

Wenn Sie nicht sehr viel früher anfangen, den Qualitätsbegriff umzusetzen und Zugang in diesem Bereich zu ermöglichen,

(Hartloff, SPD: Seit wann sind denn bei Kindertagesstätten die Zugänge gesperrt? Das ist doch Humbug, das ist doch wohl ein Witz!)

dann können Sie sich Ihre Bildungspolitik, Ihre Familienpolitik und weite Ziele in der Bildungspolitik sonst wohin stecken. Es wird so nicht gelingen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schauen Sie sich das Angebot einmal an, wenn Sie sagen, es geht um Qualität. Es mangelt immer noch an Kinderbetreuung an allen Ecken und Enden.

(Zuruf von der SPD: Wo steht das denn?)

Sie haben einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung für Kinder zwischen drei und sechs Jahren, aber Familienpolitik und Bildungspolitik fängt vorher an und hört mit

dem sechsten Lebensjahr nicht auf, wenn die Kinder in der Schule sind.

(Schweitzer, SPD: Heißt das, dass Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen? – Hartloff, SPD: Man kann auch einmal etwas verbessern!)

Schauen Sie sich an, wie gering die Anzahl von Krippenplätzen ist. Schauen Sie sich an, wie gering die Anzahl von Horten ist. Ich weiß, Sie kommen jetzt mit der Ganztagsschule. Diese wird das nicht aufgreifen können. Schauen Sie sich an, wenn Sie über Qualität sprechen, ob Sie tatsächlich mit diesen getrennten Angeboten ein entsprechend qualifiziertes Angebot bekommen oder ob es nicht sehr viel sinnvoller ist, sich tatsächlich für unsere Vorschläge von flexiblen und pädagogisch kompetenten Kinderhäusern einzusetzen und das vorn auf Ihre politische Agenda zu setzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Ganztagsschule wird das allein nicht richten. Es wird in diesem Gesamtauftrag Stückwerk bleiben, und es wird auch Stückwerk bleiben, wenn Sie das, was Sie in den vergangenen Monaten, immer wenn wir über Gleichstellungspolitik oder Gender Mainstreaming gesprochen haben, voll Inbrunst in das Mikrofon gerufen oder gehaucht haben, nicht umsetzen.

Ich habe mit Spannung diesen Haushaltsentwurf der Landesregierung, aber auch Ihre Änderungsanträge und Entschließungsanträge danach untersucht, ob irgendetwas von diesen Versprechen übrig geblieben ist.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Sie müssen ganz still sein; denn die CDU hat von den wenigen Mitteln, die im Haushalt des Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend zur Verfügung standen, noch 10.000 Euro mit der Begründung gestrichen, das sei zu viel des Guten. Sie sind vielleicht auch auf die Mängel gestoßen, aber Sie haben die Mängel noch vergrößert, Frau Kohnle-Gros.

Mit 30.000 Euro im Haushalt des Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend und die eine oder andere wenig überzeugende Erklärung der Ressortchefs bei den Haushaltsberatungen, also auch zum Thema „Gender Mainstreaming“, im Umsetzen von Gleichstellungspolitik, von präventiver Frauenpolitik, bleibt dieser laut verkündete Aufbruch in den Startblöcken von SPD und FDP hängen.

Ich sage Ihnen, eine unserer Leitideen für diesen Haushaltsentwurf war, dass dieser Haushalt ein GenderHaushalt werden muss. Wir wollen irgendwann einmal nicht nur die Hälfte des Himmels, sondern wir wollen die Hälfte des Geldes im Haushalt. Wenn wir jetzt nicht damit anfangen, dies zu untermauern, wann wollen wir es ansonsten tun?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Ihnen zahlreiche Initiativen vorgelegt. Wir haben Ihnen vorgeschlagen, wie der Gedanke des Gen

der Mainstreaming in die Personalentwicklung verankert werden kann, wie Frauen in der Landesverwaltung konkret und vorbildhaft ihre Karriere planen können – viele Unternehmen machen das bereits –, wie Frauennetzwerke aufgebaut und Mentoringprogramme durchgeführt werden können. Ich spreche jetzt nicht vom Mentoring für Politiker und Politikerinnen, sondern ich meine das Mentoring von Frauen in der Landesverwaltung, damit sie einmal dorthin kommen, wo die Töpfe stehen und kräftig hineingreifen können. Das sind Vorschläge, wie Sie bei Ihrer Personalentwicklung vorankommen können.

Wir haben Ihnen vorgeschlagen, wie man Gender Mainstreaming in der Wirtschaftsförderung verankern kann. Das ist doch ein schwarzes Loch in diesem gelben Ministerium. Wenn man den Minister bei den Haushaltsberatungen danach fragt, geht er kurz hinaus und hofft, dass die einzige Frau, die in seiner Begleitriege sitzt, diese Frage beantworten kann. So sieht es doch mit Gender Mainstreaming im Wirtschafts- und Verkehrsministerium aus.

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Politik wird dort aus Männersicht gemacht, egal, ob sie hinter der Windschutzscheibe oder auf dem Chefsessel sitzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen vorgeschlagen, wie ein solches Instrument eingesetzt werden kann, um in der Gesundheitspolitik tatsächlich einmal einen frauenspezifischen Blick aufzumachen. Ich bin gespannt, wie Sie sich bei den Entschließungsanträgen verhalten werden. Unsere Änderungsanträge in diesem Bereich haben Sie abgelehnt und deutlich gemacht – das sage ich insbesondere in Richtung der SPD-Fraktion –, dass Sie mit dem bisschen Politik zum Thema „Gleichstellung“ zufrieden sind, die die Landesregierung in den vergangenen Jahren gemacht hat und die sich offensichtlich auch so weiterziehen wird, wenn Sie nicht Einhalt gebieten und nicht mit uns an einem Strang ziehen.

Meine Damen und Herren, ich habe zu Beginn meiner Ausführungen die Frage des Zuwanderungsgesetzes angesprochen und möchte bei den Schwerpunkten unseres Haushaltsvorschlags über die notwendige Integrationsoffensive im Land sprechen. Diese Notwendigkeit besteht schon seit vielen Jahren. Wir wollen dieses Mal Nägel mit Köpfen machen. Wir wollen uns nicht mit 50.000 Euro für Weiterbildungsprogramme und 10.000 Euro für ein Sonderprogramm zufrieden geben.

Wir begreifen Integration von Zuwanderern als eine der zentralen Aufgaben des Landes aller Beteiligten im nächsten Jahr. Daher muss der Doppelhaushalt in dieser Frage ein Aufbruchsignal geben und darf keine Abbruchstelle sein.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)