Protokoll der Sitzung vom 21.05.2001

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung finden nicht im luftleeren Raum statt, sondern sie sind in ein geistiges Umfeld aus Geschichtsbewusstsein, gesellschaftlicher Verantwortung und Kulturleben eingelagert. Auf allen drei Gebieten werden wir die erfolgreichen Initiativen der letzten Jahre fortsetzen und systematisch ausbauen.

So werden wir eine Stiftung „Gedenkstätten RheinlandPfalz“ errichten, um die Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung zu unterstützen und das Geschichtsbewusstsein gerade auch der jüngeren Generation lebendig zu halten.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich möchte an diese Stelle ein ausdrückliches Danke an diejenigen sagen, die bisher diese Arbeit, insbesondere auch die Gedenkstättenarbeit, geleistet haben, und bitte um ihr weiteres Mitwirken.

Die politische Bildungsarbeit soll im Übrigen nach dem Wunsch der Koalitionspartner durch die Arbeit einer Enquete-Kommission des Landtags angereichert und neu ausgerichtet werden. Die Kommission soll sich mit der wachsenden Distanz vieler Jugendlicher gegenüber der Politik befassen und Gegenstrategien entwickeln.

Diese Anstrengungen werden durch unsere erfolgreiche Kulturpolitik ergänzt, in der auf den Feldern der Musik, der Literatur, der Bildenden Kunst und des Theaters zugleich auch die Kultur des Zusammenlebens und des Umgangs mit Traditionen und Werten gepflegt und gelernt wird.

Hier hat die Landesregierung in den zurückliegenden Jahren wertvolle Fundamente gelegt, auf die wir aufbauen können. Allen voran sei der Kultursommer genannt. Wie kaum eine andere Einrichtung hat der Kultursommer als „Bürgerinitiative für Kultur“ das Wir-Gefühl im Land gestärkt.

Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Mittelrheintal und seiner Anerkennung als Weltkulturerbe der UNESCO und der großen Konstantin-Ausstellung in Trier. Diese beiden wichtigen kulturpolitischen Vorhaben sind zugleich auch von großer Bedeutung für die Entwicklung des Tourismus an Rhein und Mosel, und sie belegen eine erfolgreiche Verquickung verschiedener Politikfelder.

(Beifall der SPD und der FDP)

Auch der Limes als wichtiges Zeugnis der römischen Vergangenheit soll in seiner kulturhistorischen Bedeutung herausgestellt und besser vermarktet werden.

Verehrte Damen und Herren, die Wissensgesellschaft ist immer noch auch eine Arbeitsgesellschaft. Aus diesem Grund hat die Landesregierung der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen und der Unterstützung uns erer Wirtschaftsunternehmen – insbesondere der großen Zahl mittelständischer Betriebe – eine überragende Priorität eingeräumt.

Durch die engagierte Arbeit vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, freiberuflich und selbstständig tätiger Menschen und durch die vertrauensvolle Kooperation aller, die am Wirtschaftsleben teilnehmen, so auch am ovalen Tisch, ist es uns in den letzten Jahren gelungen, zu den Bundesländern mit der niedrigsten Arbeitslosenquote zu gehören.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir rangieren zugleich – das ist die andere Seite der Medaille – auch nach der EU-Statistik auf einem Spitzenplatz unter den europäischen Hightechregionen.

Wir werden uns auf diesen Lorbeeren natürlich nicht ausruhen, sondern mit aller Kraft und Beharrlichkeit daran weiterarbeiten, diese Spitzenpositionen noch zu verbessern.

In ihnen kommen auch zugleich unsere wirtschaftspolitischen Ziele zum Ausdruck: Wir wollen allen, die es können, zur Teilhabe am Arbeitsleben verhelfen, und wir wollen eine Modernisierung unserer Wirtschaft mit menschlichem Antlitz, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht Furcht, sondern Zuversicht einflößt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Eine phantasievolle und flexible Arbeitsmarktpolitik soll allen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzern Anschluss an das Arbeitsleben bieten; denn nach wie vor ist eine Eingliederung in das Arbeitsleben der entscheidende Faktor für die gesellschaftliche Anerken

nung, aber auch für das Selbstwertgefühl der meisten Menschen.

Dieser Respekt vor der Arbeit rückt all die Programme in den Vordergrund, die Menschen unterschiedlicher Qualifikationsstufen in den Arbeitsmarkt integrieren. Dabei gilt: Der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit ist der Ausbau der Qualifikation.

Die Landesregierung hat in den beiden zurückliegenden Jahren über 200 Millionen DM für gezielte Programme im Bereich der zukunftsorientierten Qualifikationen für den Arbeitsmarkt bereitgestellt. Diese Anstrengungen haben zum Erfolg geführt. Allein dadurch wurden rund 20.000 Arbeitsplätze gesichert. Deshalb werden wir diesen Ansatz fortführen.

Es gilt aber auch: Arbeit muss sich lohnen. – Wer arbeitet, soll auch von einfachen Tätigkeiten mehr haben als von der Sozialhilfe und sich zu weiteren Qualifikationen angespornt fühlen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir werden vor diesem Hintergrund die bereits laufenden, bundesweit viel beachteten Modelle zur Eingliederung in die Arbeitswelt, wie zum Beispiel das „Mainzer Modell“ und „Arbeit statt Sozialhilfe“ weiterentwickeln. Als zusätzliches Modell werden wir für den immer wichtigeren Dienstleistungsbereich in Zusammenarbeit auch mit privatwirtschaftlichen Partnern Dienstleistungsagenturen zur Förderung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Privathaushalten einrichten.

Unsere Arbeitsmarktpolitik richtet ihr besonderes Augenmerk auf die Beschäftigungsförderung und Beschäftigungssicherung von Frauen. Deshalb werden wir das arbeitsmarktpolitische Programm und die Beschäftigungsprojekte für Frauen fortführen und besonders für Alleinerziehende ausbauen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf der Suche nach neuen Wegen in die Arbeitsgesellschaft möchten wir – wie schon auf dem Feld der Jugendpolitik – die Erfahrungen und Anstöße des Parlaments nutzen. Deshalb werden die beiden Koalitionsfraktionen in dieser Legislaturperiode eine Enquete-Kommission zur „Zukunft der Arbeit in Rheinland-Pfalz im neuen Jahrhundert“ beantragen. Die Mitarbeit von Wissenschaft und Sozialpartnern ist aus Sicht der Landesregierung eine Chance, die Erfahrungen und Interessen der Beteiligten einzubringen. Selbstverständlich werden wir uns als Landesregierung sehr gern in diese Arbeit einbringen.

Meine sehr geerehrten Damen und Herren, all diese Bausteine einer aktiven Arbeitsmarktpolitik wollen wir in fortlaufendem und konstruktivem Dialog mit den Unternehmen und Betrieben unseres Landes fortsetzen und weiter entwickeln.

Rheinland-Pfalz ist ein Land des Mittelstands. Von den rund 145.000 gewerblichen Unternehmen gehören über 99 % zum Mittelstand. Auf sie entfallen 60 % der Umsätze in der Wirtschaft. Sie stellen auch 90 % der Ausbildungsplätze im Land, und schließlich beschäftigen sie mehr als 80 % der sozialversicherungspflichtig beschäf

tigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Rheinland-Pfalz.

Für diese mittelständischen Unternehmen werden wir systematisch bessere Rahmenbedingungen schaffen, indem wir ihnen helfen, ihre technologische Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und leichter Zugang, wo nötig, zu „venture-capital“ zu finden. Wir werden weiterhin Existenzgründungen fördern und auch die Übernahme bei der Unternehmensnachfolge unterstützen.

Flankiert werden alle diese Maßnahmen durch eine zielstrebige Fortsetzung unserer Konversionspolitik, die in der Bundesrepublik beispielhafte Umwandlungen von militärischer hin zu ziviler Nutzung hervorgebracht hat.

Ich erwähne nur den Flugplatz Hahn, den Flugplatz Zweibrücken, den PRE-Park in Kaiserslauten sowie den Industrie- und Gewerbepark auf dem Flugplatz in Bitburg oder den Umweltcampus Birkenfeld. Diese Vorzeigeprojekte werden wir durch Schwerpunktprojekte unter anderem in Pirmasens, Pferdsfeld und Trier ergänzen.

Darüber hinaus werden wir die Zukunftsorientierung unserer Betriebe auch durch neue Impulse im Bereich der beruflichen Ausbildung stärken. Dabei hat die berufliche Bildung im Dualen System für uns nach wie vor höchste Priorität. Sie wird durch Sonderprogramme und überbetriebliche Ausbidlungsstätten angereichert.

Mit Hilfe modularer Ausbildungsgänge wollen wir auch für leistungsschwächere Jugendliche eine qualifizierte Ausbildung und damit einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Bei entsprechender Fähigkeit wird dabei sichergestellt, dass der Gesellenbrief als Anspruch der Auszubildenden erreicht werden kann.

Aber auch besonders leistungsstarke Jugendliche sollen – auf dem Gesellenbrief aufbauend – zusätzliche Möglichkeiten zur Qualifikation erhalten.

Auch dieses Beispiel belegt die veränderte Rolle des Staates als ermöglichender, als aktivierender Staat, und sie zeigt, wie verschiedene Politikfelder ineinander greifen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Nachhaltigkeit unserer wirtschaftlichen Entwicklung wird wesentlich von einer gesicherten und umweltverträglichen Energieversorgung abhängen. Rheinland-Pfalz hat in den letzten Jahren bereits entscheidende Weichenstellungen vorgenommen, die wir nun systematisch weiterentwickeln wollen.

Hierzu zählt eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur effizienteren Energienutzung. Dies reicht von der konsequenten Nutzung von Einsparungspotenzialen in der energetischen Gebäudesanierung über den systematischen Einsatz regenerativer Energien – insbesondere durch die Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes, den unser Land Rheinland-Pfalz zur Verfügung hat, nämlich das Holz, in einem

Land, dessen Fläche zu fast 42 % mit Wald bedeckt ist – bis hin zur Förderung von Fotovoltaik-Anlagen auf Schulen und Kindergärten und anderen öffentlichen Einrichtungen.

Dabei wird die Landesregierung auch weiterhin davon ausgehen, dass Umweltverträglichkeit und wirtschaftlichtechnologischer Fortschritt nicht im Gegensatz zueinander stehen. Vielmehr hat sich im vergangenen Jahrzehnt eindeutig gezeigt, dass Umwelttechnologie und umweltschonende Produktionsformen zu den Faktoren gehören, die den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz in besonderem Maß begünstigen und Arbeitsplätze schaffen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir werden deshalb unseren Beitrag leisten, damit unser Land in immer stärkerem Maß zum Exporteur moderner Energietechnologien wird.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wie eine nachhaltige Energieversorgung so gehört auch der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zu den großen Zukunftsherausforderungen, denen wir uns stellen. Mobilität ist – ähnlich wie Bildung und Qualifikation – eine Schlüsselressource im Prozess der Modernisierung. Dies gilt für jede und jeden Einzelnen, aber auch für die Wirtschaft insgesamt. Nicht zuletzt ist gesteigerte Mobilität auch eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Integration unseres Landes in den größeren europäischen Kontext.

Aus all diesen Gründen bildet eine konzertierte Mobilitätsoffensive einen zentralen Pfeiler in unserem landespolitischen Zukunftsprogramm. Wir werden eine Mobilitätsoffensive mit dem Ziel einer nachhaltigen und funktionsfähigen Erhaltung des Landesstraßennetzes und eines bedarfsgerechten Ausbaus starten. Zusätzlich zu dem bisherigen Straßenbauvolumen werden wir ein Investitionsprogramm mit einem Finanzvolumen von 1 Milliarde DM im Rahmen der kommenden fünf Jahre auflegen.

Diese Mobilitätsoffensive wird von der Gründung eines Landesbetriebs „Straßen und Verkehr“ flankiert. Dieser Landesbetrieb wird die Planung und den Bau der für Rheinland-Pfalz erforderlichen neuen Verkehrswege voranbringen und koordinieren.

Über den Bereich des Straßenwesens hinaus werden in den nächsten Jahren aber auch alle anderen Bereiche des Verkehrswesens neue Impulse erhalten: der Schienenverkehr, der Verkehr auf den Wasserwegen und der Luftverkehr.

Im Schienenverkehr wird die Landesregierung neben der Weiterentwicklung der Nahverkehrsangebote im Rheinland-Pfalz-Takt die Einbindung unseres Landes in die nationalen und internationalen Schienenverbindungen weiter betreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, dies ist auch Gelegenheit, eine Anerkennung an all diejenigen auszusprechen, die die Entwickung des RheinlandPfalz-Taktes an den heutigen Stand gebracht haben. Es

ist ein äußerst erfolgreiches Modell, in Deutschland beispielhaft.