Protokoll der Sitzung vom 21.05.2001

Dafür angemessene Rahmenbedingungen zu schaffen, ist zuallererst natürlich eine Aufgabe der Bundespolitik. So, wie Rheinland-Pfalz schon bei der Reform des Staatsbürgerrechts eine wichtige konstruktive Rolle gespielt hat, wird die Landesregierung auch die politische Diskussion um Zuwanderung und Integration nicht nur aufmerksam verfolgen, sondern auch konstruktiv mit eigenen Vorschlägen begleiten.

Darüber hinaus werden wir auf den Gebieten, in denen die Landespolitik gefragt ist, unseren höchsteigenen Beitrag zur Integration vor allem auch der jüngeren Zuwanderer in unserem Land leisten. Hier wirkt insbesondere die Ausländerbeauftragte mit ihrer Arbeit unterstützend bei der Eingliederung von Zuwanderern mit. Diese verantwortungsvolle Arbeit wird fortgesetzt und im Licht der Entwicklung der integrationspolitischen Weichenstellungen und vor dem Hintergrund neuer Forschungserkenntnisse aktualisiert werden.

In jedem Fall werden wir anregen, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um eine Ausdehnung des Kommunalwahlrechts auf Bürger aus Nicht-EU-Staaten,

die gemäß den Fristen für die Einbürgerung schon längere Zeit in Deutschland leben, zu ermöglichen.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie einladen, an dieser Initiative mitzuwirken, weil sie verfassungsändernde Mehrheiten voraussetzt.

Zugleich werden wir allen Formen der Ausländerhetze und der Fremdenfeindlichkeit konsequent und entschlossen entgegentreten und den guten Ruf des Landes als offene und tolerante Heimat für alle, die sich an den demokratischen Regeln und unseren Gesetzen orientieren, verteidigen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies ist im Übrigen auch mit Blick auf die Einigung Europas eine dringende Aufgabe. Die Europäische Union steht für die Öffnung der Grenzen und das Zusammenleben von Menschen unterschiedlichster Herkunft. Gleichwohl ist richtig: Viele Europäer – leider in besonderer Weise auch die Deutschen – haben Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Zuwanderern und Minderheiten. Sie fürchten um den sozialen Frieden und den Wohlstand.

In dieser Lage sind wir alle aufgerufen, nach Kräften aufzuklären, verantwortlich zu handeln, aber auch gegebenenfalls entschieden gegen dumpfe Ressentiments vorzugehen. Dies ist auch der Grund dafür, warum ich im letzten Sommer den Mainzer Appell gegen Fremdenfeindlichkeit initiiert habe. Darin wird sehr deutlich gesagt, dass uns Angriffe auf unsere Nachbarn alle angehen. Hier dürfen Menschen nicht wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion diskriminiert, verfolgt, misshandelt oder gar getötet werden.

Wir sind alle aufgerufen, uns gegen Diskriminierung und Gewalt von rechts zu wehren sowie Zivilcourage im Alltag zu zeigen. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Gewalt von links. (Beifall bei SPD und FDP)

Bis heute haben mehr als 100.000 Personen diesen Aufruf unterschrieben. Dazu gehören viele Prominente. Die meisten der Unterzeichner sind jedoch „Normalbürger“: Angestellte, Hausfrauen, Studenten, Arbeiterinnen und Arbeiter und Rentnerinnen und Rentner. Die Unterstützung für den „Mainzer Appell“ verdeutlicht die Bereitschaft, sich aktiv für das friedliche Zusammenleben einzusetzen. Dies ist ein Pfund, mit dem wir demokratisch in diesem Land Rheinland-Pfalz wuchern können und wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Modernisierung, Sicherheit und Einbettung in europaweite Zusammenhänge werden in kaum einem Politikbereich klarer erkennbar als in der Umweltpolitik. Für die Landesregierung gilt seit langem: Die Bedeutung der natürlichen Lebensgrundlagen und des Naturschutzes sowie der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes erstreckt sich gleichermaßen auf die heutige wie auf kommende Generationen. Diese Bedeutung ist auch immer im Lichte internationaler Verantwortung und Solidarität zu betrachten.

Entsprechend hat Rheinland-Pfalz im umweltpolitischen Bereich seit vielen Jahren und auf vielen Feldern eine beispielhafte Rolle gespielt. Diese fortschrittliche Umweltpolitik, die zugleich auf breite Anerkennung in der Bevölkerung und in der Wirtschaft gestoßen ist, werden wir fortsetzen.

Wir stehen zu der Verpflichtung, die Agenda 21 und das damit verbundene Aktionsprogramm für eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit der rheinland-pfälzischen Wirtschaft und uns eren Kommunen umzusetzen.

Naturschutz ist Teil unserer Kultur. Er ist Ausdruck der Verantwortung für uns und unsere Kinder. Die regionale Identität wird in weiten Teilen unseres Landes geprägt von der traditionellen Kulturlandschaft, ihrer Schönheit und ihrer Eigenart. Gemeinsam mit Kommunen, Schulen, Kindergärten und Verbänden wollen wir die natürlichen Lebensgrundlagen sichern und weiterentwickeln.

Hierzu trägt die Einrichtung von weiteren naturnahen Erlebnisräumen, wie zum Beispiel das Bienwald-Projekt, der Ausbau der Naturparke und des Biosphärenreservats Pfälzerwald als Modellregionen für nachhaltige ländliche Entwicklung bei.

Die Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ist eine zentrale Aufgabe der Daseinsvorsorge, die in kommunaler Verantwortung bleiben soll.

(Beifall der SPD und der FDP)

Der Hochwasserschutz bleibt ein Schwerpunkt der Politik der Landesregierung. Die bisherigen Konzepte „Versickern, Renaturieren, Rückhalten“ waren erfolgreich und werden fortgesetzt. Die bereits begonnenen Hochwasserschutzmaßnahmen an den rheinland-pfälzischen Flüssen werden kons equent umgesetzt.

Unsere 1994 gestartete „Aktion Blau“ sowie die Programme zur Gewässer- und Auenentwicklung haben sich bewährt und werden fortgeführt. Diese Anstrengungen haben zur Folge, dass unsere Flüsse und Bäche wieder sauber und voller Leben sind.

Wir setzen unsere erfolgreich begonnene Abfallpolitik fort und bekräftigen unsere Ablehnung des Zwangspfandes und regen die Überprüfung des Dualen Systems in diesem Zusammenhang an.

(Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist etwas für einen Koalitionsvertrag in den nächsten fünf Jahren!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Zuge der europaweiten Diskussion um die Risiken von BSE und Maul- und Klauenseuche ist der Öffentlichkeit in den letzten Monaten schmerzlich bewusst geworden, dass ohne einen wirksamen Verbraucherschutz ernsthafte Gefährdungen der Lebensqualität zu befürchten sind.

Die Landesregierung wird das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Qualität, die gesundheitliche Unbedenklichkeit und auch die Umweltverträglichkeit bei

der Lebensmittelherstellung stärken, indem sie sich an dem Grundsatz der „gläsernen“ Produktion vom Erzeuger bis zur Ladentheke orientiert.

Wir treten für einen vorsorgenden Verbraucherschutz ein, in dem umfassende Information und Beratung zum mündigen Verbraucher führen. Wir werden dabei die Arbeit der Verbraucherschutzzentrale stärken. Ihr landesweites Beratungsnetz gewährleistet umfangreiche Hilfen in den wichtigsten Konsumbereichen. Ein ehrenamtlich tätiger Verbraucherschutzbeauftragter wird sie als Ansprechpartner der Bürgerinnen und Bürger ergänzen.

Verehrte Damen und Herren, der Tierschutz hat für die Landesregierung einen besonderen Stellenwert. Er wurde deshalb in der Landesverfassung verankert. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, ihn als Staatsziel im Grundgesetz und in den entsprechenden Regelungen der Europäischen Union zu verankern.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir wollen, wo vorhanden, weg von der Massentierhaltung und setzen verstärkt auf eine art- und tierschutzgerechte Nutztierhaltung. Verantwortliche Landwirtschaft und artgerechte Tierhaltung bedingen einander und sind Voraussetzung für höchste Qualität landwirtschaftlich erzeugter Lebensmittel. Glücklicherweise arbeiten die meisten Betriebe in unserem Land auch entsprechend.

Überdies streben wir an, den Transport von Schlachtvieh deutlich einzuschränken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Landwirtschaft und Weinbau sind nach wie vor von herausragender Bedeutung für unser Land Rheinland-Pfalz. Sie erzeugen Nahrungsmittel von hoher Qualität, pflegen und erhalten unsere Kulturlandschaft und machen unsere ländlichen Räume attraktiv und lebenswert.

Sie sichern die natürlichen Lebensgrundlagen und erbringen zugleich wichtige Vorleistungen insbesondere für den Tourismus, der für Rheinland-Pfalz immer wichtiger wird.

Förderschwerpunkte der Landwirtschaftspolitik bleiben die einzelbetriebliche Förderung, die Junglandwirteförderung, die Bodenordnung und die systematische Verbesserung der Marktstrukturen. In besonderer Weise wollen wir die Vermarktung im Obst- und Gemüsebau weiterentwickeln und eine umweltschonende Landwirtschaft fördern. Gerade in diesem intensiv bewirtschafteten Bereich ist dies von besonderer Bedeutung. Dies wird auch der ländlichen Entwicklung insgesamt zugute kommen. Davon sind wir überzeugt.

Verehrte Damen und Herren, dem Weinbau kommt in Rheinland-Pfalz als dem größten weinbautreibenden Land eine herausragende Bedeutung zu. In unserem Land werden von mehr als 16.000 Betrieben rund 70 % des deutschen Weins erzeugt, der sich sowohl in der Spitze als auch in der qualitativ guten Breite hervorragend entwickelt hat. Diese positive Entwicklung wollen wir auch in den kommenden Jahren fördern.

Wir wollen Weinbaubetrieben helfen, möglichst gute unternehmerische Gestaltungs- und Absatzmöglichkeiten zu sichern und, wo nötig, zu eröffnen. Neben der Selbstvermarktung wollen wir Anreize schaffen, sich in Erzeugergemeinschaften und Genossenschaften zu organisieren, um bessere Chancen am Markt zu erreichen.

Ein weiteres Ziel ist der Umbau der qualitätsorientierten Mengenregulierung mit dem Ziel der Anpassung der Erzeugung an die Absatzmöglichkeiten.

(Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist eine schöne Umschreibung!)

Fördermittel des Landes für Destillationsmaßnahmen sind künftig auszuschließen.

In Oppenheim wollen wir ein „Zentrum für Imagewerbung und Marketing für rheinland-pfälzischen Wein“ einrichten, um unsere Qualitätsbemühungen erfolgreich am Markt wirken zu lassen.

Meine Damen und Herren, nutzen wir unsere erfolgreichen Weine als Werbung für unser Land RheinlandPfalz.

(Beifall der SPD und der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, eine Politik der zugleich zielstrebigen wie behutsamen Modernisierung, wie wir sie in den kommenden Jahren in dieser kommenden Legislaturperiode fortsetzen und systematisch ausweiten wollen, setzt auch ein neues Verständnis vom Staat und seinen Aufgaben voraus. Eine moderne, aktive und stets lernbereite Gesellschaft braucht einen aktivierenden, sich selbst modernisierenden, leistungsfähigen Staat.

Nach wie vor gilt die Regel, dass die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte die beste Voraussetzung für einen leistungsfähigen Staat ist. Sparen ist - auch im Blick auf unsere Kinder und Enkelkinder – die Grundlage verantwortungsbewusster Politik.

Rheinland-Pfalz hat als eines der ersten Länder eine Selbstbindung zum Ausstieg aus der Neuverschuldung beschlossen. Bislang lag die Zielmarke für einen Haushalt ohne neue Schulden beim Jahr 2008. Dank unserer erfolgreichen Sparbemühungen liegen wir ausweislich des Jahresabschlusses 2000 jedoch deutlich vor dieser Zeitplanung. Deshalb wollen wir den ausgeglichenen Haushalt möglichst schon 2006 – das heißt, zwei Jahre früher als bisher geplant – realisieren.

(Beifall der SPD und der FDP)

Dabei sind wir uns bewusst, dass sich die Rahmenbedingungen seit dem vergangenen Jahr erkennbar verschlechtert haben. Die von den USA und Südostasien ausgehende konjunkturelle Eintrübung hinterlässt tiefe Spuren bei den Steuereinnahmen. Selbstverständlich werden sich auch die Entlastungen sowohl der Bürgerinnen und Bürger als auch der Wirtschaft durch die Steuerreform, das Altersvermögensgesetz und die ge

plante Erhöhung des Kindergelds auf die Einnahmen der öffentlichen Haushalte auswirken.

Zwar entsprechen die Ergebnisse der Steuerschätzung aus der vergangenen Woche unseren Erwartungen, aber gegenüber den Schätzwerten des Vorjahres werden spürbare Mindereinnahmen prognostiziert.

Es gilt deshalb das Prinzip äußerster Sparsamkeit bei gleichzeitiger Stetigkeit und Berechenbarkeit. Durch Anwendung des zur Verfügung stehenden haushaltsrechtlichen Instrumentariums werden wir auch schon im laufenden Jahr die Ausgaben noch restriktiver bewirtschaften als bereits im Haushaltsplan vorgesehen.

Auch im kommenden Doppelhaushalt für die Jahre 2002 und 2003 und in den Folgejahren wird der eingeschlagene Sparkurs unvermindert fortgesetzt. Der Ausgabenzuwachs muss auch weiterhin unterhalb der Vorgabe des Finanzplanungsrats liegen.

Meine Damen und Herren, das ist ein ehrgeiziges Ziel, für das ich Ihre Unterstützung erbitte; denn Sie sind der Souverän in diesen Fragen.