Fundamental bedroht ist aber eine Qualitätsentwicklung, eine langfristig angelegte und moderne Bildungspolitik nach den Erkenntnissen der PISA-Studie auch durch die Aussage der Finanzminister und somit auch von Herrn Minister Mittler, insbesondere die Bildungshaushalte zur Rückführung der Neuverschuldung einzusetzen.
(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wie oft ist Ihnen eigentlich mitgeteilt worden, dass dieser Minister das nicht gesagt hat?)
Die Landesregierung muss bereits jetzt bei diesem Doppelhaushalt deutlich machen, dass die ab 2004 zurückgehende Zahl von Schülerinnen und Schülern dazu genutzt wird, dem Schulsystem diese Personalressourcen für eine Qualitätsentwicklung des Unterrichts und mehr Ganztagsangebote zu erhalten.
Meine Damen und Herren, fast die Hälfte der Haushaltsentschließungsanträge der Regierungskoalition bezieht sich auf maximal 2 % der Schülerinnen und Schüler in unseren Schulen, nämlich die so genannten Hochbegabten. Die PISA-Studie outet aber bereits ungefähr 20 % unserer Schülerinnen und Schüler als junge Menschen mit zu geringem Leseverständnis, als junge Menschen, die einmal größte Schwierigkeiten haben werden, in einer modernen Industriegesellschaft in die Arbeitswelt integriert zu werden und ihr Leben einigermaßen selbstbestimmt führen zu können. An dieser Wirklichkeit gehen Ihre Entschließungsanträge weit vorbei.
Dies zeigt zum einen ein Vergleich der Summen, die Sie in Ihren Anträgen veranschlagt haben, für die Hochbegabtenförderung auf der einen Seite und der im Vergleich dazu lächerliche Betrag, den Sie zum Beispiel für Ihr Aktionsprogramm „Hauptschule“ bereitstellen. Die von der Landesregierung beschlossene Schaffung von teuren Elitegymnasien steht in klarem Widerspruch zu den Ergebnissen von PISA.
Der falsche Weg von mehr Auslese statt mehr individueller Förderung aller Schülerinnen und Schüler wird mit diesen neuen Eliteschulen auf die Spitze getrieben.
Man muss sich einmal den internationalen Vergleich angucken, wo sehr deutlich aufgezeigt wird, dass die in
Deutschland übliche frühzeitige Sortierung von Kindern auf unterschiedliche Schultypen offensichtlich nicht bessere Schülerinnenleistungen mit sich bringt. Die skandinavischen Gesamtschulsysteme sind in der Lage, mit weit besseren Ergebnissen die Schwachen zu fördern und die Starken zu fordern.
Herr Dr. Schmitz, wir haben in einem Entschließungsantrag sehr deutlich gemacht, wie wir uns eine integrierte individuelle Begabtenförderung vorstellen. Ich bin sehr gespannt, wie Sie sich zu diesem Entschließungsantrag verhalten.
Herr Mertes ist leider nicht anwesend. Aber weil mich Herr Mertes gestern auf mein angeblich so merkwürdiges Demokratieverständnis angesprochen hat: Der Elternwille nach mehr integrierten Schulen wird von dieser Regierungskoalition wahrlich mit Füßen getreten. Die Anmeldezahlen – das ist der entscheidende Faktor für den Elternwillen – für integrierte Gesamtschulen zeigen, dass der Bedarf für mindestens zehn weitere Integrierte Gesamtschulen vorhanden ist. Alle Eltern, die eine Schulart des gegliederten Schulwesens für ihre Kinder wollen, haben den gesetzlichen Anspruch darauf, dass ihr Kind in eine solche Schule kommt. Das gilt nicht für Eltern, die ihre Kinder auf eine integrierte Schulart stecken wollen.
Lassen Sie mich kurz auf ein besonders düsteres Kapitel der rheinland-pfälzischen Schulpolitik eingehen, die berufsbildenden Schulen.
In keinem anderen westlichen Bundesland ist die Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen derart schlecht wie in Rheinland-Pfalz;
dies gerade zu einem Zeitpunkt, zu dem die Zahl der Schülerinnen und Schüler allein aufgrund der demographischen Entwicklung rasant ansteigt und zusätzlich in diesem Schuljahr wegen fehlender Ausbildungsplätze eine traurige Rekordzahl von über 7.500 Bewerberinnen um einen Ausbildungsplatz zum größten Teil auf diese Schulart mit dem höchsten strukturellen Unterrichtsausfall zukam. Wir haben deshalb für die berufsbildenden
Schulen in unseren Haushaltsanträgen besonders viele zusätzliche Mittel beantragt, nämlich 8 Millionen Euro für den Zeitraum des Doppelhaushalts, die Sie alle abgelehnt haben.
Die Realität an den rheinland-pfälzischen berufsbildenden Schulen widerspricht allen Sonntagsreden der Landesregierung, wo Sie immer hochhalten, wie wichtig die Bedeutung der beruflichen Bildung ist.
Wir wollen mit den beantragten Mitteln die berufsbildenden Schulen zu Aus-, Fort- und Weiterbildungszentren für berufliche Bildung weiterentwickeln.
Meine Damen und Herren, die Ausweitung des Ganztagsangebots an rheinland-pfälzischen Schulen und die „Trippelschritte“ in der Kindertagesbetreuung, auf die ich nachher noch eingehen werde, reichen in keiner Weise als Antworten auf die PISA-Studie aus.
Rheinland-Pfalz braucht statt immer neuer Varianten von Einsparungskonzepten endlich einen Paradigmenwechsel weg von Investitionen in Straßen und Beton hin zu kreativen und umfassenden Investitionen in Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, die Aufgabe heute ist nicht ganz einfach, nämlich der Redezeit, die jetzt vorgegeben ist, und den Themen, die eigentlich das ganze Gebiet Bildung umfassen, und auch den Beiträgen, die einen zum Teil echauffieren, gerecht zu werden.
Dennoch weiß ich nicht, wessen Konzept mit heißerer Nadel gestrickt ist: das, was Herr Wiechmann hier vorgetragen hat, oder das, was die Landesregierung präsentiert. Dass meine Meinung dazu eine klare ist, können Sie sich denken.
Zunächst ist es klar, dass wir auch vor der PISA-Studie diskutieren. Ich möchte auch klar sagen, dass diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen bereits in den Koalitionsverhandlungen entscheidende Weichen gestellt haben, als PISA noch gar nicht erschienen war, und es uns ein grundlegendes Anliegen ist, im Bildungsbereich Dinge fortzuentwickeln und für mehr Qualität, mehr Unterricht und besseren Unterricht zu sorgen.
Ich wollte eigentlich diese Zahl nicht mehr bringen. Aber nachdem Herr Wiechmann gesagt hat, dass wir einsparen und dies auch erklärtes Ziel des Finanzministers ist, möchte ich doch noch einmal klarstellen, dass der Bildungshaushalt anteilig im Gesamthaushalt kontinuierlich gestiegen ist, und zwar seit den 90er-Jahren von 14,3 % auf 17 %.
Ich darf auch klarmachen, dass es in diesem Haushalt Steigerungsraten im Jahr 2002 um 7,4 % und im Jahr 2003 um 3 % geben wird. Damit können keine Einsparmaßnahmen verbunden sein.
Dann bemängeln Sie, dass es keine Konzepte gebe, um den strukturellen Unterrichtsausfall zu reduzieren. Die Unterrichtsversorgung in Rheinland-Pfalz ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert worden trotz eines erheblich angestiegenen Schülerbergs, der bewältigt werden konnte, indem dauerhaft Neueinstellungen vorgenommen worden sind.
Im letzten Jahr sind noch einmal 100 Lehrerinnen und Lehrer eingestellt worden. Bei nahezu konstanten Schülerzahlen bleiben diese Lehrer im Betrieb.
Sie können uns nicht in einer weisen Prognose, die Sie vielleicht nachts hatten, vorwerfen, dass wir dieses gesamte Personal wieder entlassen, sondern wir werden eine Verbesserung der Unterrichtsversorgung bei gleich bleibendem Lehrpersonal und sinkenden Schülerzahlen bekommen.
Wir haben die Dreiviertelstellen abgebaut. Wir haben noch das Seiteneinsteigerprogramm ins Leben gerufen, das dazu geführt hat, dass Lücken, die durch Mangel von Anwärterinnen und Anwärtern vorhanden waren, geschlossen werden konnten. Es sind für den temporären Unterrichtsausfall flexible Budgets, die Sie immer einfordern, zur Verfügung gestellt worden.
Also wenn Sie diesen Maßnahmenkatalog nicht erkennen können, dann finde ich es etwas unredlich, wie Sie hier debattieren. Dann sollten Sie vorher einmal schauen, was gemacht worden ist.
Es wird sicherlich eine wichtige Zukunftsaufgabe sein, für Lehrernachwuchs zu sorgen, vor allen Dingen für Lehrernachwuchs, der für diesen Beruf begeistert werden kann, der von Anfang an weiß, was auf ihn zukommt. Deshalb wird es auch eine Reform der Lehrerausbildung geben, bei der der Praxisanteil erheblich erhöht werden wird.