Protokoll der Sitzung vom 24.04.2002

(Mertes, SPD: Sie kamen doch zu spät! Jetzt sind Sie dran! – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt sind Sie dran!)

Meine Damen und Herren, ich wollte Ihnen im Vorfeld noch Gelegenheit geben, das, was sich in den letzten sechs Wochen ereignet hat, vielleicht noch mit schönen Worten zu ummänteln. Sie haben darauf verzichtet.

Ich glaube, Sie haben eine Chance vertan, heute den Eindruck, der sich in der Chronik des Landes festsetzen wird, nämlich dass das Jahr 2002 ein Jahr der Haushaltsfälscher in Rheinland-Pfalz ist, auszuräumen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Itzek, SPD: Ach ja! – Hartloff, SPD: Es ist Frühling, da braucht man keinen Mantel mehr!)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung und allen voran Herr Mittler haben beim Aufstellungsverfahren des Haushalts schon mit dieser Haushaltsfälschung begonnen. Herr Mittler hat, nachdem klar wurde, dass

die Steuereinnahmen nicht ausreichend sein würden, keine erforderlichen bzw. keine ausreichenden Korrekturen vorgenommen.

Die Fraktionen der SPD und FDP haben trotz intensiver und vielwöchiger Haushaltsberatungen diese Möglichkeit der Korrektur auch nicht wahrgenommen, sondern sie waren regierungshörig, und sie waren vor allem in diesen Haushaltsberatungen ohne Mut zur eigenen Gestaltung, das heißt, auch zur politischen Gestaltung in Situationen, in denen die Einnahmen nicht so fließen, wie man es vielleicht erwartet hätte.

Meine Damen und Herren, mit dieser Haltung haben Sie in diesem Parlament die Budgethoheit auf dem Regierungsaltar von Beck und Bauckhage geopfert.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen auch sagen, weshalb Sie dort keine Korrekturen vorgenommen haben. Sie wissen genau – dies ist auch in den Haushaltsberatungen mehrfach angesprochen worden –, damit diese Regierung tatsächlich einen überhaupt nur auf dem Papier verfassungsmäßigen Haushalt vorlegen konnte, bestand nur ein winziger Puffer, ein paar Millionen, die zwischen dem Kreditvolumen und dem Investitionsvolumen lagen.

Jede weitere Korrektur, vor allen Dingen eine realistische Einschätzung der Steuereinnahmen und der sonstigen Einnahmen des Landes, hätte Sie genau in die Situation gebracht, die Sie beispielsweise bei Hessen massiv kritisiert haben. Sie hätten nämlich tatsächlich einen verfassungswidrigen Haushalt vorlegen müssen. So, wie Sie ihn vorgelegt haben, ist er auch verfassungswidrig, weil Sie auf dem Papier Ihre Einnahmensituation gefälscht haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Obwohl Sie immer propagiert haben, alles mit Vorsicht zu veranschlagen, haben Sie bei den Steuereinnahmen des Landes in den veranschlagten Einnahmen tatsächlich über denen gelegen, die die regionale Steuerschätzung angegeben hat. Sie haben die Einnahmen aus dem Bund-Länder-Finanzausgleich nicht an die zu erwartenden Einnahmen angepasst. Es gab vorher entsprechende Hinweise. Herr Mittler selbst hat bei der abschließenden Debatte zum Haushaltsplan darauf hingewiesen, dass ihm schon Abrechnungen zum Finanzausgleich vorliegen und deutlich wird, dass die Einnahmen im ersten Quartal dieses Jahres deutliche Einbrüche aufweisen.

Was bleibt also anderes als die Feststellung: Das war eine bewusste Fälschung, weil Sie keinen verfassungswidrigen Haushalt vorlegen wollten! – Das könnte ich aus Ihrer Perspektive noch verstehen. Aber man kann doch nicht auf der einen Seite mit dem Füllhorn der Versprechungen, mit Mobilitätsmillionen und mit Versprechungen zur Ganztagsschule durch das Land ziehen und auf der anderen Seite keines dieser Versprechen einhalten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mertes, SPD: Das werden wir sehen!)

Herr Mittler überführt sich dieser Haushaltslüge selbst. Schon eine Woche nach der Verabschiedung hat er deutlich gemacht, über die globalen Minderausgaben hinaus, die veranschlagt waren, sind 130 Millionen zusätzlich in diesem Haushalt nicht auszugeben. Das hat sich noch einmal in den Beschlüssen des Kabinetts konkretisiert. Wie anders kann eine Regierung selbst deutlich machen, dass sie ihre Haushaltspolitik nicht mehr steuert,

(Itzek, SPD: Reine Vorsorge! Vorsicht!)

sondern dass sie eigentlich führungslos und voller leerer Versprechen versucht, durch diese Landespolitik zu segeln?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, was sind die Vorschläge? – 200 Millionen Euro – das sind 400 Millionen DM! – des Ausgabenvolumens in bestimmten Hauptgruppen demnächst zu sparen. Das ist die Höhe der Ausgaben, bei denen Sie für zwei Jahre versprochen haben, sie mehr in den Straßenbau zu stecken. Das ist die Höhe der Ausgaben, mit denen Sie Ihr gesamtes Ganztagsschulprogramm für die nächsten fünf Jahre finanzieren könnten, und in diesem Volumen wollen Sie Mittel einsparen, und das ohne entsprechende Beschlüsse des Parlaments und obwohl es in den Kern der Haushaltsgestaltung und in die Entscheidung des Parlaments geht.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, für einen solchen Offenbarungseid muss jemand in dieser Landesregierung auch die Verantwortung übernehmen. Ich sage Ihnen, die Forderung nach einem Nachtragshaushalt reicht eben nicht aus, weil das Vertrauen in die Transparenz der Haushaltspolitik dieser Landesregierung nicht gegeben ist.

Herr Mittler, ich gebe Ihnen in diesem Zusammenhang nur einen Rat und eine Forderung mit in die Debatte: Sie sollten an dieser Stelle die Verantwortung übernehmen und Platz machen für eine vorausschauende, nachhaltige und tatsächlich gestaltende Finanzpolitik in diesem Land.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Hartloff, SPD: Ich dachte, die GRÜNEN würden die Wirtschaftsentwicklung optimistischer beurteilen! – Mertes, SPD: Nur in Berlin!)

Es spricht Herr Abgeordneter Ramsauer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen allen ist klar, und spätestens jetzt ist klar geworden, der Wahlkampf ist eröffnet.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU)

Selbstverständlich!

Ich hätte alles, was ich besitze – es ist nicht gerade viel –, gewettet, dass Sie genau in dieser Zeit dieses Thema in dieser Weise behandeln wollen.

(Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Herr Lelle, auch Schullehrer können doch einmal zuhören!

(Zurufe von der CDU – Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Strategie der Opposition ist durchschaubar, weil, wie wir bei den Haushaltsberatungen festgestellt haben, bei beiden Oppositionsfraktionen zwar die Kritik im Vordergrund stand, aber nur allgemeine Erklärungen, allgemeine Handreichungen dargeboten wurden. Da war ein allgemeines Auffordern zum Sparen, aber keine konkreten Vorschläge.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Herr Bracht, auch heute noch hört man in den Kreistagen und Stadträten Ihre Kolleginnen und Kollegen Forderungen vertreten, die den Haushalt mehr belasten würden.

(Beifall der SPD und der FDP – Itzek, SPD: Ihr solltet euch immer noch schämen für das, was ihr vorgelegt habt! – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zum Thema bitte!)

Meine Damen und Herren, Sie setzen in dieser Auseinandersetzung aufs falsche Pferd.

Ich hatte im Vorfeld in der Tat kaum Hoffnung auf eine sachliche Debatte.

(Heiterkeit bei der CDU – Zurufe von der CDU)

Herr Jullien, Ihr Antrag ist noch einigermaßen sachlich formuliert.

Wenn man aber liest, dass die GRÜNEN bereits in ihrem Tagesordnungsantrag eine Wertung über eine Politik abgeben,

(Zurufe von der CDU – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Pfui, Herr Ramsauer!)

die wir erst einmal diskutieren müssen, so ist dies kein Stil, der diesem Hause angemessen ist, auch nicht, wenn man wie Sie glaubt, immer das Recht gepachtet zu haben.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe der Abg. Licht, Keller, Jullien und weiterer Abgeordneter der CDU – Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn Herr Bracht mit Kraftausdrücken kommt, wenn man etwas von unehrlicher Haushaltspolitik und von Täuschung hört, wenn Frau Thomas von Fälschung redet, dann frage ich einmal: Was sagen Sie zu dem Desaster jenseits des Rheins? Was ist denn das in Hessen?

(Zurufe von der CDU – Jullien, CDU: Ludwigshafen! – Zuruf des Abg. Itzek, SPD)

Also, Herr Jullien, wir machen nun einmal einen Exkurs nach Ludwigshafen, weil ich es langsam leid bin, dass Sie immer wieder das nachsprechen, was Ihnen Herr Keller einbläut.

(Zurufe der Abg. Kramer und Jullien, CDU)

Seit 1999 trägt die CDU in Ludwigshafen die Verantwortung, und das Haushaltsdefizit war noch nie so groß.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe von der SPD: So ist das! Jawohl!)

Hören Sie doch endlich mit so einem Quatsch auf! Hören Sie auf, so einen Quatsch zu reden!