Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

Der Austragungsort Kaiserslautern für die Fußballweltmeisterschaft im Jahre 2006 ist eine Riesenchance für das Land Rheinland-Pfalz und für meine Heimatstadt.

Ich spreche natürlich heute in erster Linie als Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, aber auch als Politiker und Bürger meiner westpfälzischen Heimatstadt. Das bekenne ich wie Herr Kollege Presl. Die FDPLandtagsfraktion freut sich mit den Menschen in Kaiserslautern.

Sie kennen inzwischen schon meine Familie. Ich will ein weiteres Familienmitglied vorstellen.

(Schmitt, CDU: Die Schwiegermutter!)

Mein Sohn und ich gehörten auch zu den mehr als 3.000 Menschen, die nach der Bekanntgabe der Entscheidung des Internationalen Fußballverbandes spontan in den

Straßen von Kaiserslautern ihre Freude zum Ausdruck brachten. (Beifall bei FDP und SPD)

Mit ihrer Begeisterungsfähigkeit waren die Lauterer an diesem Tag der Entscheidung Deutscher Meister. In keinem weiteren WM-Austragungsort gab es vergleichbare Freudenfeste. Ich bin davon überzeugt, dass es ein riesiger Pluspunkt für Kaiserslautern war, dass die Bürger geschlossen hinter dieser WM-Bewerbung gestanden haben. Zudem haben alle Beteiligten im Vorfeld ihre Hausaufgaben hervorragend erledigt. Das gilt für den 1. FC Kaiserslautern, die Stadt Kaiserslautern und selbstverständlich nicht zuletzt für die Landesregierung. Gemeinsam haben sie schon frühzeitig ein überzeugendes und umfassendes Konzept entwickelt, das den Stadionausbau, die Verkehrsanbindung und die Übernachtungsmöglichkeiten im Umkreis von Kaiserslautern mit einbezogen hat.

Der WM-gerechte Stadionausbau wird vom Land, dem 1. FC Kaiserslautern und der Stadt gemeinsam finanziert. Darauf ist hingewiesen worden.

(Präsident Grimm übernimmt den Vorsitz)

Der Landesanteil von über 20 Millionen Euro ist eine gut angelegte Investition in die Zukunft unseres Landes.

Ein Vielfaches der Investition wird bei der Weltmeisterschaft erwirtschaftet. Es wird nicht nur zu einer nachhaltigen Verbesserung der Infrastruktur kommen. So wird zum Beispiel die Bauwirtschaft erhebliche Impulse erfahren.

Ganz Rheinland-Pfalz wird von der Entscheidung für Kaiserslautern profitieren. Deshalb gilt auch an dieser Stelle vom rheinland-pfälzischen Landtag aus unser Dank an Fritz Walter, der als WM-Botschafter großen Anteil an der erfolgreichen Bewerbung von Kaiserslautern gehabt hat. (Beifall der FDP, der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Fußballweltmeisterschaft wird in der ganzen Welt eine Werbung für das Land und die Menschen in Kaiserslautern und in ganz RheinlandPfalz sein. Die besondere Atmosphäre im Fritz-WalterStadion wird sich auch außerhalb des Stadions widerspiegeln. Da bin ich ganz sicher. Die Menschen der Westpfalz werden durch ihre Herzlichkeit, Fröhlichkeit und Weltoffenheit bei unseren Gästen aus der ganzen Welt einen bleibenden positiven Eindruck hinterlassen.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Thomas, zweifeln Sie an unseren Charaktereigenschaften?

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, überhaupt nicht, Sie beschreiben das wunderschön! – Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, ich beziehe die anderen mit ein, aber ich darf mich auch mit einordnen.

Von dieser Fußballweltmeisterschaft wird eine Imagekampagne für die Stadt und unser Land ausgehen, die unbezahlbar ist.

Meine Damen und Herren, welche Chancen von dieser Weltmeisterschaft ausgehen, können Sie daran ableiten, wie die nicht berücksichtigten Bewerber reagiert haben. Die Betroffenheit vor allem der drei Oberbürgermeister der drei Städte spricht Bände.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wissen, welche Entwicklungschancen für ihre jeweiligen Regionen die Fußball-WM bedeutet hätte. Es tut mir Leid um Bremen, Düsseldorf und Mönchengladbach. Die Entscheidung für Kaiserslautern als dem kleinsten WM-Standort war gerecht. Wir waren in Rheinland-Pfalz einfach besser vorbereitet als viele. Jetzt gilt es für alle Beteiligten, die Ärmel hochzukrempeln. Wir alle werden daran arbeiten, dass Deutschland mit Stolz auf Kaiserslautern und unser Land als Gastgeber der Welt blicken kann.

(Beifall der FDP und der SPD)

Es spricht Frau Abgeordnete Grützmacher.

Meine Damen und Herren! Ich will nicht verhehlen und verschweigen, dass ich auch die Daumen gedrückt habe, als es darum ging, ob Kaiserslautern die Fußallweltmeisterschaft bekommt;

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und vereinzelt bei der CDU)

denn als Pfälzerin, Fußballfan und Dauerkartenbesitzerin kann ich aus meinem Herzen keine Mördergrube machen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, allerdings ist die emotionale Verbundenheit nur eine Seite. Das wurde von meinen Vorrednern in geradezu epischer Breite dargestellt.

(Staatsminister Zuber: Fünf Minuten!)

Ja, gut. Für fünf Minuten war es schon ganz schön lang, Herr Zuber.

Als Politikerin darf ich natürlich nicht in bloße Euphorie und Hurrageschrei verfallen. Ich muss einen kühlen Kopf

bewahren und ein paar kritische Fragen stellen. Wir sollten uns hüten, Illusionen zu nähren. Auch wenn der Austragungsort Kaiserslautern ist, heißt das für die meisten Fußballfans im Land noch nicht, dass sie an Eintrittskarten herankommen. Es gibt die Kontigentierung. Es werden nur wenige Eintrittskarten frei zur Verfügung stehen. Das ist ein Punkt. Viele, die den „Betze“ vor sich sehen, sind nicht in der Lage, Karten zu bekommen und müssen es sich über das Fernsehen anschauen. Wie das über das Fernsehen geht, hat Herr Ernst schon angesprochen, glaube ich. Wir wissen noch nicht, ob es frei sein wird oder Pay-TV.

Es wurde nicht umsonst von allen angesprochen, dass ein wichtiger Effekt die Strukturverbesserung für die Region sein wird. Wir haben wiederholt sinnvolle und dauerhafte Strukturverbesserungen für die Westpfalz gefordert: im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, bei der Konversion oder vor allem jetzt bei der Verbesserung des ÖPNV.

Herr Ministerpräsident, ich möchte Sie eindringlich auffordern, dass Sie bei dem von Ihnen angekündigten Infrastrukturausbau vor allen den Ausbau des Schienenverkehrs in der Region mit einbeziehen und in den Vordergrund stellen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD)

Meine Damen und Herren, all diejenigen, die schon einmal auf dem Betzenberg waren, wissen, dass dort die Voraussetzungen für den Schienenverkehr hervorragend sind. Natürlich fahre ich von Wörth nie mit dem Auto dort hin. Ich fahre immer mit der Bahn. Ich glaube, nirgendwo gibt es ein Stadion, das so nah an einem doch verhältnismäßig großen Bahnhof angebunden ist, in dem auch Fernzüge halten. Das wurde vorher schon gesagt.

Die noch im Argen liegenden Projekte in dieser Region bezüglich des Schienenverkehrs sind vielfältig. Da ist die Reaktivierung der Citybahn zu nennen. Herr Schwarz, Sie hatten es schon erwartet. Ich sage, das wird von fast allen politischen Kräften in der Region gutgeheißen. Darüber gibt es ein Gutachten im Innenministerium, das eine sehr positive Kosten-Nutzen-Rechnung zeigt. Das muss angegangen werden.

Die Modernisierung der Queichtalbahn ist zu nennen. Das ist eine ganz wichtige Sache. Man darf nicht nur weitläufig, von Paris nach Mannheim – dazwischen liegt Kaiserslautern – denken. Man muss auch an die Leute in Pirmasens und Landau denken. Es ist wichtig, schnelle Regionalzüge zu haben. Das sind dringende Verkehrsprojekte, die natürlich auch notwendig wären, wenn es die WM nicht gäbe. Durch die WM könnten sie einen enormen Push bekommen. Darauf möchten wir sehr großen Wert legen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, bei der Bedeutung der Austragung der WM in Kaiserslautern darf man nicht vergessen, dass man bezüglich der Wirtschaft und des Tourismus den Leuten nicht das Blaue vom Himmel

herunter verspricht. Wissen Sie noch, wo die Vorrundenspiele der WM in Frankreich stattgefunden haben?

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Ja, gut. Einige Fans wissen das vielleicht noch. Würden Sie deswegen dort Ihren Urlaub machen? Es gilt, auf dem Teppich zu bleiben. Die ganze Sache muss man ein bisschen nüchtern sehen.

Herr Zuber, Sie werden es besonders betrachten müssen. Auf die Sicherheitskräfte in Rheinland-Pfalz kommen besondere Aufwendungen und Kosten zu. Ich glaube, in der letzten Sitzung haben wir schon über die Überstunden der Polizei geredet. Das sind Dinge und Kosten, die auf das Land zukommen. Darüber müssen wir uns auch Gedanken machen.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend: Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden und wollen keine WM-Spielverderber sein. Wir leben aber in einer Zeit knapper finanzieller Mittel, und viele soziale und ökologische Fragen sind noch zu lösen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist eine kritische Begleitung der Fußball-WM nicht nur erlaubt, es ist auch unsere Pflicht als verantwortliche Politikerinnen und Politiker.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich begrüße Mitglieder der Pfadfinderschaft St. Georg Müllenbach-Laubach im Landtag. Herzlich willkommen!