Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

Es geht darum – das wäre eigentlich eine Selbstverständlichkeit –, von der Landesregierung lediglich zu verlangen, dass sie alles, was möglich ist, tut, um bestehende Regelungen im Interesse der Patienten durchzusetzen. Wir reden über Patienten. Das ist das Zentrum jeder Gesundheitspolitik. Das sollte man nicht vergessen. Alle anderen in diesem ganzen Bereich sind in Lobbys hervorragend organisiert, nur die Patienten nicht. Es ist die Aufgabe der Politik, sich genau dieser Gruppe, die im Zentrum der Gesundheitspolitik stehen sollte, zu widmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall des Abg. Dr. Enders, CDU)

Was wir bei Ihnen von der Regierung und der Koalition vorfinden, ist sture Abwehr. Sie leugnen die Problematik. Damit übernehmen Sie nicht die Verantwortung. Nun haben Sie sich dazu verstiegen, als Ausweg zu sagen, wir haben nicht genug Ärzte. Wir können über alles Mögliche reden, wenn Sie nur das Kernproblem nicht leugnen würden, nämlich die Versorgung in unseren Krankenhäusern. Damit stehen Sie einer Lösung des Problems im Weg.

Wenn Sie sagen, wir haben zu wenig Ärzte, ist etwas dran. Ich frage zurück: Warum haben wir eigentlich zu wenig Ärzte, die in unsere Krankenhäuser gehen? – Wir haben deshalb zu wenig Ärzte, weil die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern so schlecht für die Ärzte sind. Wenn ich das erkannt habe, muss ich diese Arbeitsbedingungen natürlich verbessern. Dazu gehört das, was wir in unserem Antrag aufgeführt haben.

Natürlich weiß auch jeder Arzt, dass die Gefahr, bei Übermüdung einen Kunstfehler zu begehen, wesentlich größer ist, als wenn der Mensch fit und wach ist. Das ist auch keine angenehme Situation, die wir hier vorfinden.

Wenn wir uns aus einem Teufelskreis heraus bewegen wollen, müssen wir die Situation in unseren Krankenhäusern verbessern. Darauf zielt unser Antrag ab. Sie haben sich bemüßigt gesehen, einen Auffangantrag zu stellen, der der Sache und dem Problem nicht gerecht wird. Sie legen eine völlig kleinkarierte und engstirnige

Haltung an den Tag, die der Sache, dem Patientenschutz, nicht gerecht wird.

(Hartloff, SPD: Sie sind großzügig, haben das Geld und die Lösung!)

Machen Sie mehr sachgerechte Politik! Ordnen Sie nicht alles der Koalitionsräson unter, und werden Sie endlich Ihrer Verantwortung gerecht!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Abgeordneter Grosse das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit einer Überraschung im Vorfeld der heutigen Debatte fing es an. Es gab plötzlich eine ambulante Koalition zwischen Schwarz und Grün, eine Koalition zweier Parteien, die im Allgemeinen und im Speziellen keine großen Übereinstimmungen aufweisen

(Zuruf des Abg. Dr. Schmitz, FDP – Zurufe von der CDU)

und in der Gesundheitspolitik überhaupt nicht. Vielmehr weisen Sie sehr große Differenzen in den Kernpunkten der gesamten Gesundheitspolitik auf. Dennoch scheuen Sie sich nicht, eine gemeinsame Pressekonferenz einzuberufen.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Igitt, igitt, wie schrecklich!)

Die CDU vernetzte sich in Mainz mit denjenigen, gegen die sie in Berlin hetzt.

(Zurufe von der CDU)

Beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann ich mir die Beweggründe für die Bereitschaft zu diesem Bündnis nur dadurch erklären, dass Ihnen das friedensbewegte Stammwählerschaftpotenzial abhanden gekommen ist und Sie mithilfe der Ärzteschaft versuchen, die 5 %Hürde zu überwinden.

(Beifall der SPD und der FDP)

Joschka Fischer sagte gestern, der Wind bläst den GRÜNEN von vorn ins Gesicht. Meine Damen und Herren von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Wind, den Sie mit Ihrer Pressekonferenz erzeugt haben, war lau. Er hat keinen umgeblasen oder umgehauen, er hat nur ein laues Lüftchen erzeugt.

Ich möchte eine Sache unmissverständlich hervorheben. Die SPD-Landtagsfraktion misst dem Thema, das wir

heute besprechen, „Qualitätssicherung bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten – –

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, es ging genau um diesen Punkt.

und bei der Einhaltung von Arbeitszeiten der Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern“ eine ganz große Bedeutung bei.

Deshalb haben wir zu diesem Thema eine Große Anfrage gestellt. Deshalb macht der Arbeitskreis der SPDLandtagsfraktion über das ganze Land Besuche in Krankenhäusern vor Ort, um dort mit der Krankenhausleitung, mit der weiteren Belegschaft und mit den Ärztinnen und Ärzten zu sprechen. Deshalb führen wir in regelm äßigen Abständen Gespräche mit den Vertreterinnen und Vertretern der Landesärzteschaft, die in einem harmonischen und fruchtbaren Rahmen verlaufen.

Ohne Frage wird das Leistungsangebot und die Leistungsnachfrage im Gesundheitswesen in den nächsten Jahren aus den unterschiedlichsten Gründen erheblich ansteigen. Ohne Frage werden in bestimmten ländlichen Gebieten und Räumen und auch in bestimmten Facharztpositionen Stellen schwierig zu besetzen sein. Das ist so.

Lassen Sie mich auch sagen, dass die Anzahl der in Rheinland-Pfalz tätigen Ärztinnen und Ärzte nie größer gewesen ist als zurzeit. In den Krankenhäusern waren im Jahr 2000 4.816 Ärzte tätig. Dies ist der höchste Stand, der bisher in Krankenhäusern erreicht wurde.

Die Beanspruchung der Ärzte in den Krankenhäusern stellt ein ganz wesentliches Problem dar. Ich möchte einige Ansatzpunkte nennen, von denen wir meinen, sie alle zusammen könnten dieses Problem lösen.

Im neuen Fallpauschalengesetz ist die Budgetvorgabe für die Jahre 2003 und 2004 um 200 Millionen Euro erhöht worden. Dies stellt einen wesentlichen Ansatz dar, um den personellen Engpässen in den Krankenhäusern vorzubeugen.

Alle Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz sind inzwischen von der Gewerbeaufsicht aufgesucht worden, und der Prozess wird weitergeführt. Er soll dazu dienen, die Krankenhausleitung dazu anzuhalten, die Arbeitszeiten einzuhalten.

Es ist wichtig, dass die Arbeitszeitberatungskonzepte in den einzelnen Krankenhäusern vorangebracht werden. Auch dazu hat die Landesregierung ihre Hilfe angeboten. Die Prozesse laufen inzwischen. Es gibt in diesem Bereich erhebliche Reserven, die wir nutzen müssen und von denen wir uns sehr viel versprechen.

Die Ärztinnen und Ärzte müssen durch nichtärztliche Dienste entlastet werden. Die Dokumentationsaufgaben

müssen den Ärzten abgenommen werden, damit sie im primärärztlichen Dienst tätig werden können.

(Dr. Altherr, CDU: Wer soll die denn machen?)

Das müssen Sie mit der Krankenhausleitung besprechen; genauso einfach ist das, Herr Dr. Altherr.

Die ambulant-stationäre Verzahnung, die bevorsteht, bedeutet eine wesentliche Erleichterung der Ärztinnen und Ärzte. Wenn die DRGs eingeführt werden, wird diese wahrscheinlich mit einem erheblichen Tempo vorangebracht werden.

Meine Damen und Herren, ganz wichtig ist es, dass wir alle an diesem Prozess Beteiligten mit ins Boot nehmen, wir ohne Schuldzuweisungen in die eine oder andere Richtung den gemeinsamen Dialog führen und wir uns bewusst werden, wir können dieses Problem, das tatsächlich ein Problem darstellt, nur gemeinsam lösen.

Meine Damen und Herren, wir müssen den Antrag des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen und bitten Sie um Zustimmung des Alternativantrags der Fraktionen der SPD und FDP. Wie der Berichterstatter schon sagte, haben wir in der letzten Ausschusssitzung eine gemeinsame Anhörung beschlossen.

Die SPD-Fraktion wird in jedem Fall den gemeinsamen Dialog zu diesem Thema mit denjenigen, die es betrifft, in Rheinland-Pfalz fortsetzen, meine Damen und Herren.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeodneten Marz das Wort.

(Dr. Schmitz, FDP: Aber nicht so beißend wie eben!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Frau Kollegin Grosse! Die Kollegen Rösch, Lewentz, Dr. Schmitz und Mertes haben gezeigt, wie schon in den vergangenen Tagen, dass eine Möglichkeit, parlamentarisch mit Problemen umzugehen, völlig jenseits Ihrer Vorstellungskraft liegt. Hierbei handelt es sich um die Möglichkeit, um der Sache willen über Parteigrenzen hinweg zusammenzuarbeiten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Diese Sache heißt Patientenschutz. Für Sie ist wohl eine Welt zusammengebrochen. Es ist sehr bedauerlich, dass Sie in Ihren alten Strukturen verharren. Es ist überdeutlich, dass Sie sich in einer Frage, in der man sich

doch einig sein könnte, hinter Ihre Trutzburgkoalition zurückziehen.

(Zuruf des Abg. Rösch, SPD)

Dadurch dokumentieren Sie, wir erleben das immer wieder, Ihre einstudierte Arroganz, die in den letzten Tagen in ein irritiertes Gekreisch mündete. Das ist angesichts der Probleme, die wir zu lösen haben, nur noch kleinkariert und lächerlich.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Zuruf des Abg. Rösch, SPD)