Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

So könnte man das mit vielen anderen Punkten auch machen.

Ich denke, Ziel muss es sein, ein bedarfsgerechtes System aufzubauen. Dazu haben wir zum Beispiel die Novellierung des Kindertagesstättengesetzes auf den Weg gebracht. Herr Abgeordneter Wiechmann, wir hätten das nicht getan, wenn nicht auch wir der Meinung wären, dass gerade für Kinder unter drei Jahren und gerade für die Schulkinder Handlungsbedarf besteht; denn für die Ausweitung dieser Angebote haben wir zusätzliche finanzielle Anreize vorgesehen. Wir haben darauf reagiert, weil wir mit Ihnen der Meinung sind, dass das Angebot verbessert werden muss. Wir haben vor kurzem eine Novelle verabschiedet. Wir haben genau festgelegt, wie wir das machen wollen. Das heißt, wir gehen diese Frage konsequent an.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Wir haben auch einen Ausbauplan bis ins Einzelne für die Ganztagsschule festgelegt, sodass wir auch in diesem Bereich einen ganz deutlichen Ausbau und einen eindeutigen Schwerpunkt gesetzt haben.

Die Tagespflege stellt ein ergänzendes Angebot zur institutionellen Tagesbetreuung von Kindern dar. Das ist sicher ein Baustein in einer Gesamtkonzeption zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wenn Sie auf die Flexibilität dieses Angebots abheben, muss ich an der Stelle allerdings auch sagen, dass ich die Einschätzung nicht teile, die im Antrag der CDUFraktion über die Situation bei der institutionellen Kinderbetreuung zum Ausdruck kommt. Dort wird ausgeführt, dass die öffentlichen Einrichtungen mit ihren starren Öffnungszeiten niemals so flexibel sein könnten. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Mehrzahl der öffentlichen Einrichtungen längst nicht starr an irgendwelchen Öffnungszeiten festhält, sondern man versucht, Bedarfsgerechtigkeit auch in der zeitlichen Gestaltung stärker zu realisieren.

(Frau Schneider-Forst, CDU: Was macht die Krankenschwester in der Nacht?)

Frau Abgeordnete Schneider-Forst, Sie haben vorhin ausgeführt, dass es ein ergänzendes Angebot ist. Wenn Sie von starren Öffnungszeiten in öffentlichen Einrichtungen sprechen, darf ich mir den Satz erlauben, dass sich für mich in diesem Bereich die Situation anders darstellt.

Es ist schon darauf hingewiesen worden – das wird unzureichend differenziert –, dass bei der Tagespflege zwischen privat vermittelten und vom Jugendamt vermittelten Tagespflegeverhältnissen zu unterscheiden ist. Das Jugendamt ist verpflichtet, eine Tagespflegeperson zu vermitteln, wenn die Tagespflege für das Wohl eines Kindes erforderlich ist und die Person entsprechend geeignet ist.

Eine flächendeckende Vermittlung von Tagespflege für bestimmte Zielgruppen, die auf dieses Angebot angewiesen sind, ist somit in Rheinland-Pfalz durch die Arbeit der Jugendämter gewährleistet. Es war aber Wille des Gesetzgebers, dass Eltern auch die Möglichkeit haben, ohne Mitwirkung des Jugendamts privat vermittelte Tagespflegeverhältnisse einzugehen. Auch davon wird rege Gebrauch gemacht. Eine generelle Vermittlung aller Tagespflegeverhältnisse durch Jugendämter ist daher weder vom Gesetzgeber noch übrigens von vielen Eltern gewollt.

(Beifall der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Jugendämter sind aber verpflichtet, auch privat vermittelte Pflegeverhältnisse durch Beratung zu unterstützen, soweit dies erwünscht ist oder auch aufgrund bestimmter Vorkommnisse.

Die Vermittlung von Tagespflege für bestimmte Zielgruppen ist Aufgabe der Jugendämter. Das Land hat aber nicht gesagt, es wolle damit nichts zu tun haben, sondern es hat seine Anschubfunktion wahrgenommen. Das hat es nicht lieblos, sondern frühzeitig gemacht. Da

bin ich bei den Modellprojekten. Ich kann Ihnen gern die Kosten sagen. Wir haben erhebliches Geld in die Hand genommen, um in zwei zentralen Punkten weiterzukommen. Das sind übrigens auch die zwei zentralen Punkte, die Sie formulieren. Das ist einerseits, dass die Vermittlung verbessert werden soll. Aus diesem Grund haben wir die EDV-unterstützte Entwicklung von Tagespflegebörsen in einem Modellprojekt mit einem Zuschuss des Landes von 44.280 Euro unterstützt. Wir haben jetzt eine Software, die generell für alle im Land zur Verfügung steht und zur Vermittlung genutzt werden kann.

Der zweite Aspekt, den das Land in Anschubfunktion mit auf den Weg gebracht hat, den Sie übrigens auch fordern, ist die Qualifizierung von Tagespflegekräften. Deswegen haben wir auch hier ein Modellprojekt mit insgesamt 110.490 Euro unterstützt. Dazu kommen weitere Fortbildungskurse, die noch einmal jeweils 6.185 Euro gekostet haben. Das war die Zielstellung der Modellprojekte. In dem einen Fall haben wir jetzt eine EDV-unterstützte Vermittlungsinfrastruktur, die von anderen genutzt werden kann. Es ist schon darauf hingewiesen worden. Im zweiten Fall haben wir ein qualifiziertes Tagespflegecurriculum entwickelt, das im Herbst des Jahres veröffentlicht werden soll. Aus meiner Sicht ist das der Zeitpunkt, um die gewonnenen Erkenntnisse noch stärker in die Praxis umzusetzen. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, weil Sie völlig Recht haben, dass es auch um arbeitsmarktpolitische Aspekte geht, dass das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit und das Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend hier gemeinsam eine ganze Menge auf den Weg bringen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, uns geht es unter dem Strich einerseits um die Gesamtverbesserung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, andererseits aber auch um eine möglichst optimale Betreuung und Förderung der Kinder. Wir haben ein umfassendes Gesamtkonzept. An der Stelle, an der Zuständigkeiten für die Tagespflege bei uns liegen, sind wir sie frühzeitig angegangen. Wir sehen darin eine wesentliche Ergänzung der vielfältigen Bemühungen, die ich dargestellt habe.

(Beifall bei SPD und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen zuerst über den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/368 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag – Drucksache 14/410 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das ist der Antrag der SPD. Ich frage noch einmal: Wer diesem

Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! –

(Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Herr Kollege Jullien, wir haben Ihren abgelehnt.

Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Die Fraktionen sind überein gekommen, jetzt Punkt 18 der Tagesordnung zu behandeln:

Mannheim und die Pfalz nicht vom Schienenverkehr der Zukunft abhängen – Keine ICE-Neubaustrecke an Mannheim und Darmstadt vorbei! Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entschließung – – Drucksache 14/1033 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr – Drucksache 14/1051 –

Berichterstatterin wäre Frau Kollegin Kiltz. Sie ist nicht anwesend. Wird trotzdem auf Berichterstattung bestanden? –

(Kramer, CDU: Geht ja nicht!)

Das ist erkennbar nicht der Fall. Die Fraktionen haben eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich darf Herrn Kollegen Ramsauer von der SPD-Fraktion bitten zu beginnen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ziel des gemeinsamen Antrags ist klar, nämlich dafür Sorge zu tragen, dass der öffentliche Personenfernverkehr – angebunden auch an den öffentlichen Personennahverkehr im Südwesten – den Standard beibehält, der dieser Region zusteht. Ich denke, die Ausnahme heute im Parlament, dass es einen gemeinsamen Antrag aller vier Fraktionen gibt, unterstreicht, wie wichtig dieses Thema ist und wie wichtig dieses Thema auch in der Region eingestuft wird. Der gesamte südwestdeutsche Raum ist von dieser Frage betroffen. Deshalb haben nicht nur die Parlamentarier in diesem Raum, sondern auch die Parlamentarier im RheinNeckar-Dreieck große Übereinstimmung, was dieses Ziel angeht.

Meine Damen und Herren, das Land Rheinland-Pfalz investiert sehr viel in den Schienenverkehr. Der Rheinland-Pfalz-Takt ist gerade von unseren Kollegen aus Baden-Württemberg immer wieder als vorbildlich angesehen worden. In diesem Sinn muss man natürlich sehen, dass, wenn das zusätzliche Gleis an Mannheim vorbei kommen sollte, der Anschluss der Strecken aus

dem Saarland über Kaiserslautern/Neustadt/Ludwigshafen an den Fernverkehr in Gefahr wäre. Man muss auch sehen, dass, wenn der Hauptbahnhof Mannheim an Bedeutung verlöre, die große Investition der Region für eine S-Bahn natürlich ebenfalls an Bedeutung verlöre.

Meine Damen und Herren, ein Anschluss eines guten Nahverkehrssystems sowohl für die Region als auch für das Rhein-Neckar-Dreieck über die S-Bahn setzt voraus, dass der Hauptbahnhof Mannheim der Fernverkehrsknotenpunkt in Südwes tdeutschland bleibt.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wenn Herr Mehdorn, der Chef der Deutschen Bahn AG, davon spricht, dass er zwar einen Bypass bauen will, aber die Bedeutung des Hauptbahnhofs Mannheim dadurch nicht gemindert würde, weil nicht weniger Züge führen, dann ist das eine Aussage, die es zunächst einmal zu überprüfen galt. Wenn es bei dieser Aussage geblieben wäre, hatte man vielleicht auch darüber diskutieren können, ob ein solcher Bypass wegen des Güterverkehrs notwendig wäre oder ob der eine oder andere Sprinterzug über einen solchen Bypass führe. Aber die Bahn und Herr Mehdorn haben sich in ihrer Argumentation völlig desavouiert, nachdem sie eben diese Aussage infrage gestellt haben und Herr Mehdorn erklärt hat, er könne nicht an jeder Milchkanne halten und dann noch zum Gipfel der Argumentation angekündigt hat, er wolle aber eine neue Milchkanne, nämlich einen Bahnhof auf der grünen Wiese bauen.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Ein Bahnhof einige Kilometer von einem Knotenpunkt entfernt, an dem in wenigen Jahren der französische TGV halten soll, ein Bahnhof an einem Knotenpunkt, an dem sich wichtige Linien von Süd nach Nord und Ost nach West kreuzen, ist etwas, was nicht zukunftsweisend sein kann, meine Damen und Herren. Auch wenn man in die Diskussion mit aufnimmt, dass eines Tages die Kapazität dieses Bahnhofs an seine Grenzen kommen könnte, muss man mit Vorsicht die Argumentation betrachten, dass nicht weniger Züge in Mannheim halten, auch wenn in Zukunft mehr Züge da sind; denn die Planungen für den neuen Winterfahrplan zeigen schon, wohin die Richtung läuft; denn wir haben schon lesen können, dass die derzeitige IC-Verbindung von Karlsruhe über Mannheim/Mainz/Köln, aber auch nach Frankfurt ausgedünnt werden soll. Das sind meines Erachtens erste Alarmzeichen. Deshalb bin ich froh, dass die Fraktionen in diesem Haus die Kraft gefunden haben, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Gölter das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich dem Kollegen Ramsauer anschließen. Ich gehe davon aus, dass alle Fraktionen gleich lautend argumentieren. Das will ich von mir aus auch mit Blick auf den gesamten Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr unterstreichen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, es geht um den Anschluss für einen Ballungsraum mit rund 3 Millionen Menschen. Wenn Sie die Pfalz mit einer guten Million mit ins Spiel bringen, wenn Sie den Raum von Bensheim, Weinheim, also den ganzen Raum südlich von Darmstadt bis einschließlich Karlsruhe betrachten und den Odenwald und das Hinterland mit einbeziehen, kommen Sie sogar über 3 Millionen Menschen.

Das Bedauerliche und auch das Schwierige an dieser Diskussion hat Herr Ramsauer schon angesprochen. Das will ich nur noch einmal verdeutlichen. Es gibt in dieser Diskussion kein gegenseitiges Vertrauen. Natürlich muss man auf den Zielkonflikt hinweisen. Wir wollten die Umstrukturierung der alten Staatsbahn. Wir wollten eine Bahn anderen Rechts und anderer Möglichkeiten. Mit diesen Konsequenzen haben wir jetzt auch zu tun. Wir können uns nicht in allen Fragen so verhalten, als ginge es noch um die alte Staatsbahn, und der Bahn nicht das Recht einräumen, auch nach der Wirtschaftlichkeit zu fragen, es sei denn, betroffene Länder oder Regionen oder Landkreise und kreisfreie Städte zahlen die entsprechenden Mehrkosten. Das ist ein Problem.

Ich bin Herrn Ramsauer auch dankbar dafür, dass er angedeutet hat, man hätte über einiges reden können. Es ist nicht gerade gottgegeben – ich sage das einmal so salopp –, dass jeder Güterzug durch den Mannheimer Bahnhof fahren muss. Man könnte auch darüber reden, ob im Rahmen eines glaubwürdigen und ausgewogenen Konzepts eine Reihe von Zügen – Nachtzüge, Sprinter usw. – an Mannheim vorbei fährt. Es fahren auch Sprinter an Stuttgart vorbei. Wir nehmen gern die Möglichkeit war, von Mannheim, ohne Stuttgart zu berühren – den Sackbahnhof, das kostet Zeit –, direkt nach München zu fahren. Wir fahren gern von Mannheim – beispielsweise die Pfalz, auch Kolleginnen und Kollegen – von Frankfurt ohne Halt bis nach Berlin. Das heißt, es gibt strukturelle Veränderungen.

Aber das, was zu Recht befürchtet wird, in der Pfalz, aber vor allem im nordbadischen Raum, und die wochenlange Diskussionen vor allem im „Mannheimer Morgen“ ist ein Beweis dafür, es gibt nicht das hinreichende Vertrauen. Vor diesem Hintergrund ist diese Position richtig und wichtig, die wir heute einbringen. Wir dürfen sie nicht überbewerten, aber sie bleibt trotzdem richtig und wichtig, in Zusammenarbeit der Landesregierung mit den Landesregierungen von BadenWürttemberg und, was Südhessen betrifft, auch Hessen, und deren Parlamente, dass wir deutlich machen, dass es nicht sein kann, dass ein so großer Raum in seinen Entwicklungschancen für die Zukunft abgehängt wird.

(Beifall des Abg. Lelle, CDU)

Da müssen wir auch den Bund im Rahmen seiner Möglichkeiten in die Verpflichtung nehmen. Was der Bun

desverkehrsminister Bodewig dazu gesagt hat – er hat versucht zu beruhigen –, hat auch nicht besonders beruhigend gewirkt. Er hat nämlich gesagt, Mannheim würde an Bedeutung gewinnen und hat als Begründung die Verbindung Paris/Saarbrücken/Mannheim/Frankfurt herangezogen, aber die ganze andere Problematik in dem Interview im „Mannheimer Morgen“ – so muss ich sagen – äußerst zurückhaltend und vorsichtig betrachtet. Insofern ist hier in der Tat ein strukturelles Problem für die weitere Entwicklung. In dieser Grundfrage sollten wir auch im Interesse des Landes Rheinland-Pfalz, seines Südens, um den geht es hier, aber auch des nachgeschalteten Saarlands – wenn mir diese Bemerkung als Pfälzer nicht als zu aggressiv ausgelegt wird – möglichst an einem gemeinsamen Strang ziehen.

Ich bedanke mich.

(Beifall der CDU und bei SPD und FDP)

Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Dr. Braun.