Protokoll der Sitzung vom 26.09.2002

Meine Damen und Herren, der Städtetag rechnet vor – es sind vorhin einige Länder genannt worden –, ausgehend von den Integrationsleistungen, die etwa in den Ländern wie Schweden oder den Niederlanden erbracht werden und die gern als Modell hinzugezogen werden, entstünden bei nur 220 Kursplätzen Kosten von jährlich 770 Millionen Euro. Dem stehen nach Kostenaufstellung der Bundesregierung Ausgaben von Bund und Ländern in Höhe von jährlich rund 279 Millionen Euro gegenüber, also nur rund ein Drittel der notwendigen Mittel.

Wenn Bund und Länder nicht mehr ausgeben können, dann muss entsprechend die Zahl der Kursplätze und entsprechend die Zahl der Zuwanderer so lange nach unten korrigiert werden, bis mit den vorhandenen Mitteln eine vernünftige Integration von Zuwanderern möglich ist. (Beifall der CDU)

Die Problematik, die mit dem neuen Zuwanderungsgesetz auf die Gesellschaft zukommt, lässt sich eben nicht mit einer Leitstelle lösen.

(Schmitt, CDU: So ist es!)

Unbestritten sind einzelne Vorschläge aus dem Papier durchaus vernünftig, wie etwa die Forderung der Erarbeitung eines integrationspolitischen Gesamtkonzepts.

Ich kann nur sagen, das kann doch die Landesregierung machen. Es hat keiner etwas dagegen. Ansonsten ist jeder Euro, der in tatsächliche Integrationsarbeit einfließt, wesentlich besser investiert als in zusätzliche Personalausgaben von Leitstellen.

(Beifall der CDU)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Grützmacher zu einer Kurzintervention das Wort.

Herr Hörter, es fing ganz gut an. Sie haben gesagt, es gibt große Defizite in der Integration. Hier ist großer Nachholbedarf. Ich habe schon zu meinen Nachbarn gesagt, wenn er jetzt noch sagen würde, das ist alles Schuld der CDU, dann würde ich wirklich klatschen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Hören Sie doch auf!)

So ist es natürlich gewesen.16 Jahre lang und länger, 30 Jahre, hat Ihre Einwanderungspolitik unter dem Wort „Gastarbeiter“ gestanden.

Es gab keine Bemühung um Integration, es gab keine Gelder für die Integration von ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die hierher kamen.

(Zuruf von der SPD: Wie wahr!)

Es gab nur Gelder für Aussiedlerinnen und Aussiedler, um sie zu integrieren. Für andere Integrationsaufgaben hat die CDU/FDP-Regierung nichts gegeben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie kommen immer mit diesen Angstparolen, dass immer mehr Menschen durch das Zuwanderungsgesetz hierher kommen würden. Ich will Ihnen eins sagen, Herr Hörter: Wenn es das Zuwanderungsgesetz nicht gibt, werden weiterhin jedes Jahr 500.000 Menschen aus dem Ausland hierher kommen.

So ist es in all den Jahren gewesen. Es gehen auch viele wieder weg. Oft ist das Saldo sogar negativ. Aber es werden auch ohne das Zuwanderungsgesetz zwischen 400.000 und 500.000 Menschen hierher kommen.

Das Neue bei dem Zuwanderungsgesetz ist, dass diese Zuwanderung geregelt wird, da man das nicht wildwüchsig machen lässt,

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

man das regelt, man den Menschen, die hierher kommen, eine klare Perspektive gibt, sodass sie im Ausland schon wissen, was auf sie zukommt, und sie zum Beispiel nicht Asyl rufen müssen, um überhaupt hierher kommen zu können.

Insofern regelt das Zuwanderungsgesetz die Zuwanderung nach Deutschland. Es ist nicht so, dass es sie ausweitet,

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

sondern es trägt dazu bei, dass den humanitären Gesichtspunkten, wie sie besonders bei geschlechtsspezifischer Verfolgung und nicht staatlicher Verfolgung eingesetzt werden, Rechnung getragen wird, die vielleicht auch eine christliche Partei für sich in Anspruch nehmen sollte.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht nun Herr Abgeordneter Reinhold Hohn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube der Kollege Hörter hat nicht gemerkt, dass der Bundestagswahlkampf vorbei ist.

(Beifall der FDP und der SPD – Pörksen, SPD: Sehr richtig, genau!)

Anders kann ich mir nicht erklären, dass Sie noch einmal eine Grundsatzdebatte über das Zuwanderungsgesetz entfacht haben.

Wir haben heute über den Antrag zur Einrichtung einer Leitstelle für Integration und Zuwanderung zu diskutieren.

(Zuruf des Abg. Schnabel, CDU)

Ich denke, Sie haben sich dabei sehr weit vom Thema entfernt.

Meine Damen und Herren, die Integration unserer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie die Schaffung von Rahmenbedingungen für ein friedvolles Zusammenleben von Ausländern und Einheimischen ist zu einer der zentralen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen unserer Zeit geworden. Wir Liberale bekennen uns zu dem Prinzip der Integration. Unser Ziel ist die Bildung einer Verantwortungsgemeinschaft zwi

schen Einheimischen und Zugewanderten mit gemeinsamen Werten und mit einer gemeinsamen Identifikation, in der auch diejenigen ihren Platz haben, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben bzw. sie auch nicht anstreben.

Das Land Rheinland-Pfalz gehört zu den Bundesländern, die nicht nur sehr früh den Handlungsbedarf im Hinblick auf Integrationsmaßnahmen gesehen, sondern auch konkrete Initiativen hierzu ergriffen haben. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wurde den in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Eltern die Möglichkeit gegeben, rechtlich dazuzugehören. Damit wurde ihnen die Chance und das Bewußtsein gegeben, als Deutsche gleichberechtigte Mitglieder unserer Gesellschaft zu sein. Meine Damen und Herren, dies ist eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Das ist immer nur schwarz und weiß!)

Meine Damen und Herren, nicht nur mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts hat sich die rheinlandpfälzische FDP im Hinblick auf die Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern profiliert. Auch bei der Diskussion um ein Zuwanderungsgesetz nahm die FDP in Rheinland-Pfalz bereits vor Jahren eine Vorreiterrolle ein.

Meine Damen und Herren, die rheinland-pfälzische Landesregierung kann durch ihre pragmatische Integrationspolitik bereits seit langem auf zahlreiche Erfolge zurückblicken. Integrationspolitische Zielsetzungen sind fester Bestandteil rheinland-pfälzischer Landespolitik.

(Beifall der FDP und der SPD)

Ebenso trägt die fast 15-jährige Tätigkeit unserer Landesbeauftragten für Ausländerfragen, Frau Weber, für deren Arbeit ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte,

(Beifall der FDP und der SPD)

dazu bei, der Integrationspolitik in unserem Land eine solide Grundlage zu verschaffen.

Meine Damen und Herren, durch vielfältige integrationspolitische Entscheidungen in Form von Initiativen der Förderung von Projekten durch Beratung und Kooperation sowie durch Aufklärungs- und Informationsarbeit hat die rheinland-pfälzische Landesregierung den richtigen Weg eingeschlagen und den Grundstein für ein friedliches Zusammenleben von ausländischen und einheimischen Bürgern gelegt.

Die Beherrschung der deutschen Sprache ist die entscheidende Voraussetzung für eine politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Integration zugewanderter Bürger und insbesondere ihrer Kinder. Sie ist der wichtigste Faktor für beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg. Ohne die Beherrschung der deutschen Sprache kann eine sinnvolle Integrationspolitik nicht betrieben werden. Sie ist zentrale Voraussetzung für Kommunikation und damit das wichtigste Mittel zur Integration.

Meine Damen und Herren, deshalb begrüße ich nachdrücklich, dass im Doppelhaushalt 2002/2003 jeweils 100.000 Euro zur Verfügung gestellt wurden, um Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse bereits im Kindergartenalter gezielt zu fördern.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, aber auch erwachsene Migrantinnen und Migranten müssen gefördert werden. Ebenso, wie es eine Förderrichtlinie der Landesregierung für eine Sprachförderung für Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse gibt, existiert deshalb auch eine Förderrichtlinie für die Weiterbildung erwachsener Migrantinnen und Migranten. Auch hierfür hat die Landesregierung für die Jahre 2002 und 2003 jeweils 100.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, ich wollte versuchen, Ihnen anhand dieser Beispiele zu verdeutlichen, dass Sie mit Ihren Forderungen in Ihrem Antrag abermals der politischen Entwicklung in Rheinland-Pfalz hinterherhinken.

(Beifall der FDP und der SPD – Kramer, CDU: Oh!)

Die Landesbeauftragte für Ausländerfragen beschreitet beispielsweise mit dem jüngst gegründeten landesweiten Arbeitskreis „Rheinland-Pfälzische Initiative für Integration“ genau den richtigen Weg, um das landesweite Fachwissen und die Praxiserfahrung in der Integrationsarbeit zu bündeln, zu vernetzen und mit neuen Impulsen zu versehen. Einer Leitstelle für Integration und Zuwanderungsfragen bedarf es deshalb nicht.

Gleiches gilt im Hinblick auf die Forderung nach einer eigenständigen Öffentlichkeitsarbeit. Im Rahmen der Landespolitik betreibt die Landesbeauftragte für Ausländerfragen bereits heute eigenständig eine solche Arbeit und trägt damit wesentlich dazu bei, dass ein friedliches Zusammenleben in Rheinland-Pfalz aktiv gestaltet wird. Frau Grützmacher, im Übrigen laufen Ihre geforderten integrationspolitischen Maßnahmen auf eine Überbürokratisierung und eine Überreglementierung hinaus, und dem können wir nicht zustimmen.