Protokoll der Sitzung vom 26.09.2002

läufig. Bei der Umsatzsteuer haben Sie eine minimale Steigerung. Man kann fast sagen, es stagniert. Im Vergleich zum August des vorigen Jahres ist die Umsatzsteuer rückläufig.

In der Summe dieser Dinge bis einschließlich August kommen diese Zahlen zustande, die Frau Thomas genannt hat. Es kommen nämlich rund 550 Millionen Euro inklusive Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen zusammen, die bisher an Defizit aufgelaufen sind. Das Soll der Einnahmen aus Steuern, Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen für das ganze Jahr 2002 liegt bei rund 300 Millionen Euro über dem Ist 2001: 300 Millionen über dem Ist von 2001. – Wenn der Abstand der Einnahmen gegenüber dem Ist des Vorjahres bis zum Jahresende bei etwa 550 Millionen Euro bleibt – daran ist aus unserer Sicht einiges wahrscheinlich; denn den Folgemonaten wird maximal das Ist von 2001 erreicht, das wäre viel – dann fehlen zum Jahresende gegenüber dem Haushaltsvoranschlag 845,9 Millionen DM.

Sie haben gesagt, Sie haben Vorsorge in Höhe von 230 Millionen getroffen, die noch nicht komplett finanziert sind, wie ich gesagt habe. Es bleibt dann ein zusätzliches Defizit von den besagten 550 Millionen Euro.

Meine Damen und Herren, die gesamte Nettoneuverschuldung für 2002 inklusive Nebenhaushalte, LBB, LSV und Unikliniken würde 1,2 Milliarden Euro plus 550 Millio nen Euro bisher aufgelaufenes Defizit betragen. Das ist ein Defizit von insgesamt 1,75 Milliarden Euro. Man muss sich das in DM umgerechnet vorstellen. Das sind rund 3,5 Milliarden DM neue Schulden, die Sie in diesem Jahr machen würden: 3,5 Milliarden DM neue Schulden. – Den bisher gemachten Berg würden Sie weiter aufbauschen. Das kann wohl nicht wahr sein.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Umgerechnet auf den Einwohner würden Sie in diesem Jahr 436 Euro zusätzliche Schulden machen. Allein in diesem Jahr 436 Euro! Das kann nicht Ziel Ihrer Politik sein, meine Damen und Herren von der Landesregierung und Herr Minister.

(Glocke des Präsidenten)

Es gibt leider keine Hoffnung auf Besserung. Die Aussagen der Institute von gestern geben keinerlei Anlass auf entsprechende Hoffnung. Sie haben uns immer gesagt, am Abend werden die Hühner gezählt. Herr Minister, Sie zählen die Hühner, aber Sie betreiben keinerlei Vorsorge, damit der Fuchs die Hühner nicht herausholen kann, die im Stall sind. Es gibt keinerlei Vorsorge. Das Ausgabenloch wird nicht zugemacht. Sie lassen das Geld fleißig weiterfließen und sorgen gleichzeitig nicht einmal für zusätzliche Einnahmen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, ich freue mich, neue Gäste im Landtag begrüßen zu dürfen, und zwar Mitglieder des

Fördervereins Stiftungskrankenhaus Speyer, Mitglieder der CDU Speyer und den Heimbeirat des Senioren- und Pflegeheims Johannes-Haus Nierstein. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Es spricht Herr Abgeordneter Kuhn.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Über die Einnahmensituation in diesem Land haben wir an diesem Ort sehr oft gesprochen. Jeder weiß, dass die Einnahmensituation vom Land selbst nicht zu beeinflussen ist.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Herr Bracht, ist es anders? Dann können Sie es noch einmal erläutern.

Jeder weiß, dass wir Einnahmeneinbrüche bundesweit zu verzeichnen haben, die nicht in der Verantwortung des Landes liegen.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Wir legen großen Wert darauf, dass der Finanzminister dieses Landes seine Finanzpolitik transparent und mit rückhaltloser Offenheit zu jeder Zeit dargelegt hat. Es gibt keine Informationsdefizite. In aller Offenheit sind veränderte Einnahmensituationen an dieser Stelle dargestellt worden.

Dafür danken wir auch Finanzminister Mittler, weil es keinen Zweck hat – das ist die richtige Grundlage in der Politik – und keinen Sinn macht, eine Situation nicht so klar darzustellen, wie sie dargestellt werden muss, um sich auch richtig darauf einzustellen.

Die Bewirtschaftungsmaßnahmen sind frühzeitig eingeleitet worden. Sie sind konsequent umgesetzt worden, und sie werden in der dritten Phase auch konsequent umgesetzt werden.

Ich verstehe nicht, wie man dem Finanzminister die Worte, die er heute Morgen gesagt hat, so im Mund herumdrehen kann.

(Beifall der FDP und Beifall bei der SPD)

Herr Bracht, ich habe genau zugehört und bin wirklich ein bißchen enttäuscht. Der Finanzminister hat nie den Anschein erweckt, dass er dem Prinzip Hoffnung, so wie Sie es genannt haben, frönen würde.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Ganz im Gegenteil, Herr Bracht. Wenn der Finanzminister darauf hinweist, dass wir jetzt im September eine erstaunlich günstige Situation vorfinden werden, dann bewertet er das nicht als mögliche Hoffnung, um die Finanzsituation des ganzen Jahres zu beleuchten. Herr

Bracht, Sie wissen es, weil Sie das bezweifelt haben: August, September. – Wir wissen, dass es monatliche Unterschiede von enormer Größenordnung gibt. Er warnt gerade deswegen davor, eine solch günstige Einnahmensituation im September schon hochzurechnen. Genau das Gegenteil hat Finanzminister Mittler heute deutlich gemacht. Deswegen ist es ein Stück unredlich, ihm gerade dieses, was er ausdrücklich zu Recht vermeidet, vorzuwerfen.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, trotz dieser etwas günstigeren Einnahmensituation haben wir natürlich berechtigte Zweifel. Aber wir wissen es nicht, ob sich die Einnahmensituation des Landes insgesamt günstiger oder nicht so negativ darstellen wird, wie es zu befürchten ist. Wir haben wirklich Zweifel. Aber wir wissen es nicht. Wir brauchen gesicherte Daten. Die eingeleiteten Bewirtschaftungsmaßnahmen werden der jeweiligen Situation in diesem Jahr gerecht. Das ist die Grundlage einer soliden Finanzpolitik.

Meine Damen und Herren, ich komme auf die „Wortbruchgeschichte“ von Frau Thomas zu sprechen. Sie kennt sich aus. Das ist wohl so. Konsolidierungskurs – dieses Bestreben, Haushalte zu konsolidieren – muss ständige Grundlage der Finanzpolitik sein. Sie wissen ganz genau, dass sich die Einnahmensituation dram atisch verändert hat. Das wurde von Ihnen mit Sicherheit auch nicht vorausgesagt. Sie können in dieser Disparität zwischen Einnahmen, aber auch zurückgeführten Ausgaben, nicht davon sprechen, dass das Ziel einer Konsolidierung aufgegeben wird, weil nämlich die Einnahmenseite das Problem ist und die Ausgabenseite sich dieser Situation immer wieder anpassen muss.

(Glocke des Präsidenten – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich rede nicht vom Ziel, sondern vom Tun!)

Das ist oft sehr hart, aber es wird vollzogen.

Herr Finanzminister Mittler hat nicht ausgesagt, dass er verfassungsrechtlich Probleme bekommt. Das haben Sie ihm unterstellt.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat er gesagt!)

Er hat sehr wohl seine Worte gewählt.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau! Ich weiß, was dahinter steckt!)

Das ist aber Ihre schöne Interpretation, die zu Ihrer Agitation führt, das sei Wortbruch.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sorry, sorry!)

Das ist mit Sicherheit nicht der Fall. Über Finanzhilfen haben wir hier schon oft gesprochen. Sie wissen, dass wir eine völlig andere Meinung haben. Mit Rasenmähermethoden werden wir da mit Sicherheit nicht weiter

kommen. Über die Sinnhaftigkeit von Finanzhilfen können wir auch zu anderer Zeit gern noch einmal reden.

(Beifall der FDP und der SPD)

Es spricht Herr Finanzminister Mittler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bracht, eines kann ich überhaupt nicht verstehen, dass Sie hier den Vorwurf erheben, ich verfahre nach dem Prinzip Hoffnung.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Ein Prinzip Hoffnung ist doch ein Prinzip, sogar ein wichtiges Element des christlichen Lebensbildes. Das können Sie mir doch nicht vorwerfen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Aber vielleicht haben Sie etwas anderes gemeint. Vielleicht haben Sie gemeint, wir verfahren nach dem rheinischen Grundsatz „et hätt noch immer jutjegangen“. Nein, das tun wir nicht; Wir haben nicht nur zu einem ganz frühen Zeitpunkt auf die Entwicklung aufmerksam gemacht, wie sie sich in diesem Jahr ergeben könnte, sondern wir haben zu einem ganz frühen Zeitpunkt auch Gegenmaßnahmen eingeleitet, Frau Thomas.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wenn Sie es noch so oft wiederholen, Falsches wird durch Wiederholung nicht richtiger. Es ist nicht wahr, dass wir bisher die ersten 130 Millionen Euro, die wir haushaltsbewirtschaftet haben, nicht der Öffentlichkeit genannt hätten. Natürlich haben wir sie genannt. Wir haben sie genannt; Nachdem die Ressorts bis zum 30. Juni die haushaltsstellenbezogene Quantifizierung und Klassifizierung vorgenommen hatten, haben wir die entsprechenden Unterlagen im Haushalts- und Finanzausschuss offen kommuniziert.

(Kuhn, FDP: So ist es!)

Die sind Ihnen alle bekannt, wenn Sie sie nur zur Kenntnis nehmen würden.