Protokoll der Sitzung vom 06.11.2002

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Licht das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Berichterstatter dankbar, dass er in dieser Ausführlichkeit noch einmal widerspiegelte, wie sehr sich dieses Parlament und die Fraktionen mit der Thematik befasst haben. Am Beginn dieser Debatte möchte ich zu diesem Teilaspekt der erneuerbaren Energie, der Windkraft, wiederholt feststellen, dass sich die CDU-Fraktion in Rheinland-Pfalz grundsätzlich zu einem sinnvollen Ausbau bzw. zu einer sinnvollen Optimierung von regenerativer Energien bekennt, sagt aber, dass das nicht um jeden Preis geschehen kann.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion RheinlandPfalz bleibt nach wie vor der Auffassung, dass mit einem Bündel aus bundespolitischen Initiativen und landespolitischen Maßnahmen dem Wildwuchs, dem nicht gesteuerten Ausbau von Windenergieanlagen in RheinlandPfalz, Einhalt zu gebieten ist.

Meine Damen und Herren, diese beiden grundsätzlichen Aussagen bilden den roten Faden unserer Anträge. In insgesamt sieben Kernpunkten will ich diese noch einmal zusammenfassen.

1. Die bisherige bauplanungsrechtliche Privilegierung muss aufgehoben werden. Windkraftanlagen sollen nur noch in dafür ausgewiesenen Vorranggebieten zulässig sein. Auch das hat Konsequenzen.

2. Die völlig überhöhte Strompreissubventionierung soll gestrichen werden. Zu zahlende Entgelte sind auf ein markt- und wettbewerbsgerechtes Niveau zurückzuführen.

Meine Damen und Herren, das sind originäre FDPForderungen und Parteitagsbeschlüsse.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

3. Unverzichtbar ist ein Landeskonzept zur Besserung und Steuerung der Errichtung von Windkraftanlagen.

4. Zukünftig muss es mehr Beratung und Unterstützung für die Kommunen bei den zu treffenden planerischen und Genehmigungsentscheidungen geben.

5. In einem neuen Windkrafterlass sind Windkraftanlagen in Naturparks und Erholungs- und Landschaftsschutzgebieten auszuschließen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll obligatorisch sein.

6. Der Abstandswert von Windkraftanlagen zu Wohnflächen ist auf mindestens 1.000 Meter zu erhöhen. Ausgleichsmaßnahmen sollen für alle Windkraftanlagen ab 100 Meter verpflichtend sein.

7. Genehmigungen sollen zeitlich befristet und mit Abrissauflagen nach Nutzungsende verbunden werden.

(Beifall des Abg. Kramer, CDU)

Meine Damen und Herren, nach langen Diskussionen – der Berichterstatter hat einiges hier widerspiegeln können –, nach einem breiten Anhörungstermin stelle ich fest, dass lediglich in diesem siebten, letzten Punkt ein Konsens mit SPD und FDP auch heute in der Debatte besteht.

(Schwarz, SPD: Nur dort besteht Handlungsbedarf!)

Ich sehe es nach wie vor anders und bin durch das bestätigt, was im Land Rheinland-Pfalz zur Zeit nach wie vor diskutiert wird.

Meine Damen und Herren, angesichts der Parteitagsbeschlüsse der FDP und Äußerungen auch von Mitgliedern, die heute auch unter uns sind, müssten wesentliche Teile, mindestens diese Teile, die ich eben schon angesprochen habe, auch heute die Zustimmung der FDP finden. (Vereinzelt Beifall bei der CDU)

In einer Antwort des Wirtschaftsministeriums zur großen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die heute mitbehandelt wird, nach der Bedeutung von erneuerbaren Energien für Rheinland-Pfalz wird unter anderem auf das Potenzial der Windkraft in den ländlichen Räumen eingegangen. Die Universität Kaiserslautern kommt in einer Analyse zu dem Ergebnis, dass bei maximaler Ausnutzung der zum Untersuchungszeitpunkt vorliegenden regionalplanerisch ausgewiesenen Standortbereiche für die Nutzung der Windenergie in Rheinland-Pfalz drei Milliarden Kilowattstunden Strom aus Windenergie erzeugt werden könnten. Bezogen auf den Stromverbrauch – ich nenne das aus dieser Antwort – des Jahres 2000 in Höhe von 27,7 Milliarden Kilowattstunden entspräche dies immerhin einem Anteil von 10,8 %.

Meine Damen und Herren, warum nenne ich das? Dazu wäre – hören Sie genau zu – die Errichtung von 1.430 Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von 1.500 Kilowattstunden auf jetzt schon vorgesehenen Standorten erforderlich. Zur Zeit haben wir ca. 550 Anlagen in Rheinland-Pfalz. Am Ende des Jahres wird etwa diese Zahl stehen. Auch mit Einschränkung der Privilegierung ist demnach fast das Dreifache in dem sogenannten Potenzial des ländlichen Raums schon möglich, das heißt, selbst mit der Einschränkung, die wir vorschlagen, ist ein weiterer Ausbau möglich. Das ist auch unser Kompromiss. Wir sagen nicht grundsätzlich nein, nichts und nie wieder, also auch mit dem, was wir vorschlagen.

Angesichts allein dieser Betrachtung müsste jedem politisch Verantwortlichen klar werden, was den ländlichen Räumen zugemutet wird, wenn es bei der fehlenden unkoordinierten Planung bleibt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, was muten wir den Kreisen zu – Herr Kollege Billen wird nachher noch dazu reden –, wenn man die Dinge unkoordiniert treiben lässt.

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, angesichts dieser Betrachtung meine ich, gibt es nach wie vor Handlungsbedarf. Lassen Sie mich einmal die technischen und sonstigen Fragen zur Windenergie in Rheinland-Pfalz – dazu reicht nicht die Zeit – beiseite legen. Auch die Frage nach dem Nutzungsgrad, lediglich 16 % in Rheinland-Pfalz, macht diese Energieart durchaus zweifelhaft bei den wenigen Ressourcen, die wir auch finanziell zur Verfügung haben.

(Zuruf von der SPD: Wer „wir“?)

Wir, das sind Sie und ich auch als Steuerzahler, und nicht nur das Land, der Landtag, der Finanzminister, sondern wir insgesamt. Fragen nach der Sicherheit, Fragen zu einer ehrlichen Energiebilanz, Fragen, die in den letzten Wochen und Monaten durch TV-Berichte aufgekommen sind, Fragen nach Gefälligkeitsgutachten – gibt es sie, und wenn es sie gibt, wem dienen sie? – all dies will ich beiseite schieben. Ich frage also nur nach der Zumutung der ländlichen Räume im Hinblick auf ein künftiges Landschaftsbild, auf die allgemeine Umwelt

verträglichkeit, zu der auch der Mensch, der dort wohnt, gehört, zeitweise auch der, der dort Urlaub macht, der auch in Zukunft in diesem Fremdenverkehrsland Urlaub machen möchte.

(Beifall bei der CDU)

Auch der gehört für meine Begriffe zu dem großen Block der Umweltverträglichkeit.

Meine Damen und Herren, betrachte ich dies insgesamt und sehe mir die viel zu geringen Auflagen an, dann haben wir – zu diesem Schluss komme ich – nach wie vor Handlungsbedarf. Meine Damen und Herren, den Landtag Rheinland-Pfalz sehe ich nach wie vor gefordert.

Meine Damen und Herren, da entstehen – lassen Sie mich diesen Punkt noch einmal anführen – 100 Meter, mehr sind es nicht, lassen Sie es 150 Meter sein, neben einer B 50, die vierspurig ausgebaut werden soll, ganz aktuell neue Windräder. Ich frage, in Zukunft soll sie wohl der Fahrtwind drehen. Das mag wohl ein Aspekt sein. Angesichts der Sturmunfälle auch in RheinlandPfalz mit anschließenden Straßensperren müssten Sie, die Regierungsparteien, doch zumindest über die Abstände zu solchen Anlagen unter diesem Aspekt schon noch einmal nachdenken.

Meine Damen und Herren, man kann vieles steuern. Ich halte nach wie vor eine Landeszielplanung für erforderlich. Wir dürfen sie nicht den Gemeinderäten aller Couleur vor Ort überlassen, die durchaus zu unterschiedlichen Auffassungen kommen. Landesplanung ist gefordert, meine Damen und Herren. Wir sind gefordert. Machen Sie Ihre Hausaufgaben, sonst wird Sie der Sturm einholen.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Kollegen Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Licht, um das einmal in die richtige Relation zu stellen, was Sie hier gesagt haben. Sie malen gern – ich nehme an, Ihr Kollege Billen wird das verschärft und lauter tun – Horrorgemälde an die Wand, wie das Land später aussehen wird. Ich frage mich, was haben Sie dagegen, wenn ein Windkraftrad neben einer B 50 steht, die dann noch vierspurig ausgebaut werden soll? Denken Sie, es wäre zu laut oder es wäre ein Eingriff in die Natur?

(Staatsminister Bauckhage: Fahrtwind!)

Wir haben Rieseneingriffe in die Natur, beispielsweise durch einen Ausbau der B 50. Dann steht dort ein Windkraftrad daneben, und dann fällt Ihnen auf, dass dieses

die Landschaft stört. Ich glaube, mit der Argumentation kommen Sie nicht weiter.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zunächst einmal müssen wir das doch in den Zusammenhang der Diskussion stellen, Herr Licht. Warum werden denn Windkrafträder aufgestellt? Warum werden denn auch für teures Geld Solarkraftwerke auf Dächer gehievt? Warum wird intensiv um jedes Wasserrad an jedem Bach, das Strom erzeugen kann, gekämpft? Das ist doch nicht einfach die pure Lust von Ökologen, die der Meinung sind, wir bräuchten jetzt alternative Energien, sondern – Herr Licht, vielleicht könnten Sie Ihre internen Diskussionen beenden – es ist nicht die Zerstörungsfreude an der Landschaft, die diejenigen ergriffen hat, die die alternativen und die erneuerbaren Energien fördern, sondern das ist pure Verantwortung gegenüber der Zukunft der Menschheit und gegenüber der Zukunft der Welt. Ich glaube, das müssen Sie grundsätzlich erst einmal verstehen.

(Beifall bei der SPD)

Bei der jetzt schon beobachtbaren Klimaerwärmung – das haben Sie auch gesagt – ist es absolut notwendig, dass umweltfreundliche erneuerbare Energien ausgebaut werden. Es geht nicht allein um die Windkraft, die Sie hier hauptsächlich diskutieren, es geht um die Wasserkraft, um die Solarkraft, um die Windkraft allerdings auch – ich komme noch einmal darauf zurück –, es geht vor allem um die Geothermie in Rheinland-Pfalz und um die Biomasse. Diese fünf Bereiche müssen in Rheinland-Pfalz ausgebaut werden. Dazu gibt es glücklicherweise einen Beschluss des Landtags, dass man 12 % des Stroms, der in Rheinland-Pfalz verbraucht wird, über erneuerbare Energien bis zum Jahr 2010 gewinnen will.

Das ist ein vernünftiger Beschluss, auf den wir grundsätzlich in Zukunft in den Diskussionen im Landtag aufbauen sollten. Wir sollten ihn anerkennen und fördern, meine Damen und Herren.

Die FDP müsste Ihrem Antrag zustimmen, haben Sie gesagt. Ich möchte einmal erwähnen, es wäre egal, ob die FDP zustimmt oder nicht. Es gibt Mehrheiten im Landtag auch jenseits der FDP.

(Gelächter des Abg. Lelle, CDU, und des Abg. Itzek, SPD – Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die FDP kann durchaus ehrlich gegen Windkraft stimmen. Damit haben wir kein Problem. Vielleicht gibt es auch innerhalb der CDU Abgeordnete, die unserem Antrag zustimmen würden. Soweit ich weiß, gibt es Abgeordnete, die in ihrer eigenen Verbandsgemeinde oder Gemeinde als Bürgermeister für die Windkraft gekämpft haben oder kämpfen.

(Itzek, SPD: Vernünftig, ja! Ein paar Vernünftige gibt es überall!)

Meine Damen und Herren, die Vorwürfe, die Herr Licht gemacht hat, dass das Stromeinspeisegesetz eine Sub

ventionierung sei, sind haltlos und falsch. Das muss noch einmal deutlich gesagt werden. Es ist keine Subventionierung. Es wird nicht mit Steuergeldern der Strompreis heruntersubventioniert, sondern es gibt eine Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien.