Protokoll der Sitzung vom 07.11.2002

(Jullien, CDU: Und in der Welt!)

und in der ganzen Welt.

Herr Jullien, sogar in Cochem bei der Sparkasse. An Ihrer Stelle wäre ich ganz ruhig.

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, sogar in der ganzen Welt sind aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Situation alle Haushalte in Schwierigkeiten. Wir lesen dieser Tage, dass fast alle Landeshaushalte in der Bundesrepublik, ganz gleich, von wem sie regiert werden, an die Verfassungsgrenze kommen.

Meine Damen und Herren, das gilt natürlich auch für das Land Rheinland-Pfalz. Deswegen sage ich noch einmal, was ich schon im September gesagt habe. Es ehrt den Finanzminister, dass er diese Schwierigkeiten vor der Bundestagswahl dargestellt hat.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Es ehrt den Finanzminister, dass er rechtzeitig auf die Bremse getreten hat. Es ehrt den Finanzminister, dass er versucht, Konsolidierungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen, die zugegebenermaßen sehr schwierig sein werden, die zugegebenermaßen harte Einschnitte bringen müssen. Auch das haben wir im September bereits gesagt. Niemand hat die Augen verschlossen. Niemand hat aber auch versucht, eine unsolide Politik zu machen.

Frau Thomas, ich frage Sie, die Sie immer eingeklagt haben, dass das Parlament mit zu diskutieren habe: Wollen Sie im Schweinsgalopp einen Nachtrag, der praktisch einen ganz neuen Haushalt darstellt, oder wollen Sie eine solide Vorlage für eine solide zukunftsweisende Haushaltspolitik? – Deshalb habe ich vorhin danach gefragt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wollen Sie eine solide Diskussion im Parlament?

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie das wollen, müssen Sie notgedrungen – wie wir auch – diese Zeit der Regierung und diesem Parlament geben; denn wir sind auch nicht glücklich darüber, dass es so viel Zeit braucht. Wir müssen uns diese Zeit nehmen, um eine vernünftige und eine gerechte Politik zu machen; denn was für die rotgrüne Koalition in Berlin gilt, gilt auch für uns: dass Gerechtigkeit in finanziell schwierigen Zeiten die Leitlinie der Politik sein muss, Frau Thomas.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es spricht Herr Abgeordneter Bracht.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ramsauer, es hilft Ihnen auch heute wieder nichts, Gott und die Welt und alle anderen als Schuldige für die miserable Haushaltssituation dieses Landes verantwortlich zu machen. Dafür sind Sie und diese Landesregierung in erster Linie allein verantwortlich.

(Hartloff, SPD: Deswegen leben wir auf einer Insel, die Insel Rheinland-Pfalz, die Insel der Glückseligen?)

Wären Sie den Vorschlägen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU seit Anfang des Jahres gefolgt, wäre das Problem heute ein viel kleineres, damit das schon einmal klar ist.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, ich habe mir eine ganze Menge bei dieser Landesregierung vorstellen können.

(Pörksen, SPD: Das glaube ich nicht!)

Ich habe mir aber nicht vorstellen können, dass Sie sagen, wir werden dem Parlament am 2. April einen Nachtragshaushaltsentwurf als Vorlage bereitstellen, wie das in den letzten Tagen geschehen ist.

Ich habe mir bei dem Desaster, dem Durcheinander und dem kläglichen Verhalten, das wir schon das ganze Jahr erleben, wirklich nicht vorstellen können, dass Sie sagen, erst im April legen wir dem Parlament einen Nachtragshaushaltsentwurf vor.

Wenn man sich vorstellt, was der Minister selbst in den letzten Tagen alles gesagt hat – er hat davon gesprochen, dass dem Land ein Finanzkollaps droht, es Heulen und Zähneklappern geben wird und vieles andere –, dann ist offensichtlich zumindest bei ihm in den letzten Tagen die Erkenntnis gewachsen, dass es Probleme gibt, die nicht ohne weiteres zu lösen und erst recht nicht auf die lange Bank zu schieben sind.

Wieso Sie nicht die Konsequenz daraus ziehen, das verstehe ich nicht, Herr Minister.

(Hartloff, SPD: Haushaltssperre ist doch eine Konsequenz!)

Sie sagen, wir wollen in aller Ruhe die Steuerschätzung abwarten. Das ist jetzt in Ordnung, dass man die noch abwartet. Aber was haben Sie das ganze Jahr gemacht?

(Hartloff, SPD: Zum Beispiel eine Haushaltssperre verhängt!)

Sie hätten längst den Entwurf eines Nachtrags in der Regierung erarbeitet haben können, der dann vielleicht nach der Steuerschätzung noch hätte nachgearbeitet werden können.

(Beifall der CDU)

Diesen hätten Sie spätestens Anfang Dezember vorlegen können. Diese Möglichkeit hätte bestanden, und sie besteht auch jetzt noch.

(Hartloff, SPD: Das ist der Wunsch von Frau Thomas nach einem permanenten Haushaltsplan!)

Es bedarf nur des Willens, der Willenskraft, der Durchsetzungsfähigkeit und der Durchsetzungskraft dieser Regierung. Aber diesen Willen und diese Kraft haben Sie offensichtlich nicht mehr.

Meine Damen und Herren, die Verschleppungstaktik, die Frau Thomas angesprochen hat, würde man in der Privatwirtschaft als Insolvenzverschleppung bezeichnen. Wer als Geschäftsführer so handelt wie diese Regierung, der würde sich strafbar machen.

(Hartloff, SPD: Oje, oje!)

Herr Finanzminister, Ihrem Kollegen im Berliner Finanzministerium, Herrn Finanzsenator Sarrazin, den wir in Rheinland-Pfalz besonders gut kennen, kann ich in vielem nicht zustimmen, was er zurzeit in Berlin macht.

(Hartloff, SPD: Aber das, was passt!)

In einem könnte er dieser Regierung allerdings Vorbild sein. Er ist konsequent und geht die Probleme konse

quent mit aller Durchsetzungskraft an, die er hat und einbringen kann. Diese Konsequenz und Durchsetzungskraft fehlt Ihnen.

(Hartloff, SPD: Schauen Sie sich diese Konsequenzen im Apparat von Berlin an, vielleicht schärft es den Blick!)

Deshalb fordern wir Sie auf, kehren Sie endlich zu einer seriösen und rechtmäßigen Haushaltsbewirtschaftung zurück.

Zum Zeitplan für diesen Nachtragshaushalt im Konkreten. § 1 des Landeshaushalts lautet klar und eindeutig: „Der Haushaltsplan wird vor Beginn des Haushaltsjahrs durch das Haushaltsgesetz festgestellt.“ § 33 der Landeshaushaltsordnung lautet: „Auf Nachträge zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsplan sind die Teile I und II sinngemäß anzuwenden. Der Entwurf ist bis zum Ende des Haushaltsjahrs einzubringen.“

Interpretiert bedeuten diese Paragraphen, dass ein Nachtragshaushalt zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorzulegen und zu verabschieden ist, sobald die Notwendigkeit feststeht, einen solchen Nachtrag zu beschließen. Es ist wohl unstrittig, dass die Notwendigkeit feststeht.

Satz 2 des § 33 besagt, dass der Entwurf eines Nachtrags noch vor Jahresende des betreffenden Haushaltsjahrs eingebracht werden muss. Nun kann ein Nachtrag logischerweise erst nach dem eigentlichen Haushaltsgesetz möglich und notwendig werden. Bei einem Einjahreshaushalt geht das per definitionem nicht vor Beginn des Haushaltsjahrs.

Bei einem Doppelhaushalt, den wir haben, gewinnen § 1 und die Anwendung des § 33 eine ganz andere Gewichtung.

Wenn nämlich vor Beginn des zweiten Haushaltsjahres feststeht, dass für dieses ein Nachtrag zum Doppelhaushalt erforderlich ist, so ist dieser auf jeden Fall, wenn irgend möglich, vor Beginn des Haushaltsjahres zu verabschieden. Wenn man nun berücksichtigt, dass es geboten ist, das amtliche Ergebnis der regionalisierten Steuerschätzung Mitte November abzuwarten, dann ist es sicherlich vertretbar, den Entwurf erst im Dezember oder spätestens zu Beginn des neuen Haushaltsjahres einzubringen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Der vorgesehene Termin „April“ für die Vorlage des Entwurfs und die Verabschiedung für Juni oder Juli stellt hingegen eine absolut willkürliche und nicht begründbare Verzögerung dar, die mit der Landeshaushaltsordnung nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Auch wenn man in Rechnung stellt, dass eine Begleitgesetzgebung zur Erzielung der notwendigen Ausgabenkürzungen unabwendbar ist, was Staatssekretär Dr. Deubel in der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses sinngemäß ausgeführt hat, ist eine Verzögerung solcher

Art nicht mit den Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung in Deckung zu bringen.