Protokoll der Sitzung vom 05.12.2002

Ja, aber Sie haben gerade behauptet, ich hätte es gesagt, und das bin ich jetzt leid! Ich habe aber sehr oft gefordert – das wissen Sie, und Sie können es nachlesen –, dass Sie kein Geld in gentechnische Forschung im Weinbau stecken sollen, weil Sie das, was dabei herauskommt, nicht werden nutzen können, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher keine gentechnisch veränderten Erzeugnisse haben wollen. Ich habe immer gesagt, dass es gefährlich ist, Wein generell in Zusammenhang mit Gentechnik zu bringen; denn es ist ein Genusserzeugnis. Man könnte nun auch noch auf die gesundheitliche Komponente eingehen. Aber jedenfalls ist es ein Genusserzeugnis, und die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen keinen gentechnisch veränderten Wein.

Ich komme zu meinem dritten Punkt. Wir haben in uns erem Antrag natürlich auch die Kooperationen angesprochen. Aber, meine Damen und Herren, Kooperationen, so gut sie auch sind, sind kein Allheilmittel, wenn man den Rest unangetastet lässt. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die die Qualität hochsetzen und die Masse heruntersetzen. Vor allem muss man sich klar machen – das wurde heute schon ganz deutlich gesagt –, dass man am Ende nicht ankommen und sagen kann: Lieber Vater Staat, gib mir Geld, damit ich meine Keller leer bekomme.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Unternehmergeist der Winzerinnen und Winzer ist gefragt.

(Glocke des Präsidenten)

Ich glaube, die Nachfrage nach dem, was sie erzeugen, wird dann auch steigen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schmitt das Wort zu einer weiteren Kurzintervention.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich habe mich zu einer Kurzintervention gemeldet, um deutlich zu machen, man kann nicht sagen, jeder, der eine bestimmte Situation schildert, spricht negativ über den Wein.

Fakt ist: Wir haben in diesem Jahr einen hervorragenden Weinjahrgang von bester Qualität wie schon lange nicht mehr. Die Menge war durch Mengenregulierungen begrenzt, und trotzdem liegt der Preis im Keller. Das ist Fakt. Wenn ein Winzer, um dessen Existenz es geht, unsere Reden hören würde, und er bekommt 17 oder 20 Cent pro Liter Wein, und wir sagen, die Rahmenbedingungen stimmen, es geht dem Weinbau gut, fasst er sich an den Kopf und fragt sich, was überhaupt noch geschieht.

(Beifall der CDU – Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum denn?)

Es muss möglich sein, die Fakten zu benennen.

Der zweite Fakt geht ein wenig darüber hinaus. Allein in meinem Heimatgebiet an der Mosel haben wir in den letzten zwei Jahren über 1.000 Hektar verloren. Sie sind gerodet worden und liegen brach. Das heißt im Klartext, es geht nicht nur um die Frage, mehr oder weniger Brötchen. Es geht nicht allein darum, ob mehr oder weniger Wein angebaut wird, aber dabei geht eine Kulturlandschaft verloren. Dies geht weit über den Weinbau hinaus und hat eine andere Dimension.

(Beifall der CDU)

Ich weiß, was Sie über Angebot und Nachfrage sagen wollten. Das ist mir schon klar.

(Staatsminister Bauckhage: Davon verstehen Sie sowieso nichts!)

Entschuldigung! – Aber man muss dabei den Zusammenhang bringen.

Man kann in fünf Minuten keine Diskussion über den Weinbau führen. Aber wenn wir unsere Aufgabe ernst nehmen, müssen wir alle Punkte, die in der Kooperation stehen, inklusive der Frage der Weinwirtschaftsräte, zur Kenntnis nehmen und müssen sehen, was in den Comitès Interprofessionels in Frankreich zum Teil abläuft. Wir müssen sehen, ob wir sie stärken können oder nicht.

Wir müssen erkennen, dass wir in gewissen Regionen – ich nenne einfach einmal die Mosel, aber andere sind genauso betroffen – in den Steillagen parallel zu dem Weinbau und dem Weinpreis ein eigenständiges, nicht nur finanziell ausgestattetes Programm brauchen. Das heißt im Klartext, wir brauchen beispielsweise ein Kulturlandschaftsprogramm Mosel, damit wir erkennen, es geht nicht nur um das Produkt, sondern es geht um die gesamte Region und um die Menschen. Es geht nicht allein um die paar Winzer – Entschuldigung! – und um die betroffenen Arbeitsplätze. Wenn wir nicht die Kraft haben, dies ganzheitlich zu sehen, haben wir den Anspruch verloren, qualifiziert über Weinbau zu diskutieren.

(Beifall der CDU)

Zur Erwiderung hat Staatsminister Bauckhage das Wort.

An Kurzinterventionen beteilige ich mich nicht.

(Zuruf des Abg. Anheuser, CDU)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Situation ist natürlich schwierig. Man kann ihrer Forderung folgen und weg von der Produktförderung und hin zur Flächenförderung gehen. Das ist im Prinzip der Schritt der Agenda 2000. Aber dabei muss man wissen, dann ist die Produktsubvention weg. Dann wird in der Umstellungsphase das Geschrei groß sein, weil dann alle sagen: Um Gottes willen! So war es doch wohl nicht gemeint. – Man muss diese Sache also auch in der Konsequenz ausdiskutieren.

Mir ist auch klar, dass Wein kein Produkt ist wie beispielsweise ein Brot oder eine Fleischwurst.

(Anheuser, CDU: Oder ein Brötchen! )

Oder ein Brötchen. Wenn Sie immer so viel Wein produziert hätten, wie Sie verkonsumiert haben, hätten Sie kein Problem. Dann hätten Sie im Übrigen auch kein Preisproblem.

Aber daran hängt natürlicherweise in sehr hohem Maße auch die rheinland-pfälzische Kulturlandschaft. Wir machen doch nicht aus irgendetwas eine enorme Weinförderung. Wir haben allein im vergangenen Jahr die Preisdifferenz bei der Destillation auf rund 50 Pfennig hochgesetzt. Dafür hatten wir damals meines Wissens 12 Millionen DM zur Verfügung gestellt.

Sie sehen, wir haben versucht, den Übergang weg von der bisherigen Form der Weinbaupolitik und hin in eine moderne Struktur zu begleiten und abzufedern. Es gibt einige Abfederungsmöglichkeiten, die wir alle benutzt haben. Wir wollen doch nicht die Existenz eines Berufsstands aufs Spiel setzen.

Aber eines muss man wissen: Der Preis von 17 Cent kommt nicht irgendwo her, sondern er kommt daher, dass die Überproduktion vorhanden ist. Daran müssen Sie sich gewöhnen.

(Itzek, SPD: Das ist Marktwirtschaft!)

Wir haben insgesamt eine Überproduktion. Außerdem sind die Grenzen offen. Wir wollen sie auch offen haben. Sie auch, Herr Schmitt.

Sagen Sie mir doch einmal: Soll ich nun den Sektkellereien Preisdiktate vorschreiben, oder wie soll es gehen? – Es geht doch nur, indem wir die Menge reduzieren.

Die Staatswirtschaft ist gerade in die Knie gegangen. Die Insolvenz haben wir in unserem Staat noch nicht verarbeitet. Sie müssen einen Vorschlag machen. Sagen Sie mir einmal ganz konkret, wie man es ohne staatliche und ohne finanzielle Förderung erreichen kann, dass aus 17 Cent 54 Cent oder 1 Euro werden.

Wenn Sie mir das heute sagen können, bin ich Ihnen dafür sehr dankbar.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Wir produzieren doch keinen Wein. Der Wein wird von den Winzerinnen und Winzern in diesem Land produziert. Wir haben das Problem, dass derzeit der Rotwein boomt und der Weißwein nicht boomt. Wenn ich Weißwein in den Kellern habe, aber die Leute wollen derzeit keinen Weißwein trinken, müssen Sie mir sagen, wie ich das verändern soll.

(Itzek, SPD: Einfärben!)

Dies hat noch eine besondere Dimension, denn es sind lange Perioden, die überbrückt werden müssen. Ich kann heute jedenfalls nur jedem raten, sich antizyklich zu verhalten. Das sind Begriffe der Marktwirtschaft, und ich bin gern bereit, einen Exkurs durch dieses Thema zu machen.

Ich kann nur jedem raten, sich antizyklich zu verhalten und jetzt nicht mehr auf Rotwein zu setzen. Sie werden sehen, wir werden auch beim Rotwein Mengenprobleme bekommen.

(Itzek, SPD: Natürlich!)

Man muss also sehr marktnah sein. Sehr marktnah sind aber nur diejenigen, die Feeling für den Markt haben. Deshalb sind die Kooperationen so wichtig, übrigens auch der Traubenanlieferung, um zu erreichen, dass unsere Winzer ein vernünftiges Einkommen haben und die Kulturlandschaft bleibt, wie sie ist. Dies kann man nicht mit Preisdiktaten machen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Verehrter Herr Staatsminister, Sie haben Ihre Redezeit um vier Minuten überzogen. Sie haben natürlich das Recht, auf eine Kurzintervention zu reagieren. Damit wird die Redezeit nicht anerkannt. Aber auch diese Zeit ist um eine Minute überzogen worden. Insofern besteht die Möglichkeit weiterer Wortmeldungen. Herr Dr. Geisen hat sich schon zu Wort gemeldet.

(Dr. Geisen, FDP: Nein, ich verzichte!)

Herr Dr. Geisen verzichtet. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr.

(Schmitt, CDU: Dafür geben wir eine gute Flasche Wein aus!)

Wir kommen nun zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst unmittelbar über den Antrag der Fraktion der SDP – Drucksache 14/1007 – ab, da die Beschlussempfehlung die unveränderte Annahme em pfiehlt. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und der FDP

gegen die Stimmen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Wir kommen nun zur unmittelbaren Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/1171 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Damit ist der Alternativantrag der Fraktion der CDU mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.