Protokoll der Sitzung vom 16.01.2003

Pfalz in Anspruch nehmen können, sehr froh darüber sind, dass auch die Projekte für Wiedereinsteigerinnen in den Beruf erheblich gefördert werden, zum einen durch die vier ständigen Büros, die wir in RheinlandPfalz für Wiedereinsteigerinnen in den Beruf haben, und zum anderen durch die einzelnen Projekte, die vor Ort durchgeführt werden. Diese Projekte sind für die kommunale Arbeitsmarktpolitik sehr wichtig, da sich die Kommunen vor Ort ihre Kooperationspartner suchen und die Projekte dort mit Leben füllen können.

Die kommunale Arbeitsmarktpolitik ist auch für die Landesregierung ein Schwerpunkt. Ich muss nicht weiter erläutern, dass das Programm „Arbeit statt Sozialhilfe“ seit vielen Jahren sehr erfolgreich läuft, sondern ich möchte den Schwerpunkt darauf setzen, dass auch die sechs im Land seit 2001 bestehenden Koordinierungsbüros erheblich gefördert werden. Die Koordinierungsbüros sollen Arbeitsverwaltung und Sozialamt noch besser miteinander verzahnen und die Arbeit noch reibungsloser gestalten. Das ist übrigens auch ein Kernelement der Hartz-Reform. Wir sind im Landkreis Mainz-Bingen gerade dabei, in der Kreisverwaltung ein solches Koordinierungsbüro zu installieren, damit die Verzahnung zwischen Arbeitsamt und Sozialhilfestellen noch besser läuft.

Meine Damen und Herren, wenn das gelingt, wird es sehr vorteilhaft für die jungen Menschen werden, die ohne Arbeit sind. Wir haben in diesem Bereich ebenfalls ein Schwerpunktprogramm „Jugend in Arbeit“, das in den letzten Jahren mit erheblichen Mitteln in Höhe von 32 Millionen Euro ausgestattet worden ist und den großen Erfolg zeigt, dass immer mehr junge Menschen in die Maßnahmen, die angeboten werden, einbezogen werden können. Das ist ein großer Erfolg. Darüber freue ich mich sehr. (Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, der SPD-Fraktion und dem Land Rheinland-Pfalz ist es sehr wichtig, schwerbehinderte Menschen wieder oder immer mehr in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Auch in diesem Bereich laufen sehr viele gute ortsnahe Projekte, die wir weiterhin unterstützen wollen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eine paar Worte zum „Mainzer Modell“ sagen. Dieses Thema haben wir gestern verhältnismäßig ausgiebig besprochen. Das ist ein Modell, von dem wir hören, dass es keine Zukunft mehr habe oder vor dem Aus stünde.

(Frau Thelen, CDU: Das hat keiner gesagt!)

Vor drei Tagen habe ich in der Zeitung gelesen, dass Herr Jullien, der momentan leider nicht anwesend ist, doch wird es ihm vielleicht ausgerichtet werden, Folgendes gesagt hat: „Während das ‘Mainzer Modell‘ 2.800 Menschen in Arbeit gebracht hat, wurden viele tausend arbeitslos.“ – Ich hätte ihn jetzt gern gefragt, warum ich das nicht verstehe. Soll es etwa heißen: Nichts für ungut, Leute, aber die 2.800 Menschen hätten auch in der Arbeitslosigkeit verbleiben können? Das wird mit uns so nicht laufen. (Beifall bei SPD und FDP)

Im Übrigen ist es so, dass die Midijobs, die Herr Kramer eben auch angesprochen hat, in der gesamten Konstruktion auf dem Konzept des „Mainzer Modells“ beruhen. Ich finde es schon erstaunlich, dass Sie sagen, es sei ihr Konzept. Darüber müssen wir noch einmal reden. Vielleicht sollten Sie es noch einmal nachlesen.

(Kramer, CDU: Es ist unser Konzept!)

Insgesamt ist das „Mainzer Modell“ ein sehr gutes Modell und ein Modell mit Zukunft. Es hängt davon ab, wie sehr sich die einzelnen Arbeitsämter und Stellen, die damit befasst sind, auch hineinhängen.

(Kramer, CDU: Sie hätten es doch schon früher verwirklichen können, wenn Sie es gewollt hätten, als Sie nämlich die 650-Mark-Geschichte abgeschafft haben!)

Dies zeigen die Vermittlungszahlen in Rheinland-Pfalz.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend sagen, ich bin trotz aller Unstimmigkeiten, die hier und dort immer einmal auftreten können, sehr wohl der Auffassung, dass wir in der Arbeitsmarktpolitik in Rheinland-Pfalz gemeinsam sehr viel weiterkommen werden als bisher, insbesondere, da wir nun den Einsetzungsbeschluss der Enquete-Kommission „Arbeit“ im letzten Plenum beschlossen haben und wir bald anfangen werden, unsere Arbeit aufzunehmen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir dann einen großen Schritt vorangehen werden.

Die SPD-Fraktion wird mit viel Elan und viel Leidenschaft daran arbeiten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich deutsche und französische Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schule II, Wirtschaft und Verwaltung, Kaiserslautern. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Marz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Grosse, Herr Jullien ist immer noch nicht da, aber das „Mainzer Modell“ liegt sozusagen wieder auf dem Tisch, weil Sie es dort hingelegt haben.

Ich möchte eingangs noch etwas kurz dazu sagen, was das Problem mit dem Mainzer Modell war. Das Problem ist nicht, dass 2.800 Menschen darüber Arbeit gefunden haben. Ich freue mich aufrichtig für jeden Menschen, der über das „Mainzer Modell“ Arbeit gefunden hat. Das

Problem ist, dass beim Start des „Mainzer Modells“ der damals zuständige Minister von weitaus größeren Zahlen gesprochen und sich als Wahrsager betätigt hat. Es war ein Vielfaches davon.

(Schweitzer, SPD: Das stimmt doch gar nicht! – Rösch, SPD: Das stimmt nicht!)

Er hat damit Hoffnungen geweckt, die durch dieses Modell nicht erfüllt werden können. Ich erwähne dies deshalb eingangs, weil ich glaube, dass Arbeitsmarktpolitik generell ein Glaubwürdigkeitsproblem hat. Deshalb muss man sie richtig einordnen und sich weder in der nachträglichen Bewertung noch in Weissagungen zu Beginn von Maßnahmen so in Euphorie ergehen, dass man nachher unglaubwürdig dasteht.

Arbeitsmarktpolitik ist absolut kein Selbstzweck. Eine schlechte Arbeitsmarktpolitik ist auch nicht die Ursache von Arbeitslosigkeit. Das muss man auch einmal sagen. Bei dem Beitrag des Kollegen Kramer hatte ich ein wenig den Eindruck, als wäre eine schlechte Arbeitsmarktpolitik die Ursache von Arbeitslosigkeit. Das ist es nicht.

(Beifall bei SPD und FDP – Creutzmann, FDP: So ist es!)

Arbeitsmarktpolitik soll in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit versuchen, Schlimmstes zu verhindern, Spitzen abzubauen und besondere Problembereiche zu bearbeiten. Aber Arbeitsmarktpolitik wird nie eine gute Wirtschaftspolitik ersetzen können.

Ich habe bereits gestern darauf hingewiesen. Es wäre im historischen Ablauf geschickter gewesen, wir hätten zuerst einmal die Vergangenheit diskutiert, um uns dann der Zukunft zuzuwenden. So haben wir gestern die Zukunft diskutiert, um heute über die Vergangenheit zu reden. Nun gut, wenn es sein muss. Ich habe bereits gestern darauf hingewiesen, dass die schwache Konjunktur eine wesentliche Ursache der Massenarbeitslosigkeit und ihres Steigens in den vergangenen Monaten ist. Arbeitsmarktpolitik kann gewisse Korrekturen anführen, nicht mehr und nicht weniger.

Dennoch ist es natürlich richtig zu fordern, dass auch Arbeitsmarktpolitik einer Erfolgskontrolle unterworfen wird. Das ist vom Grundsatz her richtig. Im Übrigen würde ich mir das für viele Politikbereiche wünschen. Ich könnte mir auf dieser Bank einige vorstellen, die ich sehr gern einer umfassenden Erfolgskontrolle unterziehen würde. Ich meine die erste Bank.

(Kramer, CDU: Staatsminister- kontrolleure!)

Es wäre bezüglich Ihrer Politikbereiche hochinteressant, wenn wir eine umfassende Erfolgskontrolle durchführen würden. Es könnte am Ende möglicherweise Misserfolgskontrolle heißen, wenn wir das durchführen würden.

(Kuhn, FDP: Das ist Ihre Aufgabe!)

Es wäre eine hochinteressante politische Diskussion.

Ich freue mich im Übrigen, dass die Union bei jeder Debatte sozusagen eine Selbsterfolgskontrolle nachschiebt und jeweils ein Stoiber-Papier hochhebt und sagt, das haben wir alles erreicht. Prima, dass Sie das selbst bei sich eingebaut haben. Sie haben es eingebaut, aber glaubwürdiger wird es dadurch nicht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lelle, CDU: Er hat es zumindest in – – –)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will doch versuchen, zur Großen Anfrage zu kommen; denn das ist eigentlich unser Thema. Man könnte fast etwas anderes vermuten. Was ist bei der rheinland-pfälzischen Arbeitsmarktpolitik herausgekommen? Allgemein gesprochen kann man sagen, dass es sehr viele verschiedene bzw. unterschiedliche Maßnahmen gab, die unterschiedlich erfolgreich waren. Welch eine Überraschung? Das war eigentlich nicht anders zu erwarten, es sei denn, man hat die rosarote Brille der Regierung und der Koalition auf, die alles in wunderschönen Farben sehen. Es ist so wie im normalen Leben auch. Es war unterschiedlich und unterschiedlich erfolgreich.

Es wurden zu einigen Dingen die falschen und zu anderen Dingen überhaupt keine Fragen gestellt. Man kann den Antwortenden keinen Vorwurf machen, dass sie keine Antworten gegeben haben. In jedem Fall kommt die Frage nach den Faktoren zu kurz, die für die Arbeitslosigkeit von bestimmten so genannten Problemgruppen verantwortlich sind, die mit Arbeitsmarktpolitik zunächst einmal direkt überhaupt nichts zu tun haben, diese aber sehr direkt beeinflussen.

Frau Kollegin Grosse hat zu Recht auf die Frauen in diesem Zusammenhang hingewiesen. Ich will die Frauen nicht als Problemgruppe hinstellen. Nichts läge mir ferner. Ich habe das häufig schon getan. Dazu gehören beispielsweise allein erziehende Frauen. Das Problem muss nicht an der Qualifikation liegen. Das Problem muss nicht an einem möglicherweise fehlenden Arbeitsplatz liegen. Da liegt das Problem vielleicht an einer fehlenden Kinderbetreuung im Kleinkindbereich.

Ich halte es für abenteuerlich, sich in diesem Zusammenhang hinzustellen und zu sagen, wir sind gut ausgestattet und auf einem guten Weg. Das betrifft im Übrigen nicht nur Alleinerziehende, sondern auch Mütter und Väter mit Kleinkindern. Wenn Sie heute Kleinkinder im Alter von null bis drei Jahren haben und einer Arbeit nachgehen wollen, dann haben sie in Rheinland-Pfalz ein Problem. Wir haben in Rheinland-Pfalz ein riesiges Problem. Man kann nicht von einer Deckung reden. Die Ausstattung mit Kinderbetreuungsplätzen für Kleinkinder ist extrem gering.

Wir haben gerade eine Besuchergruppe da, die vielleicht kompetent mitreden könnten. Französische Freunde lachen über uns, wenn sie das hören oder sind schockiert, wenn sie bei uns leben und Kinder bekommen. Sie sind schockiert darüber, dass sie nicht so wie in Frankreich ihrer Arbeit oder Ausbildung weiter nachgehen können, weil es bei weitem nicht genügend Plätze für Kleinkinder gibt. Das ist ein massives Problem. Das kann weit über den Karriereknick hinausgehen und das Ende einer Karriere bedeuten. Wenn Sie aus bestimm

ten Berufen drei Jahre heraus sind, ist nicht mehr viel zu machen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiter angesprochener Punkt kann nicht häufig genug wiederholt werden. Da müsste etwas mehr Initiative gezeigt werden. Das betrifft den Allgemeinplatz, dass natürlich alle an einem Strang zu ziehen haben. Hier ist besonders die Zusammenarbeit zwischen den Sozialverwaltungen und den Arbeitsverwaltungen angesprochen. Hier läuft noch vieles parallel, um nicht zu sagen aneinander vorbei, um nicht zu sagen desinteressiert aneinander vorbei. Nicht nur in Zeiten knapper Kassen, sondern aus allgemeinen Erwägungen heraus und auch im Interesse der Betroffenen ist es selbstverständlich notwendig, dass alle an einem Strang ziehen und zusammenarbeiten. Da sind insbesondere die Sozialverwaltungen und Arbeitsverwaltungen gefordert, die arbeitsmarktpolitisch wirksam tätig werden sollen. Sie müssen voneinander wissen, was sie machen und nicht von den Betroffenen unter Umständen informiert werden, was die andere Seite macht.

Wir halten die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, wie sie in dieser Großen Anfrage behandelt wurden, vom Umfang und von der Mittelausstattung her für in Ordnung. Man kann über Einzelnes streiten. Das tun wir immer wieder gern. Vom Umfang und der Mittelausstattung her ist es in Ordnung. Das heißt aber auch, man darf in diesem Bereich nicht kürzen.

Ich habe bereits gestern darauf hingewiesen, dass Kürzungen besonders dann problematisch sind, wenn sie beispielsweise mit dem Hinweis auf die Hartz-Konzepte erfolgen, die mit den Dingen, die wir hier zu bereden haben, reichlich wenig zu tun haben bzw. sie nicht ersetzen. Wenn ein Land Arbeitsmarktpolitik betreibt, wie Rheinland-Pfalz das tut, dann ist es wichtig, daraus Erkenntnisse und Konsequenzen zu ziehen. Das bedeutet, dass wir arbeitsmarktpolitische Maßnahmen künftig nicht schlechtreden sollen. Ich habe gesagt, es gibt solche und solche, solche und solche Ergebnisse. Man soll es auch nicht künstlich hochreden. Das hat wirklich die fatale Folge, dass möglicherweise in Bereiche Geld hineingesteckt wird, die nicht erfolgreich sind. Das kann für die Zukunft nicht weiterhelfen. Lassen Sie uns differenziert über diese Dinge weiter diskutieren im Interesse der Betroffenen, die endlich wieder in Arbeit kommen sollen. (Glocke des Präsidenten)

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Dr. Schmitz hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Marz, das von Ihnen zu Kindergartenplät

zen Gesagte ist etwas, was ich mit Ihnen gern unter familienpolitischen und sozialpolitischen Aspekten, unter übergeordneten sozialpolitischen Aspekten diskutieren würde. Ich darf das von meiner Seite aus aufklären, arbeitsmarktpolitisch ist das nicht wesentlich.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)