Protokoll der Sitzung vom 06.06.2001

Mit dem Gesetz folgen wir weitgehend unseren Koalitionsvereinbarungen, die noch relativ frisch sind, die unter anderem besagen, dass es in Rheinland-Pfalz in die Verantwortung der Landkreise und der kreisfreien Städte

fallen soll, die zuständige Stelle für die Begründung dieser Partnerschaften zu bestimmen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Eine sehr mutige Entscheidung!)

Liebe Frau Kohnle-Gros, bei dem Gesetzgebungsverfahren sollten wir daher ausloten, so denke ich, ob den Kreisen eingeräumt werden soll, diese Aufgaben auch den Verbandsgemeinden zu übertragen, damit eine Parallelität zu den kreisfreien Städten entstehen kann.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich persönlich würde es auch begrüßen, wenn die zukünftige Aufgabe beim Standesamt der Kommunen angesiedelt würde, aber ich trage den Gesetzentwurf der Fraktionen in dieser Offenheit bewusst mit, weil ich auch sehr großes Verständnis dafür habe, dass diese Entscheidung regional in einem großen Konsens gefällt werden soll.

(Beifall bei SPD und FDP)

Der Gesetzentwurf – wenn Sie ihn vorliegen haben – beinhaltet noch weitere Regelungen, die das formale Verfahren nachvollziehen können, zum Beispiel die Frage des Rechts der Lebenspartner, einen gemeins amen Namen zu bestimmen.

Da ich nur fünf Minuten Zeit habe, möchte ich ganz gern mit einer kleinen Geschichte enden. Die Geschichte lautet: In einer kleinen Gemeinde – nämlich in meiner – lebt ein junges Paar. Beide sind Männer. Sie leben seit etlichen Jahren bei uns, und niemand nimmt daran Anstoß. Noch nicht einmal in der Kneipe wird bei uns dumm darüber geschwätzt, wenn die beiden auftauchen. Beide haben auf Anhieb übrigens eine Wohnung gefunden. Beide haben Jobs. Sie leben miteinander. Sie lieben sich. Sie streiten sich manchmal. Sie übernehmen gegenseitig Verantwortung füreinander: ein ganz normales Paar.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, wenn der vorliegende Gesetzentwurf ein Baustein wäre, damit diese gelebte Realität auch im Rechtsalltag Normalität werden könnte, wäre dies für mich ein Stück Politik gegen Diskriminierung und für Zukunft. Ich würde mich freuen, wenn der Landtag von Rheinland-Pfalz als eines seiner ersten Vorhaben in dieser Legislaturperiode dieses Stück Antidiskriminierung mittragen würde.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die CDU-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Kohnle-Gros das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich gebe zu, ich war gespannt, wer von der SPD-Fraktion und wer nachher auch für die FDP-Fraktion zu diesem Gesetzentwurf der beiden Regierungsfraktionen sprechen würde.

Frau Pepper, Sie waren relativ mutig; denn Sie mussten bei diesem Redebeitrag über mehrere Schatten springen, nämlich unter anderem eine öffentliche Verlautbarung von Ihnen kurz nach der Landtagswahl. Sie haben auch so ganz nonchalant auf die Koalitionsvereinbarungen hingewiesen. Diese haben Sie meines Erachtens doch – alle beide übrigens, SPD und FDP – ganz schön überholt. Wenn Sie sich erinnern, was Sie der Presse am 28. März – nachzulesen in der Rheinpfalz –, gesagt haben, dann haben Sie gesagt, Sie gehen davon aus, dass die Notariate in Rheinland-Pfalz zuständige Behörde sein werden, die diese Lebenspartnerschaften, wie sie das Bundesgesetz vorsieht, dann rechtlich eintragen oder wie auch immer wir das jetzt formulieren wollen.

Meine Damen und Herren, Frau Pepper, es wäre interessant gewesen, wenn Sie uns erläutert hätten, wie es zu dieser sensationellen Veränderung Ihrer Haltung – auch die der Fraktionen – gekommen ist;

(Beifall der CDU)

denn dass dieser Gesetzentwurf nicht von den Fraktionen kommt, sieht man auf den ersten Blick, Frau Pepper. Man denkt nämlich, es wäre ein Gesetzentwurf der Landesregierung.

(Schwarz, SPD: Reden Sie doch zum Thema!)

Herr Kollege, Entschuldigung, zum Thema haben wir uns die letzten Monate ausführlich unterhalten, bis hin zu der Frage, wie verfassungsgemäß diese gesetzliche Regelung auf Bundesebene ist.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wir würden gern Ihr Konzept hören, Frau Kollegin!)

Ich denke, da haben wir keinen Nachholbedarf. Ich habe dies an dieser Stelle mehrfach auch für meine Fraktion gesagt. Es geht jetzt um eine Umsetzung, bei der Sie sich, meine Damen und Herren von der SPD, im Übrigen im Bundesrat auf Drängen der FDP enthalten mussten. Jetzt machen Sie genau das, wozu Sie sich im Bundesrat enthalten haben, über diese Hintertür mit Ihrem Gesetzentwurf.

Lassen Sie mich noch einmal sagen, Sie haben noch nicht einmal die Zeit gefunden, den Gesetzentwurf so umzuschreiben, dass man nicht sieht, dass er aus dem Innenministerium kommt.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, wir stimmen an dieser Stelle, was die inhaltliche Ausgestaltung anbelangt, hundertprozentig mit dem überein, was Herr Justizminister Mertin, der nicht anwesend ist – ich denke, er wird gleich

kommen, wenn diese Diskussion zu Ende ist – öffentlich mehrmals auch verlautbart hat. Ich hätte ihn gern aufgefordert, als justizpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion das Wort zu ergreifen, da Herr Kollege Dr. Frey, der ebenso dezidiert wie Frau Pepper seine Haltung zu diesem Gesetzentwurf vorgetragen hätte, heute nicht mehr bei uns in diesem Hause ist. Ich denke, das ist eine erstaunliche Entwicklung. Sie trifft natürlich vor allem auch unsere Haltung zu dieser Frage.

(Zurufe von der SPD)

Ja, dass die GRÜNEN darin ihr Lieblingskind sehen, das haben wir längst akzeptiert, und dass diese gewaltige Minderheit, die Sie selbst in Ihrem Gesetzentwurf als so klein bezeichnen, dass die finanzielle Belastung für die Gemeinden gering sein wird, darüber können wir streiten, wie sich das auswirkt.

(Hartloff, SPD: Es werden Gebühren erhoben!)

Frau Pepper, ich will nur eins sagen: Sie haben sich verraten. – In diesem Gesetzentwurf steht kein Wort von den Standesämtern. Nur, wenn es um die Führung von Familienbüchern geht – lesen Sie einmal genau nach –, tauchen die Standesämter auf. Aber sonst sind Sie zu feige – übrigens auch wie in Ihren Koalitionsvereinbarungen – hineinzuschreiben, dass Sie die Standesämter meinen, weil Sie genau wissen – oder wissen es die Fachleute im Innenministerium, was weiß ich –, dass Sie mit dieser Institution noch näher an die Ehe herankommen und damit die Verfassungsmäßigkeit dieser Geschichte noch einmal in die öffentliche Diskussion bringen.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Richtig!)

Ich denke, das ist kein Ruhmesblatt. Die FDP hat sich über den Tisch ziehen lassen. Sie hat ihren Justizminister auch in dieser Frage in den Koalitionsverhandlungen im Regen stehen lassen; denn es widerspricht seiner grundsätzlichen Haltung zu diesen Themen. Er hat genau das gesagt, was ich auch sage, nämlich, dass die Beauftragung der Standesämter zeigen würde, dass es wirklich immer näher an die Ehe heranrückt. Sie wissen, welche verfassungsrechtliche Auffassung alle führenden Juristen in diesem Land – bis auf die Bundesjustizministerin übrigens – vertreten; zuletzt geschehen auch in den Bitburger Gesprächen. Das können Sie auch alles in der örtlichen Presse nachlesen. Dazu brauchen Sie sich keine wissenschaftlichen Abhandlungen anzusehen.

Meine Damen und Herren, Sie sollten sich überlegen, ob Sie zum wiederholten Mal jetzt eine Aufhebung Ihrer Gesetze in diesem Land durch die Verfassungsgerichte in Kauf nehmen.

(Pörksen, SPD: Wollen Sie dahin gehen?)

Organtransplantation, Landespersonalvertretungsgesetz, Verordnung über gefährliche Hunde, alles steht auf

dem Prüfstand, weil Sie sich nicht von den Experten zu einer richtigen politischen Haltung überzeugen lassen.

(Hartloff, SPD: Hier geht es um Form- vorschriften und nicht um Inhalte!)

Meine Damen und Herren, damit stehen Sie auf wackligem Boden. Das kann von uns nicht unterstützt werden.

(Starker Beifall der CDU – Mertes, SPD: Wir verlieren vor Gericht und Sie bei der Wahl!)

Ich begrüße Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Realschule Alzey. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Kohnle-Gros, ich verstehe Ihre Aufregung nicht ganz. Schließlich handelt es sich um ein Bundesgesetz, um dessen Umsetzung auf die Landesebene es jetzt geht. Ihre Interpretationen, dass jetzt naturgesetzmäßig die Standesämter mit dieser Aufgabe zu betrauen sind, habe ich jetzt zum ersten Mal aus Ihrem Mund gehört.

(Lelle, CDU: Herr Mertin wollte etwas ganz anderes!)

Vielleicht der TÜV oder so etwas. Das liegt auch nahe. Das liegt ungefähr so nahe wie die Katasterämter.

Meine verehrten Damen und Herren, es hat lange gedauert, bis für gleichgeschlechtliche Paare ein eigenständiges Rechtsinstitut geschaffen wurde, das ihnen einen gesicherten Rechtsrahmen für ein auf Dauer angelegtes Zusammenleben unter Einbeziehung ihrer gleichgeschlechtlichen Identität gibt. Die FDP war sich der Problematik hinsichtlich der fehlenden rechtlichen Absicherung für diese Paare seit langem bewusst. Aus diesem Grund hat sie frühzeitig und im Übrigen auch als erste Fraktion des Bundestags einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, um das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare rechtlich abzus ichern und gleichzeitig Diskriminierungen diesen Lebenspartnerschaften gegenüber abzubauen.

Letztendlich fanden unsere Vorstellungen im Bundestag jedoch keine Mehrheit, sodass wir das von der rotgrünen Bundesregierung beschlossene Lebenspartnerschaftsgesetz respektieren müssen, Frau Kohnle-Gros.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Müssen wir nicht!)

Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere grundlegende Position, wonach unsere Vorstellungen hinsichtlich einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gerade auch im Hinblick darauf, den grundgesetzlich garantierten besonderen Schutz von Ehe und Familie nicht infrage zu stellen, besser geeignet gewesen wären.

Meine Damen und Herren, am 1. August dieses Jahres tritt das Lebenspartnerschaftsgesetz der Bundesregierung in Kraft. Damit dieses so, wie vom Grundgesetz vorgegeben, von Rheinland-Pfalz als eigene Angelegenheit ausgeführt werden kann, muss vom Landesgesetzgeber die zur Ausführung des Gesetzes zuständige Behörde und das Verwaltungsverfahren geregelt werden. Der vorliegende Gesetzentwurf trägt diesem Erfordernis Rechnung.