Protokoll der Sitzung vom 02.04.2003

Ich denke, wenn man solche europaweiten Gebiete ausweist, kann man durchaus auch von vornherein im Landesplanungsgesetz festhalten, dass man diese Planungen berücksichtigt, die prioritär sind. Das vermissen wir im Landesplanungsgesetz und wollen das aufnehmen.

Die Zielabweichungsverfahren sollen nun nicht mehr im Ministerium entschieden werden. Wir haben bisher Zielabweichungsverfahren gehabt, beispielsweise bei Streitigkeiten um den Hochwasserschutz. Beispielsweise wurden Wiesen, die im Gebiet der Hochwasserzone liegen, in Baugelände umgewidmet. Da wurden dann, damit so etwas möglich ist, Zielabweichungsverfahren eingeleitet.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, ich halte das für so wichtig, dass wir beispielsweise beim Hochwasserschutz aber auch bei anderen landesweiten Planungen die Marge und die Latte zur Änderung so hoch legen, dass es nicht auf der oberen, sondern auf der obersten Ebene entschieden werden muss. Wir wollen doch gerade diese Möglichkeiten der Steuerung der Landesplanung nicht aus der Hand geben. Genau das ist auch das Ziel des Landesparlaments, zu sagen: Wenn vor Ort jeder Bürgermeister, jeder Landrat Gewerbegebiete ausweisen will, wo vorher Frischluftschneisen ausgewiesen waren, oder in Feuchtwiesen, wo man Wohnbebauung ausweisen will, dann müssen wir eingreifen können. Darum geht es uns. Wenn Sie nun sagen: Natürlich begrüßt der Städtebund und der Landkreistag, dass sie nun mehr Freiheit haben, aber wenn wir die Verantwortung für die Planung übernehmen wollen und nicht aus der Hand geben wollen, dann ist es richtig, dass das Ministerium in ganz dringenden Fällen entscheidet. Nur in ganz dringenden Fällen sollen solche Zielabweichungsverfahren positiv entschieden werden. In diesen ganz dringenden Fällen muss das Ministerium entscheiden und nicht nachgeordnete Behörden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind auch der Meinung, dass im Prozess der Aufstellung einer solchen Landesplanung die Naturschutzverbände und Fachleute einbezogen werden sollen, also nicht erst, wenn der Plan vorliegt, eine Anhörung stattfindet und dann informiert wird, sondern während des Prozesses der Aufstellung dieses Fachwissen eingebunden wird. Auch das ist in Ihrer bisherigen Planung nicht festgelegt. Wenn Sie die Anhörung – ich habe die Stellungnahmen aus den Anhörungen gelesen – noch einmal kritisch begleiten, dann wissen Sie, – – –

(Schweitzer, SPD: Haben Sie schon das Protokoll gelesen?)

Herr Schweitzer, ich weiß, dass es noch kein Protokoll gibt. Geben Sie das doch weiter an den Wissenschaftlichen Dienst oder an den Protokolldienst. Die Zeit war sehr knapp, deswegen gibt es noch kein Protokoll. Sie haben es mit der Anhörung auch sehr knapp gehalten. Sie haben Sie auch einmal verschoben.

Wenn man sich die Beiträge zur Anhörung anschaut, dann weiß man, dass es Diskussionsbedarf gibt und

dass Fachleute der Meinung sind, unser Entwurf ist der bessere.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen bitte ich Sie zuzustimmen.

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Hohn das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich auf eine Neuerung im rheinland-pfälzischen Landesplanungsgesetz eingehen, die meines Erachtens nahtlos an die vorherige Debatte über das Informationsfreiheitsgesetz anschließt. Im Rahmen dieser Debatte fordert Herr Kollege Wiechmann die gesetzliche Verankerung eines Anspruchs der Bürgerinnen und Bürger auf Informationszugang.

Meine Damen und Herren, genau diesen Anspruch gewährt das novellierte Landesplanungsgesetz mit der Einführung einer allgemeinen Öffentlichkeitsbeteiligung.

(Beifall der FDP und des Abg. Schweitzer, SPD)

Mit dieser werden unsere rheinland-pfälzischen Bürger über die Aufstellung von Raumordnungsplänen frühzeitig informiert und erhalten somit die Möglichkeit, ihre Anregungen und Vorstellungen bereits auf der Ebene der Regionalplanung einzubringen, auch ohne Informationsfreiheitsgesetz.

Der rheinland-pfälzische Landtag hat sich im Innenausschuss vor zwei Wochen sehr intensiv mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Landesplanungsgesetzes auseinander gesetzt und nicht nur mich, sondern die gesamte FDP-Fraktion darin bekräftigt, dass dieser neben der Anpassung an die neuen rahmenrechtlichen Vorgaben des Bundesraumordnungsgesetzes insbesondere mit dem Ziel einer straffen und effizienteren Ausgestaltung der Landes- und Regionalplanung vollauf Rechnung trägt.

Meine Damen und Herren, etwaige Bedenken, wie im Rahmen der Anhörung insbesondere von Umweltverbänden vorgetragen, vermag ich nicht zu teilen. Insofern erteile ich für unsere Fraktion dem Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine klare Absage.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal zwei Änderungsvorschläge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aufgreifen, die gerade auch von den angehörten Umweltverbänden mit Nachdruck gefordert wurden. Dies war zum einen die Forderung, die Einrichtung eines Landesplanungsbeirats beizubehalten.

Meine Damen und Herren, die Legitimation, künftig völlig zu Recht auf die Einrichtung des Landesplanungsbeirats zu verzichten, wird in der schriftlichen Stellungnahme

des BUND vom 23. Januar 2003, Zuschrift 202, uns allen deutlich aufgezeigt.

Ich zitiere wörtlich: Der Beirat tagt nur sehr selten.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ferner waren die Sitzungen kurz und hatten wenige Ergebnisse. – Meine Damen und Herren, bedarf es mehr Worte als dieser? Ich denke nicht.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Einschätzung könnte ohne Änderung in die Gesetzesbegründung mit aufgenommen werden.

Meine Damen und Herren, Ziel für unsere Fraktion sind moderne, kostengünstige und insbesondere effiziente Strukturen.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies gilt auch für die Landesplanung. Hierfür ist es geradezu schädlich, ein Gremium vorzuhalten, das selten, und wenn, dann kurz und vor allem ohne Ergebnis tagt.

Aus diesem Grund begrüßt unsere Fraktion ausdrücklich, dass aus Gründen der Effizienzsteigerung der Verwaltungsbeirat künftig im rheinland-pfälzischen Landesplanungsgesetz auf die Einrichtung des Landesplanungsbeirats verzichten wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen ist dies in vielen Planungsgesetzen anderer Bundesländer, und zwar auch solcher mit GRÜNENRegierungsbeteiligung, wie das Beispiel NordrheinWestfalen deutlich zeigt, längst schon geltende Rechtslage, zumal bei der Erarbeitung der Raumordnungspläne der Großteil der im Landesplanungsbeirat vertretenen Organisationen und Einrichtungen – ich denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an die kommunalen Spitzenverbände – ohnehin beteiligt ist und gehört wird, Herr Kollege Dr. Braun.

Meine Damen und Herren, damit wird trotz des Verzichts auf die Einrichtung eines Landesplanungsbeirats auch zukünftig gewährleistet sein, dass der Sachverstand der bislang im Landesplanungsbeirat vertretenen Organis ationen und Einrichtungen und deren vertretenen Positionen bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen Berücksichtigung findet.

Die Vorschriften zur Aufstellung des Landesentwicklungsprogramms der regionalen Raumordnungspläne wurden um die Beteiligung von Personen des privaten Rechts erweitert. Dies macht Sinn, da gerade Infrastrukturunternehmen wie die Deutsche Post oder die Deutsche Bundesbahn kraft Bundesrecht an die Ziele der Raumordnung gebunden sind.

Meine Damen und Herren, dies erfordert allerdings, dass sie auch im Rahmen des Verfahrens der Aufstellung dieser Raumordnungsziele beteiligt werden. Deshalb ist diese Erweiterung zu begrüßen. Zu einer weiteren Ausdehnung des Kreises der an der Aufstellung des Landesentwicklungsprogramms und der regionalen Raumordnungspläne zu beteiligenden Personen oder Verbände besteht jedoch keine Veranlassung.

Ich kann zwar sehr wohl die Intention Ihrer Fraktion nachvollziehen, die sich hinter der Festschreibung einer Beteiligung der nach dem Bundesnaturschutz anerkannten Umweltorganisation verbirgt, gleichwohl würde dies jedoch das gesamte Verfahren überfrachten und dem eigentlichen Ziel, nämlich zu einer strafferen und effizienteren Ausgestaltung der Landes- und Regionalplanung zu gelangen, völlig entgegenstehen, Herr Kollege Dr. Braun. (Beifall der FDP und der SPD)

Deshalb werden wir den Änderungsantrag vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen und dem Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmen, Herr Kollege Dr. Braun.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Das Wort hat Herr Innenminister Zuber.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren. In der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am 20. März wurden die mit der Neufassung des Landesplanungsgesetzes verfolgten wesentlichen Intentionen und Zielvorstellungen nicht nur von den kommunalen Spitzenverbänden, sondern auch aus wissenschaftlicher Sicht begrüßt.

Es geht im Wesentlichen um die Anpassung des Landesplanungsgesetzes an das Raumordnungsgesetz des Bundes. Richtig ist, dass das Raumordnungsgesetz bereits im Jahr 1998 in Kraft getreten ist, Herr Abgeordneter Dr. Braun. Dessen Umsetzung in das jeweilige Landesrecht ist zwischen Bund und Ländern im Rahmen der Ministerkonferenz für Raumordnung intensiv abgestimmt worden und hat nicht nur in Rheinland-Pfalz Zeit gekostet.

Schauen Sie bitte über die Landesgrenzen, zum Beispiel nach Nordrhein-Westfalen, wo Sie mitregieren. Schauen Sie nach Baden-Württemberg, schauen Sie in das Saarland oder nach Bayern. Dort gibt es bis zum heutigen Tag noch keine neuen Landesgesetze.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

In Hessen allerdings ist das Gesetz im Herbst des vergangenen Jahres in Kraft getreten. Das will ich der Vollständigkeit halber auch sagen.

Ich brauche zu den Inhalten des Entwurfs im Wesentlichen keine Bemerkungen zu machen, bis auf ganz wenige Ausnahmen, weil sie nicht angesprochen worden sind. Neu ist die Beteiligung derjenigen Personen des Privatrechts bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen, die später an die Ziele in diesen Plänen gebunden sein sollen.

Dies ist wichtig im Hinblick auf die privatisierten Infrastrukturunternehmen der Post und der Bahn, die vorher öffentliche Planungsträger und damit automatisch gebunden waren.

Wir schlagen außerdem den Verzicht auf den Landesplanungsbeirat vor. Das ist diskutiert worden. Ich will noch einmal meinerseits unterstreichen, nicht etwa weil wir Demokratie abbauen wollen. Wenn dies unser Wunsch gewesen wäre, würde keine allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung eingeführt werden.

Andere Länder haben diesen Schritt ebenfalls bereits in der Vergangenheit getan, ohne dass die Arbeit der Landesplanung dadurch schlechter oder sogar undemokratischer geworden wäre.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP – Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

Auf die Übertragung der Zuständigkeit für Zielabweichungsverfahren, die Sie ebenfalls angesprochen haben, Herr Abgeordneter Dr. Braun, auf die oberen Landesplanungsbehörden ist hingewiesen worden. Ich denke, dass diejenigen Verfahren, die das Landesentwicklungsprogramm betreffen, bei den obersten Landesplanungsbehörden bleiben. Insoweit sollten wir auch den oberen Planungsbehörden etwas zutrauen. Die haben auch entsprechenden Sachverstand, mit dem sie sehr gut arbeiten. (Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)