Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Meine Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen haben im Kontext zu der gesetzlichen Regelung der Lebensarbeit bei der Polizei weiteren Klärungsbedarf gesehen. In einem gemeinsamen Entschließungsantrag fordert der Landtag die Landesregierung auf, zu der Frage des Personalstands und der Personalstärke eine Analyse vorzunehmen, welche folgende Parameter zu berücksichtigen hat:

1. Einbeziehung der demographischen Entwicklung,

2. Einbeziehung der verlängerten Lebensarbeitszeit,

3. Berücksichtigung der technischen Ausstattung,

4. Entwicklung der Kriminalitätsbelastung der letzten zehn Jahre.

Klar ist, keiner will eine Auflösung von Dienststellen. Das ist eine Prämisse.

Basis für dieses Konzept sollen der langfristig zu erhaltende Personalstand der Polizei auf der Grundlage des Jahres 2001 und die bewährten Strukturen der Polizei sein. Ich denke, dass ist eine vernünftige Vorgehensweise.

Wenn ich mich nicht irre, habe ich am Rande der gestrigen Debatte erfahren, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesen Antrag mit unterstützen werden. Das ist ein vernünftiges Vorgehen. Wir müssen zunächst die Situation genau analysieren. Dann haben wir Ziele definiert, die für das ganze Parlament konsensfähig sind.

Meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Vorgehen Gewähr dafür bietet, den Belangen der Bevölkerung und den berechtigten Interessen der Polizei selbst gerecht zu werden. Im Landtag wird ab Herbst dieses Jahres Gelegenheit sein, die Ergebnisse der Analyse der Landesregierung ausführlich zu beraten.

Meine Damen und Herren, der Nachtragshaushalt 2003 ist kein Haushalt wie ein anderer Haushalt. Heute ist vom Ablauf die früheste vorstellbare und technisch machbare Gelegenheit, den Haushalt zu verabschieden.

Die richtige Einordnung des Haushalts erfordert es, die politischen Rahmenbedingungen in den Blick zu nehmen, die nationalen und internationalen Gegebenheiten und Lagen entsprechend zu bewerten. Von Einigen wurde gesagt, es gibt in diesem Bereich Unwägbarkeiten. Es ist sehr schwer zu kalkulieren. Die Umsetzung notwendiger Reformen auf der einen Seite und der noch nicht absehbare Verlauf des Irakkrieges auf der anderen Seite können in der Tat nach 2003 wirksam werden. Darüber hinaus kann das Wirkungen für die absehbare Zukunft mit sich bringen.

Meine Damen und Herren, die Haushaltsaufstellung ist geglückt. Was den Haushaltsvollzug angeht, so ist es nach meiner Überzeugung richtig, Ausgabenreste in den Nachtragshaushalt einzusetzen. Da sind wir dem Rat der Opposition nicht gefolgt. Wir müssen vorsichtig und behutsam vorgehen. Die Haushaltspläne sollen in Zukunft moderner, transparenter und einfacher sein. Das ist ein Herzensanliegen der FDP-Fraktion. Es ist von vielen neuen Abgeordneten angemahnt worden, weil Sie Probleme bei der Analyse der Haushalte haben. Er soll sich stärker an betriebswirtschaftlichen Erfordernissen orientieren.

Alles, was Herr Kollege Böhr in seiner Rede gefordert hat, ist im Antrag der Koalitionsfraktionen enthalten. Das ist unser politischer Wille. Den ersten konkreten Schritt, den die Koalitionsfraktionen mit ihrem gemeinsamen Antrag gehen, können wir mit dem nächsten Doppelhaushalt 2004/2005 umsetzen. Neben formalen Verbesserungen wie Straffung und Visualisierung bestimmter Sachverhalte kommt es insbesondere auf die inhaltliche Aufwertung der Haushaltspläne an. Die Inhaltsverbesserung ist der wichtigste Aspekt. Die Grundidee der Kam eralistik passt natürlich zu einem öffentlichen Haushalt, aber sie bedarf der Ergänzung und Erweiterung. Es gilt zum Beispiel, betriebswirtschaftliche Instrumente einzusetzen, um periodenbezogen Aufwendungen und Erträge erfassen zu können.

Die geforderte Einführung einer Kosten-LeistungsRechnung wird das Bewusstsein über Werteentstehung und Werteverzehr schärfen. Schließlich ist im Haushaltsplan eine stärkere Ausrichtung an politischen Zielen und an den ihnen entsprechenden administrativen Leistungen vorzunehmen.

Ich könnte weitere Beispiele anführen, will mich jedoch im Augenblick auf diese Hinweise beschränken. Der Effekt wird sich in einer verbesserten Steuerungsmöglichkeit ergeben. Das ist im Interesse auch der Oppositionsfraktionen. Ich nehme an, dass es so respektiert wird. Der Haushalt ist nicht nur ein Zahlengrab, wie es oft von Abgeordneten empfunden wird, sondern ein Managementinstrument bei gleichzeitiger verbesserter Übersichtlichkeit und leichterer Handhabung im Vollzug.

Wir werden den Antrag an den Ausschuss überweisen. Ich spreche insbesondere auch für die SPD-Fraktion. Wir sind sehr daran interessiert, in dieser Frage konstruktiv eine zügige Debatte zu führen, damit wir diese Instrumente so schnell wie möglich einsetzen können.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, ich habe in meinem Manuskript zunächst noch einige Bemerkungen zu den Änderungsanträgen der CDU aufgeschrieben. Das will ich hier jetzt nicht weiter ausführen. Da haben wir einige Probleme, die ich hier im Plenum jetzt nicht darstellen möchte.

Lassen Sie mich aber noch einige wenige Bemerkungen zur Finanzplanung bis 2008 machen. Die mittelfristige Finanzplanung, die das Ziel hatte, 2006 eine Punktlandung zu machen – Verzicht auf die Neuverschuldung –, war in der Tat schon seriös gerechnet. Die Ereignisse gerade im Hinblick auf den Nachtrag 2003, die Einnahmeneinbrüche, die wir zu verzeichnen haben, haben dazu geführt, dass dieses Ziel der mittelfristigen Finanzplanung anders ausgerichtet wurde und dieses Ziel seriös gerechnet bis ins Jahr 2008 – leider Gottes müssen wir uns diesen Fakten beugen; die Außenwirkung, wir haben unsere Einnahmen nicht in der Hand – ins Visier genommen wird. Sollte es – man sollte nicht zu pessimistisch sein – in dieser Zeit zu Einnahmenverbesserungen kommen, die wir aus heutiger Sicht noch nicht sehen können – leider, weil die Risiken so groß sind –, dann werden wir darauf achten, dass dieses Ziel auch früher erreicht wird. Das würden wir uns alle erhoffen. Dann haben wir auch bewiesen und werden auch beweisen, dass hier in Rheinland-Pfalz eine seriöse Finanzpolitik gemacht wird.

(Beifall der FDP und der SPD)

Bei den Einnahmenerwartungen – jetzt hat es mich doch gereizt, dem Kollegen Mertes, der nur in einem einzigen Punkt einen grundsätzlichen Dissens mit der FDPFraktion gesehen hat, das ist auch aufgefallen, aber das steht auch in allen Zeitungen – – –

(Hartloff, SPD: Angedeutet hat!)

Herr Kollege Mertes, in der Tat haben wir andere finanzpolitische Vorstellungen als die SPD.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nur können Sie sie nicht durchsetzen!)

Aber das ist für uns landespolitisch glücklicherweise nicht relevant. Aber gut, das ist klar. Das ist öffentlich bekannt. Das muss auch bundesweit ausdiskutiert werden. Aber es ist bekannt. Ich hätte Lust – vor circa sechs Jahren habe ich an dieser Stelle einmal sehr emotionsgeladen dazu Stellung genommen – – –

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den Hammer geholt!)

Den Hammer herausgeholt. Können Sie sich noch erinnern? – Das hat sie nicht vergessen.

Unsere Grundsatzposition ist also klar. Aber wir machen hier Landespolitik. Da kommen wir auch zurande. Aber die Einnahmenmöglichkeiten sind gerade von unserer Seite nicht oder fast nicht zu beeinflussen. Aus diesem Grund müssen wir uns in der Finanzplanung natürlich auch an diesen Fakten orientieren.

Meine Damen und Herren, ich finde es auch sehr anerkennenswert – das sollte auch die Opposition sich noch einmal anschauen und durchrechnen –, wie seriös die Ausgabenpolitik hier im Land gewesen ist. Wenn Sie den Popanz der Neuverschuldung immer so vor sich her tragen, dann betrachten Sie doch einmal die Ausgabenentwicklung in diesem Land, die sich weit unter den Vorgaben entwickelt hat. Das ist auch ein Beweis für eine sehr seriöse Finanzpolitik.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will es nur einmal am Rande sagen, wie vorsichtig die Landesregierung selbst bei der Einnahmenschätzung war. Es ist bemerkenswert, dass die Ergebnisse des so genannten Steuervergünstigungsabbaugesetzes überhaupt nicht mit einbezogen worden sind; das hätte man theoretisch auch noch antizipieren können. Das ist alles nicht geschehen. Wir werden die Abläufe beobachten. Wir können nur hoffen, dass wir wirklich den Tiefpunkt bei der Einnahmensituation erreicht haben.

Diese Strategie der Vorsicht, die die Landesregierung sich zu Eigen gemacht hat, wird von der FDP-Fraktion auch für die kommenden Jahre befürwortet und unterstützt. Wir schließen den Einfluss von Bundes- und EURecht nicht aus. Meine Damen und Herren von der CDU, was das angeht, was Sie da erwähnen, das scheint mir im Zusammenhang mit den unmittelbar anstehenden Fragen, die beantwortet werden müssen, doch ziemlich weit her geholt zu sein. Zu Plansätzen, wie Abbau von Mischfinanzierung, klare Aufgabentrennung saßen wir in Lübeck zusammen. Da gibt es auch eine nette Glosse.

(Mertes, SPD: Wo Sie die Fahne geklaut haben?)

Irgendeiner hat da eine Fahne geklaut, habe ich gelesen. Das war recht amüsant. Aber die Ergebnisse von Lübeck – – –

(Ministerpräsident Beck: Für den, dem die Fahne fehlt, ist es nicht ganz so amüsant!)

Ich nehme an, dass er sie wieder zurückschickt. Ich nehme an, dass es auch bundesweites Aufsehen gegeben hat. Aber gut.

(Zuruf des Abg. Schmitz, FDP)

Ich habe sie nicht. Gut.

Aber noch einmal zu Lübeck und zu dem Abbau von Mischfinanzierung und Aufgabentrennung zwischen Bund und Ländern. Ich habe auch den Eindruck wie die Kolleginnen und Kollegen, dass wir in Lübeck zeigen konnten, dass die Landesparlamente einen sehr breiten Konsens finden können. Ich war vor Lübeck nicht so optimistisch. Ich kann mir vorstellen, dass wir in einem Jahr einen wesentlichen Schritt weiterkommen und auch in dieser Frage endlich einmal zu klaren Verhältnissen kommen.

Meine Damen und Herren, „Notoperation“ und „Paradigmenwechsel“ waren die Stichworte für den Haushalt 2003. Was bedeutet das? Das heißt zunächst, dass in diesem Haushalt diejenigen Basiseffekte generiert werden müssen, aus denen die notwendigen Gestaltungsspielräume für den Doppelhaushalt 2004/2005 erwachsen. Das ist ein wesentliches Element des Nachtrags auch auf die Zukunft bezogen.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Wir werden uns naturgemäß vorrangig Zug um Zug mit einer Strukturveränderung bei den Ausgaben zu beschäftigen haben. Ich kann nur das unterstützen, was der Kollege Mertes gesagt hat. Er hat in dramatischer Diktion darauf hingewiesen, dass wir vor einer völlig neuen Definition dessen stehen, was Staat ist. Ich gebe ihm Recht, wir brauchen einen schlanken Staat. Er muss aber die Aufgaben, die er sich selbst zuordnet, ordentlich erfüllen. Dafür muss er auch die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung haben. Er muss ausgestattet sein, um auch als starker Staat in diesen Bereichen seiner Verantwortung gerecht zu werden.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Aber das wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein, eine Umstrukturierung anzudenken, die letztendlich auch den Einnahmensituationen angemessen ist und den Aufgaben, die wir uns selbst vornehmen, angemessen ist. Das ins Lot zu bringen, wird nicht einfach. Insofern – das sage ich nicht aus falscher Emotionalität heraus – wünschen wir uns gerade auch bei dieser Aufgabenbewältigung eine stärkere Kooperation mit den Oppositionsfraktionen.

Meine Damen und Herren, wenn es uns im Bund gelingt – da gibt es das eine oder andere positive Anzeichen, dass Reformvorhaben angegangen werden –, dass sich der Pessimismus, der sich in Deutschland breit gemacht hat, überwunden werden kann – dazu braucht man eine schlüssige Gesamtstrategie; wir selbst haben klare ordnungspolitische Perspektiven –, wenn Leistungswillen, Eigenverantwortung und Risikobereitschaft wieder Antriebskräfte werden, dann wird es uns auch gelingen, die zukünftigen Haushalte nicht mehr in dieser Notlage zu beraten.

Meine Damen und Herren, zum Thema Verantwortung: Es geht nicht nur darum, dass wir irgendwelche Schuldenprogramme mit mittelfristigen oder noch nicht einmal mittelfristigen, sondern höchst kurzfristigen Erfolgen durchsetzen, sondern wir brauchen in der Tat nachhaltig wirkende Reformen.

Sie werden das Mittel gegen Stagnation und Rezession in unserem Land sein.

Meine Damen und Herren, bedenken wir auch, dass die Schulden von heute – das noch einmal zu unserem Nachtrag – nicht nur die Steuern, sondern auch die Sparpakete von Morgen sind. Das ist allgemeiner Konsens. Der Nachtrag 2003 wird diesen Zielen gerecht. Er zeigt, dass auch in sehr schwieriger Zeit die SPD- FDPKoalition Handlungsstärke zeigt und den richtigen Weg

für eine positive Entwicklung in Rheinland-Pfalz beschreitet.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.