Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

3. Ein weiteres wichtiges Thema sind die internationalen Agrarverhandlungen der Welthandelsorganisation. Das für März anvisierte Etappenziel, die Festlegung der so genannten Modalitäten, wurde zwar verfehlt, jedoch im September sollen in Cancun in Mexiko die Rahmenbedingungen für den Agrarhandel entschieden werden.

Meine Damen und Herren, weitere Liberalisierungsschritte und der Abbau der Exportsubventionen sind absehbar. Die Europäische Kommission hat hierzu im September 2002 eigene Vorschläge zum weiteren Abbau der weltweiten Agrarsubventionen vorgelegt. Sie sind in den Reformvorschlägen verankert.

EU-Agrarkommissar Dr. Fischler hat den Schwerpunkt seiner Vorschläge auf die Entkoppelung der Ausgleichszahlungen gelegt. Ich gehe davon aus, dass die obligatorische Modulation erst nach dem Jahr 2006 kommen wird. Angesichts der Forderungen der Vertragspartner in den Verhandlungen der Welthandelsorganisation ist diese Strategie nachvollziehbar.

Die Ausgleichszahlungen der ersten Säule der gemeinsamen Agrarpolitik stehen mächtig unter Druck. Die Entkoppelung ist ein möglicher Ausweg. Dazu muss aber noch eine Reihe von Ungereimtheiten beseitigt werden.

Eine Referenzperiode 2000 bis 2002 ist beispielsweise aus rheinland-pfälzischer Sicht nicht akzeptabel. Es muss endlich Schluss sein mit den unterschiedlichen Prämien in Deutschland. Die höheren Ausgleichszahlungen pro Hektar in Schleswig-Holstein sind nach einer Entkoppelung aus meiner Sicht dann nicht mehr zu rechtfertigen. Seit Jahren fordern wir, die komplizierten und kontrollintensiven Flächen- und Tierprämien durch eine produktunabhängige und einheitliche Ausgleichsleistung für Acker- und Grünlandflächen zu ersetzen. Daran halten wir fest.

Meine Damen und Herren, wie geht es angesichts der aktuellen agrarpolitischen Rahmenbedingungen mit der Landwirtschaft und dem Weinbau in Rheinland-Pfalz weiter? Die Landesregierung plädiert dafür, dass die Politik für den Agrarsektor im Rahmen des europäischen Agrarmodells einer multifunktionalen Landwirtschaft nachhaltig, also mehrdimensional, angelegt wird. Zur Konkretisierung dieser Ziele hat die Landesregierung im letzten Abschnitt des Agrarberichts 2002 „Leitlinien der

rheinland-pfälzischen Landesagrarpolitik“ formuliert. Im Einzelnen werden folgende Aspekte angesprochen:

1. Die Wettbewerbsfähigkeit stärken durch einzelbetriebliches Wachstum, die Bildung von Kooperationen, Maßnahmen zur Kostensenkung, den Einsatz moderner Technologien und neue Vermarktungswege.

2. Einheitliche Wettbewerbsbedingungen schaffen durch das Einwirken auf die Gesetzgebungsverfahren des Bundes und der Europäischen Union mit dem Ziel, gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer zu erreichen und Wettbewerbsverzerrungen abzubauen.

3. Die Akzeptanz für eine moderne Landwirtschaft erhöhen.

4. Die Stärkung des ländlichen Raums durch eine integrierte ländliche Entwicklung erreichen. Das heißt, Bündelung der Fördermöglichkeiten, die im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau verfügbar sind. Daneben wollen wir unseren erfolgreichen Weg der Bildung regionaler Entwicklungsschwerpunkte mit konzentriertem Ressourceneinsatz fortsetzen.

5. Natürliche Ressourcen schützen und die Kulturlandschaft erhalten.

6. Landwirtschaft und Weinbau sind Partner des Naturschutzes. Das heißt, Vorrang des Vertragsnaturschutzes vor ordnungspolitischen Maßnahmen und Fortsetzung des kooperativen Naturschutzes.

7. Die Formulierung von Leitlinien für die Weinwirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz, wie sie umfassend im Agrarbericht 2002 aufgeführt sind.

Meine Damen und Herren, trotz der schwierigen Haushaltssituation verfolgen wir eine klare agrarpolitische Linie. Damit werden wir unserer Verantwortung gerecht, unseren Landwirten und Winzern eine Erfolg versprechende Perspektive zu bieten.

So weit mein Bericht. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Frau Abgeordneter Schneider das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundesland Rheinland-Pfalz hat eine Größe von fast 2 Millionen Hektar. Hiervon entfallen 42,7 % auf die Landwirtschaft. In den vergangenen Jahren ist die landwirtschaftlich genutzte Fläche kontinuierlich zurückgegangen.

Im Jahr 2001 gab es in Rheinland-Pfalz hochgerechnet 32.700 landwirtschaftliche Betriebe. Angesichts der Veränderungen in der Land- und Forstwirtschaft geht die

Zahl der Betriebe ständig zurück – in den vergangenen Jahren um 4 %.

Einerseits werden die Betriebe immer größer, um entsprechende Kapazitäten zu erreichen, die notwendig sind, um sich dem Wettbewerb zu stellen und den Fortbestand zu sichern. Andererseits müssen viele Bewirtschafter ihre Betriebe aufgeben – meist im Generationswechsel –, weil die Nachkommen die Betriebsnachfolge nicht antreten wollen.

Land-, Wein- und Forstwirtschaft sind als mittelständische Produzenten von Lebensmitteln und Rohstoffen, als Gestalter und Erhalter der Kulturlandschaft sowie als prägende kulturelle Größe im ländlichen Raum für uns ere Gesellschaft und die Lebensqualität in RheinlandPfalz unverzichtbar. Wer Lebensqualität und Nachhaltigkeit fördern will, der muss die Landwirtschaft und den ländlichen Raum stärken und nicht schwächen.

(Beifall der CDU)

In der Vergangenheit wurde an dieser Stelle oft über die Einkommenssituation der Landwirte gesprochen. Dies ist aber längst in den Hintergrund getreten. Wenn wir heute über die Struktur der Landwirtschaft reden, geht es um den Erhalt und die Pflege unserer Kulturlandschaft. Das Leitbild der CDU ist eine nachhaltige, wettbewerbsfähige, nach bäuerlichen Prinzipien arbeitende Landwirtschaft, die flächendeckend betrieben werden muss.

(Beifall der CDU)

Dies ist aber vielerorts heute in Rheinland-Pfalz nicht mehr gewährleistet. Ich führe nur die Situation der Faßweinwinzer, insbesondere der Winzer an den Steillagen, vor Augen. Zugegebenermaßen produzieren sie unter erschwerten Betriebsbedingungen, aber auch in vielen anderen Weinbauregionen zeichnet sich langsam ab, dass die katastrophale Situation insbesondere im Faßweinbereich ihre Spuren hinterlässt. Wir können inzwischen eine flächendeckende Landbewirtschaftung nicht mehr sicherstellen. Herr Minister, ich erwarte von der Landesregierung, dass sie darauf Antworten gibt.

(Beifall der CDU)

Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie unsere Kulturlandschaft dahingeht. Wir müssen Antworten geben und gegen die Versteppung antreten. Wir müssen die Mittel konzentrieren. Es kann nicht sein, dass wir uns in vielen Kleinklein-Programmen im Land verzetteln. Wir müssen insbesondere die Mittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe der einzelbetrieblichen Förderung und der Marktstrukturneuordnung sowie der Flurneuordnung bündeln.

Die CDU steht für eine Politik, die den Regionen gerecht wird, die auf die unterschiedlichen klimatischen und Bodenbedingungen eine Antwort gibt und somit eine flächendeckende Landbewirtschaftung sicherstellt. Das heißt auch – meine Damen und Herren, das ist das Wichtigste –, dass wir den Landwirten ein Einkommen zukommen lassen, das außerhalb der Produktion den Erhalt der Kulturlandschaft sicherstellt. Nur so und wenn wir gleichzeitig die Wettbewerbsfesseln entfernen, kön

nen wir die Schönheit und Vielfältigkeit unseres Landes sicherstellen. Darauf aufbauend geht es auch um die Existenz vieler Wirtschaftszweige, die daran anknüpfen, wie zum Beispiel den Fremdenverkehr, den Tourismus und die Gastronomie.

Von existenzieller Bedeutung für unsere regionale Landwirtschaft sind die Weichenstellungen, die momentan in der EU getroffen bzw. diskutiert werden. Derzeit werden die Reformvorschläge der EU-Kommission zur gemeinsamen Agrarpolitik diskutiert. Die CDU befürwortet eine Weiterentwicklung der GAP. Diese muss aber zielführend sein. Die Vorschläge der EUKommission werden unseren Zielen einer flächendekkenden, wettbewerbsstarken und nachhaltigen Landwirtschaft nicht gerecht.

Im Zentrum unserer Kritik steht der Vorschlag zur Entkoppelung der Prämien in Verbindung mit der Einführung einer so genannten Betriebsprämie. Dies wird vermutlich zu mehr Bürokratie führen. Herr Minister, ich bitte Sie, dass Sie in einer Ausschusssitzung oder im Plenum einmal ausführen, welche Auswirkungen dies insbesondere auf das Land Rheinland-Pfalz hat.

Unser gemeinsames Bemühen muss es aber auch sein, nicht nur in Rheinland-Pfalz die Laufzeit der Agendabeschlüsse bis Ende 2006 sicherzustellen; denn wir, insbesondere die Landwirtschaft, brauchen Planungssicherheit.

Auf die kombinierten Flächenprämien statt der Betriebsprämien bin ich bereits eingegangen. Eine weitere Forderung muss sein, dass die regionale Verantwortung Gegenstand einer künftigen europäischen Agrar- und Strukturpolitik sein muss.

Ich könnte jetzt noch auf zwei oder drei Vorschläge der EU-Kommission eingehen. An dieser Stelle werde ich aber einen Punkt setzen, da ich meinem Kollegen und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dieter Schmitt versprochen habe, ihm mehr als zwei Minuten Redezeit übrig zu lassen.

Ich signalisiere der Landesregierung, dass wir dann, wenn es um die Weiterentwicklung unserer Land-, Weinund Forstwirtschaft geht, an Ihrer Seite kämpfen werden. Wir werden aber auch ganz genau aufpassen, wenn Sie weitere Bürokratie einführen und unserer Landwirtschaft weitere Fußfesseln anlegen wollen. Wir wollen die flächendeckende Landbewirtschaftung in unserem schönen Land Rheinland-Pfalz. Wir wollen, dass die Agrarpolitik bei uns eine Zukunft hat. Wenn Sie dies erreichen wollen, können Sie die CDU-Fraktion an Ihrer Seite wissen.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Da von der SPD-Fraktion zwei Rednerinnen hintereinander sprechen werden, frage ich Herrn Kollegen Schmitt, ob er jetzt sofort reden möchte.

(Schmitt, CDU: Später!)

Gut, dann erteile ich zunächst Frau Ebli und dann Frau Baumann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir möchten hintereinander reden, damit die Stellungnahme der SPD in kompakter Form vorgetragen werden kann. Diese Chance hätten auch Sie gehabt, Herr Schmitt.

(Schmitt, CDU: Es ist besser, man kann darauf reagieren!)

Herr Minister, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der uns vorliegende Agrarbericht des Ministeriums beschreibt in anschaulicher Art und Weise die Ist-Situation der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft. Es wäre mit Sicherheit sehr interessant, auf die sieben Überschriften, in die der Bericht untergliedert ist, einzugehen, aber sie sind so umfassend, dass zehn Minuten Redezeit dafür nicht ausreichen würden.

Dennoch möchte ich eingangs nur wenige Zahlen nennen, die den bereits erfolgten Strukturwandel in unserem Land verdeutlichen. 1949 bewirtschafteten rund 211.000 Betriebe 888.000 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche. Im Jahr 2001 waren es noch rund 33.000 Betriebe, die allerdings nur noch 712.000 Hektar Fläche bewirtschafteten. Dank des technischen Fortschritts ist nicht mehr so viel Manpower erforderlich, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Im Klartext bedeutet das, dass zusammen mit den mithelfenden Familienangehörigen, mit den angestellten Arbeiterinnen und Arbeitern und den saisonalen Arbeitskräften rund 40.000 Menschen die gesamten landwirtschaftlichen Flächen in unserem Land bearbeiten. Im Vergleich dazu – das halte ich für sehr interessant – arbeiten bei der BASF in Ludwigshafen rund 35.000 Beschäftigte in diesem überschaubaren Bereich.

Wenn wir über landwirtschaftliche Betriebe reden, reden wir selbstverständlich über eigenständige und eigenverantwortliche Unternehmen. Dennoch kommt diesen Betrieben eine andere Bedeutung zu als anderen gewerblichen Betrieben und Unternehmen. Lebensmittelund Futtermittelproduktion, Tierhaltung, Tierschutz, Landschaftsschutz, Landschaftspflege, Gesundheit, Verbraucherschutz und Dorfentwicklung sind nur einige Themen, welche die besondere Bedeutung der rheinland-pfälzischen Agrarpolitik für den ländlichen Raum rechtfertigen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Die Landesregierung kommt dieser Verantwortung in besonderem Maß nach.

(Beifall bei SPD und FDP)

Gerade in Krisenzeiten konnten die bäuerlichen Betriebe auf die kompetente Unterstützung des Landwirtschaftsministeriums, aber auch des Umweltministeriums bauen. Einkommensverluste, die der Minister angesprochen hatte, konnten leider nur teilweise aufgefangen werden. Das ist leider wahr.

Bei aller Unterstützung, Beratung und Förderung bleiben bäuerliche Unternehmen freie Unternehmer, die selbst entscheiden, was sie anbauen, ob sie sich auf die Tierzucht spezialisieren oder mit wem sie Handel betreiben. Aufgabe unserer Politik muss es sein, Wettbewerbsnachteile zu verhindern oder auszugleichen und Ausgleichszahlungen für Leistungen nicht produktiver Art zu leisten, das heißt Leistungen in der Landschaftspflege, die dem Naturschutz oder beispielsweise dem Tourismus und damit der Allgemeinheit dienen.