Protokoll der Sitzung vom 08.05.2003

Die Fraktionen haben eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben beantragt, den Tierschutzbericht, der alle zwei Jahre erstattet wird, im Plenum zu besprechen, da er sehr umfassend ist und sehr verschiedene Problematiken des Tierschutzes anspricht und uns neue Erkenntnisse geben kann. Er behandelt beispielsweise nicht nur die Haustiere, sondern auch die Landwirtschaft, die Jagd und andere Probleme des Tierschutzes insgesamt.

Wir halten es für wichtig und richtig, dass sich ein Landesparlament mit dem Tierschutz befasst. Der Tierschutz wird nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bundesebene behandelt. Im Moment sind wir in der Landwirtschaft in einer revolutionären und umwälzenden Diskussion, was die Art der Tierhaltung angeht.

Es gibt Bewegung in Bereichen, in denen wir ursprünglich gar nicht gehofft hatten, dass noch einmal Bewegung dort hineinkommen könnte. Ich meine beispielsweise die Erfolge, die auf Bundes- und EU-Ebene zur Legehennenhaltung erzielt wurden.

Es ist nicht nur für die Tiere, sondern auch für die Verbraucher wichtig, wie die Tiere in der Landwirtschaft gehalten werden, wie dann auch die Qualität der Nahrungsmittel ist. Ich glaube vor allem, es ist ein wichtiges moralisches Anliegen, Tiere so zu halten, dass dies artgerecht ist und sie nicht als Maschinen angesehen werden, die für die Produktion von Lebensmitteln entweder durch direkte Ausbeutung oder durch das Schlachten der Tiere herhalten müssen. Es ist eine Verantwortung der Verbraucher, aber auch eine Verantwortung in der Politik, Tiere artgerecht zu halten und so zu behandeln, dass man sagen kann, dass es möglich ist, künftig weiter so wie bisher zu verfahren.

Wir alle wissen, gerade in den letzten zehn bis 20 Jahren gibt es in der Landwirtschaft eine heftige Diskussion. Man muss aber auch die Qual der Tiere in der Landwirtschaft und in anderen Haltungsarten sehen. Diese sind noch nicht so alt, vielleicht 50 Jahre, vor allem die Probleme, die jetzt anstehen und diskutiert werden. Dazu gehört die Batteriehaltung von Legehennen. In diesem Punkt haben wir entscheidende Fortschritte erzielt.

Ministerin Künast hat auch mit Unterstützung dieser Landesregierung etwas erreicht. Herzlichen Dank, dass Sie sich nach einigem Hin und Her im Kabinett und in der Landesregierung entscheiden konnten, eine schnelle Lösung des zukünftigen Verbots der Batteriehaltung zu unterstützen.

Trotz dieser ersten Erfolge haben wir noch die größten Aufgaben vor uns. Gerade in der Landwirtschaft, beispielsweise in der Schweinehaltung, in der Rinderhaltung, aber auch in der Geflügelhaltung, gibt es viele Felder, die noch – landwirtschaftlich gesprochen – zu beackern wären.

Wir glauben, dass wir in der Bundesregierung auf dem richtigen Weg sind. Wir glauben auch, dass wir eine gezielte Diskussion mit der europäischen Ebene führen müssen. Natürlich kann ein Land allein dies nicht schultern, auch nicht ein Bundesland allein. Deswegen bitten wir um Unterstützung der Landesregierung. Wir bitten vor allem, diese Diskussion nicht nur zu führen, sondern auch zu beschleunigen, sodass es Ergebnisse gibt, die wir innerhalb der nächsten Jahre umsetzen können und die nicht nur auf das Jahr 2012 und danach vertrösten.

(Beifall der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Kramer, CDU)

Wir wissen, dass in der Tierzucht beispielsweise die Problematik wie die Haltung von Pelztieren vorkommt. Erfreulicherweise ist dies in Rheinland-Pfalz sehr stark zurückgegangen. Soweit ich weiß, gibt es in RheinlandPfalz nur noch einen Betrieb, der Pelztiere hält.

Man kann Pelztiere in Käfigen nicht artgerecht halten. Deshalb muss man auch von der Landesregierung aus darauf drängen, dass diese Pelztierhaltung endgültig aufgegeben wird. Es ist auch nicht notwendig, Pelztiere in Käfigen zu halten. Wenn man Pelztiere verwertet, sind

sie nur für Luxusprodukte gedacht. Wer sich Luxusprodukte kaufen möchte, der kann bestimmt auch eine artgerechte Haltung von Tieren bezahlen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiteres Problem, das auch noch im landwirtschaftlichen Bereich angesiedelt werden muss, ist das der Tiertransporte. Wenn man Tiere schlachten möchte und die Tiere zum Schlachthof fahren muss, dann sind es leider immer weitere Wege, als dies früher der Fall war, als es noch eine sehr nahe Schlachtung am Bauernhof und der Metzgerei vor Ort gab. Heute wird die Schlachtung immer mehr zentral konzentriert. Dadurch werden die Anfahrwege für die Schlachttiere immer weiter.

Das ist ein Problem, das bestimmt nicht direkt von der Landesregierung gelöst werden kann. Ich glaube, man kann Einfluss über die Verordnungen nehmen. Sie unterstützen, dass die Transportzeiten drastisch verkürzt werden müssen. Man kann bestimmt durch die Struktur in den Schlachthöfen einiges dazu tun, dass die Tiertransporte vermieden werden. Ich möchte erwähnen, es ist für die Verbraucherinnen und den Verbraucher möglich, den Fleischverzehr entsprechend zu verringern. Das wäre nicht unsinnig.

Ein weiterer Bereich des Tierschutzes sind die Tierversuche. Wir haben Erfolge erzielt. Insgesamt werden weniger Tiere zu Tierversuchen herangezogen und getötet. Bei den transgenen Tieren haben wir Steigerungsraten. Das sind Tiere, die neue Gene eingepflanzt bekommen. Man kann nicht sagen, dass das keine Qual wäre. Zum Teil ist das Qualzucht. Zum Teil sterben die Tiere sehr früh schon direkt nach der Geburt. Andere verenden nach ihrer transgenen Behandlung elend. Ich glaube, es ist wichtig, dass in Rheinland-Pfalz darauf geachtet wird, dass die Steigerungsrate bei den transgenen Tieren zurückgeht. Wir hatten im vorletzten Jahr 4.741 Tiere, die transgen behandelt wurden. Im Jahr darauf waren es schon 9.415 Tiere. Das sind doppelt so viele. Das scheint ein Bereich in der medizinischen Forschung zu sein, der drastisch ansteigt.

Zu wissenschaftlichen Zwecken wurden auch mehr Tiere als früher getötet. Die Zahl steigt von 7.695 auf 9.211. Ich glaube, es gibt andere Methoden zu forschen. Man muss Doppelforschung vermeiden. In Rheinland-Pfalz haben wir noch große Aufgaben im Tierschutz vor uns.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir begrüßen zunächst weitere Gäste bei uns im Landtag, und zwar Landfrauen und Mitglieder des Rosenund Verschönerungsvereins aus Schmitshausen. Herzlich willkommen.

(Beifall im Hause)

Ich erteile Frau Kollegin Mangold-Wegner das Wort.

Abg. Frau Mangold-Wegner, SPD

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Tiere werden als Mitgeschöpfe geachtet. Sie werden im Rahmen der Gesetze vor vermeidbaren Schäden und Leiden geschützt. Dieser Leitgedanke ist seit März 2000 in der Landesverfassung verankert. Er findet im Tierschutzbericht der Landesregierung seinen Ausdruck. Dieser Leitgedanke beschränkt sich nicht auf Heimtiere oder auf Tiere, die in der Gemeinschaft mit Menschen leben, sondern bezieht sich grundsätzlich auf jedes Tier.

Mein Vorredner ist im Prinzip quer durch den Tierschutzbericht gegangen und hat die einzelnen Punkte erwähnt. Ich will mich deswegen nur auf einen Punkt beschränken, der mir sehr am Herzen liegt. Das ist der Bereich der Tierversuche.

Ich zitiere Ministerpräsident Beck und Ministerin Conrad: „Im Jahr 2002 haben Ethik und Vernunft gesiegt und den Tierschutz im Grundgesetz der Bundesrepublik als Staatsziel verankert. Das muss positiv erwähnt werden.“

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies wurde von Rheinland-Pfalz gefordert und unterstützt. Die Landesregierung nimmt ihren Einfluss, wo immer es möglich ist, wahr, weil vieles nicht nur auf Länderebene verändert werden kann, sondern einer bundes- oder einer europäischen Gesetzgebung bedarf. Wir leben nicht auf einer Insel, sondern in einem weltweiten Geflecht. Dies ist der Punkt, der besonders bei Tierversuchen zu beachten ist.

Tierversuche sind laut unserer Gesetzgebung auf das Nötigste zu beschränken. Sie sind in den letzten Jahren in Rheinland-Pfalz stark eingeschränkt worden. Zwischen 1989 und 2001 gingen die gemeldeten Versuchstiere um über 55 % zurück, von ca. 260.000 auf 109.000 Tiere. Ich denke, das ist ein großer Erfolg. Das müssen wir pos itiv zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei SPD und FDP und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Leider ist in den letzten fünf Jahren auf Bundesebene ein ganz anderer Trend vorhanden. Da steigen die Tierversuche wieder. Es muss dringend etwas geschehen.

Ziel ist, Anzahl und Belastung der Versuchstiere müssen weiter reduziert werden. Natürlich gehört dazu ganz entscheidend die Förderung der Entwicklung von Alternativen, Ergänzungs- und Ersatzmethoden ebenso wie der engagierte Einsatz für deren Akzeptanz und Anwendung. Das Umweltministerium hat im Berichtszeitraum 200.000 DM – damals waren es noch keine Euro – zur Förderung von Projekten zur Erforschung und Entwicklung von Alternativen bereitgestellt. Weitere Fördermittel waren im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur vorhanden. Wir müssen allerdings sagen, dass sich in der Wissenschaft selbst die Bereitschaft zur Untersuchung alternativer Methoden dringend verstärken muss. Der weitaus überwiegende Teil der Tierversuche wird von internationalen Rechtsvorschriften oder Vereinbarungen geregelt. Auf EU-Ebene muss

ganz starke Überzeugungsarbeit geleistet werden, international s owieso.

Bei einem Gespräch mit einer großen Firma in Rheinland-Pfalz wurde uns ganz klar gesagt, wenn es nicht gelingt, insbesondere mit den USA Vereinbarungen zu treffen, gemeinsame Richtlinien anzuerkennen und die Versuche gegenseitig zu akzeptieren, wird sich der Trend weiter verstärken, immer mehr Tiere zu Versuchszwecken zu brauchen.

Im EU-Parlament ist ein Etappensieg gelungen. Unter dem Motto „Keine Tiere für den Cremetopf“ haben die EU-Parlamentarier 2002 einen Teilerfolg erzielt, und zwar auch durch die starke Unterstützung der Bundesregierung. Jetzt will die EU-Kommission das Vertriebsverbot für Kosmetika, die an Tieren getestet wurden, mit der Argumentation der derzeit noch zu geringen Zahl an alternativen Testmethoden nicht in Kraft setzen. Dies macht ganz deutlich, dass Fortschritte nur erzielt werden können, wenn es weltweit einheitliche Standards gibt und die Versuche weltweit gegenseitig anerkannt werden.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Zum Bereich der Tiertransporte sage ich nur so viel: Da bedarf es europäischer Lösungen. Das ist klar. Wir können durchaus über die Struktur der Schlachthöfe nachdenken. Ich sage immer, der beste Tiertransport ist kein Tiertransport.

In einem anderen Bereich möchte ich mich ausdrücklich bei der Ministerin bedanken, da sie in der BSE-Krise nicht für die Tötung ganzer Rinderbestände war, sondern auf die Kohorten-Lösung setzte. Das war ein großer Erfolg. Ich muss sagen: „Gut gemacht, Frau Conrad.“

(Beifall bei SPD und FDP)

Im letzten Teil des Berichtes wird noch einmal auf die Öffentlichkeitsarbeit eingegangen. Das halte ich für ungeheuer wichtig; denn Handeln im Interesse von Tieren kann nicht nur per Gesetz durchgesetzt werden, sondern eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit ist einerseits nötig, um den Menschen für Rechte von Tieren zu sensibilisieren, andererseits aber auch, um klarzumachen, welche Einflussmöglichkeiten sie haben.

Das Land hat die Bedeutung einer effektiven Öffentlichkeitsarbeit erkannt. Der Tierschutzpreis „Landeswettbewerb tiergerechte Haltung“, Broschüren, Ausstellungen und das Tierschutzmobil richten sich an unterschiedliche Zielgruppen und sind gute Instrumente, um im Interesse der Tiere zu sensibilisieren und dadurch Bedingungen zu verändern. All diese Bemühungen wären nicht ohne das große Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger denkbar. Die Landesförderung von Tierschutzorganis ationen und Tierheimen stärkt dieses Engagement. Menschen sind für Tierschutz von zentraler Bedeutung. Die verschiedenen Organisationen im Tierschutzbeirat, in den Tierheimen und bei der Lobbyarbeit sind gar nicht

genug zu loben. Bei denen will ich mich an dieser Stelle bedanken.

(Beifall bei SPD und FDP und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der vorliegende Bericht darf für uns kein sanftes Ruhekissen sein, sondern die Aufforderung, weiterhin aktiv im Interesse der Tiere zu handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin Weinandy das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Alle zwei Jahre wird ein neuer Tierschutzbericht vorgelegt, um die neuesten Entwicklungen, Erfolge und Misserfolge darzulegen. Der Tierschutzbericht ist eine Bestandsaufnahme in allen Bereichen, die die Vorschriften, die Haltung, die Pflege und die Unterbringung der Tiere, um nur einige zu nennen, beinhaltet. Damit ist der Tierschutzbericht auch ein Stück Verantwortung den Tieren gegenüber, hält er uns doch den Spiegel vor, wie die Menschen in den verschiedensten Bereichen mit den Tieren umgehen, sie nutzen, pflegen, achten, ernähren und töten.

Einen wesentlichen Erfolg für den Tierschutz erwähne ich als erstes. Es war die Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2002, nachdem bereits im Jahr 2000 der Tierschutz in der Landesverfassung Rheinland-Pfalz verankert wurde. Dies war bestimmt ein langer und mitunter auch schwieriger Weg mit vielen Diskussionen, aber er hat auch eine breite Mehrheit in allen Fraktionen gefunden.

Der Tierschutzbericht zeigt Veränderungen auf, gleichzeitig Bereiche, in denen noch Handlungsbedarf und Diskussionsbedarf besteht. Was auffällt, sind die veränderten Zahlen in der Tierhaltung. Dabei zeigt sich, dass die Tiere in allen Bereichen in Rheinland-Pfalz ganz stark zurückgehen. Ich will einfach nur eine Zahl nennen. Das ist die bei den Legehennen. Wir hatten 1988 noch 1,4 Millionen Legehennen in Rheinland-Pfalz, haben aber 2001 nur noch 843.000. Die Zahl der Tierhalter ist gleichzeitig auch ganz stark zurückgegangen. Bei den Betrieben, die Legehennen halten, ist dies nicht verwunderlich. Herr Dr. Braun, wir haben zwar eine Verbesserung für die Legehennen erreicht,